Wenn die evangelische Kirche den Anspruch haben sollte, immer noch eine „Kirche des Wortes“ zu sein, dann ist sie gerade dabei, diesen gründlich zu verfehlen. Zu diesem Resultat kommt Katarína Kristinová bei ihren Beobachtungen zur aktuellen Gottesdienst- und Predigtkultur. Die Ursachen dafür liegen ihrer Meinung nach ebenso in unzureichenden Studienordnungen wie in personalpolitisch bedenklichen Entscheidungen der Kirchenleitungen, aber nicht zuletzt im Selbstbild derer, die am Altar und auf der Kanzel stehen.

Ja, ich habe mir gerade eine neue grammatikalische Kategorie ausgedacht. Neben Substantiv, Adjektiv, Infinitiv oder Inflektiv (das aus den Comics bekannte „Lach“, „Gähn“ usw.) jetzt

also nun das „Infantil“: Als Infantil bezeichne ich Spracheinheiten solcher Kommunikation, „die sich primär an Kinder und andere vermeintlich unmündige richtet“1, Botschaften, von ­denen manch eine Rede nur so strotzt. Zu den Infantil-Spezialisten zähle ich manche Politikerinnen und Politiker, nicht wenige Lehrerinnen und Lehrer, viele Menschen aus meinem Bekanntenkreis, aber vor allem und leider Gottes auch nicht wenige Predigerinnen und ­Prediger.

Das Infantil kann sowohl eine verbale als auch eine nonverbale Form annehmen. Schauen wir uns nur mehrmals die Fernsehgottesdienste an und beobachten die Geste, mit der die Pfarrerin oder der Pfarrer die Gemeinde zu Beginn begrüßt. Ich nenne sie schon lange die „Musikanten-Stadl-Geste“: die Arme zu einer virtuellen Massenumarmung ausgebreitet und das anbiedernde Sonntagslächeln auf dem Gesicht. In den sogenannten Volksmusiksendungen wird mit dieser Geste gewöhnlich auf einen Schlager eingestimmt.

 

„Also, ich weiß nicht …“

Schauen sich die Predigerinnen und Prediger nie die Gottesdienste der anderen Kolleginnen an? Fragen sie sich nie: Passt meine Mimik und Gestik wirklich zu meiner Person und meiner Botschaft? Denn wenn ja – davon bin ich überzeugt –, dann würden die Haltung und die Inhalte nicht im Widerspruch stehen und die aufmerksamen Zuhörenden irritieren.

Das Infantil – eine Kommunikationsform, welche die Empfangenden bewusst oder unbewusst entmündigt, ihnen also differenziertes Denken und reife Urteilskraft abspricht und somit dreister Weise ein gutgläubig naives Einverständnis sowie eingeschränkte intellektuelle Denkleistung unterstellt.

 

„Ich fühle mich ständig unterfordert“

So schreibt Erik Flügge in seinem Buch „Der Jargon der Betroffenheit“: „Das könnte daran liegen, dass ich mich viel mit Theologie beschäftige – aber meinem Vater geht es genau so, und der tut das nicht. Man traut mir nicht zu, einem komplexen Gedanken zu folgen. Ich werde vom Prediger bei seinem Sprechen von Gott wie ein Kleinkind durch einen Gedankenraum geführt. Ich fühle mich nicht ernst genommen. […] Ich würde gerne mehr Tiefgang erleben, aber ich höre Texte, die auch auf ein Küchenkalenderblatt passen würden.“2

Ich fürchte jedoch, dass in den meisten Fällen der Absender des Infantils tragischerweise selbst nicht um die Banalität der eigenen Botschaft weiß oder wissen will. Denn wüsste er davon, würde er es schleunigst beschämt unterlassen – es sei denn, es handle sich um einen durchtriebenen Ideologen und Demagogen. Aber leider gilt in der Regel: Schlichte Botschaften stammen von schlichten Gemütern.

Ein schlichtes Gemüt auf der Kanzel – mittlerweile auch in der evangelischen Kirche kein Ausnahmephänomen. Natürlich stellt sich da unweigerlich die Frage: Was ist das für eine theologische Ausbildung, die solche Gemüter durchlaufen, ohne sonderlich aufzufallen, um dann mehr oder weniger ungestört ihr Unwesen in einer Gemeinde weiterzutreiben?

Vielleicht liegt es daran, dass es nahezu in keinem der theologischen Fächer dazu kommt, auch die persönliche theologische Konzeption des jeweiligen Studierenden explizit zu thematisieren. Ich zum Beispiel wurde nie nach meiner Theologie gefragt. Immerhin wurde ich von meinem Professor für Systematische Theologie dazu ­angehalten, die von mir benutzten Grundbegriffe zu ­reflektieren. In meiner Seminararbeit fand ich sie unterstrichen und am Rande mit der liebevollen Anmerkung versehen: „Das verstehe ich nicht! Was meinen Sie damit?“ Und während meines Theologiestudiums in meinem Heimatland wurde ich zu Ende jeder exegetischen Prüfung gefragt: „Wie würden Sie zu diesem Text predigen?“ – Immerhin!

 

Abwesenheit eines eigenständigen, kreativen und innovativen theologischen Denkens

Meine Wahrnehmung stimmt mit der bundesweiten Empirie, wie sie der Münchner Systematiker Friedrich Wilhelm Graf evaluiert, überein. Graf bemängelt die Abwesenheit eines eigenständigen, kreativen und innovativen theologischen Denkens. Diese spiegelt sich und hat womöglich ihre Ursache auch in der Struktur der theologischen Ausbildung: „Die historischen Kernfächer bleiben, und alles Innovative, Gegenwartsbezogene, Reflexivitätsförderliche wird dichtgemacht. Kein einziger Lehrstuhl für theologische Ideen- oder Diskursgeschichte im ganzen Land, nur wenig Deutungskompetenz für die außereuropäischen Christentümer, aber viel ökumenische Ideologieproduktion.“3

Vielleicht ist das einer der Gründe für die inhaltliche Dürftigkeit der heutigen Predigtkultur: Die Schwäche des eigenen theologischen Denkens fällt nicht auf, solange es bei den Examina ausschließlich um Wiedergabe des fremden Denkens geht, welches man sich unter Umständen auch ohne Denken aneignen kann.

 

Gezieltes Heranzüchten eines soliden Stammes an schlichten Gemütern

Und dann scheint mir in Hinsicht auf die kirchlichen Leitungsstrukturen, wie ich sie in meiner Landeskirche, der Evang. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) kennengelernt habe, dass aus machtpolitischer Perspektive ein beinahe gezieltes Heranzüchten eines soliden Stammes an schlichten Gemütern alles andere als unwillkommen sei. Im Vergleich zu Menschen meiner Sorte sind diese Brüder und Schwestern bei unserer Obrigkeit viel beliebter, da handhabbarer als die renitenten Subjekte, welche alles kritisch hinterfragen.

Vermutlich hatte ich es eben aus diesem Grund während meines kirchlichen Berufslebens nahezu ausschließlich mit Vorgesetzten zu tun, deren Kompetenz und Professionalität deutlich zu wünschen übrigließen. Dafür verfügten sie über die wunderbare Fähigkeit, die Anweisungen der oberen Etage unhinterfragt in treuer Ergebenheit an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu delegieren.

Ähnlich unreflektiert erfolgt auch der Großteil der Vermittlung von Glaubensinhalten: ein braves Nachsprechen bestimmter Standardaussagen ohne einen Funken der Irritation über die Unvereinbarkeit der konservierten Sprache des christlichen Glaubens und der Gedankenwelt des modernen Menschen.

Die von frommen Schwülstigkeiten nur so triefende Agende eifert um die Wette mit pathetischem Kauderwelsch, das auf die Köpfe der meist kleinen Zuhörerschaft sonntäglich herabrieselt und zu neunundneunzig Prozent weder auf Begeisterung noch auf Protest stößt, sondern eher schläfrige Ergebenheit evoziert. Die Menschen – vor allem, wenn sie eine Gruppe sind – können so geduldig sein. Ob die intellektuell undurchdringlichen Reden der Politikerinnen und Politiker oder die befremdliche Sprache der Kirche – beides lässt das traditionell trainierte Publikum über sich ergehen, so wie man sich auch den Naturphänomenen nicht verweigert, wohl wissend, dass man das Gegebene nicht beseitigen, sondern lediglich überstehen muss.

 

Fromme Geschwätzoffensive

Eine weitere Missbildung der Verkündigung neben der eben erwähnten Kryptisierung ist deren Banalisierung. Diese erfolgt durch einen vielleicht sogar wohlgemeinten Transfer der theologischen Inhalte in die Sprache der heutigen Menschen. Dafür muss das luthersche „dem Volk aufs Maul schauen“ als schlagende Begründung herhalten. Das wäre eigentlich sehr begrüßenswert, wenn doch am Ende dieses Weges die Botschaft nicht zu einer Trivialität verkommen würde, deren Unterkomplexität jeglicher Wahrheit des Lebens spottet. Denn das Leben ist schillernd, paradox, voller dynamischer Dialektik, der das jüdisch-christliche Denken mit seiner tiefgründigen Symbolik und unter meisterhafter Anwendung von Metaphorik zu entsprechen wusste. Ein solches Ringen um die angemessene Sprache steht in einem krassen Widerspruch zu der Ansammlung von Banalitäten, mit denen sich so manche Predigerin, mancher Prediger auf das Niveau der Allgemeinplätze begibt.

Eine Variation solcher trivialisierten Verflachung der christlichen Botschaft ist der Versuch, es so zu machen wie unser Herr und Heiland, also neue Sprachbilder zu kreieren. Ähnliches sehen wir bei manchen Politikerinnen und Politikern, wenn sie ihren Einflussbereich auf die Macht über die Sprache ausweiten. Auch in diesem Milieu wimmelt es nur so von selbsterdachten Parolen, die dann bei jeder medialträchtigen Gelegenheit mit penetranter Selbstverliebtheit wiederholt werden.

Während der politische Jargon durchtränkt ist von „Doppelwummsen“ und ähnlichem Unrat, spricht man in den Konfirmationspredigten von Gott als einem netten Typen, den nix umhaut, egal was man auch ausgefressen hat,4 oder von Gottes Supermarkt, in dem man alle Zutaten für seine Basissuppe bekommen kann5 und dergleichen. Abgesehen davon, dass diesem Bemühen ein starker Anbiederungsbeigeschmack anhaftet, zieht die unreflektierte Produktion solch schwachsinniger Metaphern die Substanz des christlichen Glaubens geradezu ins Lächerliche und lässt an der theologischen Zurechnungsfähigkeit von deren Schöpferinnen und Schöpfer stark zweifeln. Kein Wunder, dass angesichts dieser frommen Geschwätzoffensive Gott im Bewusstsein der postmodernen Gesellschaft zu einer Witzfigur degeneriert und aktuell auf der Bedeutungsskala irgendwo zwischen Weihnachtsmann und Osterhasen rangiert.

 

Auf halbem Weg zwischen Exegese und Moral

Wovon man nicht reden kann, darüber soll man schweigen – bedienen sich daraufhin einige des Wittgenstein-Mottos und auf andere Themen ausweichend meiden sie tunlichst das systematisch-theologische Minenfeld. So gibt es Predigten, die irgendwo auf dem halben Weg zwischen Exegese und Moral stehen bleiben, die vielleicht sogar radikale Fragen wagen, die Antworten auf diese jedoch den Adressierten schuldig bleiben. Es gibt auch solche, die lieber gleich die Fronten wechseln und sich unter dem Vorwand der gesellschaftlichen Relevanz ganz auf Geschichte oder Politik konzentrieren.

In allen bisher aufgezählten Gruppen wird der Predigttext, dieses notwendige Übel, halbherzig hingenommen und gewaltsam passend gemacht. Überhaupt erlebe ich selten Predigerinnen und Prediger, die heute noch mit dem biblischen Text wirklich ringen, um ihn mit Hilfe des theologischen und rhetorischen Handwerks dann selbst sprechen zu lassen.

Die für mich befremdlichste Art des Frontenwechsels ist der Versuch, weitgehend auf Sprache und Inhalte zu verzichten und stattdessen auf Performanz und Form zu setzen. Dieser Wechsel zu Eventisierung der Religion geschieht unter der Parole der sogenannten Ganzheitlichkeit. Doch solange solche performativen Aktivitäten nicht von einer gründlichen und kritischen theologischen Reflexion begleitet werden, verflachen sie zum infantilen Spiel mit der Beliebigkeit. „Ich werde von gestandenen Theologinnen und Theologen, von Priestern und Pfarrerinnen und Pfarrern in der katholischen und der evangelischen Kirche aufgefordert, Kraftsteine aneinanderzuschlagen, Kraftplätze zu erspüren, barfuß Spuren im Sand zu hinterlassen, Licht zu teilen, Zettelchen zu beschreiben oder einer Klangschale zu lauschen. Wir sollen mit unseren Händen Wasser berühren oder jemand anderem den Rücken massieren, aus Wolle ein Netz spannen oder ein laminiertes Bild von irgendetwas auswählen. Damit man es nicht Esoterik nennen muss, wird irgendwie – und sei es mit Gewalt – eine Bibelstelle passend zur Methode umgebogen.“6

„Wie will eine Kirche Relevanz in unserer Welt entfalten, wenn sie sich darin einrichtet, sich kaum mehr von einem Kindergeburtstag zu unterscheiden, auf dem man mal die Tiere des Waldes spielt und ein andermal Sonnen bastelt. Muss es nicht einen Unterschied machen, ob ich in der Kirche oder in der Kita bin?“7 Offenbar: Nichts bleibt Nichts, selbst wenn man es mit rhetorischen Schnörkeln, bedeutungsschwangeren Gesten oder – wie einst ein älterer theologischer Freund sagte – „Ringelpieps mit Anfassen“ garniert. Manchmal stelle ich mir vor, manche Predigten wären nicht Wort, sondern Musik: Was für ein unerträgliches Herumgedudel!

 

Wenn wir nicht reden, dann reden andere

Nehmen wir an, zum Gottesdienst kommen (noch) Menschen, die nach einem lebendigen und wahrhaften Wort dürsten, Menschen, die inmitten des Unerträglichen nach Trost suchen – und man speist sie entweder mit dogmatisch-frommem Kauderwelsch, mit Poesiealbumsprüchen oder gar mit Steine-Bemalen oder Basteln ab. Mehr kann sich eine Kirche, die sich ausgerechnet auch noch die Kirche des Wortes nennt, nicht an Gott und Menschen versündigen!

Es ist so: Wenn wir nicht reden, dann reden andere. Eine Kirche, die immer mehr darauf verzichtet, qualifiziert von Gott zu reden, überlässt die Sprachräume und damit auch die Deutungsmacht anderen selbsternannten Expertinnen und Experten, sei es aus der Fraktion der Religion oder der des Atheismus – und signalisiert mit ihrem Schweigen möglicherweise noch die Zustimmung zu der Fremdinterpretation. Das bedeutet gerade in Bezug auf die Rede von Gott, dass auch das notwendige Freihalten der Sprachräume für Gott und seine Offenbarung ein sprechend-deutendes sein muss, wenn wir nicht auch noch für den endgültigen Ausschluss Gottes aus dem kulturellen Bewusstsein mitverantwortlich sein wollen.

Wir brauchen […] Sprache, die noch so klingt, als hätten wir nicht Theologie studiert8 – sagt Erik Flügge, und ich ergänze: … und die doch eine ordentliche Portion an theologischer Tiefgründigkeit enthält. Das ist die Kunst des Predigens und des theologischen Denkens, in der wir uns ständig üben müssen. Und das nicht nur aus Gründen der Selbsterhaltung. Wir haben einen tieferen oder, wenn wir so wollen, höheren Grund: Das ist der uns von Gott gegebene Auftrag, von dessen Missachtung oder Erfüllung wir, jede und jeder von uns, einmal Rechenschaft abgeben müssen.

 

Anmerkungen

1 F.W. Graf, Kirchendämmerung. Wie die Kirchen unser Vertrauen verspielen, München 22011, 62.

2 E. Flügge, Der Jargon der Betroffenheit. Wie die Kirche an ihrer Sprache verreckt, München 52016, 110.

3 F. W. Graf, Kirchendämmerung. Wie die Kirchen unser Vertrauen verspielen, München 22011, 42.

4 M. Beile, Mit Gott auf du und du. Die Rede von Gott in heutigen Predigten, DPfBl 6/2016, 348. Beile zitiert aus: Gottesdienstpraxis Taufe, Gütersloh 2010, 79.

5 M. Beile, Mit Gott auf du und du. Die Rede von Gott in heutigen Predigten, DPfBl 6/2016, 348: „Gott bietet dir in seinem ‚Supermarkt‘ an, was er hat und womit du deine Basis-Suppe richtig aufpeppen kannst.“ Beile zitiert aus: Von Glückskeksen und Überraschungseiern. Vier Konfirmationspredigten, 9.

6 E. Flügge, Jargon der Betroffenheit. Wie die Kirche an ihrer Sprache verreckt, München 52016, 42.

7 E. Flügge, Jargon der Betroffenheit, 31.

8 E. Flügge, Jargon der Betroffenheit, 84.

 

Über die Autorin / den Autor:

Dr. theol. Katarína Kristinová, Jahrgang 1970, Studium der Evang. Theologie an der Komenius Universität in Bratislava und an der Humboldt-Universität zu Berlin, 2004-2008 Inspektorin der Stiftung Johanneum in Berlin, 2006-2008 Koordinatorin der Religionsphilosophischen Schulprojektwochen im Bereich der EKBO, von 2008 bis 2023 Religionslehrerin in der EKBO, 2017 syst.-theol. Promotion an der Universität Münster, seit 2021 ­Vorsitzende des Landesverbands Berlin-Brandenburg der Evang. Akademikerschaft in Deutschland e.V., zurzeit als Dozentin und pädagogische Begleiterin in mehreren Bildungseinrichtungen ­tätig.

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 3/2024

24 Kommentare zu diesem Artikel
18.04.2024 Ein Kommentar von Eberhard Steinborn Je mehr ich über Ihren Artikel im >>Deutsches Pfarrerinnen und Pfarrerblatt
10.04.2024 Ein Kommentar von Axel Seit "Gott ist queer" und der Praunheim-Christus-Porno-Ausstellung kann ich zwar Gott, Christus und Luther ernst nehmen, die EKD aber in keiner Weise mehr. Interne Kritik wie hier ist natürlich ein positiver Ausreißer. Wenn aber kirchlich organisierte Vertreter andere Christen generell ausgrenzen, wird es schwierig. Eine feste Burg ist unser Gott - Luther um 1529. Was hätte er mit Pfarrern angestellt, die ihm erklären, dass Gott "queer" sei ?
10.04.2024 Ein Kommentar von Dr. Frank Weyen Endlich ein deutliches Wort, das dem gepredigten Wort noch etwas in unserer Zeit zutraut. Nach dem „Lassiv“ als neuem grammatikalischen Fall bei Wilfried Engemann nun neben dem „Inflektiv“ endlich das „Infantil“, das einen Namen bekommt, wo das Kind doch bereits in den Brunnen gefallen zu sein scheint. Es geht in der Tat darum mehr Theologie zu wagen. Eine Predigt als offenes Kunstwerk zu sehen, ist zwar mit Marcel Martin und Umberto Eco löblich. Was daraus jedoch in der pfarramtlichen Praxis sowie in der zweiten Ausbildungsphase oftmals gemacht wird, ist in der Tat schlicht und einfach, und damit genau das: infantil. Daher brauchte es einen solchen Ruf der Autorin um der protestantischen Predigtkultur in Deutschland willen. Wir müssen wieder theologisch die Schärfe des Wortes Gottes predigen und nicht davor zurückschrecken, wenn die Botschaft den Hörenden Schmerzen verursacht, weil sie sich selbst in dem erkennen, was sie aus dem Gesagten heraushören. Anstatt sich mit Interprofessionellen Teams und sinnlosen Terminstundenmodellen, in beidem liegt kein Heil, zu befassen, tut eine gründlich durchdachte Theologie Not und zwar in allen theologischen Prüfungen und vor allem im Berufsalltag. Pfarrpersonen ohne theologische Auskunftsfähigkeit haben ihren Beruf leider verfehlt. Und Gemeindeglieder, die von Gott nichts hören wollen, sind wohl im falschen Laden gelandet.
08.04.2024 Ein Kommentar von Dr. Katarina Kristinova Sehr geehrte Leserinnen und Leser! Zu beobachten, wie das einmal in die Welt entlassene Wort Wirkung zeigt, erfüllt mich mit einer gewissen Ehrfurcht aber auch mit großer Freude, so viele Gleichgesinnte auf diese Weise gefunden zu haben. Nun frage ich mich, ob es vielleicht ratsam wäre, eine lockere Vernetzung zu wagen und uns durch einen gelegentlichen Austausch gegenseitig zu inspirieren und zu stärken. Wer also mag, der/die kann mich gerne kontaktieren unter: [email protected]. Ich wünsche Ihnen allen gesegnete Osterzeit! K. Kristinova
07.04.2024 Ein Kommentar von Samuel Piringer Sehr geehrte Frau Katarína Kristinová! Ihre Ausführungen bewegen sicher nicht nur mich. Ich habe mir als Pfarrer, der aus dem Ausland 1997 ins Land der Reformation kam, nicht selten Gedanken gemacht, was rechte Predigt sei. Sie nannten die verheerede Tendenz "Infantiliserung" , in einem Kreis von Gleichgesinnten sprachen wir von Verwechslung des zurecht geforderten "elementar" mit "primitiv" in Bezug auf Sprachanspruch und Sachanspruch. Hinzu kam noch die Erfahrung mit evangelikaler Frömmigkeit, der ein Stück amerikanischer Fundamentalismus zugrundegelegt war. Diese hat dem Anspruchsvollen unseres christlichen Glaubens die Primitivität einer immer verkürzten Botschaft entgegengesetzt. Um Mißverständnisse auszuschließen: Es kann natürlich niemals um die Plausibilisierung von christlichen Dogmen auf der Kanzel gehen, wie es nicht um den Ersatz von den bewährten Metaphern des christlichen Glaubens mit dem Jargon der "Jugendsprache" oder irgendeiner Sprache gehen kann, die Aktualität nur vermeintlich vorschützt und den nach dem Evangelizum dürstenden Zeitgenossen leer ausgehen läßt... Ich finde, Sie haben etwas angestoßen, das erst diskutiert und beherzigt werden muß. Denn Ihre "Diagnose" ist sicher zutreffend - muß vertieft und ergänzt werden, so wie dann über "Therapie" nachzudenken wäre... Mit Dank und herzlichem Gruß Samuel Piringer, evangelischer Pfarrer
04.04.2024 Ein Kommentar von Stephan Birkholz-Hölter Als jemandem, dem gelegentlich vorgeworfen wird, zu viel von seinen Zuhörern zu erwarten, tut es mir gut, hier mal das Gegenteil gesagt zu bekommen. Vielen Dank dafür.
30.03.2024 Ein Kommentar von Manfred Reichelt Heute kommt es nicht mehr auf das Predigen an, sondern auf ein Lehren. Aber wer von den Verantwortlichen und erst recht von den Kirchgängern kennt das Evangelium überhaupt noch? - Theologen (m.w.) brauchen eine Neubesinnung, die ich seit Jahrzehnten anmahne: https://www.academia.edu/21127861/Theologisieren_heute_Eine_notwendige_Besinnung
29.03.2024 Ein Kommentar von Hans-Martin Meuß „Gottes Wort halten – Liebe üben – dienstbereit sein vor Deinem Gott“ (nach Micha 6, 8), das geht nur, wenn ich dafür alles anderes sein lasse (Lk. 9, 62). Alles, auch meine Kinder, die beiden jungerwachsenen, für die ich unendlich dankbar bin, und meine geliebte Freundin mit unserem Hund, 140 km entfernt – und das möchte ich nicht. Das macht mir Angst. Und doch, ich denke immer mehr, es gilt ein „alles oder nichts“, in klösterlicher Gemeinschaft oder in einem Verbund wie der „Werdenfelser Hausgemeinschaft“ meiner Exerzitienleiterin Schwester Magdalena im Haus Werdenfels (Nittendorf bei Regensburg). Anfang Juni kann ich sie wieder aufsuchen und befragen. Die Sache Jesu braucht Begeisterte, ja, aber mit Herz und Hirn und Hingabe, fürchte ich. Ja, davor fürchte ich mich. Stand heute Abend. Hans-Martin Meuß, Pfarrer der Pfarrei Alerheim - Bühl im DB Donauwörth
29.03.2024 Ein Kommentar von Eberhard Steinborn Es ist nicht Banalität der Sprache sondern Protest einer Vorgabe folgen zu müssen, die einem zuwider ist. Sie sind das Korsett der Freiheit und der Qualität der Predigt. Bei der Perikopen Ordnung ist zu einem Bibelzitat >>Friss oder stirb
28.03.2024 Ein Kommentar von Eberhard Steinborn Als Arzt kann ich mit blumenreicher Sprache dem Krebskranken (Kirche) Zucker verordnen aber die Auseinandersetzung mit dem Krebs ist nur aufgeschoben nicht aufgehoben. An der Operation oder Chemotherapie kommt man nicht vorbei. Die Suche beschränkt sich darauf, den Arzt mit der effektivsten Therapie zu finden.
27.03.2024 Ein Kommentar von Dr. K. Kristinova Sehr geehrte Leserinnen und Leser! Zu beobachten, wie das einmal in die Welt entlassene Wort Wirkung zeigt, erfüllt mich mit einer gewissen Ehrfurcht aber auch mit großer Freude, so viele Gleichgesinnte auf diese Weise gefunden zu haben. Nun frage ich mich, ob es vielleicht ratsam wäre, eine lockere Vernetzung zu wagen und uns durch einen gelegentlichen Austausch gegenseitig zu inspirieren und zu stärken. Wer also mag, der/die kann mich gerne kontaktieren unter: [email protected]. Ich wünsche Ihnen allen gesegnete Osterzeit! K. Kristinova
26.03.2024 Ein Kommentar von Eberhard Steinborn Mir fehlt die Vision vom Gemeindewachstum! Wie?
26.03.2024 Ein Kommentar von Benjamin Jürgensmeier Ein herrlich polarisierender Text. Sowas mag ich ????. Also... Große Zustimmung von mir zu der Unterforderung der Zuhörenden. Sich 'verständlich' Auszudrücken soll der Verkündigung des Evangeliums dienen und nicht das Dogma selbst sein. Ich finde es auch ganz wichtig, dass Mimik und Gestik wirklich zu meiner Person und meiner Botschaft passen. Aber die Eingangskritik kann ich nicht verstehen, denn wenn meine Botschaft nicht dazu passt, die Gemeinde in Stellvertretung des Hausherrn lächelnd und umarmend zu begrüßen, dann hab ich keine Eu-Evangelie zu verkünden - Gottesdienst feiern, Gottes Wort hören, sehen, schmecken und dieses Geheimnis des Glaubens in Gebet und Liedern gemeinschaftlich zu feiern - das ist das Schönste, edelste und intimste was Menschen machen können. Zum Abschnitt über die historischen Kernfächer usw. möchte ich als Gedanke in die Debatte werfen, dass Pastor*innen Hüter der Tradition und Verkündiger des allgemeinen Glaubens der Christenheit sind. Die historisch-kritische, dogmatische und kirchengeschichtliche Bildung, die sich m.E. auch auf der Kanzel niederschlagen sollte, bildet das Fundament, weshalb wir in der Ökumene behaupten können, dass wir mit der Ordination alles erfüllen, was durch die apostolische Sukzession gewährleistet werden soll. Zum Nächsten: "Die Schwäche des eigenen theologischen Denkens fällt nicht auf, solange es bei den Examina ausschließlich um Wiedergabe des fremden Denkens geht, welches man sich unter Umständen auch ohne Denken aneignen kann." Hier muss ich leider zustimmen. Wenig wird man zum Ausbilden einer eigenen Theologie angeregt. Manche tun es, doch auch das wird nicht kontrolliert, sodass Menschen ins Pfarramt kommen, die Gott nicht mehr als Vater anrufen können, die Göttlichkeit Jesu bestreiten und für die die Bekenntnisse keine Verbindlichkeit mehr besitzen. Zur Kritik an Form und Performance: Wir müssen m.E. den ganzen Gottesdienst als Wortgeschehen verstehen. Das Optische wie das Akustische. Die Lesungen und die Predigt wie das Abendmahl (das Wort wurde Fleisch). Richtig ist jedoch m.E., dass es nicht nur um Eeventisierung gehen darf. Auch bei, zum Beispiel, einer evangelischen Messe, die - auch - von den liturgischen Gewändern, der Prozession und Weihrauch lebt, muss natürlich das Kirchenjahr beachtet werden und müssen die Gebete, Lesungen und Lieder inhaltlich aufeinander bezogen werden und einen roten Faden, den Weg der Nachfolge Jesu von der Metanoia am Anfang bis zur Sendung als Segen für die Welt, klar erkenntlich und machvollziehbar abbilden. --> Bezeichnenderweise gilt die Kritik in diesem Artikel gar nicht dieser sinnlich ausgebauten Form des Agende 1 Gottesdienstes ???????? Zu guter Letzt: "„Wir brauchen […] Sprache, die noch so klingt, als hätten wir nicht Theologie studiert“8 – sagt Erik Flügge, und ich ergänze: … und die doch eine ordentliche Portion an theologischer Tiefgründigkeit enthält." Dazu: Amen!
24.03.2024 Ein Kommentar von Rudolf Ahrens-Botzong Sehr geehrte EAiD-Freunde, durch einen Blog von Herrn Dressler (AK Glauben und Naturwissenschaft - bin Mitglied) kam ich auf diesen Text von Frau Dr. Kristinová. Die theologischen Aspekte übersteigen mein Wissen (habe als Environmental Engineer im Kraftwerksbau gearbeitet). Doch verstehe ich, dass es um eine angemessene Vermittlung der christlichen Botschaft geht. Mein Anliegen als Christ bezieht sich auf eine Lebensbegleitung: Was ist mein Lebenssinn, was überdauert meinen Tod (bin 80) - und wenn der christliche Glaube Letzteres verheißt, was sind die persönlichen Voraussetzungen dafür ? Eine fein ausgeformte Glaubenslehre (vgl. Wikipedia Christologie) gibt mir darauf wenig Antwort. Es bedarf zum einen einer Strukturierung der christlichen Weltsicht, zum anderen einer spirituellen Anbindung. Daraus erwächst eine persönliche Einstellung zur eigenen Existenz und - gleichwichtig - zur Rolle in der Gesellschaft. Ebenso eine ökumenische Sicht auf die Kirchen. Parallel dazu geht es auch um eine philosophische Weltsicht, auf das Große Ganze, die Wahrheit !
24.03.2024 Ein Kommentar von Eberhard Steinborn Es ist pure Energieverschwendung, sich mit dem desolaten geistigen und organisatorischen Zustand der evangelischen Kirche zu beschäftigen. Es ist besser Kreativität, auf Visionen zu richten. Die zu beantwortenden Fragen sind, wie kann erreicht werden: 1. dass die Predigten nicht schon am Ausgang vergessen sind, 2. dass Einsegnung nicht gleich Aussegnung ist, 3. dass die selbstgewählten Konfirmationssprüche nicht nur auf das Ego ausgerichtet sind, 4. dass das Dreifachgebot der Liebe den Lebenssinn eines Christen widergibt. Dabei sollten neue Fragen beantwortet werden: 1. die Entwicklung des Gewissens 2. die Entwicklung protestantischer Weisheit 3. die Entwicklung des Lebenssinns.
23.03.2024 Ein Kommentar von Eberhard Steinborn Der Alltag und Denken des naturwissenschaftlich geprägten Menschen ist rational. So sollte er angesprochen werden. Zudem sind rationale Entscheidungen und Informationen besser zu behalten. Die Wahrscheinlichkeit des Behaltens hängt von der Art der Informationsaufnahme ab, nacherzählen und erklären 70%, hören und sehen 50%, sehen 30%, hören 20% ... Ich verquicke die emotional christliche Aussage mit einem rationalen Prozess, um die Brücke vom rein rationalen Denken zum rational-emotionalen Gemisch zu entwickeln. Erst durch die Verknüpfung von rationalem Wert und emotionaler biblischer Aussage wird sichergestellt, dass nicht nur die rationale, sondern auch die biblisch emotionale Aussage behalten wird, Grundlage für die emotionalen Entscheidungen für Liebe, Vertrauen.(Deutsches Pfarrerinnen und Pfarrerblatt 1; 2024 S. 55)
20.03.2024 Ein Kommentar von Ralf Krüger Liebe Frau Kristinová, mir sind "renitente Subjekte, welche alles kritisch hinterfragen", sehr sympathisch. Ich habe Ihren Artikel gern - und an vielen Stellen mit zustimmenden Schmunzeln - gelesen. Leider mangelte es nicht nur Ihren Vorgesetzten an theologischer Kompetenz und Professionalität. Überhaupt, wir brauchten Theologen auf unseren Kanzeln. Wozu studieren wir eigentlich Theologie? Herzlichst, Ralf Krüger
19.03.2024 Ein Kommentar von Ingo Maxeiner Sehr geehrte Frau Dr. Kristinová, sehr gute Erfahrungen (mit entsprechenden Rückmeldungen) mache ich mit der in freier Rede elementarisiert, darin aber sachgerecht dargebotenen, Artikulation auch hochkomplexer theologischer Sachverhalte wie zB der Trinitätslehre oder der Zwei- Naturen- Lehre in Dortmunder landeskirchlichen Standardgottesdiensten. Viele Gottesdienstteilnehmende erwarten genau eine solche aktualisierende Darlegung des gesamtbiblischen Zeugnisses als seelsorglich akzentuierte, Glauben weckende, für sie alltagsrelevante Verkündigung.
19.03.2024 Ein Kommentar von guntram dr. schulze liebe Katarina, ich verstehe Deine Enttäuschung über Predigten, die infantil sind und freue mich als Nicht-Theologe auch über nicht 0815- Predigten. Deshalb leite ich auch Eure Predigten weiter, weil sie inspirierend sind. Ich versetze mich aber auch in die Lage der Prediger, die sich fragen, wie sage ich es meinen theologisch ungebildeten Schäfchen am besten. Das ist nämlich ein Problem, die Zuhörenden nicht zu verlieren.
18.03.2024 Ein Kommentar von Eberhard Hirschler Das meine EAiD-Vereinsvorsitzende so spricht ist typisch für die Köpfe der Kirche: Dich lobt sie für Deine Kritik an der Sprache der Kirche, mir als dem Verleger Matthias Kroegers bezeugt sie ihre Geringschätzung und Ablehnung dieses Theologen, der die Sprache der Kirche grundlegend verändern will. Dafür gibt es das altdeutsche Wort doppelzüngig.
17.03.2024 Ein Kommentar von Klaus Bohne Kirchliche Ämter oder Dienste geben Texte für Gottesdienste besonderer Form heraus. Diese enthalten u.a. Gebete, die im Gottesdienst mit verteilten Rollen verlesen werden sollen. Mich erinnert das an einen Mann, der eine Liebeserklärung an seine Frau von einem Zettel abliest.
17.03.2024 Ein Kommentar von Elke Münster Liebe Katharina, danke für deine leider nur zu wahre Beschreibung, und auch für deine Sprache, die alles andere als ein "Infantil" ist - welch eine Wohltat!
17.03.2024 Ein Kommentar von Schiwek, Ilka Ich kann nur sagen DANKE für diesen Beitrag.
16.03.2024 Ein Kommentar von Wildberger, Susanne Der Artikel von von Katarína Kristinová: »Das Infantil« entspricht ganz und gar meinen Beobachtungen seit vielen Jahren und erfüllt mich mit großer Sorge.
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