Die Februarausgabe des Pfarrerblatts eröffnet mit gleich drei Essays von ekklesiologischem Belang, wenn man es dem ersten Essay auch nicht unbedingt anmerkt. Hans Martin Barth stellt das Vaterunser unter Berufung auf Luther sozusagen vom Kopf auf die Füße.1 Der Verfasser will die »Öffentliche Theologie« erweitern: über allgemein ethische Maximen hinaus zu dogmatischen und spirituellen Standpunkten. Dazu liest er die Bitten des Vaterunsers in der Reihenfolge rückwärts und kommt damit zunächst auf die »letzten vier Bitten, die für Andersdenkende vielleicht noch am ehesten interessant sind.«2 Die Psycholo­gen sprechen von den basic needs unserer Existenz. Sein Leitmotiv ist die Frage »Wie können hier die Engagierten aller Religionen und Weltanschauungen zusammenwirken?« Dialog ist nicht nur angesagt, sondern gut möglich. »Während die anthropozentrisch orientierten Bitten des Vaterunsers sich leicht auf die Probleme der Gesellschaft beziehen lassen, scheint das im Blick auf die ersten drei Bitten schwieriger. Doch bei näherem Zusehen ändert sich dieser Eindruck.«


Eine in aller Bescheidenheit selbstbewusste Theologie

Dies ist sehr schön nachzulesen und gerät zu einer dialogfähigen Standortbestimmung christlicher Theologie: eine in aller Bescheidenheit selbstbewusste Theologie. Zu wünschen ist, dass dieser Ansatz auf christlicher Seite erkenntnisleitend und von den »Anders­denkenden« aufgegriffen wird. So bietet Barth nicht nur eine gute Vorlage für eine Themenpredigtreihe.3 Die Vorgehensweise dürfte sich im städtischen Rahmen, entsprechende Partner vorausgesetzt, gut für ein öffentliches und öffentlich beworbenes interreligiöses Gespräch unter Einbeziehung der kommunalen Partner eignen: Was leisten die religiösen Gemeinschaften (und ihre Theologie) zum Wohl der Stadt?4 Unter dieser Fragestellung wird der ekklesiologische Aspekt dieses Essays deutlich.

Man sollte diesen Essay im Zusammenhang mit dem zweiten sehen, in dem es explizit um die Kirche geht: »Die Kunst, Kirche zu gestalten – Strategisch evangelisch«, von Christoph Dinkel.5 Droht der Kirche die Marginalisierung, wie manche im Gefolge der Säkularisie­rungsthese meinen – oder sogar wünschen? Und wie wäre gegenzusteuern? In der elektro­nischen online-Zeitung »The EvPfarrer’s Daily«6 tauchte vor einiger Zeit die Meinung einer Kollegin auf. Sie bekannte, dass sie, wäre sie einfaches Gemeindemitglied, die meisten der von ihr angebotenen Veranstaltungen nicht besuchen würde und fand damit Zuspruch einer Reihe von Kollegen, die auf ihren Kirchengemeinderat verwiesen, der für Änderungen des Angebots nicht offen sei. Wie steht es dabei mit der »Kunst, Kirche zu gestalten«?


Wer gestaltet Kirche?

Ausgangspunkt ist für Dinkel die schon von Schleiermacher fokussierte Marginalisierung der Kirche, der dadurch motiviert wurde, »ein Konzept für ein erneuertes und durch die Krise der Aufklärung hindurchgegangenes Christentum zu entwickeln.«7 Konkret habe er nach einem Modell für ein den modernen Bedingungen angepasstes Kirchenwesen gesucht. Dies ist auch Dinkels Motiv. Wenig Trost biete da die fünfte Mitgliederbefragung der evangelischen Kirche. So sieht es auch Reinhard Bingener in der FAZ unter der Überschrift »Erosion auf fast allen Ebenen«8. Er gibt einen guten Überblick über die Ergebnisse, die von hohem religionssoziologischen Interesse sind. Mit der Verdunstung von Religiosität werden wir Zeuge von langfristigen Veränderungen, die nun beim besten Willen nicht mehr zu leugnen sind und die noch nicht ausgelotete Auswirkungen auf die Gesamtgesellschaft haben (werden). Dies unabhängig von unserer jeweiligen Einstellung zu Religion und Kirche. Dinkel sieht aber auch positive Ergebnisse der Mitgliederbefragung: »Die Kirche hat zwar weniger Mitglieder, aber die sind dafür stärker identifiziert als in früheren Jahren.« Das möchte ich näher beleuchten, bevor ich zu den »strategischen« Vorschlägen Dinkels komme.

Die demographischen Veränderungen (Überalterung, andersreligiöse Zuwanderer) sind bekannt und die Abnahme der Mitgliederzahl der Großkirchen in absoluten Zahlen gemessen ist nicht weiter erstaunlich. Neu sind dagegen die Veränderungen unter den verbleibenden Mitgliedern, doch diese Veränderungen werden Auswirkungen haben, die aus meiner Sicht den Entkirchlichungsprozess beschleunigen werden.

Da sind einerseits die Mitglieder, die sich ihrer Kirche »sehr« oder »ziemlich« verbunden fühlen. Dann die Gruppe derer, die sich ihrer Kirche »kaum« oder »überhaupt nicht« verbun­den fühlen, aber nicht austreten wollen. Ihre Erwartungen richten sich »eher auf biografisch grundierte Handlungsfelder«, z.B. Kasualien. Diese beiden Gruppen sind stärker geworden, während der Anteil der »etwas« Verbundenen »mit 25% auf dem niedrigsten Stand seit 1992 ist.« Wir haben also die Situation, dass die hochengagierten wie auch die desinteressierten Mitglieder ihren relativen Anteil gesteigert haben. Doch diese Polarisierung ist nur eine scheinbare, denn von den kaum oder überhaupt nicht Interessierten geht keine Gestaltungs­kraft aus, so dass die mit ihrer Kirche stark Verbundenen ihre Definitionsmacht darüber, was und wie Kirche sein soll, ausbauen können, während der Einfluss der Mittelposition im Schwinden ist. Ob das die desinteressierten Mitglieder à la longue tolerieren werden?

Die mit ihrer Kirche stark Verbundenen lassen sich nach meiner Einschätzung unterteilen in einerseits Evangelikale, das sind biblisch bis fundamentalistisch orientierte Kirchenmitglieder, und andererseits solche, die ohne eine eng-biblische Orientierung in ihrer Ortsgemeinde eine sozial-religiöse Heimat gefunden haben. Die innerkirchliche Konfrontation, die sich mehr oder weniger heftig daraus ergibt, finden wir beispielsweise in Baden-Württemberg in den Synodalflügeln von »Lebendiger Gemeinde« und »Offener Kirche« deutlich ausgeprägt. Es ist zwar verpönt, doch manche sprechen von »Kirchenparteien«.9


Kirche im Dilemma

Der Versuch von Kirchenleitungen die Spannungen auszugleichen, dürfte sich tendenziell erübrigen, weil sich das Schwergewicht verlagert. Schon jetzt fühlen sich Bischöfe, dem Vernehmen nach, fallweise von ihren Evangelikalen getrieben, Positionen gegen ihre eigene Überzeugung zu beziehen.

Wenn Kirche sich in diesem Spannungsfeld erkennbar und einseitig positioniert, verschärft sie nicht nur ihr innerkirchliches10, sondern auch ihr gesellschaftliches Dilemma. Das spiegelt sich in den Leserkommentaren zum Artikel von Bingener.11 Da gibt es Kritik von eher streng biblisch orientierten Kreisen, hinter denen man einen mehr oder weniger ausgeprägten Fun­damentalismus verorten darf. Pauschal gesagt beklagen sie die Anpassung der Kirche an den Zeitgeist; so wird u.a. die Stellung zur Homosexualität genannt und ein, in meinen Worten, »Wischi-waschi-Christentum«, das keine klare biblische Botschaft mehr verkündet.

Diesen Vorwurf scheint auch der evangelische Theologe Friedrich Wilhelm Graf zu teilen, wenn auch nicht aus evangelikaler Sicht: Der Beruf des evangelischen Pfarrers werde zu einem Frauenberuf, hat er beklagt; in seinen Seminaren dominierten neuerdings »junge Frauen, meistens eher mit einem kleinbürgerlichen Sozialisationshintergrund, eher Muttitypen als wirklich Intellektuelle, und eine Form von Religiosität, in der man einen Kuschelgott mit schlechtem Geschmack verbinden kann«12. Bereits 1992 urteilte der Sozialanthropologe Ernest Gellner, »die modernistische christliche Theologie mit ihrem verschwommenen Gehalt, der sich asymptotisch dem Nullwert nähert,« liefere »den mit Abstand besten Beweis für die Säkularisierungsthese«.13

Soweit die (noch) vorhandenen innerkirchlichen Polaritäten. Doch die Kirche wird überleben, als Sekte, so Dirk Baecker von der Zeppelin-Universität in Friedrichshafen, oder als Nichtregierungsorganisation, NGO, wie er zur Erleichterung seiner Zuhörer spezifizierte. »Weder der Protestantismus noch der Katholizismus haben demnach als Amtskirchen eine Zukunft. Überlebensaussichten bestünden in der globalisierten Welt nur für die Gläubigen, die sich auch als Gläubige ähnlich wie eine Nichtregierungsorganisation präsentieren. Der Auftritt werde an den von Sekten erinnern.« Wie auch immer man die Säkularisierungsthese beurteilt, auch Dinkel meint im Anschluss an den Religionssoziologen Nassehi, es werde also immer Religion geben, allerdings bleibe offen, welche Organisationsgestalt Religion hat. Sie müsse nicht evangelisch-landeskirchlich sein.


Die Frage nach der richtigen Strategie

Wenn aber nun landeskirchlich, dann stellt sich die Frage nach der richtigen Strategie. Das zentrale Paradox einer kirchlichen Organisation sei nach Nassehi, dass Glaubenserleben im Grunde unorganisierbar sei. Die Kirche als Organisation müsse also das Unorganisierbare organisieren. Somit liege die Weisheit der Kirchenorganisation darin, »das Nicht-Organisierbare nach eigenen Regeln geschehen zu lassen.« Sie sollte für »den Rahmen und die ökologischen Nischen« sorgen, in denen Religion sich ereignen kann.

»Die Aufgabe der Kirche ist allein auf die Organisation der religiösen Kommunikation aus­gerichtet. Auf diese Grundaufgabe muss alles, was in der evangelischen Kirche als Organisa­tion geschieht, zurückzuführen sein. Die kirchliche Organisation muss damit leben, dass sie nicht selbst religiös kommuniziert, sondern nur die religiöse Kommunikation anderer ermög­licht. Sie sollte effektiv und geräuscharm ihre Arbeit tun.«


Drei Schlussfolgerungen:

1. »Auf den Pfarrer kommt es an, nur auf den Pfarrer«,

… wie mir ein Landesbischof schon vor der Mitgliederuntersuchung sagte; die Pfarrerinnen waren mitgemeint. Sie stehen, schreibt Dinkel im Anschluss an die Mitgliederuntersuchung, »für das religiöse Profil der Kirche, sie sind ihr Gesicht. Bei ihnen laufen die Fäden in der Gemeinde zusammen. Ihre öffentlichen Auftritte sind wichtige Signale für die Präsenz der Kirche in der Stadt oder im Dorf. Wer die Pfarrerin oder den Pfarrer auch nur von weitem kennt, tritt kaum aus der Kirche aus.« Nun, ich kenne nicht wenige, die wegen ihres Pfarrers ausgetreten sind. Dinkel zieht den berech­tigten Schluss, die Kirche solle bei der Gewinnung des Pfarrernachwuchses versuchen, die besten Leute zu bekommen. Dazu gehöre eine angemessene Bezahlung und eine anspruchsvolle Aus- und Fortbildung. Doch wer sind die besten Leute und nach welchen Kriterien? Wenn ich auf meine theologisch eher gespaltene Landeskirche schaue, sehe ich bei dieser hauptsächlich Richtungskämpfe.14

2. Die Kasualien

Sie werden oft vernachlässigt, aber sie sind »nach wie vor die Stützen der Kirchenmitgliedschaft«; man tue als Pfarrerin gut daran, diesen Ansprüchen einigermaßen gerecht zu werden. Die oben in Zusammenhang mit der online-Pfarrerzeitung genannte Kolle­gin hat sich übrigens inzwischen aus ihrer Landeskirche hinauskatapultiert und verkauft, was sie kann, mag und was marktfähig ist: Kasualien. Sie hatte es satt gehabt, sich mit dem sonsti­gen Einerlei im Pfarrberuf zu beschäftigen.

3. Der Gottesdienst

Er rückt als Zentrum des Gemeindelebens und als Kernveranstaltung der Kirche neu in den Fokus: »Der Gottesdienst ist kirchensoziologisch das Schlüsselereignis des kirchlichen Handelns.«15 Den muss man dann allerdings so gestalten, dass sich dort nicht nur die ecclesiola in ecclesia trifft. Kürzlich erlebte ich ein positives Beispiel: Der Kollege zeigte sich sehr gut vorbereitet auf den Beitrag, der anstelle der üblichen Predigt von außen kam. Er band diesen Beitrag vorzüglich ein und vermittelte uns mit der Gemeinde. Nach dem Gottes­dienst wurden die Türen zur Teeküche im rückwärtigen Teil der Kirche geöffnet; eine kluge Idee der Gemeinde im Rahmen der Kirchenrenovierung. Man ging also noch lange nicht weg, auch nicht die Organistin, sondern blieb im Gespräch – über alles Mögliche. Der Pfarrer pendelte zwischen den Grüppchen hin und her, hatte sozusagen die Hand am Puls seiner Gemeinde und schuf so ganz nebenbei und vielleicht ohne direkte Absicht Kirchenbindung.

Die Leser des »Deutschen Pfarrerblattes« kennen die Diskussion um die organisatorische Kirchenreform. Da ist auch viel Platz für die Selbstzerfleischung der Kirche. Vielleicht muss das ja sein. Aber die Gemeinde interessiert das nicht. So schließt Dinkel mit dem Satz: »Auf die gefühlte Marginalisierung der Kirche reagiert man also besser nicht mit endlosen Strategiedebatten. Der Marginalisierung begegnet man besser mit Themen, die für die Menschen relevant sind.«

Das hatte eine Kollegin beherzigt, die kürzlich emeritiert wurde. Die Verabschiedung war nicht nur feierlich, sondern beeindruckend. Im Festgottesdienst sprach nach der Predigt, selbstverständlich in der Kirche, auch der Bürgermeister und nannte detailliert die erfolg­reiche Zusammenarbeit mit meiner Kollegin. Er sagte: Sie waren ein Segen für unsere Stadt.16 Ja, so sollte es sein!


Kirchenleitende Gratwanderungen

Der dritte Essay, geschrieben von Frank Otfried July, Landesbischof der Württembergischen Landeskirche, sieht die »Pietistische Frömmigkeit als Aufgabe kirchenleitenden Handelns« und trägt den für manche verwirrenden aber treffenden Untertitel »(K)ein Kirchlein in der Kirche?«17. Zum Verständnis mag ein Zitat aus dem »FOCUS« helfen: »Nur wenige Landes­kirchen sind so stark vom meist strikt konservativen Pietismus geprägt wie die württember­gische. ›Sie durchsetzen die Württembergische Landeskirche wie die Hefe den Teig‹, sagt der Schorndorfer Dekan Volker Teich. Kirchentags-Generalsekretärin Ellen Ueberschär sieht Differenzen, aber keine Abgrenzung zum Christustag. Das Nebeneinander in diesem Jahr sei ›keine Fusion, aber Austausch, neugieriges, streitbares Miteinander‹«18. Damit ist schon fast alles gesagt. July zeigt am Beispiel des tolerierten Nebeneinanders von Kirchentag und Christustag auf, welche Gratwanderung die Aufgabe der Leitung seiner Landeskirche ist. »Sichtbarer als sonst zeigt der Kirchentag damit die Vielfalt des deutschen Protestantismus in der Vielzahl seiner Frömmigkeitsformen, aber eben auch seine Konfliktanfälligkeit und zugleich die Notwendigkeit kirchenleitenden Handelns.«

July greift auf die Geschichte der »Umformung der christlichen Religion zu einer neuen Denk- und Lebensgestalt« zurück und beruft sich auf Emanuel Hirsch, demzufolge »die Notwendigkeit zur Umformung auf drei Feldern notwendig geworden [sei]: dem Verständnis von Kirche, der Auslegung der Bibel, und dem Verhältnis ›Einzelner und Gemeinschaft‹«. Auch der Pietismus könne nun, so die These von July, als Ausdruck dieser Umformungskrise und zugleich Herausforderung für kirchenleitendes Handeln bis heute gesehen werden. Kirchenleitendem Handeln kommen zwei große Aufgaben zu: die innerkirchliche Moderation dieser Umformungskrise und zugleich die Vitalisierung des kirchlichen Lebens. Das »Pietisten-Reskript 1993« sei Ausdruck des Gelingens dieser Aufgaben. Dort heißt es einleitend: »Das Reskript hat dem sich immer weiter ausbreitenden Pietismus ein verant­wortliches Eigenleben innerhalb der Kirche ermöglicht und dadurch einer separatistischen Absonderung gewehrt. Der Pietismus bekam offiziell Heimatrecht in der Landeskirche (…) und wurde zu einem Element württembergischen Kirchenwesens, das sich auch in den späteren Phasen der Geschichte in seiner belebenden und aufbauenden Kraft bewährt und als tragfähig erwiesen hat.« Doch manche Grundlinien seien gleichgeblieben: so »die Abwehr separatistischer Absonde­rung pietistischer Gruppen und die Vitalisierung der Kirche durch die ›belebende Kraft‹ des Pietismus.«


Ist eine stringente Ekklesiologie möglich?

Wie Dinkel greift July für sein »Idealbild einer von steter ›Zirkulation‹ begriffenen Gemeinde« auf Schleiermacher zurück, der »bereits damals Kirchenleitung nicht allein auf der Leitungsebene eines Konsistoriums, Bischofs oder Kirchenpräsidenten verortete, sondern auf allen Ebenen kirchlicher Vergemeinschaftung.« Schleiermachers Idealbild sei von einer akti­ven, in steter »Zirkulation« begriffenen Gemeinde geprägt gewesen. »Zirkulation … übersetzt kirchliches Leben und Leiten in einen dynamischen Bewegungsprozess. Dieser Prozess muss eben moderiert und mit Grenzen versehen werden, um Zirkulation dauerhaft zu ermöglichen«. July nennt dafür im Detail: »Fragen der sexuellen Identität und deren theologisch-ethische Klärung, Dialogfähigkeit im interreligiösen Gespräch bei gleichzeitiger Konzentration der eigenen Identität, missionarische Kompetenz im Respekt der Pluralität der Gegenwart, Beob­achtung theologisch-akademischer Berufsqualifizierung an Universitäten im Wissen um die Herausforderungen der Nachwuchsgewinnung, … diakonische Dimension von Kirche-Sein in einer Gesellschaft der Ökonomisierung des Sozialen.«

Mit dem Thema der theologisch-akademischen Berufsqualifizierung sind wir wieder beim Essay von Dinkel und sehen die Schwierigkeit, ganz speziell in dieser Landeskirche, zu Ergebnissen zu kommen, die beide in der Mitgliederbefragung genannten Gruppen erreichen können, um sie in der Kirche zu halten, die einen, damit sie nicht mit ihrer ecclesiola in die bereitstehenden Parallelstrukturen umziehen, die anderen, um bei aller Gleichgültigkeit und Kirchendistanz nicht einfach auszutreten, weil ihnen diese Hinterwelt die kirchliche Begleitung ihrer Lebensphasen suspekt macht, suspekt auch in der immer normaler werden­den Nicht-Kirchlichkeit ihres sozialen Umfelds.19 Der Bischof dieser Landeskirche ist um seine Aufgabe nicht zu beneiden. Ob eine noch zu formulierende Ekklesiologie weiterhelfen kann? Ist eine in sich stringente Ekklesiologie überhaupt möglich? War sie das jemals?


Dierk Schäfer


Anmerkungen:

1 http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/index.php?a=show&id=3986.

2 Ein Verfahren, das sich sehr gut auf die 10 Gebote anwenden ließe.

3 Die Familien-, Krabbel- und Segnungsgottesdienstleistungen müssten dann die Nachbargemeinden übernehmen.

4 Dazu s. Anm. 16.

5 http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/index.php?a=show&id=3987.

6 Dort werden täglich die Tweeds veröffentlicht, die von evangelischen Theologen getwittert wurden http://paper.li/ebel/pfarrer-ev?edition_id=ff273d90-e2c3-11e5-b940-0cc47a0d15fd&utm_campaign=paper_sub&utm_medium=email&utm_source=subscription.

7 Zitat aus dem Essay.

8 http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/mitgliederuntersuchung-der-ekd-erosion-auf-fast-allen-ebenen-12838580.html?printPaged Article=true.

9 Dazu weiter unten zum dritten Essay.

10 Dies ist eigentlich nicht neu, sondern war auch ein uns damals überraschendes Ergebnis unserer Kirchen­austrittsuntersuchung von der Mitte der 70er Jahre: Die Mitgliederschaft spiegelte ein dermaßen breites Spektrum der verschiedensten Ansichten, dass eine eindeutige Positionierung die jeweils anderen zum Austritt animieren könnte. »Die bisherige Erfahrung lehrt allerdings, dass es in Teilen der Führung der evangelischen Kirche keine Scheu gibt, hartnäckig an den empirischen Erkenntnissen vorbeizuarbeiten«, so Bingener im erwähnten FAZ-Artikel.

11 http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/mitgliederuntersuchung-der-ekd-erosion-auf-fast-allen-ebenen-12838580.html?printPagedArticle=true.

12 http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/gespraech-mit-friedrich-wilhelm-graf-ein-gott-zum-kuscheln-1610609.html.

13 Ernest Gellner, Der Islam als Gesellschaftsordnung, München 1992, 20.

14 Dazu eine persönliche Erinnerung: Ich war als Fachmann für Notfallseelsorge zur Prüfung einer Person in der zweiten Dienstprüfung hinzugezogen. Ihre Leistung war ausgezeichnet und ich schlug eine Eins vor. Auch wenn Spötter meinen, Einsen seien für Jesus bei seiner Wiederkunft vorbehalten, stieß mein Vorschlag auf andere Bedenken. Diese Person sei so etwas wie das studentische Aushängeschild einer Synodalfraktion. »Na und?«, fragte ich, der ich dieser Fraktion jedoch nicht nahestehe. »Wir bewerten doch hier die Leistung«. Es war ein Zeichen der Liberalität der Prüfungskommission: sie ließ sich überzeugen.

15 http://www.ekd.de/EKD-Texte/kmu5_text.html.

16 https://dierkschaefer.wordpress.com/2015/09/13/einer-kollegin-zur-verabschiedung-aus-dem-pfarramt/.

17 http://www.pfarrerverband.de/pfarrerblatt/index.php?a=show&id=3988.

18 http://www.focus.de/regional/stuttgart/kirche-6000-pietisten-bei-christustag-ablehnung-von-homosexualitaet_id_4728008.html.

19 Gedanken, die auf dem »Christustag« gepflegt werden, lassen Menschen, die nicht davon infiziert sind, bestenfalls ratlos staunend vis-à-vis oder sie denken: »Sektierer«. Auch wenn man theologisch gebildet und liberal genug ist, »jedem Tierchen sein Pläsierchen« zuzugestehen, möchte man selber eben doch nicht mit eher skurrilen Weltanschauungen in Verbindung gebracht werden. Interessierte mögen sich das Florilegium anschauen, zu finden bei https://www.google.de/ search?q=Christustage&ie=utf-8&oe=utf-8&gws_ rd=cr&ei=n63bVrKcGKKC6QTRrIGoAw#q= Christustag. Das gilt auch andersherum: »Hier benutze ich noch das Wort ›Hauskirche‹, aber ich meine im Endeffekt ›Hausgemeinde‹, weil wir mit ›Kirche‹ an sich nichts zu tun haben.« http://www. haus-gemeinde. de/publikationen-lindemeyer.

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 4/2016

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