»Wachsen gegen den Trend« ist eines der zentralen Schlagworte des EKD-Impulspapiers. Die Kirche, so schon im Vorwort nachzulesen, ist gegenwärtig einer Reihe negativer Trends ausgesetzt: Folgen demographischer Entwicklung, schwindende Finanzen, Nachwirkungen früherer Austrittswellen, Arbeitslosigkeit, globaler Wettbewerb. Diese zwingen die Kirche zu schmerzhaften Strukturanpassungen wie dem Abbau von Personalstellen, der Aufgabe und dem Umbau von Arbeitsbereichen, der Zusammenlegung von Gemeinden und Umnutzung kirchlicher Gebäude. Würde sich dieser Trend bruchlos fortsetzen, hätte die evangelische Kirche in Deutschland im Jahr 2030 ein Drittel weniger Mitglieder und verfügte nur noch über die Hälfte ihrer heutigen Finanzkraft. Solchen Prognosen soll die Kirche eine eigenständige Antwort entgegensetzen, so das EKD-Impulspapier: »Wachsen gegen den Trend«. Nachfolgend geht Matthias Rein der Frage nach, wo die Formel »Wachsen gegen den Trend« ihre geistig-geistlichen Ursprünge hat, wie sie in kirchlichen Strategiepapieren aus den 90er Jahren Verwendung fand und welche Rolle sie im Impulspapier spielt. Weiter soll am Beispiel des »evangelischen Münchenprogramms« der Firma McKinsey gefragt werden, welchen Sinn konkrete Zielvorgaben für die Entwicklung kirchlicher Mitgliedschaft haben.

Die Formel »Wachsen gegen den Trend« spielt im EKD-Impulspapier eine wesentliche Rolle. Sie erscheint an wichtigen Schaltstellen im Text und wird in unterschiedlicher Weise verstanden und entfaltet. Der EKD-Ratsvorsitzende Bischof Wolfgang Huber sieht in seinem Vorwort zum Impulspapier drei Alternativen für die weitere Entwicklung der Kirche:
1.    Fortführung des Bisherigen – führt zur faktischen Gestaltungsunfähigkeit,
2.    gleichmäßiges Abschrumpfen – führt zum Verschwinden der Wahrnehmung der Grundaufgaben der evangelischen Kirche in weiten Teilen Deutschlands,
3.    aktives Neuausrichten kirchlicher Arbeit, Konzentration und Investition in zukunftsverheißende Arbeitsgebiete der Kirche – ermöglicht ein Wachsen gegen den Trend.
Dass das Impulspapier unter diesen so dargestellten Alternativen den dritten Weg fördern will, liegt auf der Hand. (7)
In der Einleitung zu den 12 Leuchtfeuern (44-46) geben die Verfasser des Textes Auskunft über die Intention ihrer Überlegungen. Sie wollen mit den Leuchtfeuern ein »Wachstum gegen den Trend« initiieren (46). Dabei geht es ihnen um einen Mentalitäts- und Paradigmenwechsel. Die Leuchtfeuer wollen Räume öffnen, Zielorientierung geben, zur Suche nach eigenen Wegen ermutigen, Angst überwinden, neue Horizonte öffnen, Motivation und Gestaltungswillen freisetzen und insgesamt eine neue Mentalität und ein anderes Paradigma von Kirchesein entwerfen. Die voraussehbaren (!) demographischen und finanziellen Entwicklungen sollen ins Positive gewendet werden. Den falschen Prophetien der Moderne über den Untergang des christlichen Glaubens will man sich nicht beugen, sondern ihnen ein »Wachsen der Kirche gegen den Trend« entgegensetzen. (46) Das Impulspapier will sich nicht auf »prognostische Fixierung bestimmter Entwicklungslinien oder scheingenaue Zielbestimmungen« (46) festlegen, nennt aber konkrete Ziele für 2030. Der derzeitige Anteil der evangelischen Kirchenmitglieder an der Gesamtbevölkerung soll erhalten werden und damit der Trend des Mitgliederschwunds durch demographische Entkirchlichung und Austritte nachhaltig gestoppt werden. Die Teilnahme der Evangelischen an Gottesdiensten und kirchlichen Kernangeboten (Gottesdienst, Kasualien, andere Veranstaltungen) soll verdoppelt werden. (52) Diese konkreten, überprüfbaren Ziele, so die Verfasser, signalisieren den »Willen der evangelischen Kirche, gegen den Trend zu wachsen«. (52) In den Ausführungen zum 9. Leuchtfeuer fordern die Verfasser, dass die evangelische Kirche die ihr angemessenen Themen in der medialen Öffentlichkeit bewusst macht, sie auf die Tagesordnung setzt und deren mediale Behandlung steuert. Dabei soll sie Traditionsverlässlichkeit und Geistesgegenwart überzeugend verbinden. (87) Dies trage zu einer »Aufwärts­agenda« bei, die öffentlich signalisiert: »Die Kirche wandelt sich und wächst.«(ebd.) Das Impulspapier misst sowohl dem Willen zum Wachsen in der Kirche als auch dem faktischen, überprüfbarem Wachstum eine hohe Bedeutung bei. Es wendet sich gegen eine resignierende Hinnahme institutioneller Schrumpfungsprozesse. Voraussetzung des Wachsens, so die Verfasser, ist ein Mentalitätswandel. Er zeigt sich darin, dass die Glieder der Kirche neu und auf entschiedene Weise wollen, dass die Kirche wächst.


1. »Wachsen gegen den Trend« – einer Formel auf der Spur

Seit Mitte der 90er Jahre wird in der evangelischen Kirche in Deutschland auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Perspektiven über den missionarischen Auftrag der Kirche und dessen konkrete Umsetzung nachgedacht. Dazu wurden eine Reihe von Strategiepapieren erarbeitet. Welche Rolle spielt in diesen Strategiepapieren die Frage nach dem Wachsen der Kirche gegen »den Trend«?
Die Formel vom »Wachsen gegen den Trend« wird von den vornehmlich auf die ostdeutsche Situation bezogenen Strategiepapieren »Minderheit mit Zukunft«1 und »Kirche mit Hoffnung«2 nicht verwendet. Das Papier »Minderheit mit Zukunft« von 1995 bedenkt die Herausforderung an die Kirche, das Evangelium auf einem Markt von Sinnangeboten öffentlich zu bezeugen. Dabei können jedoch nicht Marktgesetze die Maxime ihres Handelns sein, denn »das Evangelium kann nur als Geschenk empfangen werden.«3 Die Kirche darf sich in ihrer Ausrichtung weder auf ihre Mitglieder beschränken, noch alle Kirchenfernen und Konfessionslosen inkorporieren wollen. Sie sollte die Kirchenglieder in der Verbundenheit mit der Kirche stärken als auch Kirchenferne und Konfessionslose ansprechen.4 Das Papier »Kirche mit Hoffnung« zählt die missionarische Ausrichtung kirchlicher Arbeit zu einer der Grundfunktionen der Kirche Jesu Christi. Sie hat das Evangelium öffentlich und in persönlichen Begegnungen zu bezeugen. Davon sind Mitgliederwerbung und Bestandssicherung der Kirche noch einmal zu unterscheiden, ohne die sachgemäße Verbindung beider Dimensionen zu leugnen.5 Das Papier misst der Ebene der Beziehungsarbeit in der persönlichen Begegnung zwischen Christen und Konfessionslosen entscheidende Bedeutung im gegenwärtigen missionarischen Handeln der Kirche zu.6 Kirche sollte unter den bestehenden Verhältnissen Beteiligungskirche werden, die daran erkennbar wird, dass möglichst viele in verschiedener Bindung zur Arbeit der Kirche beitragen.7 Ihr Auftrag ist, Jesus Christus in der Welt zu bezeugen und dem Evangelium den Weg zu bereiten.8
Beide Papiere machen das Wachsen der Kirche nicht zum vordringlichen Ziel kirchlichen Handels. Sie nehmen die spezifischen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten kirchlichen Handelns in der Balance von öffentlichem Zeugnisablegen der Kirche und beziehungsorientiertem Bemühen um den Einzelnen wahr.
Die Formel vom »Wachsen gegen den Trend« erscheint bereits als Überschrift für ein Diskussionspapier der berlin-brandenburgischen Kirche9, wird aber in diesem Text nicht entfaltet. Dort heißt es nur: »Gegen den Trend ziehen wir uns nicht zurück hinter unsere Kirchenmauern, sondern feiern Gottesdienst in einfachen und ansprechenden Formen an besonderen Orten und zu besonderen Anlässen.«10 Die berlin-brandenburgischen »Leitlinien kirchlichen Handelns in missionarischer Situation«11 wollen zum Verlassen kirchlicher Binnenkreise, zum Aufsuchen der Menschen auch in kirchenfremden Umgebungen ermutigen und die Orientierung kirchlicher Arbeit nach außen verstärken. Ein ausdrückliches »Wachsenwollen gegen den Trend« wird nicht zum Leitmotiv missionarischen Handelns der Kirche erklärt, auch wenn die Website der Leitlinien mit einer Sammlung von praktischen Beispielen zur Umsetzung der missionarischen Initiative in der brandenburgischen Kirche dieses Motto trägt.
In der Kundgebung der EKD-Herbstsynode 1999 zum Schwerpunktthema »missionarische Kirche«12 ist vom Wachsen der Kirche die Rede: »Der Leib Christi soll wachsen. Darum wollen die Kirchen Mitglieder gewinnen. Dafür setzen wir uns kräftig ein. Eine Kirche, die den Anspruch wachsen zu wollen, aufgegeben hat, ist in der Substanz gefährdet.«13 Dieser letzte Satz schlägt eine semantische Brücke zu den Diskursen in der wachstumsorientierten Gemeindeentwicklungsbewegung Church-Growth, die in Deutschland in freikirchlichen Kreisen beheimatet ist, und z.B. über die Aufmerksamkeit für die Willow-Creek-Bewegung in landeskirchlichen Foren zunehmend Beachtung findet.14 Im Anschluss an den zitierten Passus wird ein Mitgliederzuwachs der eigenen Kirche durch Abwerbung von Menschen aus anderen Kirche abgelehnt. Es komme darauf an, dass Menschen überhaupt eine kirchliche Beheimatung fänden und deshalb: »Weil wir von der einen Kirche Christi her denken, freuen wir uns auch über das Wachsen anderer christlicher Kirchen.«15 Auch die geistliche Dimension des Wachsens kommt in den Blick, wenn es in der Kundgebung im Zusammenhang mit der Aufgabe jedes einzelnen Christen, den Glauben zu bezeugen und weiterzugeben, heißt: »Wir wachsen und werden im Glauben gewisser, wenn wir zu anderen und mit anderen von ihm reden.«16
In dem Papier der EKD-Kommission zur Entfaltung der Überlegungen der EKD-Synode »Das Evangelium unter die Leute bringen«17 wird der Gedanke vom Wachsenkönnen und -wollen der Kirche nicht aufgegriffen. Dies überrascht, da mit Michael Herbst ein starker Promotor des Wachstumsgedankens in der kybernetischen Debatte zur missionarischen Neuausrichtung der Kirche bei der Entstehung dieses Textes mitwirkte.
Die Formel vom »Wachsen der Kirche gegen den Trend« fand in der folgenden Zeit zunehmend Aufmerksamkeit und Verwendung. So stand die Sommersynode 2004 der Württembergischen Kirche unter dem Motto »Wachsende Kirche«.18 Der Leiter der AMD Hartmut Bärend greift die Aussagen der EKD-Synode von 1999 in einem Artikel aus dem Jahr 2002 auf, formuliert aber deutlich zurückhaltend im Blick auf Tempo und Umfang des Wachsens der Kirche heute: »Wir brauchen in unserer Kirche ein Ja zum Wachstum. Es ist theologisch sinnvoll und auch seelsorgerlich angezeigt, die kleine Zahl nicht zu verachten und sich an denen zu freuen, die da sind. Das hindert aber nicht, sich nach dem Wachstum der Kirche zu sehnen, dafür zu beten und alles nur Mögliche dafür einzusetzen. Eine Kirche, »die den Anspruch, wachsen zu wollen, aufgegeben hat, ist in ihrer Substanz gefährdet«, erklärte die EKD-Synode 1999. Hinter diesen Formulierungen steht die Sorge um den Fortbestand der Volkskirche, aber auch die konsequente Bereitschaft, dem Missionsbefehl Jesu und der Spur der Apostelgeschichte zu folgen. »Die Menschen haben die Kirche massenweise verlassen – sie sind aber nur als Einzelne zurückzugewinnen«, heißt es in der Erklärung der Synode. Damit wird deutlich: Die Vision ist das Wachstum der Kirche, die Praxis ist das Werben um den Einzelnen, die Einzelne.«19
Eine Zusammenschau dieser Spurensuche zeigt: Noch in den 90erJahren spielte das Bild vom Wachsen des Kirche, das man befördern wolle und müsse, in wichtigen Strategiepapieren keine Rolle. Die Formel wird dann aufgegriffen, ohne entfaltet zu werden. Erst mit der EKD-Kundgebung 1999 hält der Gedanke vom Wachsen der Kirche, das in ihrer Existenz begründet liege, Einzug in den gesamtkirchlichen Diskurs. Das EKD-Impulspapier von 2006 räumt dieser Formel nun eine zentrale Bedeutung für die Zukunft der Kirche ein. Ob es Kirche auch in Zukunft institutionell wahrnehmbar gibt, so Huber im Vorwort zum Impulspapier, hängt davon ab, ob sie wachsen will oder nicht.


2. »Wachsen gegen den Trend« – Strategien der Church-Growth-Bewegung und des EKD-Impulspapiers.
Ein Vergleich

Die Fokussierung auf ein qualitatives und vor allem quantitatives Wachstum von christlicher Gemeinde begegnet prononciert in der Church-Growth-Bewegung20. Drei charakteristische Elemente dieser Gemeindeaufbaubewegung sollen hier näher betrachtet und nach deren Relevanz für die Vorstellungen des EKD-Impulspapiers gefragt werden:
•    Bei der Church-Growth-Bewegung steht die Evangelisation im Mittelpunkt, deren Ziel es ist, Menschen zu einer persönlichen Glaubensentscheidung zu führen und sie in die Gemeinde der Glaubenden zu integrieren.21 Der Erfolg dieser Evangelisation ist ablesbar am realen und messbaren Wachstum der Gemeinde. Dabei geht es sowohl um qualitatives Wachstum im Sinne einer Vertiefung der persönlichen Christusbeziehung des einzelnen Gemeindegliedes als auch um quantitatives Wachstum der Anzahl von Gemeindegliedern und Gemeinden.22 Das qualitative und quantitative Wachsen der Gemeinde ist ihr von Gott verheißen – so eine theologische Grundannahme. Und dies wird auch im Umkehrschluss gedacht: Eine gesunde (!) Kirche ist eine quantitativ wachsende Kirche.23 Eine Gemeinde, die aufhört, wachsen zu wollen, steht in der Gefahr, gottlos zu werden.24
Michael Herbst weist auf die Schwierigkeit der Bestimmung des quantitativen Wachstums hin: »Das Zählen führt von einer Verlegenheit zur anderen. Zählbar ist doch allenfalls das, was vom Glauben her sichtbar wird: etwa die Teilnahme am Gottesdienst, an einem Hauskreis … die Mitarbeit an einem Gemeindeprojekt oder die Teilnahme an einem Krankenabendmahl. … Wer immer anfängt zu zählen, muss um die Vorläufigkeit und Unschärfe seines Unterfangens wissen, wenn er nicht Urteile vorwegnehmen will, die der Gemeinde verwehrt sind.«25 Dennoch hält Herbst die Berücksichtigung des quantitativen Wachstums für berechtigt: »Wachstum, auch quantitativer Art, ist verheißen und möglich, weil Gott in der Tat immer mehr Menschen für seine Herrschaft gewinnen will.«26
Das EKD-Impulspapier folgt dieser Spur. Es geht in Zeiten schrumpfender Mitgliederzahlen und schwindender Gelder um die Festigung des Mitgliederbestandes und das Stoppen der Abwärtsspirale. Es geht um die Erhöhung der Taufzahlen und um die Wiedergewinnung der ausgetretenen Getauften.27 Es geht um das Lernen an Erfolgsmodellen, deren Erfolge sich auch durch Mitgliederstabilität und Mitgliederzuwachs ausweisen.28 Weitere Belege im Papier ließen sich aufzählen.
Zu fragen ist, inwiefern das Wachstumsparadigma, das den Rahmenbedingungen einer Freiwilligkeitskirche entspringt, sich auf eine volkskirchliche Großinstitution wie die evangelische Kirche in Deutschland übertragen lässt. Dies wird von den Vordenkern der Growth-Church-Bewegung selbst als Problem und Herausforderung erkannt.29 Zu bedenken ist dabei, wie sich die Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche derzeit in Deutschland konstituiert. Mitgliedschaft als Konsequenz einer bewussten Entscheidung aufgrund einer Evangelisationserfahrung entsteht dabei nur für eine Minderheit. Kann die evangelische Kirche in Deutschland quantitativ so wachsen, wie es kleine freikirchliche Gemeinden anstreben und manchmal auch erleben? In Rechnung zu stellen ist, dass diese Gemeinden ebenso Schrumpfung und Niedergang erleben. Wer allerdings Gottes Gegenwart direkt an quantitativem Wachstum festmacht wie die Church-Growth-Bewegung, spricht verständlicherweise nicht gern über ausbleibende Evangelisationserfolge und schrumpfende Gemeindegliederzahlen.
•    Eine interessante Strategie verfolgt die Church-Growth-Bewegung mit der Berücksichtigung sogenannter »homogenious units«. Menschen sind durch unsichtbare, aber harte Wände in verschiedene Rassen, Sprachen, Kulturen und soziale Schichten geteilt. Innerhalb dieser Schichten entwickeln sie ein Wir-Gefühl, so die These. Wenn Menschen Christen werden wollen, sollen sie nicht zugleich die Schranken ihrer homogenius units überwinden müssen.30 Deshalb missionieren Church-Growth-Gemeinden innerhalb je verschiedener homogenius units und berücksichtigen deren kulturelle Kontexte und Gepflogenheiten.
Hier werden Parallelen zur Milieuuntersuchung im Blick auf die evangelischen Kirchenglieder sichtbar, wie sie u.a. die 4. Kirchen­mitgliedschaftsuntersuchung vorgenommen hat.31 Das EKD-Impulspapier geht auf die Frage verschiedener Formen des Christseins heute ein und kommt zu einer überraschenden These: Es unterscheidet in Anlehnung an Rössler zwischen einem kirchlichen Christentum, einer individualisierten Frömmigkeit und einem öffentlichem Christentum, das in vielfältigen kulturellen Formen Ausdruck findet.32 Zwar sehen die Verfasser des Impulspapiers die zentrale Bedeutung der parochialen Gemeinde für die Gestaltung gelebten lebensnahen Glaubens33, sehen aber die Gefahr der Milieuverengung im Sinne einer Betreuungskultur.34 Um Menschen anderer Generationen und Lebenswelten kirchlich zu erreichen, sei es deshalb notwendig, ergänzende Gemeindeformen zu entwickeln (nach Uta Pohl-Patalongs Konzeption «kirchlicher Orte«).35
Der EKD kommt nun die spezifische Aufgabe zu, die angemessene Form von Kirche für Menschen zu sein, die sich keiner Gemeinde und keiner Landeskirche zugehörig fühlen: »Mehr als die Hälfte der Kirchenmitglieder ordnet sich, wie die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen seit 1972 kontinuierlich belegen, weder einer bestimmten Gemeinde noch einem bestimmten kirchlichen Angebot zu. Sie suchen vielmehr geistliche Zugehörigkeit in der evangelischen Kirche als solcher; sie wollen nicht zuerst Gemeindeglieder oder Landeskirchenkinder sein, sondern evangelische Christen. Diese allgemeine Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche wird durch ein gemeinsames Profil und eine vergleichbare Qualität in den Angeboten der evangelischen Kirche inhaltlich gefüllt und gefördert. Erst der Verbund mit der ganzen evangelischen Kirche macht auch die Veranstaltungen der einzelnen Gemeinden zu Angeboten der evangelischen Kirche insgesamt. Das Ansehen der einzelnen gemeindlichen Angebote und das Bild der Evangelischen Kirche in Deutschland im Ganzen mit all ihren Gliedkirchen sind wechselseitig miteinander verbunden. Ein gemeinsames Kirchenbewusstsein dient deshalb der Wahrnehmung auch der unterschiedlichen Aufgaben am besten.«36 Die EKD steht damit vor der Aufgabe, einer bestimmten Gruppe von Menschen geistliche Beheimatungsebene zu sein: »Die Beheimatung in der EKD als Ausdruck eines Evangelisch-in-Deutschland-Seins steigt angesichts der Mobilität der Menschen und ihrer zunehmenden situativen Teilnahme an kirchlichen Angeboten an. Alle Untersuchungen zum Teilnahmeverhalten von Kirchenmitgliedern und Interessierten an Angeboten der evangelischen Kirche, aber auch alle generationsbedingten Veränderungen von Beheimatungsbedürfnissen sprechen eine deutliche Sprache. Sehr viele Kirchenmitglieder suchen Heimat in der evangelischen Kirche, nicht aber zwingend Heimat in einer Gemeinde.«37
Das Impulspapier hat nach Aussage von Thies Gundlach, einem der Hauptverfasser des Textes, die gebildeten kulturprotestantischen Schichten in Deutschland im Blick. Sein Anliegen ist es, neue Formen von Kirchlichkeit für dieses Milieu (»homogenius unit«) zu entwickeln und zur Diskussion zu stellen. Die Schlussfolgerungen, die das Impulspapier aus dem Umstand zieht, dass sich viele Kirchenglieder nicht in einer Kirchgemeinde engagieren und sich keiner Kirchgemeinde zugehörig fühlen, sind zu diskutieren. Der Schluss, dass diese Kirchenglieder ihre geistliche Heimat nun in der EKD sehen, ist nicht zwingend. Ebenso denkbar wäre, dass diese Kirchenglieder sehr wohl die Kirchgemeinde nebenan als entscheidende Gestalt von Kirche ansehen, ohne allerdings am Gemeindeleben persönlich teilzunehmen.38 Zur Debatte steht, inwieweit die Zugehörigkeit zur und die Teilnahme an der tatsächlichen (und nicht nur medial präsenten) Versammlung der Glaubenden nach CA VII konstitutives Kennzeichen von Kirche ist. Welche Rolle spielen die persönliche Teilnahme an Taufe und Abendmahl, die tatsächliche Kommunikation über die Evangeliumsauslegung, die erfahrene Gemeinschaft der Glaubenden für die Existenz von Kirche? Ist dem Bildungsbürger die »milieuverengte Ortsgemeinde« nicht zumutbar? Der parochialen und darüber hinaus stattfindenden Versammlung der Glaubenden in Christus gilt die Verheißung, dass in ihr Milieugrenzen überwunden werden.
•    Michael Herbst weist in seiner Darstellung der Grundsätze der Church-Growth-Bewegung auf die Bedeutung des Findens für diesen kybernetischen Ansatz hin. Es gehe nicht nur darum, das Evangelium zu proklamieren, d.h. Angebote zu machen und einzuladen. Es gehe ebenso darum, Menschen zu einer persönlichen Glaubensentscheidung zu führen und sie in die Gemeinde zu integrieren. Mit anderen Worten: Es geht um sichtbare Erfolge im Sinne der Gewinnung von Mitgliedern. Herbst nennt dies eine Theologie nicht nur des Suchens, sondern auch des Findens.39 Die Church-Growth-Bewegung geht davon aus, dass nicht jede Gesellschaftsgruppe zu jeder Zeit für das Evangelium empfänglich ist. Deshalb konzentriert sich die Bewegung auf diejenigen, die antworten, denn: »The Church won the winnible – while they could be won.«40
Der Mentalitätswechsel, den das Impulspapier in Gang setzen will, geht von den Erfolgen kirchlicher Arbeit (»good practice«41), den Stärken von Kirche (z.B. Kirchenmusik42) und solchen kirchlichen Verkündigungsformen und Aktivitäten aus, die Antwort finden (z.B. Tourismusseelsorge, Citykirchenarbeit, Kirchentag, Gospelfestivals43, Profilgemeinden, Passantengemeinden, evangelische Gemeinschaften, Medien-Gemeinden44). Die Gefahr der Milieu­verengung und geistlichen Dürre wird vor allem bei klassischen Parochialgemeinden gesehen.45 Deshalb soll die Kirche mehr in Gemeindeformen mit »response« investieren. Die unspektakuläre alltägliche seelsorgerliche Begleitung von Menschen an ihren Lebensorten gerät damit in die Defensive.
Eberhard Winkler rechnet zu den Stärken der Church-Growth-Bewegung, dass sie eine lähmende Fixierung auf Negatives überwinden will. Diesen Impuls nimmt das Impuls­papier auf und fordert einen Mentalitätswandel der Kirche in Deutschland. Problematisch sei die Neigung der Church-Growth-Bewegung, so Winkler, zu einer theologia gloriae und zu einer Rechtfertigung aus eigenen Werken, sprich aufgrund wachsender Mitgliederzahlen durch überzeugende kirchliche Präsenz.46 Dieser Gefahr entgehen grundlegende Zielvorstellungen und Realisierungsvorschläge des Impulspapiers m. E. nicht.47


3. Wachsende Zahlen gegen den Trend? – Was man aus Erfahrungen mit dem Versuch, den Trend umzukehren, lernen kann

Der McKinsey-Unternehmensberater und EKD-Synodale Peter Barrenstein zählt zu den Schlüsselfaktoren erfolgreicher Projektarbeit in der Kirche ein realistisches, aber durchaus hohes Anspruchsniveau der Aufgabenstellung. Ziele sollten qualitativ und quantitativ klar und eindeutig definiert werden, denn: »Verändert wird nur, was man auch messen kann.«48 In diesem Sinne legt das EKD-Impulspapier, an dem Peter Barrenstein mitgearbeitet hat, abrechenbare Ziele fest: Der Gottesdienstbesuch soll von 4% auf 10% steigen, der Anteil der evangelischen Kirchenglieder an der Gesamtbevölkerung soll bis 2030 nicht abnehmen, sondern konstant bleiben. Also: Wachsende Zahlen gegen den Trend bis 2030.49
Sicher sind sich die Verfasser des Impulspapiers bewusst, dass sie sich mit solchen Prognosen auf dünnem Eis bewegen. Verständlich ist der Wunsch des Unter­nehmensberaters, konkrete Ziele zu definieren. Zu fragen ist aber, wie sinnvoll dieses Unterfangen im Blick auf die Beteiligung an kirchlichen Veranstaltungen und auf die Mitgliederentwicklung im Raum der Kirche ist. Inzwischen liegen Erfahrungen aus der Zusammenarbeit von kirchlichen Institutionen und Unternehmensberatern vor. Diese Erfahrungen mahnen zur Vorsicht bei solchen Zielvorgaben. Folgendes Beispiel kann dies zeigen: Peter Barrenstein brachte das evangelische Münchenprogramm 1995 für das Dekanat München auf den Weg. Im Sinne von Barrensteins Projektverständnis definierte das evangelische Münchenprogramm quantitativ eindeutige Ziele: »Abrechenbares Ziel des eMp ist, dass sich das Verhältnis von Kirchenaustritten und Kircheneintritten im Zeitraum der nächsten zehn Jahre umgekehrt hat«, so der damalige Projektleiter Hans Löhr 1997.50 Nach Ablauf von 10 Jahren lässt sich überprüfen, ob dieses Ziel für die Stadt München erreicht ist. Während die Einwohnerzahl in München im Zeitraum von 2000 bis 2005 um 4% stieg, sank die Zahl der Mitglieder der evangelischen Kirche im selben Zeitraum um 5,6%.51 Damit sank der Anteil der Evangelischen an der Münchener Stadtbevölkerung von 22,50% in 2000 auf 20,88% in 2005. Im Jahre 2000 stehen 643 Eintritte in die evangelische Kirche 4288 Austritten gegenüber. Für das Jahr 2005 sieht das Verhältnis günstiger aus: 712 Eintritte zu 3395 Austritten. Die Austritte haben in den letzten 5 Jahren abgenommen, allerdings lässt sich eine Umkehrung des Verhältnisses von Eintritten zu Austritten in München im Jahr 2005 nicht registrieren. Nach wie vor treten fast fünfmal so viel Menschen aus der Kirche aus als ein. Die evangelische Kirche in München kann somit nicht von der positiven Entwicklung der Bevölkerungszahlen profitieren.
Dramatischer dürften sich die Verluste an evangelischen Kirchengliedern in Regionen darstellen, deren Bevölkerung schrumpft. Der Trend in München entspricht dem Trend deutschlandweit. Laut EKD-Statistik verlor die evangelische Kirche im Zeitraum von 1991 bis 2002 11% ihrer Mitglieder bei einer gleichzeitigen Zunahme der Gesamtbevölkerung um 3,36%. Peter Barrenstein hat kürzlich zu Erfolg und Misserfolg des eMp in München Stellung genommen.52 Die avisierte und verfehlte Trendumkehr in München spielte bei seiner Evaluation des eMp allerdings keine Rolle.
Folgende Fragen schließen sich an:
•    Zu fragen ist, warum mehr Menschen die evangelische Kirche verlassen als ihr beitreten. Das eMp konnte diesen Trend trotz positiver äußerer Strukturbedingungen nicht umkehren.
•    Zu fragen ist weiter, ob die Vorhaben des eMp im Blick auf Angebotskoordination, Mitgliederorientierung und Strukturreform die eigentlichen Gründe von Menschen für ihren Kirchenaustritt tangieren und beeinflussen.
•    Zu fragen ist, ob das Ziel des eMp realistisch und ob der Weg zum Erreichen dieses Ziels, den das eMp verfolgt hat, richtig waren.
•    Zu fragen ist weiter, was aus den nicht erreichten Zielen des eMp für ein Zukunftsszenario der evangelischen Kirche im Jahre 2030 zu lernen ist. Was spricht dafür, dass sich der Trend des Mitgliederschwunds stoppen und umkehren lässt? Welchen Einfluss hat die Kirche z.B. durch Profilschärfung auf die Entscheidung von Menschen, aus der Kirche auszutreten? Wie realistisch ist das Ziel des Impulspapiers, eine Konstanz der Kirchengliederzahl zu erwarten?
Zweifel an diesen Erwartungen gründen nicht in einem allgemeinen Pessimismus.53 Sie finden Anhalt an den Erfahrungen in München zwischen 1996 und 2006. Man wollte wachsen, hat viel dafür getan und hat es trotz günstiger Rahmenbedingen nicht erreicht. Die Erfahrungen mit dem eMp sollten Anlass sein, Trends und Realitäten angemessen wahrzunehmen und ihre Ursachen zu verstehen. Allein der Wille zum Wachsen und allein eine vermeintliche oder auch tatsächliche »Steigerung der Qualität« kirchlicher Angebote schaffen noch kein Wachstum, so zeigen die Erfahrungen mit dem eMp.


4. Resümee und Ausblick

Die Kirche in Deutschland befindet sich derzeit in einem grundlegenden Umbauprozess von einer Volkskirche zu einer Beteiligungskirche.54 In diesem Prozess verliert sie Mitglieder in beachtlichen Größenordnungen und schrumpft als Institution. Inwieweit sie dabei volkskirchliche Strukturen von Mitgliedschaftsbildung und Gemeindearbeit grundsätzlich aufgibt und beteiligungskirchliche Strukturen entwickelt, ist noch nicht entschieden.55 In diesem Schrumpfungsprozess hat Trauer über verlorene Mitglieder, Möglichkeiten und Arbeitsfelder ihre notwendige Zeit. Ohne solche Trauer wird der Blick nicht frei für Erfolge und Chancen unter den bestehenden Bedingungen.
Versteht man die derzeitigen Entwicklungen auf diesem Hintergrund, bleibt unverständlich, woran die Perspektivkommission die Aussicht auf eine Trendumkehr festmacht. Zentrale Annahmen des Papiers sind dabei zu diskutieren. So gehen die Verfasser davon aus, dass eine Schärfung des evangelischen Profils zu einem Mitgliederzuwachs führt. Dem entgegen scheint durchaus vorstellbar, dass eine wünschenswerte Schärfung des evangelischen Profils zu weiterem Mitgliederverlust führt. Manche Unentschiedene werden die evangelische Kirche verlassen, je eindeutiger sie sich profiliert. Das Papier reflektiert nicht die Frage der abnehmenden Bindekraft von Großinstitutionen in der Gesellschaft. Für viele Menschen ist heute nicht mehr verständlich, warum sie monatlich Kirchensteuer zahlen sollen, wenn sie im Abstand von 10 bis 15 Jahren in ihrer Familie eine Kasualhandlung in Anspruch nehmen wollen. Damit kommt auf die Kirche die Frage zu, wie sie Menschen begegnet, die eine Kasualie kirchlich begleiten lassen wollen, aber keine Kirchenglieder sind und werden wollen. Nicht wenige Gemeindepfarrer kennen die Fälle von Kirchenaustritten, obwohl die Betreffenden »best practice« von Kirche im Kasualbereich erlebt haben.
Das Impulspapier deutet den Abwärtstrend von Kirche als Folge eigener Unklarheit, Verharren in alten Formen und Festhalten an überholten Besitzständen. Damit folgt es einem speziellen Deutemuster von Kirche und Wirklichkeit: »Die unübersehbare Krise der Kirchen wird als Außenseite einer innerkirchlichen Unsicherheit, die von Hoffnungslosigkeit herrührt, angesehen und in dem Bemühen um theologische Vertiefung und Erneuerung angegangen«, so fasst Gerhard Sauter die Wahrnehmung und Deutung der Situation der Kirche durch ein »Pastoral-Theological Programm« zusammen, in dem 60 ausgewählte Geistliche verschiedener Konfessionen aus allen Teilen der USA in fünf regionalen Gruppen im dreijährigen Turnus zusammenarbeiten.56 D.h.: Wenn Kirche Mitglieder und Einfluss verliert, macht sie etwas falsch. Sie muss ihre Strategie ändern, dann gewinnt sie wieder Mitglieder und Einfluss. Sie muss selbst einen »Mentalitätswechsel« bewerkstelligen, das ist die Voraussetzung für den »Ausstieg aus der Abwärtsdynamik«. Diese Wirklichkeitswahrnehmung und -deutung sowie die wachstumsorientierte Reaktion auf schrumpfende Mitgliederzahlen spiegeln sich deutlich im EKD-Impulspapier wider. Ob sie der Situation gerecht werden, steht zur Debatte. Ob sie helfen, die Situation zu verstehen, zu bewältigen und Kraft für das Engagement für die Kirche der Zukunft freisetzen, bleibt fraglich.
Reinhard Kähler, bis Sommer 2006 Dozent am Evangelischen Predigerseminar in Brandenburg und seit 20.8.2006 Gemeindepfarrer in Berlin, hat grundsätzliche Bedenken gegen die Verwendung der Formel »Wachsen gegen den Trend« für seelsorgerliche und kirchenkybernetische Zusammenhänge im evangelischen Kirchenverständnis geäußert.57 Hinzuzufügen ist, dass die Ausrichtung der evangelischen Kirche in Deutschland auf ein Wachsenwollen und -sollen Menschen, die sich ehren- und hauptamtlich für diese Kirche engagieren, unter ungeheuren Druck setzt. Man sieht die schwindenden Zahlen und soll doch Wachstum organisieren. Wer fängt diese Menschen auf, wenn sich der Trend nicht umkehrt und die gesteckten Ziele nicht erreicht werden? Wer nimmt Strategiepapiere ernst, wenn vorliegende Erfahrungen nicht ausgewertet, sondern nur erneut ein Wachsenwollen beschworen wird? Die Alternative zwischen dem Untergang der Kirche oder einem Wachsen der Mitgliederzahlen (so Huber im Vorwort) zeichnet ein apokalyptisches Szenario, das sich von nüchterner Situationsanalyse und dem Aufzeigen realistischer Handlungsoptionen deutlich entfernt.
M. E. geht es derzeit darum, den Rückbau der Institution Kirche in Zeiten schrumpfender Mitgliederzahlen geistlich, mental und organisatorisch zu bewältigen. Nicht nur die Institution Kirche ist solchem Schrumpfungsprozess ausgesetzt. Spannend wäre zu schauen, wie andere Organisationen mit dieser Herausforderung umgehen.58 Die geistliche Herausforderung besteht darin, in Zeiten schrumpfender Mitgliederzahlen zu entdecken, wo und wie Gott am Werke ist und daraus Hoffnung für seine Kirche in der Welt zu schöpfen.59


Anmerkungen:

1    Untertitel: Überlegungen und Vorschläge zu Auftrag und Gestalt der ostdeutschen Kirchen in der pluralistischen Gesellschaft, erarbeitet vom Arbeitskreis »Kirche von morgen«, veröffentlicht in epd-dokumentation 3a/1995 am 16.1.1995.
2    Untertitel: Leitlinien künftiger kirchlicher Arbeit in Ostdeutschland, erarbeitet von einer ostdeutschen Arbeitsgruppe, veröffentlicht am 1.4.1998, vgl. epd-dokumentation 17/1998, 1–21.
3    Vgl. Minderheit mit Zukunft, 25.
4    Vgl. aaO., 32.
5    Vgl. Kirche mit Hoffnung, 9.
6    Vgl. aaO., 10.
7    Vgl. aaO., 11.
8    Vgl. aaO., 19.
9    »Wachsen gegen den Trend.« Auf dem Weg zu einer missionarischen Kirche, vorgelegt von einer Arbeitsgruppe der berlin-brandenburgischen Kirche zur Diskussion in den berlin-brandenburgischen Kirchengemeinden, Kirchenkreisen, kirchlichen Einrichtungen und synodalen Ausschüssen, veröffentlicht im Mai 1998; vgl. dazu Huber, Wolfgang: Auf dem Weg zu einer missionarischen Kirche. Ein Zwischenbericht, EvTh 58 (1998), 461–479; hier: 476–478.
10    Wachsen gegen den Trend, 25.
11    Beschlossen von der Landessynode der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg am 18.11.2000. Der Text ist im Internet zugänglich unter wachsen-gegen-den-trend.de.
12    »Reden von Gott in der Welt – Der missionarische Auftrag der Kirche an der Schwelle zum 3. Jahrtausend« (Kundgebung der 9. Synode der EKD vom 11.11.1999 zum Schwerpunktthema), veröffentlicht in epd-dokumentation 50/1999, S. 28-32, vgl. auch EKD-Texte 68, 42-50.
13    Vgl. Kundgebung in EKD-Texte S. 44.
14    Vgl. z.B. Herbst, Michael: Wachsende Kirche?!, Brennpunkt Gemeinde (Hg. von der AMD), 6/2005, S. 216–222.
15    Ebd.
16    AaO., 49.
17    Untertitel: Zum missionarischen Dienst der Kirche in unserem Land, erarbeitet von einer vom EKD-Kirchenamt berufenen Kommission, erschienen im April 2001 in EKD-Texte 68, 3–41.
18    Diese Synode wurde zum Ausgangspunkt des Projektes »Wachsende Kirche« in der württembergischen Landeskirche. Mit diesem Projekt, betreut von einer Pfarrerin auf einer 50-Prozent-Projektstelle, will die Landeskirche ein Gegengewicht gegen den »spürbaren Rückgang an Mitgliedern, Mitteln und Ansehen der Kirche« setzen. Vgl. Küenzlen, Heiner: Jahresbericht vor der Landessynode der Württembergischen Landeskirche 2005, 28f. Auf dieser Synode hielt Michael Herbst einen Vortrag unter der Überschrift »Wachsende Kirche?!«, der im Themenheft »Wachsende Kirche« von Brennpunkt Gemeinde (Hg. von der AMD), 6/2005, S. 216–222, veröffentlicht wurde. Vgl. weiter das Themenheft »Wohin wächst die Kirche«, PTh 6/2005 und Bärend, Hartmut: Wachsen oder weichen. Warum die evangelische Kirche versuchen muss, Menschen für das Christentum zu gewinnen, ZZ 3/2002, 17–19; Hemminger, Hansjörg: Permanente Siegesrufe. Die Landeskirchen sollten sich vom Wachstum unabhängiger Gemeinden nicht beirren lassen, ZZ 1/2006, 49–51; Böhlemann, Peter: Wie die Kirche wachsen kann und was sie davon abhält, Göttingen 2006.
19    Bärend, Hartmut: Wachsen oder weichen. Warum die evangelische Kirche versuchen muss, Menschen für das Christentum zu gewinnen, ZZ 3/2002, 17–19; hier 18f.
20    Vgl. dazu die Darstellung von Michael Herbst: Missionarischer Gemeindeaufbau in der Volkskirche, 4. Aufl., Stuttgart 1996, 253–268. Vgl. weiter Winkler, Eberhard: Gemeinde zwischen Volkskirche und Diaspora. Eine Einführung in die praktisch-theologische Kybernetik, Neukirchen 1998, 81–83, und kritisch: Ratzmann, Wolfgang: Streitfall Mission: Historische Positionen und aktuelle Kontroversen. Eine Erinnerung an sieben missionstheologische Positionen, in: Böhme, Michael u.a. (Hg.): Mission als Dialog. Zur Kommunikation des Evangeliums heute, Leipzig 2003, 11–37; hier 34–37.
21    Vgl. Herbst: Gemeindeaufbau, 258.
22    Vgl. ebd.
23    Vgl. Herbst: Gemeindeaufbau, 266.
24    Vgl. Herbst: Wachsende Kirche, 218. In diesem Sinn ist auch der zitierte Abschnitt aus der EKD-Kundgebung zu verstehen.
25    Herbst: Gemeindeaufbau, 267.
26    Ebd.
27    Vgl. Kirche der Freiheit, 17.
28    Vgl. aaO., 19.
29    Vgl. Herbst: Gemeindeaufbau, 262f.
30    Vgl. aaO., 259.
31    Vgl. Huber, Wolfgang u.a. (Hg.): Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge. Die vierte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft, Gütersloh 2006, 203–278.
32    Vgl. Kirche der Freiheit, 14.38.44.51.98.
33    Vgl. aaO., 36.
34    Vgl. aaO., 38.
35    Vgl. ebd., aaO., 54-57.
36    Vgl. aaO., 38f.
37    Vgl. aaO., 98.
38    Vgl. z.B. Kirche mit Hoffnung, 11.
39    Vgl. aaO., 258.
40    Vgl. aaO., 260.
41    Vgl. Kirche der Freiheit, 19.
42    Vgl. Kirche der Freiheit, 59–61.
43    Vgl. aaO., 54.
44    Vgl. aaO., 55f.
45    Vgl. aaO., 53–55. Das Phänomen der Milieuverengung betrifft allerdings die Gemeinschaftsbildung an parochial unabhängigen kirchlichen Orten ebenso.
46    Vgl. Winkler: Gemeinde, 82f.
47    Anders sieht z.B. Hans Christian Knuth die Rolle der Kirche: »Die Kirche repräsentiert die angefochtene Gemeinde, nicht den über Tod und Teufel erhabenen Christus. Von ihm verkündigt sie, aber ihr eigener Platz ist an der Seite der Armen und Angefochtenen. Die Osterbotschaft setzt die Verkündigung des Kreuzes nicht außer Kraft. Sie bestätigt sie vielmehr als Gottes gute Botschaft. Auch die Inkarnationstheologie und die Theologie der Hoffnung müssen sich messen lassen an der Realität des Kreuzes und am Ernst des dadurch zur Geltung kommenden göttlichen Gerichtes.« Ders.: In Zukunft Luther. 12 Thesen zur Bedeutung Luthers für die Zukunft. Die bleibenden theologischen Aufgaben der VELKD, in: ders.: In Zukunft Luther. Gesammelte Texte des Leitenden Bischofs der VELKD, Gütersloh 2005, 12–38; hier 36.
48    Ders., Erfahrungen mit dem Evangelischen Münchenprogramm (eMp) – Überlegungen zu den Erfolgsfaktoren von Projektarbeit in der evangelischen Kirche. epd-dokumentation 18/2006, 31–36; hier 35. Zur Unternehmensphilosophie von McKinsey gehört das unbedingte Wachsen oder – Weichen. Ob die Kirche gut beraten ist, sich diese Unternehmensphilosophie zu eigen zu machen, scheint mehr als fraglich, vgl. Kähler, Reinhard: Keimzeit, 58f.
49    Vgl. Kirche der Freiheit, 52.
50     Vgl. Löhr, Hans: Fähig zur Veränderung? Die Umsetzung des McKinsey-Konzeptes »eMp«, in Brummer, Arnd / Nethöfel, Wolfgang: (Hg.): Vom Klingelbeutel zum Profitcenter. Strategien und Modelle für das Unternehmen Kirche. Hamburg 1997, 153–159; hier 156.
51    Vgl. die statistischen Angaben der Stadt München auf der Website der Stadt und des Dekanats München auf seiner Website.
52    Vgl. ebd. Eine ausführliche Evaluation der Gründe für das Scheitern des eigentlichen Anspruchs des eMp steht m. E. aus. Dieses Projekt wurde im Laufe der Umsetzung geändert, geschwächt und schließlich aufgegeben. Hat es deshalb seine ursprünglichen Ziele nicht erreicht? M. E. erklären sich manche hochgesteckten Ziele des eMp und sein Scheitern insgesamt aus ekklesiologischen Grundannahmen im Blick auf Mitgliederbeteiligung und -verhalten, die eher im freikirchlichen Kontext verortet sind. Hier ist der Empfehlung des Impulspapiers zu folgen und es sind die Erfahrungen eines gescheiteren Versuchs umfassend auszuwerten.
53    Vgl. Kirche der Freiheit, 29.46.
54    So z.B. Schloz, Rüdiger: Kontinuität und Krise – stabile Strukturen und gravierende Einschnitte nach 30 Jahren, in: Huber, Wolfgang u.a. (Hg.): Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge. Die vierte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft, Gütersloh 2006, 51–88; hier 88; Ratzmann, Wolfgang: Rückbau oder Umbau. Gemeindeentwicklung an einem Epochenwechsel, in: Kirche in Bewegung 11/2004, 3-7, und im Rückgriff auf Karl Rahner: Zulehner, Paul M.: Kirche umbauen – nicht totsparen, 2.Aufl. Ostfildern 2005, 18–20.
55     Vgl. Huber, Wolfgang: Auf dem Weg zu einer missionarischen Kirche. Ein Zwischenbericht, EvTh 58 (1998), 461–479; hier 470.
56     Vgl. ders.: Rechenschaft über die Hoffnung, VuF 2004, 2, 72–97; hier 94. Diese Deutung der aktuellen Prozesse korrespondiert augenfällig mit den »Glaubenssätzen einer ›säkularen‹ Religion des 21.Jahrhundert«, die Michael Mary so zusammenfaßt: »Die zentralen Überzeugungen und Glaubenssätze, die sich unaufhaltsam ausbreiten, die Hoffnungen und Versprechen der Religion des 21.Jahrhunderts lauten: ›Du bist für dein Leben verantwortlich‹; ›Du hast dein Glück in der Hand‹ und vor allem: ›Du kannst alles erreichen, was du willst.‹ Diese stetig und ungebrochen vermittelten Botschaften der Machbarkeit sind indes nicht ohne Folgen. Sie bauen langsam, aber sicher einen Schatten auf, dem sich kaum jemand entziehen kann: Wer altert, ist selbst schuld daran. Dumm ist, wer erfolglos bleibt. Zum Versager wird, wer leidet. Wer nicht dauernd glücklich ist, wer sein Leben nicht meistert, der arbeitet nicht genug an sich. Der muss mehr tun. Um diesem Schatten des Versagens und der Selbstverurteilung zu entgehen, machen sich immer mehr Menschen an die Arbeit und auf den Weg, ihre Innenwelt zu erobern.« Mary, Michael: Die Glückslüge, Bergisch Gladbach 2003, 18.
57     Vgl. Kähler, Reinhard: Keimzeit, 57–62.
58     Vgl. Kaufmann, Franz-Xaver: Schrumpfende Gesellschaft. Vom Bevölkerungsrückgang und seinen Folgen, Frankfurt a.M. 2005, 114f.; Schmidt, K. u.a. (Hg. im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung): Demographie konkret – Handlungsansätze für die kommunale Praxis, Gütersloh 2005.
59     Ein Reihe ermutigender Beispiele in dieser Perspektive hat kürzlich der thüringische Landesbischof Christoph Kähler zusammengestellt, vgl. ders.: »Das Evangelium unter die Leute bringen« – Missionarische Perspektiven im kirchenleitenden Amt, epd-dokumentation 3/06, 6–18.  

Über die Autorin / den Autor:

Dr. Matthias Rein, geb. am 2.8.1964 in Sanitz (Mecklenburg), 1985–1990 Studium der Evangelischen Theologie an der Universität Halle/S., 1992/93 Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes, 1994 Promotion (»Die Heilung des Blingeborenen (Joh. 9). Tradition und Redaktion«, Mohr-Siebeck, Tübingen 1995), 1993–1995 Vikariat/Luther-Gemeinde Halle/S., 1995–2001 Pastor in der Ev.-luth. Kirchgemeinde Gammelin-Warsow (bei Schwerin/Mecklenburg), seit 1997 Dozent im Fach Neues Testament beim Kirchlichen Fernunterricht der Evangelischen Kirche der Kirchenprovinz Sachsen (ehrenamtlich), seit 2001 Studienleiter am Theologischen Studienseminar der VELKD in Pullach, Studienkurse zu biblischer Theo­logie, Theologie und Seelsorge, Theologie und Ästhetik, Kybernetik, interreligiöser Dialog, Theorie und Praxis christlicher Spiritualität, sowie zu kybernetischen Themen dieses Beitrags: »Gemeinde vor Ort: anziehend und ausstrahlend?« – Zur Rolle der christlichen Gemeinde als Ort der Glaubensstärkung und -weitergabe in der pluralen Gesellschaft (26.1.–6.2.2004); »Offen, einladend, gewinnend« – als Gemeinde missionarisch wirken. Voraussetzungen, Konzeptionen, praktische Umsetzung missionarischer Gemeindearbeit (18.–29.4.2005); »Die Menschen gehen!« – Was wird aus der Kirche vor Ort? Glauben leben und weitersagen unter den Bedingungen struktureller Schrumpfungsprozesse (27.2.–10.3.2006); Wie sieht die Kirche der Zukunft aus? – Visionen und Projekte (9.–20.10.2006)

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 2/2007

Kommentieren Sie diesen Artikel
Pflichtfelder sind mit * markiert.
Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.
Spamschutz: dieses Feld bitte nicht ausfüllen.