Prof. Dr. Ulrich Heckel, bis zum Sommer 2024 Oberkirchenrat und Leiter des Dezernats Theologie, Gemeinde und weltweite Kirche der württembergischen Landeskirche, stellt mit diesem Sammelband ein großes und tiefschürfendes theologischen Kompendium vor. Dieser Band bildet das Kondensat eines reichen theologischen Arbeitslebens, in dem der Autor die Wichtigkeit theologischer Grundlagenarbeit für eine kirchenleitende Funktion in besonderer Weise betont. So finden sich in diesem Aufsatzband Grundsatzreferate zu theologischen und ekklesiologische Themenfeldern, die den Autor theologisch beschäftigt haben.

Aufgebaut ist der Band unter den Großüberschriften „Schrift“, „Kirche und Ökumene“ und „Schöpfung“ als Abbild dessen, mit was sich der Autor in seinem Berufsleben auseinandergesetzt hat. Eindrücklich und Ausdruck der besonderen Wertschätzung der ökumenischen Verbundenheit ist das Geleitwort, das Kardinal Kaspar beigesteuert hat. Es zeigt Ulrich Heckels anerkanntes großes Engagement im Sinne der weltweiten Ökumene, theologische Klärungen zu erarbeiten.

In diesen Aufsätzen wird in exegetischer Detailschärfe Grundlagenarbeit geleistet, deren Erkenntnisse auf aktuelle Debatten und Überlegungen ausgeweitet werden. So beispielsweise im Blick auf die liturgisch gängige Redeweise vom alten und neuen Bund, die von Heckel in ihrem biblischen Interpretationsrahmen nachgezeichnet wird und von dort aus für den heutigen Kontext theologisch fundiert interpretiert werden kann.

Gleiches gilt im Blick auf das Amtsverständnis, das Heckel auf Grundlage des ntl. Briefkorpus fein ziseliert nachzeichnet, sodass eine fundiert evangelische Amtstheologie in den aktuellen kirchlichen Transformationsprozessen profiliert und akzentuiert werden kann. Ausgangspunkt dieser Studie war die Erarbeitung einer neuen Einführungsagende in der württembergischen Landeskirche. In den paulinischen Briefen macht Heckel „drei Stadien in der Entwicklung“ (197) aus. Zum einen eine rasch einsetzende Hervorhebung der Wortverkündigung im Charismenkatalog (1. Kor. 12,28), sodann die Institutionalisierung der Verkündigungsaufgabe in Eph. 4,11, bevor schließlich „in den Pastoralbriefen die Ordination des Gemeindeleiters durch Handauflegung“ beschrieben werde (197). Diese Phasen zeichnet Heckel detailliert nach, bevor die reformatorische Rezeption beschrieben wird, in der v.a. die „Institutionalisierung der Evangeliumsverkündigung“ (211) in der CA von 1530 festgehalten wird. Für Luther sei es nicht darum gegangen, „die Institution des Pfarramtes aus diesen Bibelstellen [Apg 20,28, 1 Kor 12,28 und Eph 4,11] abzuleiten“ (215), sondern das „dass des Predigtamtes“ (215) zu begründen.

Für die Pastoralbriefe hält Heckel fest, dass dort zum ersten Mal „die Ordination durch Handauflegung“ als fester Ritus beschrieben wird (217). Damit haben die Pastoralbriefe die nötig gewordene Ausgestaltung der Ämterstruktur in den Blick genommen mit den Fragen von „Auswahlkriterien, Besetzungsverfahren und Dienstauftrag“ (217). „Die Handauflegung war im frühen Christentum zunächst mit der Taufe verbunden, um die Gabe des Heiligen Geistes zu vermitteln [und] wird in den Pastoralbriefen […] auf die Ordination übertragen.“ (219) Bei der Ordination wird das „Amtscharisma“ der Verkündigung weitergegeben, das jedoch seinerseits eine Gabe Gottes bleibt und nicht in den Besitz des Amtsträgers wechselt. Daher geht es in erster Linie um die Weitergabe der Lehre und nicht um eine ungebrochene Sukzessionsabfolge.

Für die Entwicklungen in der Reformationszeit geht Heckel ausführlich auf Luthers Verständnis des Priestertums aller Gläubigen, der damit verbundenen Kritik des Weiheverständnisses und einer dazugehörenden Hierarchisierung ein. Dazu ist es eminent wichtig, zwischen dem Priestertum und dem Predigtamt zu unterscheiden (227). In der CA wird dieses öffentliche Amt genauer beschrieben. Heckel schließt sich der Meinung an, dass in CA V noch nicht die Ordination ins Pfarramt gemeint ist, sondern die „gottgewollte Institutionalisierung“ desselben beschrieben werde. Daher sei CA XIV auch nicht als „Dublette“ von CA V zu verstehen, sondern als Ergänzung. Damit gebe es auch nicht nur ein Amt, sondern verschiedene Ämter, die schon der Epheserbrief beschreibe und die CA V im Sinne der öffentlichen Wortverkündigung als Grundkonstitution der Kirche ausgestalte.

Gerade für Menschen im pfarramtlichen Alltag kann sich ein Blick in einzelne Aufsätze lohnen, um die eigene Praxis biblisch-theologisch zu reflektieren und wiederum Erkenntnisse in die eigene Praxis einzuspielen. Dass die theologische Reflexion dessen, was wir tun, und die Herleitung aus Schrift und Bekenntnis in den derzeitigen Umbrüchen nicht nur lohnend, sondern grundlegend ist, das beweist dieser Aufsatzabend von Ulrich Heckel par excellence und dafür gebührt ihm großer Dank und Anerkennung!

 

Martin Böger