Im Oktober, kurz vor dem „Todesmonat“ November (Allerheiligen, Volkstrauertag, Totensonntag bzw. Ewigkeitssonntag), erscheint dieser preisgekrönte Roman des in Italien arrivierten Schriftstellers Matteo B. Bianchi (vgl. https://it.wikipedia.org/wiki/Matteo_B._Bianchi). Doch beim Lesen fühlt man sich viel eher so, als ob man in die lebensecht geschilderte (homosexuelle) Beziehung des Autors zu Alberto (fast passim abgekürzt nur mit A. wiedergegeben) mit hineingenommen wird. Beide gewinnen im Verlaufe des Buches immer mehr an Farbe.
Nachdem A. sich aus dem Nichts heraus suizidierte, schreibt Bianchi sehr persönlich als davon Betroffener von sich und seinen Gefühlen – „Für die Überlebenden“, sagt die Widmung (zu dem Begriff vgl. S. 63). 25 Jahre lang wartete der Autor, bis er seine Geschichte mit A. im Buch abschloss und veröffentlichte. Was er schreibt, sind nicht Augenblicksgedanken oder -gefühle, sondern ist reflektiert. Man liest und spürt, wie sehr der überlebende Bianchi getroffen und betroffen ist. Die beiden hatten sich zwar zuvor getrennt, aber A. blieb gegenwärtig. Bianchi weiß nicht, was er anderen sagen soll. Nichts tröstet ihn. Niemand versteht seine Gefühle. Er hört „gut gemeinte Ratschläge, aber ich bin ganz woanders … stehe in Flammen“. Und wünscht, dass man ihn brennen lässt. Und „ein Fünkchen Glück, vor dem erneuten Absturz in die Finsternis.“
Abschließend die folgenden drei Informationen bzw. Gedanken:
Bianchi verfasste sein Buch in kurzen Kapiteln, eines nach dem anderen, ohne Überschriften oder Kapitelzählung. Öfter besteht ein Kapitel nur aus einer halben Seite, das kürzeste auf S. 31 aus nur drei Sätzen.
Bianchi „begegnet dieser Tragödie ohne Gott … Irgendwann habe ich aufgehört zu glauben … Ich hatte keinen Gott, zu dem ich flehen konnte.“ (50f) Ist das nicht – zunehmend! – die Grundsituation unserer Trauergemeinden?
Bianchi zählt m.E. für Trauerprediger und Seelsorger zur Pflichtlektüre.
Gerhard Maier