Wie und warum entsteht Glaube in einem Menschen? Auf diese einfache Frage gibt es keine einfachen Antworten. Ja, es gibt glaubensfördernde Faktoren. Aber beweisen oder erzwingen lässt er sich nicht. Gott schenkt den Glauben. Und doch bleiben Fragezeichen, weil der Glauben eben nicht allen gegeben ist. Der eine glaubt, der andere nicht.

Das führt zu spannungsvollen Herausforderungen im Zusammenleben. Der evangelische Theologe Matthias Kleiböhmer weiß als leidenschaftlicher Christ, wovon er spricht. Er ist mit einer Atheistin verheiratet, die er von Herzen liebt, und sie haben Kinder, die sie gemeinsam erziehen. Wie kann unter diesen Vorzeichen Familienleben gelingen?

Ausgehend von seiner eigenen Lebenssituation reflektiert der Verfasser exemplarisch, wie ein Zusammenleben mit Nichtchristen aussehen kann. Welche Herausforderungen und welche Chancen ergeben sich? Kleiböhmer buchstabiert das u.a. an den klassischen Kasualien durch: Hochzeit, Taufe und Beerdigung. Auch Rituale des Alltags wie Tischgebet, Kindererziehung, Familienfeste wie Ostern und Weihnachten, gemeinsamer Gottesdienstbesuch und Geldspenden für die Kirche kommen zur Sprache. Der Autor erzählt, wie es gehen kann, wenn nicht alle in der Familie das Glaubensleben teilen. Oder, um die Titelformulierung aufzugreifen, er beschreibt, wie es ist, der einzige Christ in der Familie zu sein.

Für den gemeinsamen Weg gibt es freilich kein Patentrezept, die besondere „Dreiecksbeziehung“ sowohl mit Gott als auch dem Partner zu gestalten. Der Verfasser erzählt aus seiner Ehe, wie sie miteinander zu tragfähigen Kompromissen gekommen sind und welche Punkte sie trennen. Damit ermutigt das Buch Menschen in einer ähnlichen Lebenssituation, ihren Weg zu finden.

Mit den eigenen Erfahrungen verknüpft der Verfasser darüber hinausbiblische Impulse und theologische Reflexionen. Beispiel Taufe – drei Möglichkeiten haben die Eltern, wenn nicht beide das Glaubensleben teilen: Sie lassen ihr Kind taufen, sie lassen es segnen oder sie lassen das Kind später selbst entscheiden. Diese Möglichkeiten werden mit biblisch-dogmatischen Aussagen zur Taufe von Erwachsenen bzw. Kindern sowie dem Kircheneintritt in Beziehung gesetzt. Ohne Glaube und ein persönliches Bekenntnis zu Jesus Christus bleibt die Taufe ein leeres Ritual. Letztlich, so der Autor, stellt sich bei allen drei Möglichkeiten doch die Grundfrage, wie Kinder mit dem Glauben bekannt gemacht werden und welche Rolle die Eltern darin haben. „Dagegen ist die Entscheidung pro oder contra Taufe eine überschaubare Aufgabe“ (60).

Vor dem gesellschaftlichen Hintergrund, dass immer weniger Menschen glauben, finde ich das Kapitel „Wie spricht man über den Glauben?“ besonders ertragreich. Dazu eine kurze Meditation des Autors:
Die anderen sagen: Da hast du aber Glück gehabt. – Ich fühle: er hat mich bewahrt.
Sie nennen das Schicksal. – Ich nenne ihn Vater.
Die anderen sagen: Ich drücke dir die Daumen. – Ich sage: Ich bete.
Sie sagen: Du führst ein Selbstgespräch. – Ich lächle.
(131)

Kleiböhmer illustriert damit, wie er fortwährend lernt, seinen Glauben verständlicher auszudrücken, weil sein Gegenüber nicht die eigenen Glaubensüberzeugungen teilt. Er plädiert dafür, persönlich und authentisch zu sprechen und auf die Kraft der Bilder und Erlebnisse zu bauen. Er beschreibt, wie Rituale, Symbole und Musik im Alltag mit Nichtgläubigen zur Sprachhilfe für den eigenen Glauben werden können. Solche Ausdrucksformen des Glaubens sind keine „missionarische Guerillastrategie“, sondern selbstverständlicher Lebensvollzug. „Es ist schwer, als Christin oder als Christ zu leben. Aber es ist es wert, es zu versuchen“ (140).

Horizonterweiternd sind die Ausführungen des Autors, welche Zugeständnisse nichtgläubige Familienmitglieder machen, die sich auf einen gemeinsamen Gottesdienstbesuch einlassen. Es verdient Anerkennung von den gläubigen Partnern und der Gemeinde, wenn Nichtgläubige ihre Komfortzone verlassen. Vor diesem Hintergrund plädiert der Verfasser für eine andere Kultur im Gottesdienst, wohlwissend, dass es keinen barrierefreien Gottesdienst geben kann.

Fazit: Kleiböhmer hat für das Miteinander von Gläubigen und Ungläubigen ein gut lesbares, erfahrungsorientiertes und zugleich theologisch reflektiertes Buch geschrieben. Es regt an, die Verschiedenheit des Gegenübers liebend wahrzunehmen und gerade darin eine tiefe Gemeinsamkeit zu finden.