Das Ziel unseres Lebens
Hirten und Pastoren
Wir feiern heute den Sonntag des Guten Hirten. Wir hören im Evangelium Jesus sagen: „Ich bin der gute Hirte“. Jesus sagt das so betont. Gibt auch noch andere Hirten? 1. Petr. spricht sie in dem Text an. Er schreibt an die Ältesten der Gemeinde: „Weidet die Herde Gottes, die euch anbefohlen ist.“ Also sind sie die Hirten, die Pastoren, wie das dann lateinisch heißt und wie in Norddeutschland die Pfarrer genannt werden.
Was bedeutet dieses Bild? Wird die Gemeinde etwas als Schafherde gesehen? Wird sie entmündigt, während einer allein das Sagen hat? Aber alle Bilder haben ihre Grenze. Sie sagen etwas aus, sie bringen einen Aspekt zur Geltung, sind aber oft nicht mit allen ihren Bezügen eins zu eins anwendbar. Natürlich darf die Gemeinde nicht entmündigt werden.
Aber zuerst muss man sich bewusst machen, dass Hirtesein mit Romantik nichts zu tun hat. Das ist ganz einfach Arbeit, und manchmal auch harte Arbeit. Und das ist das Erste, was 1. Petr. den Ältesten sagt: Wenn ihr den Auftrag habt, für die Gemeinde zu sorgen, dann ist das zunächst einfach einmal Mühe. Das hat nichts mit Orden und Ehrenzeichen zu tun, da geht es nicht um Verbeamtung und sichere Rente, um gesellschaftliche Stellung und Einfluss. Es geht um die Menschen, die Gläubigen, und es gibt Arbeit. Hirtesein ist Mühe, und bitte, nehmt die auf euch, gebt euch Mühe.
Drei Gefahren
1. Petr. führt drei Punkte an, die wichtig sind: Es geht nicht um Geld, und es geht nicht um Macht. Tut es „nicht um schändlichen Gewinnes willen“, und tut es nicht „als Herren über die Gemeinde“. Das sind zwei Gefahren: Geld und Macht – die zwei Verführer unserer Zeit, die zwei großen Versuchungen. Und das war anscheinend damals schon so. Nein, sagt der 1. Pertrusbrief, es geht nicht um Geld, sondern dass ihr das aus ganzem Herzen tut, aus innerem Antrieb. Es geht nicht um Macht, sondern dass ihr Vorbilder seid, dass ihr Hingabe lebt.
Es gibt noch eine andere Gefahr, die liegt auf der Gegenseite, und das ist das Dritte: Wenn für mich nichts herausspringt an Geld oder Macht, dann hab ich keine Lust, dann fehlt mir die Motivation. Dann mach ich meinen Job, weil ich muss, aber unwillig. Halt, sagt der 1. Petrusbrief auch hier: Tut es nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie es Gott gefällt, aus freiem Willen, und das heißt letztlich: aus Liebe.
Der „Gute Hirte“ Christus
Da ist es gut, dass es den Guten Hirten gibt, an dem wir das lernen können. Den „Erzhirten“ nennt ihn 1. Petr., den eigentlichen Hirten, dem wir alle unterstehen. Und von dem sagt er zwei Dinge. Zuerst: „Ich bin Zeuge der Leiden Christi.“ Für Jesus war das Hirtesein ganz konkret mit Lebenshingabe verbunden bis hin zum Sterben für uns. Freiwillig, wie es Gott gefällt. Dahinein stellt 1. Petr. die Ältesten der Gemeinde, indem er sie an die Leiden Christi erinnert. (Und wer daran nicht erinnert werden will, der sollte nicht vom Priestertum aller Gläubigen reden.) Denn Jesus ist der Maßstab für jedes Priestertum, von ihm her gewinnt es seine Gestalt und seine Vollmacht.
Das ist aber nicht alles. 1. Petr. sagt dann gleich noch dazu, dass er auch teilhat „an der Herrlichkeit, die offenbart werden soll“. Und ebenso sagt er am Ende des Abschnitts den Ältesten, dass sie die „unvergängliche Krone der Herrlichkeit empfangen“ werden. Es gibt also auch eine Herrlichkeit. Und da denkt 1. Petr. vom Ziel her. Er motiviert seine Leute von der Zukunft her, die gewonnen werden soll, ja die schon gewonnen ist durch Jesus. Denn Jesus ist auferstanden und in die Herrlichkeit Gottes eingegangen.
Wir feiern Abendmahl. Da begegnen wir ihm. Und darin feiern wir, dass er sein Leben für uns gegeben hat. Und gleich neben dem Altar steht die Osterkerze. Sie weist uns darauf hin, dass das Ziel des Ganzen die Herrlichkeit ist. Sie symbolisiert die Herrlichkeit des Auferstandenen. Und sie zeigt uns das Ziel unseres Lebens: Licht, Leben, Gemeinschaft mit Gott.
Franziskus Joest
Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 3/2023