… für die Weisen aus dem Morgenland. Als Predigerin bin ich dagegen bereits angekommen an der Krippe und mitten drin im weihnachtlichen Geschehen. Diesem Wunder, das die ganze Welt bewegt und bewegen soll. Und in ihr auch die Machthabenden. Davon zeugt der Predigttext.

 

Wer bin ich? Und wie viele?

Da stehen sie, die drei Könige aus dem Morgenland in der Krippenlandschaft. Die Kombination der Kindheitsgeschichten von Matthäus und Lukas macht es möglich. Doch im Text ist weder von drei Personen noch von Königen die Rede. Auch tragen sie nicht die uns bekannten Namen Caspar, Melchior und Balthasar, wie sie die Tradition der Sternsinger aufnimmt. Bei Matthäus stehen die namenlosen Weisen aus dem Osten, griech. Mágoi apὸ anatolôn, (V. 1) für die nichtjüdische Welt und für die Idee einer Völkermission bzw. Völkerwallfahrt zum Zion (vgl. Mt. 28,19; Jes. 60,3-6). In diesem Sinne wird die Zahl Drei mit den drei Kontinenten Europa, Afrika und Asien verbunden. Die Botschaft der Christgeburt ist für die gesamte Welt relevant.

Die sich da auf den Weg machen sind persische Priester. Nicht nur der Sterne kundig, sondern auch bewandert in mancherlei religiösen Dingen. Sie begeben sich in Jerusalem direkt ins Zentrum der irdischen Macht. Sie befragen den von den Römern eingesetzten (Klientel-)König Herodes (73-4 v. Chr) nach dem neugeborenen König der Juden, dessen Stern sie haben aufgehen sehen (V. 2).

 

Ein neuer Stern am Himmel – oder: Die Grenzen eines Machthabenden

Bei dieser Frage ist Herodes offenbar raus. Dass aus Bethlehem, der Stadt Davids, einmal der Messias kommen wird (V. 6; Mi. 5,1), weiß er als Jude offenbar nicht. Erst die Ankunft der Priester macht ihn aufmerksam. Herodes erschrickt. Und alle mit ihm. Er muss nachforschen lassen, um dieser für ihn beunruhigenden Nachricht Herr zu werden, die diesmal nicht politisch, sondern religiös daherkommt.

 

Wenn Machtverlust droht

Einer wie König Herodes will kontrollieren, beherrschen, um herrschen zu können. Er muss wissen, was vor sich geht. Um den drohenden Machtverlust aufzuhalten, spannt Herodes „alle“ (V. 4) ein: die Hohenpriester am Tempel in Jerusalem und die Schriftgelehrten des Volkes (V. 5f). Ein Machthaber auf der Suche nach der Lösung einer religiösen Frage, die ihm Angst macht. Einer, der in diesem Fall abhängig ist von Informationen anderer. Und der bei dieser Suche zugleich eine Gefahr für andere darstellt. Bereit, sie alle mit in seinen Abgrund zu ziehen. Auch die Weisen, die er versucht zu seinen Komplizen zu machen (V. 7f). Ohne Erfolg. Sie wählen zuletzt einen anderen Weg für ihre Rückreise (V. 12).

 

Der sinkende Stern oder: Das Downgrade des Herodes

Faszinierend zu sehen, wie Matthäus Stück um Stück Herodes herabstuft vom „König Herodes“ (V. 1.3) zu „Herodes“ (V. 7.12) oder nur „den König“ (V. 9). Klar wird: Der Noch-König Herodes hat durch die Geburt Jesu bereits Rang, Macht, Klasse verloren. Sein Stern ist im Sinken begriffen. Mit Jesus ist ein neuer Stern aufgegangen. Der Konflikt zwischen den beiden so unterschiedlichen Königen hat begonnen. Doch damit schwebt das Kind, auf dem die Verheißung liegt, der neue König der Juden zu sein (V. 2), in größter Gefahr. Denn solche Machthabende wie Herodes sind unberechenbar. Sie haben dunkle Pläne, um ihre Macht zu sichern.

 

Sie haben ihr Ziel erreicht: Der aufgehende Stern und die Freude

Doch da ist die helle Seite der Geschichte: Die Weisen mit ihrer Neugier. Mit ihrem Mut, Herodes aufzusuchen. Mit ihrer Vorsicht im Umgang mit ihm. Mit ihrem Übermaß an Hoffnung, dass da noch etwas aussteht für sie selbst und für die Welt: Gerechtigkeit und Frieden. Mit ihrem Blick für das Wesentliche: für den Stern und schließlich das Kind mit Maria (in dieser Reihenfolge!) (V. 11). Mit ihrem großen Vertrauen in den Stern, den Weg.

Am Ziel angekommen zeigen sie dem Kind ihre Ehrerbietung, überreichen die kostbarsten Geschenke jener Zeit. Wobei die desinfizierende Myrrhe und der schmerzlindernde Weihrauch auf die Passion Jesu hin gelesen werden können. Sie bringen diesem Kind Trost, das selbst Trost sein wird für die Welt. Und sie bringen ihre Freude, die so groß ist, wie ihre Hoffnung groß ist, dass hier Großes geschieht. Sie ist sehr weihnachtlich, diese Freude über Jesus. Über diesen neuen König, der Garant sein wird für eine gerechte und friedvolle Zeit, die zweifelsohne kommen wird. Freude über den Friedefürst und sein (kommendes) Reich (vgl. Wochenpsalm 72.)

 

Ein Lehrstück über Machthabende und ihre Angst

Der Text ist ein Lehrstück über Machthabende und ihre sehr reale Angst, die Macht zu verlieren. Wie auch über die sehr reale Gefahr, die sie für andere darstellen. Topaktuell ist das. Zugleich ist er ein Lehr- und Hoffnungsstück über Gottes Wirkmacht, die sich auf wunder-volle Weise Bahn bricht und solchen despotischen Leuten und ihrem Tun entgegensteht. Bis heute. Auf sie zu vertrauen und sich an ihr festzumachen, gibt Halt. Und Hoffnung für weite Wege.

 

Andrea Knauber