Viele lassen in den letzten Stunden des Jahres das zurückliegende Jahr Revue passieren. Da gab es schöne und weniger schöne Ereignisse – im Kleinen und im Großen. Dinge, die dankbar zurückblicken lassen. Vorkommnisse, die Spuren hinterlassen haben. Traurige Erlebnisse usw. …
Anders als die zahlreichen Rückblicke, die den Jahreswechsel rahmen, blickt der Prophet Jesaja in bewegter Zeit nach vorn. Er sagt, was das Volk Gottes in der Zukunft erwarten kann: Was angesagt ist. Was vergeht. Und was bleibt.
1. Was angesagt ist
Gottes Leute werden zum Aufmerken aufgefordert. Wie im Glaubensbekenntnis Israels, im Sch’ma Jisrael, steht am Anfang das Hören auf Gott und seine Weisung: „Höre, Israel!“ Alle sind aufgefordert, (wieder) auf Gott zu hören – nicht nur das Volk Israel, auch die Völker, auch wir.
Biblisch gesehen ist menschliches Hören der wichtigste der fünf Sinne, um Gottes schöpferisches Wort aufzunehmen und anzunehmen: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht“ (Hebr. 3,7f; Ps .95,7f). „Der Glaube kommt aus dem Hören“ (Röm. 10,17). „Wer Ohren hat, zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offb. 2,7). „Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens, nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an und erfülle ihn durch die Tat!“ (Benediktsregel, Prolog).
In ähnlichen Worten wie der Gottesknecht in Jes. 42,1-4 wird nun ausdrücklich für die Heiden angesagt: Jahwe bringt Heil, Licht und Recht. Das ist von Gott angesagt und gilt es im Vertrauen zu hören – unter den vielen anderen Stimmen, die auf uns einreden! Was ist im neuen Jahr wirklich angesagt? Und vor allem: Wer macht eigentlich die Ansagen und gibt uns Orientierung? „Hört MIR zu!“, wirbt Gott um uns.
2. Was vergeht
Die heilvollen und tröstlichen Worte haben eine ernüchternde Konsequenz – Himmel und Erde werden vergehen, wenn Gottes Gericht und sein Zu-Recht-Bringen über die auf Erlösung wartende Schöpfung kommt. Damit Neues werden kann, muss Altes vergehen.
Es gehört zum biblischen Realismus, die Vergänglichkeit aller Kreaturen in den Blick zu nehmen. Die apokalyptischen Bilder sind nicht schön: ein Himmel über uns, der wie Rauch vergehen wird; die Erde, die wie ein altes Kleid zerfallen wird; die Bewohner der Erde, die wie Mücken dahinsterben. Warum muss das die dunkle Kehrseite von Heil, Licht und Recht sein, dass zuvor die alte Schöpfung mit uns vergeht? – Weil Gott durch sein Zu-Recht-Bringen Neues schaffen will. Weil alle menschliche Bosheit ein Ende haben soll. Für sein Volk Israel. Für die Schöpfung. Auch für uns.
In ähnlichen Worten hat Jesus in seiner Endzeitrede den Propheten Jesaja aufgegriffen: „Himmel und Erde werden vergehen“ (Mt. 24,35). Diese ernsten Worte sollen uns keine Angst einjagen. Im Gegenteil: Bei allem, was vergeht; bei allem Leid, das den Bewohnern der Erde geschieht; bei Klimakrise und Naturkatastrophen – dies alles wird auch im neuen Jahr nicht ausbleiben. Doch, bei allem was vergeht, wird im Vorblick umso wichtiger zu wissen, was nicht vergeht!
3. Was bleibt
Jesus nimmt beides in den Blick, um den Horizont tröstlich zu weiten: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Die Worte, die von Jesus Christus kommen – und hoffentlich die „Ohren unserer Herzen“ erreichen –, bleiben bestehen. Auf seine heilvollen Worte ist Verlass. Daran dürfen wir uns festhalten und ausrichten.
Beim Propheten Jesaja klingt das so: „Aber mein Heil bleibt ewiglich, und meine Gerechtigkeit wird nicht zerbrechen“ (51,6). Im Gegensatz zu allem, was vergeht, bleiben für die Zukunft zwei Dinge: Jahwes Heil und seine Gerechtigkeit. Über allen Unsicherheiten steht die Zusage Gottes, die wir dankbar hören dürfen. Mit ihr können wir getrost ins neue Jahr gehen.
Lieder
„Schweige und höre“ (EG+ 56)
EG (Bayern-Thüringen) 637 „Von guten Mächten treu und still umgeben“
„Meine Zeit steht in deinen Händen“ (EG+ 66)
Albrecht Schödl