„Das Wort ward Fleisch“ – diese Worte brauchen Raum. Lesen und Hören kann schon in sich wie eine Feier der Einwohnung Gottes sein. Es legt sich nahe, dies zu zelebrieren.
Gott zieht mitten ins menschliche Gewebe ein
Der Evangelist Johannes erzählt uns von diesem auf den Leib gerückten GOTT, ganz anders als Matthäus und Lukas. Nicht Betlehem, sondern der Kosmos und jeder einzelne ist Schauplatz. Er erzählt von der Geburt des Kosmos und der Geburt unserer Gotteskindschaft in einem Atemzug. So weit wird unser Denkvermögen aufgefächert. Alles sollen wir zusammensehen: den Ursprung allen Seins, den Anfang der Welt und unsren ganz persönlichen Anfang unsrer Gotteskindschaft. Den ewigen Anfang und jeden vergänglichen Anfang, der mit jedem Menschenleben neu einsetzt.
Am Anfang war das WORT
Was ist das ewige WORT? Es sind nach jüdischer Überlieferung die 22 heiligen Buchstaben, die vor aller Zeit, als es noch kein Holz oder Stein gab, auf Gottes Armen wie verzehrendes Feuer gezeichnet waren. Mit ihnen hat ER die Welt erschaffen. Diese Buchstaben sind die ewige Weisheit. Sie haben ihn beraten, wie er sich am besten „preisgeben“ könnte. Und so erschafft GOTT im WORT und spricht „es werde.“ Er macht mit seinem WORT sichtbar, was alles seiner herrlichen Fülle innewohnt: Tag und Nacht, Wasser und Festland, Tier und Mensch.
Und ER wiederholt sich: GOTT gibt sich preis in diesem Menschenkind Jesus. Macht sich darin „sichtbar“. Und ER wiederholt sich beständig weiter. Das anfängliche Wort lebt in und mit uns weiter. Was bedeutet das für das Menschenbild und für das eigene Selbstverständnis? Meine Körpergeschichten, mein Geborenwerden und Aufblühen und Kranksein und Altwerden, meine Verdauung und meine Gehirnhälften, mein Hunger und meine Haut sind göttliche Angelegenheit. Er ist da drin mit seinen heiligen Buchstaben. Die göttliche DNA in der menschlichen DNA. Auch diese besteht ja aus Buchstaben. Eine unendliche Kombination von drei Milliarden Buchstaben. Aufgereiht würden diese vom Nordpol bis zum Äquator reichen. Also erdumspannend WIE die Weisheit. Diese Buchstaben tragen mein persönliches Erbgut. Das ist mir in den Leib geschrieben und dazu die Chance eines neuen Geborenwerdens.
„Geboren aus GOTT“
So nennt es Johannes. Das geschieht, wo ich mich ernstnehme als Gottes Wohnung. Wo ich biblische Worte in mir wohnen lasse als Buchstaben, die mein genetisches Erbgut übersteigen. Die mich mehr sein lassen als Biomasse und Erziehung. Geboren aus GOTT, das geschieht, wo ich mich darauf einlasse, dass Christus wirklich in mir da ist. In dieser zerbrechlichen Hülle, die schon mal bessre Tage sah oder die gerade mitten in Kraft ist. Gott in meinem Fleisch und Blut.
Will ich ihn so nah? Ich erlebe, dass Christus auch gern auf Abstand gehalten wird. Und er wird eben häufig nicht als gegenwärtiger Gottessohn angenommen, weil das nicht in den Verstand passt, und was da nicht reinpasst, das kann nicht sein. Logik der Welt, nennt das Johannes: „Er kam in sein Eigentum und sie nahmen ihn nicht auf.“
Gott zwingt sich nicht auf! Und Christus geht es wie der Tora. Er ist verletzlich und Missverständnissen ausgesetzt. Darin sind Wort und Christus eins. Das hebräische Wort für Logos, „basar“, zeigt diese tiefe Verbindung. Die hebräischen Konsonanten BSR sind dieselben wie für das Wort „Fleisch“. Botschaft und Fleisch sind eins!
So ist es: Ich erzähle mit meinem Leib Geschichten, gebe Botschaften weiter mit dem, was ich verkörpere. Was immer das ist, als ein Gotteskind verkörpere ich auch das von Gott in mir: Christus, wie er in unserem je eigenen Leben lebendig da ist. Und mit IHM lichtet sich unsere Wahr-nehmung. GOTTES Schönheit (Herrlichkeit) ist auch mitten in finsteren Zuständen und Zeiten zu schauen. Wir sind berufen in jedem HEUTE neu, anzufangen zu leben – aus dem WORT und im LICHT.
Literatur
Friedrich Weinreb, Zeichen aus dem Nichts; Elie Wiesel, Hoffnung
Thea Vogt