Ernst und leicht

Die Geschichte vom reichen Kämmerer ist eine der schönsten Erzählungen der Bibel. Das Roadmovie ist sowohl ernst und tiefgründig als auch leicht und klar. Ein suchender Außenseiter, der in Jerusalem nicht fündig geworden war, findet unterwegs seine geistliche Heimat. Am Ende zieht der Kämmerer fröhlich seines Weges. Mit Hanns Dieter Hüsch möchte man sagen: „vergnügt, erlöst, befreit.“

 

Taufe to go

Der Bericht über die Taufe des reichen Kämmerers in Apg. 8,26-39 zeigt, wie schnell und unkompliziert eine Taufe geschehen kann. Die ein wenig mysteriöse, fast märchenhafte Geschichte beginnt damit, dass Philippus von einem Engel beauftragt wird, von Jerusalem nach Gaza zu gehen. Auf dieser Straße trifft Philippus auf den reichen Kämmerer aus Äthiopien. Sie kommen ins Gespräch. Und es bleibt nicht beim Reden: „Und als sie auf der Straße dahinfuhren, kamen sie an ein Wasser. Da sprach der Kämmerer: Siehe, da ist Wasser, was hindert’s, dass ich mich taufen lasse? Und er ließ den Wagen halten und beide stiegen in das Wasser hinab.“ Dieser Spontantaufe geht ein intensives Gespräch über Kernfragen der Christologie voraus. Damit ist die Taufe gut vorbereitet. Sie hält sogar der Taufordnung der Evang. Landeskirche in Württemberg stand: „Die Taufe von Erwachsenen setzt voraus, daß der Täufling die Taufe begehrt, im evangelischen Glauben unterwiesen ist und am gottesdienstlichen Leben der Gemeinde teilnimmt. Er ist in einem gründlichen Taufunterricht auf seine Taufe vorzubereiten.“

 

Drop-In Taufe“ in der Kopenhagener Kristkirken

Die Pastorin Mette Gramstrup hat im Jahr 2017 über soziale Medien intensiv zu einer „Drop-In-Taufe“ eingeladen. Als sie zunächst ihrem Bischof Peter Skov-Jacobsen ihre Idee skizziert hatte, war dieser wenig begeistert. Eine Fast-Food-Taufe?! Was soll das denn? Man lässt sich doch nicht aus einer spontanen Laune heraus taufen. Immerhin ist die Heilige Taufe ein Sakrament. Und was ist eigentlich mit dem gründlichen Taufunterricht, der einer Taufe vorausgehen muss? Der Bischof blieb skeptisch, ließ aber seine Pastorin gewähren Er sagte: „Mach, was du meinst – aber ich will nichts davon wissen!“ Mette Gramstrup ließ sich nicht beirren, heißt es doch beim Evangelisten Matthäus zuerst: „Geht und tauft“ und erst danach: „lehrt sie“ (Mt. 28,19b-20a). Geht Gottes Gnade nicht voraus? Steht nicht über allem: Du bist mein geliebtes Kind? Und hatte der Kämmerer aus Äthiopien nicht gesagt: „Siehe, da ist Wasser; was hindert’s, dass ich mich taufen lasse?“ (Apg. 8,36b).

Der Erfolg ihrer Aktion war gewaltig. Sieben Stunden musste sie in der Kristkirken am Taufbecken stehen. „Drop-In Taufen“ gibt es inzwischen an zahlreichen Orten in Dänemark, in größeren Städten, aber auch in kleineren Kommunen. In den ersten drei Jahren hatten sich schon mehrere hundert Menschen auf diese Weise taufen lassen. Mittlerweile wurden Taufen to go auch in Hamburg und Hanau angeboten.

 

Ein suchender Außenseiter

Ein Äthiopier in Jerusalem – das ist seltsam. Was sucht der Finanzminister Äthiopiens in der Hauptstadt Israels? Weder Geld noch Handel noch die Politik haben ihn hierhergeführt. Besonders war in Jerusalem die Religion der Juden, die im Römischen Reich eine Sonderstellung genoss. Als Kastrat konnte der Kämmerer keine Kinder zeugen. Damit war er am Hof ungefährlich, konnte er doch am Hof keine Dynastie begründen. Als Eunuch konnte er aber nach den Regeln der Thora auch nicht Jude werden. Im Tempel war ihm der Bereich des Heiligen verwehrt. Immerhin konnte er aber eine Schriftrolle erwerben. Er kann lesen. Aber er versteht nicht, was er liest.

 

Vom Glück gefunden zu werden

In der Erzählung kommt die entscheidende Hilfe von außen – von ganz oben. Ein Engel Gottes schickt Philippus auf die Straße zu Philippus, wo ihm der reiche Kämmerer begegnet. Philippus hört, was der Äthiopier in seinem Wagen liest. „Verstehst du auch, was du liest?“, fragt er vom Wegesrand. Der Äthiopier antwortet: „Wie kann ich, wenn mich nicht jemand anleitet?“ Das klingt ein wenig frustriert. Weil er hofft, dass Philippus ihm das Gelesene deuten kann, bittet er ihn in seinen Wagen. Und dann geschieht etwas Wunderbares. Der reiche Kämmerer findet, was er gesucht hat: Sinn. Gemeinschaft – die frohe Botschaft von Gottes Ja zu ihm. Würde. Geistliche Heimat. Wie schön, wenn man erlebt, was der reiche Kämmerer unterwegs erlebt hat. Er, der lange vergeblich gesucht hatte, wird gefunden.

 

Peter Schaal-Ahlers