Auf der Durchreise
Ein Tourist darf in einem Kloster bei den Mönchen übernachten. Er ist befremdet über die spartanische Einrichtung ihrer Zellen und fragt einen Bruder: „Wo habt ihr eure Möbel?“ Schlagfertig fragt der Mönch zurück: „Ja, wo haben Sie denn Ihre?“ „Meine?“, erwidert darauf der Tourist verblüfft. „Ich bin ja nur auf der Durchreise hier!“ „Eben“, antwortet der Mönch, „das sind wir auch!“
Der 1. Petrusbrief schreibt an Christen auf der Durchreise. Sie sind fremd in einer Welt, die anderen Maßstäben folgt (V. 17b). Ihre Heimat haben sie bei Gott, auf den sie während ihrer Lebensreise ihr Vertrauen und ihre Hoffnung setzen (V. 21).
Für die Durchreise gelten für die Christen klare Verhaltensregeln. Durch Jesus Christus sind sie „teuer“ freigekauft (V. 18f). Deshalb sollen sie als „gehorsame Kinder“ Gottes dieser Berufung entsprechend leben (V. 14) und ihre Hoffnung ganz auf die Gnade setzen (V. 13).
Zum wem gehören wir?
Wie kann aber die missverständliche Anrede der „gehorsamen Kinder“ plausibel erschlossen werden? Wie kann das vielfach missbrauchte Wort vom „Gehorchen“ für die Predigt positiv gefüllt werden? Vielleicht, indem die Zusammenhänge zwischen „hören“ – „gehören“ – „gehorchen“ wieder in Erinnerung gebracht werden:
„Gehorchen ist die Intensiv-Form von Horchen, also ein besonders aufmerksames Hin- und Zu- und Anhören. Wer horcht, ist ganz Ohr oder auch ganz Herz (1. Könige 3,9). Gegenüber dem Horchen schließt das Gehorchen als Hören auf jemanden ein, dass das Gehörte auch in einem ihm entsprechenden Tun und Lassen beachtet, also dem Rat entsprochen, die Bitte erfüllt, dem Befehl Folge geleistet wird. Gehorchen korrespondiert zudem mit gehören. Auf jemanden hören impliziert also zu jemandem gehören, jemanden zu- oder angehörig sein. Es markiert eine verbindliche Beziehung oder zumindest den Wunsch nach dieser. Wem ich Gehör schenke oder Gehorsam leiste, zu dem möchte ich gehören.“1
Es ist ein großes Privileg, Kind Gottes zu sein. Es ist Gnade, durch Jesus Christus, erlöst und berufen zu sein. Weil wir zu ihm gehören, sind wir aufgefordert, ihm Gehör zu schenken und entsprechend zu leben – wie gehorsame Kinder.
Die teure Gnade
Die Hoffnung auf Gott kommt aus dem Wissen um seine Gnade (V. 18), die er in Jesus Christus gezeigt hat. Zwei Bilder umschreiben die Erlösung:
1) Jesus Christus hat die Christen freigekauft wie auf einem antiken Sklavenmarkt. Wer einen Menschen kaufte, wurde sein Herr. Dieses Bild verdeutlicht, was es heißt, Gott zum Herrn zu haben. Zugleich wird damit illustriert, welchen Preis die Erlösung hatte. Dieser Kauf erfolgte nicht mit Gold oder Silber, sondern mit „dem teuren Blut Christi“.
2) Wie das Blut der Passalämmer beim Auszug aus Ägypten erlösende Kraft hatte, so wird hier der Tod Christi gedeutet, dessen Auferweckung den Glauben an Gott begründet.
Mit dem 1. Petrusbrief und einer prägnanten Formulierung Dietrich Bonhoeffers ist die „teure Gnade“, die sich in Christus erweist, auf ein Leben in der Nachfolge zu beziehen: „Teuer ist sie, weil sie in die Nachfolge ruft, Gnade ist sie, weil sie in die Nachfolge Jesu Christi ruft; teuer ist sie, weil sie dem Menschen das Leben kostet, Gnade ist sie, weil sie ihm so das Leben erst schenkt […]. Teuer ist die Gnade vor allem darum, weil sie Gott teuer gewesen ist, weil sie Gott das Leben seines Sohnes gekostet hat […] und weil uns nicht billig sein kann, was Gott teuer ist. Gnade ist sie vor allem darum, weil Gott sein Sohn nicht zu teuer war für unser Leben, sondern ihn für uns hingab. Teure Gnade ist Menschwerdung Gottes.“2
Anmerkungen
1 Magdalene L. Frettlöh, in: Junge Kirche 1/2013, 18f.
2 Dietrich Bonhoeffer, Nachfolge, in: DBW 4,31.
Albrecht Schödl