Heilsame Erinnerung

Erst verstörend, dann grundlegend

Die Botschaft der Auferstehung kann sehr verstörend sein (Mk. 16,1-8): Als die Frauen am Ostermorgen mit dem leeren Grab und einer weiß gekleideten Gestalt konfrontiert werden, erschrecken sie und ergreifen die Flucht. Was da Unvorstellbares an dem Mann aus Nazareth passiert sein soll, verschlägt ihnen die Sprache. Vorerst ist es ihnen nicht möglich, davon weiterzusagen. Auch Petrus und die Jünger reagieren zunächst verstört.

Noch dramatischer und umstürzender verläuft für den Christenverfolger Saulus seine Begegnung mit dem auferstandenen Christus (Apg. 9,1-19): Drei Tage lang isst und trinkt er danach nicht. Er ist mit Blindheit geschlagen und kann nicht mehr sehen, bis er durch Hananias geheilt und berufen wird. Was zunächst verstörend war, gibt seinem Leben nun eine völlig neue Ausrichtung. Der Verfolger wird zum Verkündiger des Evangeliums. In klaren und schlüssigen Worten verkündet Paulus nun den gekreuzigten und den auferstandenen Christus.

Rückblickend versteht Paulus seine Ostererscheinung als Berufung zum Apostel (1. Kor. 15,8f). Er hat den auferweckten Christus selbst gesehen. Am eigenen Leib hat Paulus in der Begegnung mit dem Auferstandenen erfahren, wie ihn die Gnade Gottes gerettet und verwandelt hat (15,10). Diese Gute Nachricht vom gekreuzigten und auferstandenen Christus gibt festen Stand und ist grundlegender Kern seiner Verkündigung an die ­Korinther (15,1).

Haltet an der ursprünglichen Verkündigung fest

Bei diesem Evangelium, das Paulus verkündigt hat, handelt es sich um existentielle Lebensworte, die mehr sind als historische Informationen oder folgenlose Glaubenssätze. Diese Worte wollen angenommen, bewahrt und festgehalten sein – sonst steht der Glaube in der Gefahr, vergeblich zu sein (15,2)!

Paulus macht die Korinther deshalb (noch einmal) eindringlich mit der Christusbotschaft bekannt. Er erinnert sie an seine ursprüngliche Verkündigung, die sie im Vertrauen auf Christus bereits angenommen hatten: „So predigen wir, und so habt ihr geglaubt“ (15,11).

Der Apostel fasst die Botschaft der Auferstehung Christi in wenige Stichworte. Wie beim Abendmahl (11,23) stellt er zunächst fest, dass seine Botschaft auf zuverlässigen Überlieferungen beruht, die er selbst bereits im Wortlaut empfangen und so auch an die Korinther weitergegeben hat (15,3).1 Ganz anders als in den bewegten Osterberichten der Evangelien oder in der dramatischen Schilderung seiner Ostererfahrung in der Apg. hält Paulus in 1. Kor. 15 nüchtern und reflektiert fest, was an Christus geschehen ist und warum dieser Überlieferung unbedingt Glauben zu schenken ist.

Vier Stichworte nennt Paulus, von denen die ersten drei in ähnlicher Weise im Apostolischen Glaubensbekenntnis auftauchen: Christus ist gestorben, begraben, auferweckt und – das führt er über das Credo hinaus aus – gesehen worden. Gewissheit über die Auferstehung Jesu bekamen die Jünger nämlich dadurch, dass er sich ihnen zeigte und sie den Auferstandenen selbst mit eigenen Augen sahen. Gewissheit über den auferstandenen Jesus bekam Paulus bei seinem Damaskuserlebnis. Gewissheit über die Auferstehung bekommen wir heute, wenn wir die Botschaft der ersten Zeugen annehmen und festhalten: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“ (Joh. 20,29).

Seine Verkündigung aus erster Hand belegt Paulus mit einer Aufzählung der zahlreichen Augenzeugen vor ihm. Seine Botschaft an die Korinther, seine Botschaft auch für uns ist die eindringliche Aufforderung: Haltet an der ursprünglichen Verkündigung fest! Achtet auf den genauen Wortlaut der Überlieferung! Denn am auferstandenen Christus macht sich das Evangelium fest.

Anmerkung

1 Adolf Schlatter, Erläuterungen zum Neuen Testament, Bd. 6, Leipzig 1962, 187.

 

Albrecht Schödl

 

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 3/2023

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