Gottes Wort ist wie ein Schwert: lebendig, kraftvoll, scharf
Erste Abwehrhaltung
Das Bibelwort entfaltet Wirkung durch seine Bildkraft. Eine gewisse Wucht und Bedrohlichkeit geht von ihm aus. Das Wort Gottes als zweischneidiges Schwert, das durch Mark und Bein dringt! Das klingt nicht gerade einladend, eher unheimlich und abschreckend. Und wer will schon gern nackt und entblößt vor einem Tribunal stehen. Als Hörer gehe ich erstmal in eine Abwehrhaltung. Oder ich lasse den darin enthaltenen Anspruch an mir abperlen.
Damit Menschen sich auf das Wort einlassen, braucht es eine Hinführung zur Intention der Perikope und einen Ausblick auf die Verheißung, die sich darin verbirgt. Es geht hier ja nicht um das Wort Gottes allgemein. Es geht um seine klärende, reinigende und unterscheidende Kraft. Darauf gilt es, sich zu fokussieren.
Unbequemes Schwertmotiv
Im Hintergrund stehen noch zwei andere ntl. Stellen, die das Schwertmotiv aufgreifen: In seiner Aussendungsrede an die Jünger sagt Christus „Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ (Mt. 10,34). Der Seher der Offenbarung sieht den Weltenrichter und beschreibt ihn mit den Worten: „und aus seinem Munde ging ein scharfes, zweischneidiges Schwert“ (Offb. 1,16).
Das Schwertmotiv ist unbequem. Gern möchte ich ihm ausweichen. Aber es bildet auch einen fruchtbaren Kontrast zu den oft eher weichen Zuschreibungen für das Wort Gottes. Sicher tröstet das Wort, es baut auf, es inspiriert. Aber entscheidet sich an ihm auch etwas?
Die drei Zuschreibungen „lebendig, kraftvoll und scharf“ hinterfragen meinen Verkündigungsstil. Wo zeichne ich lieber weich, betone den Zuspruch des Evangeliums, aber verschweige seinen Anspruch?
Gottes Wort kann uns wandeln und in Bewegung bringen, indem es unsere Verschleierungen und Muster durchdringt. Es klärt die Regungen und Gedanken des Herzens (V. 12b). Es kann das taub und stumpf gewordene Herz aufwecken, damit es hört, was der Geist Gottes spricht. So sagt der Wochenspruch: Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verstockt eure Herzen nicht. (Hebr. 3,15)
Das Wort trennt, unterscheidet, deckt auf, um zu heilen. Es bringt immer wieder auf den Weg, der zum Leben führt.
Stefan Wohlfarth
Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 1/2022