Wie politisch ist das Evangelium? Der theologische Begriff des „Reiches Gottes“ musste immer wieder für politische Projekte herhalten und wurde dabei dann doch ideologisch überfremdet. Wichard von Heyden hält nichts von politischen Etikettierungen, schon gar nicht im Blick auf Theologie und Kirche, und plädiert für eine offene Gesellschaft und eine christliche Verantwortungsethik.

 

Eine offene und solidarische Gesellschaft ist möglich. Kirche trägt dazu bei, wenn sie dieser Welt in Evangelium und Sakrament die Türen des Reiches Gottes öffnet. Folgenschwere Missverständnisse sind dabei abzuwehren. Wer aus der Bibel direkt oder indirekt politische Systematik ableitet oder gar dafür wirbt, autoritären Ansprüchen einen gottgewollten Anstrich zu verpassen, dem ist Widerstand zu leisten. Zu oft sind Christen in bester Absicht falschen Propheten hinterhergelaufen. Aber: „An den Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Mt. 7,15f). Gute Absichten allein pflastern nur den Weg zur Hölle.

Riecht es nicht nach Selbstüberschätzung, wenn behauptet wird: „Wir retten die Welt“? Gott degeneriert dann zum Stichwortgeber, dient nur der Legitimierung. Dem Bochumer Systematiker Günter Thomas ist zuzustimmen, der – bezogen auf den Beifall der EKD-Synode für die „Letzte Generation“ – im November 2022 feststellte: „Wenn dieser handelnde Gott (...) abhanden kommt, wird die religiöse Rhetorik des Protestantismus zu wenig mehr als zum beschleunigenden Schubverstärker politischer Ansinnen“.1

 

Muss Kirche sozialistisch sein?

Stein des Anstoßes für mein Plädoyer sind Thesen von Tobias Foß aus dem Deutschen Pfarrerblatt.2 Foß, Vikar und promovierter Religionspädagoge, ist sich sicher: Christliche Nachfolge gehe mit linker Politik einher. Es bestehe eine Analogie, eine Familienähnlichkeit. Kirche habe sich politisch links zu positionieren. Links bedeute Orientierung an sozialistischen und marxistischen Auffassungen. Diese seien nur vorsichtig zu benennen, weil viele Menschen dagegen Vorbehalte haben. „Fünf nach Zwölf“ sei es. Damit ist das Moment einer zur Tat drängenden Apokalyptik im Raum. Nur verkehrt herum. „Fünf vor Zwölf“ bedeutet: „Es ist höchste Eisenbahn“, doch wir können etwas tun. „Fünf nach Zwölf“ meint: Der Zug ist abgefahren. Die grundlegende Entscheidung ist längst da. Notwendigkeit, Endzeit, Zeitenwende diktieren die Handlung.

Ansatzpunkt auf der Seite der Theologie ist für Foß das „Reich Gottes als Befreiungsbewegung“. Es stehe gegen „neoliberale Eskalationen“ und wirke der „Entfremdung“ entgegen (ebd., 754). Die ersten drei Absätze widmet Foß dem Reich Gottes, die folgenden beiden behandeln die Frage, was „linke“ Politik ist: durch sie werde eine „andere Welt (…) möglich“ (755). Die abschließenden zwei Blöcke beschreiben die „biblische Familienähnlichkeit“ zu diesen Prozessen und ordnen christliche Nachfolge linker Politik zu. Nachfolge stehe mit sozialistischen Ansätzen „in einer Linie und Richtung“. Dabei gehe es um „ökonomisch-ökologische Transformation“ aufgrund von Schieflagen.

Foß legt den Finger in echte Wunden, seine Lösungsvorschläge dagegen wirken schräg. Dass die je eigene Politik dem Evangelium entspräche, ist schon zu oft behauptet worden.

 

Reich Gottes“ – was ist das?

Was ist das „Reich Gottes“? Thomas Müntzer hatte gefordert, das Reich Gottes müsse als irdische Gesellschaftsordnung ohne Herrschaftsinstitutionen von Staat und Kirche verwirklicht werden.3 Im 19. und 20. Jh. haben später die „Religiösen Sozialisten“ das Reich Gottes als Orientierungsgröße für die politische und gesellschaftliche Entwicklung angesehen.

Hatte die Leben-Jesu-Forschung recht: Jesus habe das „Reich Gottes“ gepredigt, gekommen aber sei die Kirche?4 Und hätten wir auf den Galiläer gehört oder täten es heute, kämen wir dem Weltfrieden näher? Die Bergpredigt als politisches Programm?

Wenn wir uns auf die Aussagen des NT beschränken, ist mit Klaus Berger von einer „apokalyptischen Kritik an den Zuständen der Gegenwart“ zu sprechen. Andererseits fordert Jesus keinen sozialen oder ökologischen Umbruch. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, sagt er zu Pilatus. Die mit dem „Reich Gottes“ verknüpften Wortfelder sprechen von Wachstum, Saat, Ernte, Gericht, Umkehr. Aus Kleinem wird Großes, aus wenig viel. Es geht um Verborgenheit und Offenbarsein, Vergebung von Schuld, Versöhnung, Kindschaft und Erbe, königlichen Glanz und Teilhabe daran. Vor allem geht es um Gottes Wirklichkeit, die Herrlichkeit des Schöpfers, die von ihm ausgehende Vollendung. Unser Umgang miteinander spiegelt dann unser Gottesverhältnis.

Das Bildmaterial für seine Gottesreichsgleichnisse wird Jesus nicht zufällig ausgewählt haben. Die Prozesse exponentieller Zunahme an Fülle (Senfkorn), die Praktiken des frühkaiserzeitlichen Kapitalismus (Talente) oder die Ausübung autoritärer Führung auf den großen Gütern Galiläas (Schalksknecht, Arbeiter im Weinberg usw.) geben Einblicke in die Gottesvorstellung. Gott als Monarch, Schuldeneintreiber, Billiglohn-Unternehmer. Dem Protestantismus sagte später Max Weber Kapitalismusaffinität nach.5 Die Leistungslogik hinter manchem Gleichnis wird dann in das Hier und Heute übertragen. Fülle und Ertrag gelten als irdische Zeichen für Gottes Segen.

Man hat über Jahrhunderte auch anderes abgeleitet. Jede Monarchie, die Gott als „König der Könige“ anerkannte, sah sich „in einer Richtung und Linie“ mit dem „Reich Gottes“. Beginnend mit der konstantinischen Wende prägt dieses Motiv die Selbstdarstellungen der meisten europäischen Herrscher. Vor gut 120 Jahren waren viele der von Karl Barth kritisierten „Kulturprotestanten“ sicher, dass Preußen realiter unter den irdischen Staaten dem Reich Gottes am nächsten sei. Somit sind Monarchien, Kapitalismus, Liberalismus, Preußentum zu jeweiliger Zeit als „nahe am Reich Gottes“ gedeutet worden.

 

Zusammenbrüche, Endzeitstimmungen und das Reich Gottes

Karl Barth, auf den Foß sich anfangs beruft, hatte während des 1. Weltkriegs gefordert, ein wirklicher Christ müsse Sozialist werden.6 Direkt nach dem Zusammenbruch betont er in seinem „Tambacher Vortrag“ 1919 dagegen die vollständige Andersartigkeit. Alles, was wir „Analogie“ oder „Entsprechung“ nennen, sei dies nur durch eine große Brechung hindurch. Das sei eine Warnung vor Gleichsetzungen: „Von den Analogien führt keine Kontinuität hinüber in die göttliche Wirklichkeit. Kein gegenständlicher Zusammenhang zwischen dem, was gemeint ist, und dem, was ist, darum auch kein gegenständlicher, etwa entwicklungsmäßig vorzustellender Übergang von hier nach dort. Das Himmelreich ist eine Sache für sich, eine Verheißung, sowohl wie eine Offenbarung, wie die Fülle seiner Gegenwart, so gewiss es nicht für sich bleibt und bleiben kann.“7

Trümmererfahrungen selbstgezimmerter Gewissheiten sind nicht neu. Augustin schrieb sein Werk über den „Gottesstaat“, als die Goten Rom eroberten. Luther entwickelte seine Gedanken zu den „zwei Reichen“ bzw. den „zwei Gewalten“ mit Blick auf seine Zeit. Aus solchen Trümmern sind grundsätzliche Vorstellungen entwickelt worden, wie mit Bergpredigt und Reich Gottes einerseits und den weltlichen Bedingungen des Zusammenlebens in der Gesellschaft andererseits umzugehen ist. Die „Zwei Reiche“, die Augustin beschreibt, durchdringen einander. Die Kirche ist nicht nur civitas dei. Als corpus mixtum ist sie durchsetzt von der civitas terrena oder auch der civitas diaboli.

Luther führt weiter aus, man könne das eine nicht vom anderen trennen, sondern müsse unterscheiden. Auch in dieser Welt gibt es einen Auftrag für die Kirche. Durch die Predigt wirkt sie auf die Verhältnisse ein. Der Staat erfüllt dagegen seinen göttlichen Ordnungsauftrag mithilfe des Gewaltmonopols („Schwert“). Bezogen darauf ist die Kirche dem staatlichen Gewalt- und Ordnungsmonopol untertan. Wie weit das „Untertänigsein“ geht, war in der Folge umstritten.

Die Lösung besteht nicht in einer „unpolitischen“ Haltung. Eine bloßes „Sich-selbst-Überlassen“ ist keine Option. Als sei das Evangelium nur für Spiritualität ohne innerweltliche Konsequenzen zuständig. Wir sollten nicht so naiv sein, zu meinen, dass wenn von Gott keine Rede mehr ist, keine andere Macht seinen Platz einnehmen würde. Oder frei nach Luther: Entweder sind wir vom Heiligen Geist oder vom Teufel geritten. Was für den Einzelnen gilt, gilt auch für die Gemeinschaft: „Die Welt“ ist nicht neutral. Die diesseitige Wirklichkeit bleibt ohne Recht ein bloßer Räuberhaufen. Was Recht ist „und was der Herr fordert“,8 ist aber Aufgabe der Predigt.

Das Verhältnis der Kirche zum Staat und seinen Ideologien ist daher nicht untertänig. Die Vergötzung des Menschen, seiner Ideen und seiner Wissenschaften, seiner Ängste, seiner Gesundheit, seiner Technik, seiner Profite, auch seiner Umwelt und ihres Klimas, sind ein „No-Go“ für politische Akteure, die ihr Vertrauen auf Gott setzen.

 

Reich Gottes zwischen Schöpfung, Auserwählung und Vollendung

Wenn Gott nicht außen vor bleibt, ist zu fragen, „wie Gott die Welt regiert“.9 Schöpfung, Erwählung, Errettung und Vollendung sind zusammendenken:10 in der Schöpfung der Anfang; später Abraham: Gottes Reich in der auserwählten Familie (Israel); dann die Gegenbewegung mit dem Ruf nach einem echten König, einer stabilen Struktur mit anschlussfähiger Herrschaftsideologie; dagegen die biblische Kritik: viele reden der Macht nach dem Munde, Falschpropheten, die hauptsächlich mit dem Strom schwimmen und die als Mit-Player im gesellschaftlichen Netz Politik machen, statt auf den „ganz Anderen“ hinzuweisen. Die richtigen Propheten, so die Deuteronomisten, sind verfolgt worden. Renitente. Querdenker. Schwurbler. Vertreter von Minder-Meinungen. Verachtete, die man lieber in den Brunnen wirft, als sie im Rat dabei zu haben. So dann auch Jesus, der Sohn Davids. Verfolgt, ermordet, von Gott rehabilitiert. Denn: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“. Mit ihm bricht die Zeit der „neuen Familie“ an. Das Himmelreich bei Menschen, die im gemeinsamen Mahl Lobpreis feiern und einander im Blick behalten, füreinander sorgen. Sklaven, die zum Glauben kommen – später als Bischöfe bezeugt sind.

Jahrhunderte später in der Krise des dysfunktional werdenden Imperiums greift Kaiser Konstantin darauf zurück. Die Kirche bietet konstante, stabile Strukturen und ethische Überzeugungen. Und dann sind wir schnell wieder bei Augustin. Wie verhält sich der Anspruch des Himmelreichs zur Wirklichkeit dieses Äons? Das ist die Frage.

Die Vollendung steht aus. Die Endzeit beginnt nach der Wort-Gottes-Theologie immer jetzt, wenn eine Entscheidung da ist, die uns existentiell betrifft und die mit dem „Ganz Anderen“ zu tun hat. Das Reich Gottes wird offenbar, es ist schon da. Unsichtbar unter uns. Im Himmelreich regiert die Macht göttlicher Liebe und des Heiligen Geistes. Alle anderen Mächte treten zurück, alle Parteien, alle Ideologien, alles Durchsetzen-Wollen. Nicht „hier“ oder „da“, sondern verborgen, aber wirksam geschieht es. Wer dagegen apokalyptisch eine allgemeine Endzeit ausruft und damit radikale Handlungen motiviert, bedenke den Hinweis Jesu: panische Endzeit-Propaganda ist für Falschprophetie typisch.11

 

Woher kommen die Maßstäbe? Evangelium oder Politik?

Weder „rechts“ noch „links“ sind entscheidend, sondern allein das Doppelgebot der Liebe. Von ihm her sind Mächte und Beziehungen kritisch zu betrachten. Nur eine Politik, die nicht sich selbst oder ihre aktuellen Prinzipien verabsolutiert, ist überhaupt positiv anzusprechen. Ideologische Politik kennt dagegen tendenziell nur eine einzige Antwort auf nahezu alle Probleme dieser Welt. Dem jeweiligen Oberthema wird alles andere untergeordnet.

Hat Kirche es nötig, die christliche Botschaft ideologischen Systemen anzupassen? Das Evangelium in den Rahmen der jeweiligen Systematik zu setzen, nur um zu zeigen, dass es in die Zeit und in das Leben „passt“? Die Frage ist, ob das goutiert wird. Vor allem, wenn die jeweilige Weltanschauung sich selbst für absolut hält. Und dann ist der Widerspruch zum ersten Gebot unübersehbar.

Dazu kommt: Ideologie und Wahrnehmung widerständiger Wirklichkeit gehen nie Hand in Hand. Lieber wird die Gegebenheit der Ideologie angepasst. George Orwell beschreibt das. Man benennt „schwarz“ in „weiß“ um und macht aus jedem X ein U. Man spricht von Frieden und führt Krieg. Man verspricht besseren Wohlstand und meint langfristige Verelendung. Man redet vom Klima und erzeugt mehr CO2. Man spricht von Liberalität und bindet die Menschen immer stärker ein in gelenkte Systeme. Man lobt die Meinungsfreiheit und verbittet sich jede Kritik.

Was ist der Auftrag der Kirche? Ist die Freiheit der Kinder Gottes nicht die Freiheit von falschen Gebundenheiten und Identitäten?

 

Was bedeutet „rechts“ und „links“?

„Rechts“ meint seit der Französischen Nationalversammlung von 1789 „konservativ“. Das Bestehende hat Vorrang vor Veränderung. Jede Veränderung ist zu begründen und schrittweise anzugehen. Konservative haben in der Bonner Republik meist nach dem Motto gehandelt, alles müsse sich ändern, damit alles erhalten bleibt.

„Links“ bedeutet in derselben parlamentarischen Sitzordnung, auf Reformen aus zu sein. Je weiter links, desto grundsätzlicher. Bei den linksradikalen Jakobinern ging es um Revolution, Disruption, Transformation: die Utopie eines glücklichen Lebens mit gleicher Verteilung von Gütern für alle. Aber: Revolution, Terror und Guillotine gehören zusammen. Angst macht Menschen für totalitäre Politik gefügig. Am Ende frisst die Revolution ihre Kinder.

Später tauchten auch auf der rechten Seite Revolutionäre auf und riefen zum Sturz zurück in eine bessere Vergangenheit auf. In der utopischen Vergangenheit habe gerechte Ordnung geherrscht. Mit seinen Umsturzplänen ähnelt der Rechtsextremismus dem Linksextremismus. In der Brutalität sind beide ebenbürtig. Mit „rechts“ im Sinne von „konservativ“ oder „links“ im Sinne von „Weiterentwicklung“ haben beide nichts gemein. Extremismus zerstört Möglichkeiten von Ausgleich und Entwicklung. Der „antitotalitäre Konsens“ gehört daher zum Grundbestand der politischen Kultur der Bundesrepublik.12

Foß sieht „linke Politik“ (Sozialismus) in Analogie zum Reich Gottes. Aber: Marxismus (endzeitlicher Kommunismus) wie auch Hitlers Ideologie („Drittes Reich“ – „Tausendjähriges Reich“) sind apokalyptisch orientiert. Beide nehmen Anleihe bei der Religion. Der Sozialismus orientiert sich in vielem am Christentum. Der Nationalsozialismus in anderer Weise auch, ist aber mit zusätzlichen neuheidnischen Anklängen noch widerwärtiger. Die „Familienähnlichkeiten“ zum Christentum sind in der Nachäffung begründet. Diese polit-religiösen Weltanschauungen stehen in scharfer Konkurrenz zum Christentum. Sie übernehmen Elemente. Nur werden die Ideale in der christlichen Gemeinde aufgrund eigener Überzeugung in der Kraft des Heiligen Geistes gelebt – oder eben nicht. In der revolutionären „Transformation“ werden sie aber verdreht und zum Zwang für alle – gegen jede Überzeugung und ohne jeden Geist.

Karl Popper, Altmeister der politischen Theorie, hat in seinem Grundlagenwerk „Die Offene Gesellschaft und ihre Feinde“ die Vertreter der Großideologien als raunende Propheten angesehen, die den Menschen Phantome vor Augen malen und damit die freiheitliche Demokratie zerstören. Popper fordert die Bekämpfung dieser Propagandisten. Ähnliches hat letztlich Eric Voegelin vor Augen, wenn er Totalitarismus jeglicher Couleur als „politische Religion“ und zugleich als Produkt der Säkularisierung fasst.13

 

Falsche Alternativen

Das Links-Rechts-Schema setzt falsche Kategorien. Klar ist gegen Neonazis Widerstand angesagt. Warum benennt man das nicht, sondern redet z.B. von „Kirche gegen Rechts“? „Rechts“ ist parlamentarisch alles, was für „nachhaltige Entwicklung“ und „gegen unüberlegten Kollaps“ steht. „Gegen Rechts“ ist daher nicht nur eine unscharfe Formulierung, sondern zugleich Diskreditierung, Framing, Einengung des demokratischen Diskurses.14 Der Verdacht, dem Rechtsextremismus nahe zu stehen, ist durch die Begrifflichkeit im Raum für jeden, der bewusst nicht links ist. Ungeachtet der Tatsache, dass sich in der Bonner Republik „rechte“ Politiker im Parlament kaum je selber so genannt haben. Sie waren lieber „konservativ“ und betonten nur, dass es rechts von ihnen keinen demokratischen Raum gebe, um eben keine Form von Rechtsextremismus zuzulassen.15

„Links“ gilt heute vielen als eindeutig positiv. Man ist nach dieser Logik da, wo das demokratische Original sei. Angeblich Links. Schon die linke Mitte ist dann ein fauler Kompromiss. Quasi zu weit rechts, dadurch gar rechtsoffen?

Ergebnis der Links-Rechts-Rhetorik ist nicht nur das Abhandenkommen des demokratischen Konservativismus. Auch die „Mitte“ und die demokratische Linke geraten unter Rechtfertigungsdruck. Dann zählt nur noch das Extrem. Das ist das Gegenteil der beschworenen Demokratisierung.

Das Framing „links gegen rechts“, „gut gegen böse“ ist eine infantile, gefährliche Moralisierung. Freund-Feind-Schemata zerstören jede Kommunikation. Wer andere Auffassungen hat in Umwelt-, Gender-, Sprach-, Gesundheits-, Bildungs-, Friedens-, Migrations- oder anderen Fragen, ist nicht gleich als „Leugner“, „Feind“, „Hasser“, „Nazi“, „Links-grün-Versiffter“, „Verschwörungserzähler“, „Vaterlandsverräter“, „Reichsbürger“ oder „xy-phob“ anzusehen. Das sind allzu oft reine Etiketten. Ad personam adressierte Argumentation erübrigt Verstehenwollen und ernsthafte Auseinandersetzung. Wer Wahrheit als Besitz proklamiert und anderen Wahrheitsfähigkeit abspricht, ist intolerant. Dagegen bedeutet „simul iustus et peccator“ weitergeführt: Diese Welt bleibt ohne Gott in sich gebrochen und zweideutig.

Gesinnungsethik und „korrekte Haltung“ machen mundtot und führen qua „Balken im eigenen Auge“ meist zum Gegenteil des Gewünschten. Verantwortungsethik dagegen kennt menschliche Fehlbarkeit und Begrenztheit. Sie propagiert nicht, mittels Moral oder Umsturz das Reich Gottes auf Erden zu errichten. Das Ergebnis war in der Vergangenheit üblicherweise die Hölle. Warum sollte es künftig anders sein?

 

Wie müsste Kirche sich verhalten?

Kirche kann Machtansprüche säkularer Pseudoreligionen kenntlich machen. Vermeintliche Analogien lassen Warnlämpchen leuchten. Ideologische Systeme mögen keine Diskussion. Es wird moralisiert und emotional überrumpelt. Wer widerspricht, wird demoralisiert, diffamiert, denunziert. Kirche hat der Raum zu sein, wo der Shitstorm endet, wo offene Worte und Gemeinschaft möglich sind.

Das Evangelium zielt auf Versöhnung mit Gott und Mitmensch. Die anderen sind Ebenbilder Gottes. Das bedingt Respekt und Toleranz. Aussonderung (z.B. die 2G-Regel), Verächtlichmachung oder Schikanierung Unbequemer ist anzuprangern, selbst wenn diese lästig wirken.

Jeder Gottesdienst inszeniert das Reich Gottes als Gegenwirklichkeit zu erkennbaren und unsichtbaren „Vermachtungen“ dieser Welt, zu ökonomischer, psychosozialer und politischer Untertänigmachung. Davor haben Herrschende und Ideologen Angst und Respekt. Autoritäre Staatlichkeit hat im Laufe der Geschichte immer versucht, das zu kontrollieren. Es ist die Frage, ob wir das zulassen. Eine politische Anregung aus dem Vermächtnis der Bekennenden Kirche: Dietrich Bonhoeffer gab im Oktober 1942 dem „Freiburger Kreis“ im Namen des Bruderrates den Auftrag, eine Wirtschafts- und Sozialordnung für die Zeit nach Ende des Nationalsozialismus zu entwickeln (Freiburger Denkschrift 1943).16 Eine praktikable Ordnung war zu erarbeiten, die an christlicher Sozialethik orientiert ist.

Die so entwickelte „Soziale Marktwirtschaft“ nimmt „Vermachtungsstrukturen“ in den Blick. Später ein Erfolgsmodell, das keineswegs aus der Bibel politische Systematik ableitet. Der Ansatzpunkt ist anders: Das christliche Menschenbild kennt Fehlbarkeit, Versuchbarkeit und rechnet mit Sünde. Die Einzelnen werden befähigt, ihre Freiheit zu ergreifen und sie zum Wohle der Allgemeinheit einzusetzen. Mit Bonhoeffer gesprochen geht es um das „Vorletzte“. Das „Letzte“, das Ziel, wird Gott überlassen. Indem das Thema sichtbarer und unsichtbarer Macht wesentlich wird, ist eine Implikation des ersten Gebots in einen säkularen Anspruch überführt. Keine Macht darf zu groß oder Selbstzweck werden. Es geht um eine politische Ordnung, die über dem Markt steht, ohne diesen zu ersetzen. Eine Ordnung, die keine Heilsansprüche setzt. Die aber für Transparenz, Fairness, Ausgleich und Entwicklungschancen sorgt.

 

Fazit: Kirche, Reich Gottes, Staat

Somit zeigt sich: Eine offene und solidarische Gesellschaft ist in weltlicher Gebrochenheit grundsätzlich möglich. Die vornehmste Aufgabe der Kirche dabei wäre: Sie verkündigt Christus, nicht politische Heilslehren. Sie paktiert nicht mit Pilatus, dem Kaiser, Herodes, dem Synedrium oder Barabbas. Das Reich Gottes ist anders und dabei wirkmächtiger als Ideologien, Mächte, Throne und Gewalten, die doch nur müde Parodien göttlicher Herrschaft sind. Kirche ist nicht politische Akteurin, NGO oder Basiscamp für Aktivismus.

Kirche Jesu lebt aus geschenkter Transzendenz, bietet gegenweltliche Perspektiven des „Ganz Anderen“, kann streiten, versöhnen, geschützten Raum für Gespräche anbieten jenseits von Shitstorm und Korrektheit. Eine offene und solidarische Gesellschaft braucht solche Grundlagen. Kirche steuert damit Voraussetzungen für den liberalen Staat bei.

Und das Reich Gottes? Das gibt es nur, wenn er es schenkt. So wächst es, unsichtbar, verborgen. Das alles wird offenbar, wenn Christus wiederkommt in Herrlichkeit.

 

Anmerkungen

1 https://www.idea.de/artikel/theologieprofessor-kritisiert-ekd-unterstuetzung-fuer-
letzte-generation.

2 T. Foß, Es ist fünf nach Zwölf. Oder: Warum christliche Nachfolge mit linker Politik einhergeht: DPfBl 12/22, 754-756.

3 G. Seebaß: Reich Gottes und Apokalyptik bei Thomas Müntzer. In: Die Reformation und ihre Außenseiter, Göttingen 1997, 165-185.

4 A. Loisy, in: L’évangile et l’église. Bellevue, (3) 1904, 155.

5 M. Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, Tübingen 1934.

6 K. Barth: Krieg, Christentum und Sozialismus. Vortrag vor dem Grütliverein am 14. Februar 1915. In: Karl Barth Gesamtausgabe, Bd. 48: Vorträge und kleinere Arbeiten 1914-1921, Zürich 2012, 117.

7 K. Barth, Der Christ in der Gesellschaft. Eine Tambacher Rede, abgedruckt in: ders., Das Wort Gottes und die Theologie. München 1924, 33-69 – hier 34.

8 Mi. 6,8.

9 F. Crüsemann, Wie Gott die Welt regiert. München 1986. Crüsemann zeigt, dass Gott sich an die Seite der Schwachen stellt, dass in menschlicher Ohnmacht Gottes Kraft erlebbar wird. Einseitig wäre es aber, das Wirken Gottes bloß mit dem Sozialengagement von Menschen zu identifizieren.

10 Vgl. N.T. Wright in: The New Testament and the People of God, Oxford 2013.

11 Lk. 17,23.

12 Vgl. H. Maier (Hg.): „Totalitarismus“ und „Politische Religionen“. Konzepte des Diktaturvergleichs, 2 Bde. (1996/97); E. Jesse (Hg.): Totalitarismus im 20. Jahrhundert. Eine Bilanz der internationalen Forschung (2. Aufl., 1999). Grundlegend: U. Backes/J. Talmon (Ηg.), Die Geschichte der totalitären Demokratie (Bd. 1: Ursprünge der totalitären Demokratie; Bd. 2: Politischer Messianismus; Bd. 3: Der Mythos der Nation und die Vision der Revolution), Göttingen 2013.

13 Voegelins Typisierungen sind umstritten. Die nach seiner Emigration in die USA geschriebenen geistes- und religionswissenschaftlichen Einordnungen politischer Phänomene sind dennoch anregend. Thesen aus den 1930ern sind Gegenstand kritischer Aufarbeitung.

14 Im Grunde stehen Auffassungen des „Antifaschismus“ im Hintergrund. Vgl. z.B. M. Agethen/E. Jesse/E. Neubert (Hg.), Der missbrauchte Antifaschismus. DDR-Staatsdoktrin und Lebenslüge der deutschen Linken, Freiburg 2002.

15 Die in den letzten Jahren entstandene Fehl-Alternative ist durch ihre extremistische Radikalisierung grundsätzlich anti-konservativ. Ihren Raum hat sie v.a. dadurch bekommen, dass andere den entsprechenden Raum aufgaben.

16 https://www.aeu-online.de/schwerpunktthemen/denkschrift-des-freiburger-bonhoeffer-kreises.

 

Über die Autorin / den Autor:

Pastor Dr. Wichard von Heyden, Gemeindepfarrer in Gehrden bei Hannover, 2013 Promotion bei Klaus Berger über die Entstehungsbedingungen der Christologie vor dem Hintergrund von Frühjudentum, Gnosis und paganem Hellenismus ("Doketismus und Inkarnation", TANZ 58, Tübingen 2014), in der Studienzeit 1995/96 als Bundesvorsitzender des RCDS kooptiertes Mitglied des CDU-Bundesvorstandes, 2008-2022 Mitglied im Landesvorstand des Evang. Arbeitskreises der CDU Niedersachsen.

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 6/2023

8 Kommentare zu diesem Artikel
25.06.2023 Ein Kommentar von Dr. Tobias Foß Im obigen Artikel sehe ich manche Schieflagen - gerade theologischer Art. Zunächst wird geschrieben, dass das Reich Gottes insbesondere einen ganz bestimmten Fokus innehabe: "Aus Kleinem wird Großes, aus wenig viel. Es geht um Verborgenheit und Offenbarsein [...]." Das ist gewiss ein Aspekt des Reiches Gottes. Ihn aber darin aufzulösen, ist viel zu einseitig. Im Artikel fällt zunächst auf, dass ausschließlich bezogen auf das NT argumentiert wird - ich dachte diese Einseitigkeiten seien überwunden. Der Heidelberger Arbeitskreis hat stets herausgearbeitet, dass das Walten Gottes - Gottes Reich - im AT eine Kreislauf des Segens umfasst: Segen und Befreiung Gottes sollen weiterfließen durch gerechte Gesellschaftsstrukturen (Rainer Kessler, Ethik des Lebens). Und das NT hat diese Perspektive weiter entfaltet. Das Reich Gottes ist auch etwas verborgenes gewiss: Aber es ist in der entfalteten Darstellung des Artikels unterkomplex bestimmt. Viel eher: Es geht um eine Gabe Gottes als verpflichtende Aufgabe, die in Jesus gegenwärtig, aber noch nicht vollendet und in der Welt sowie parteilich für die Welt, aber nicht von ihr ist. Alle Bereiche – sowohl der persönlich-existentielle als auch der politisch-strukturelle Zusammenhang – sind davon betroffen. Jesus selbst stellt das Reich Gottes symbolisch dar und bezeugt es in seiner Praxis. Summa summarum ist dieses Reich der „himmlische Kern des Irdischen“. Urs Eigenmann bestimmt es so: „Dieser himmlischer Kern ist dasjenige, das uns dazu bringt, die irdischen Verhältnisse im Sinne der Gerechtigkeit des Reiches Gottes zu gestalten.“ Und er fährt weiter fort: Es geht „um eine solidarische Lebensweise, die nicht Selbstzweck ist, sondern im Dienst des Aufbaus einer miteinander teilenden und einander heilenden Gemeinschaft steht.“ Als Gabe - Gott schließt Herzen auf - ist das Reich Gottes Aufgabe: eine Befreiung an der wir mitarbeiten sollen und dürfen und gerade nicht selbstzufrieden, satt mit unseren Privilegien, unsere Hände in den Schoß legen. Und weiter: Die Barthinterpretation, die im Artikel vorgelegt wird, existiert. Aber sie ist nicht ausschließlich und ob diese Barth entspricht, habe ich große Zweifel. Bei Barth lassen sich drei Phasen unterscheiden: Der religiös-sozialistische Pfarrer, der dialektische Theologe, der Theologe der Menschenfreundlichkeit Gottes mit den Schülern Gollwitzer und Marquardt. Und gerade in der späteren Phase bedauert Barth seine Zurückhaltung über politische Fragen und die Kritik am religiösen Sozialismus in gewissen Zeitphasen. Dies hat die Habilitationsarbeit von Friedrich-Wilhelm Marquardt besonders gezeigt. Und darin wird auch klar: Barth war den Gedanken des religiösen Sozialismus in mannigfaltiger Weise bis tief in die KD zugeneigt. Deswegen stellt Barth selbst fest: "In der Tat folgt aus dem Glauben an die Gerechtigkeit Gottes schnurgerade eine sehr bestimmte politische Problematik und Aufgabe. [... Es geht um] eine politische Haltung, die entscheidend dadurch bedingt ist, dass der Mensch allen denen gegenüber verantwortlich gemacht ist, die vor seinen Augen arm und elend sind, dass er seinerseits aufgerufen ist, für das Recht, u zw. für das Recht derer einzutreten, die Unrecht leiden" (KD II/1, 434f.). So versteht Barth eine sehr starke politische Linie und Überzeugung, was m. E. im obigen Artikel völlig außer Acht gelassen wird. Und wenn der Artikel dabei immer wieder auf mich Bezug nimmt, bitte ich meine Definitionen genau zu lesen: Linke Politik bedeutet, das Recht allen Menschen zu zugestehen, sich zu emanzipieren (Raul Zelik). Mit Sozialismus hatte ich eine ganz scharfgenaue Definition von Prof. Klaus Dörre eingeführt (wobei ich die Vorbehalte gegen diesen Begriff transparent gemacht habe): Die Demokratisierung wirtschaftliche Prozesse. Dies ist mit der gegenwärtigen Postwachstums-Debatte in Beziehung zu bringen. Wenn es gilt, dass die Bedeutungen von Wörtern, erst in ihrem Gebrauch hergestellt werden (Wittgenstein), dann bitte ich (wenn auf mich Bezug genommen wird) auf meinen Gebrauch auch einzugehen, und nicht die eigenen ideologischen Lesebrillen aufzusetzen. Zum Schluss: Der Artikel ist ein Plädoyer für die soziale Marktwirtschaft. In vielen Punkten ist diese zu begrüßen, wenn auch das Wachstumsdilemma (Zusammenhang von Wachstum und Ressourcenverbrauch) damit immer noch eine Lösung braucht. Dass wir "soziale Marktwirtschaft" schon lange nicht mehr erleben wird von so vielen soziologischen, politikwissenschaftlichen Debatten, von Brot für die Welt, vom Papst und vielen mehr bestätigt und untermauert. Ich wundere mich wirklich sehr über eine Ignoranz dieser Diskurse und ein gewisses stures "Nicht-wahr-haben-wollen". Ich kann nur empfehlen: Der prominente Politikwissenschaftler und Armutsforscher Christoph Butterwegge veröffentlicht unzählige Bücher über diese Themenbereiche. Vielleicht eine Chance, Wissenslücken zu schließen. Herzliche Einladung.
25.06.2023 Ein Kommentar von Manfred Böhm Der ganze Artikel von Herrn von Heyden atmet doch sehr den Geist selbstzufriedener Sattheit. Es genüge Christus zu verkünden, sich auf die Predigt zu konzentrieren und die Freieheit der Kinder Gottes in den Mittelpunkt zu stellen. Alles, was diese Ruhe stört, sei panische Endzeit Propaganda und damit ein Zeugnis von Falschprophetie. Das ist seinerseits ein schönes Stück politischer Ideologie, die Ideologie des Quietismus: Überlassen wir doch alles dem lieben Gott. Das hat den angenehmen Nebeneffekt, die Hände in den Schoß legen zu können, denn letztlich liegt es doch nicht an uns. Gegen eine solche Haltung, dem Weltenlauf seinen Lauf zu lassen, haben sich bereits die biblischen Propheten im Namen des Reiches Gottes positioniert. Und Jesus selbst auch, etwa bei der sog. Tempelaustreibung. Seine Anklage lautete: Ihr habt eine Markthalle daraus gemacht! Heute funktioniert die ganze Welt nach der Logik der Markthalle. Und da sollte niemand im Namen des Reiches Gottes intervenieren dürfen? Wohlgemerkt: Es geht dabei nicht darum, das Reich Gottes irgendwie herzustellen. Aber wer, wenn nicht wir Christen, könnte es denn als Perspektive einer besseren Welt in die Gesellschaft einspeisen? Wer sich nicht politisch verändernd einmischt, will womöglich nur seine eigenen Privilegien nicht gefährden. Es ist einfach bequemer so!
22.06.2023 Ein Kommentar von Steiner Ich kann Herrn von Heydens Text leider so gar nicht folgen, da er die Predigt völlig zu entkontextualisieren und entpolitisieren möchte. Da sich Predigten aber an einem konkreten Ort, zu einer konkreten Zeit ereignen, wird das Evangelium immer in eine konkrete Situation hineingesprochen. Und diese Situation ist politisch. Politisch, weil Themen, Positionen, Bedürfnisse, Meinungen und Assoziationen verhandelt werden. Wessen Bedürfnisse werden gehört? Wer wird als marginalisiert (an)erkannt und über wen wird einfach nicht geredet? Wer ist unser:e Nächste:r? Wie können wir bspw. theologisch über Schöpfung reden ohne über unsere konkrete Umwelt nachzudenken? Sobald wir strukturelle Herausforderungen in den Blick nehmen, sind wir mittendrin in parteipolitischen und realpolitischen Debatten. Damit stellt sich die Frage nach Allianzen. Für mich legen sich Allianzen mit Vertreter:innen nahe, die sich klar auf Seiten der Menschenrechte positionieren: nur wenn das 2 Grad Ziel eingehalten wird, können unsere Mitmenschen im globalen Süden und die nächsten Generationen weiterleben. Weder Bibel noch Verkündigung sind unpolitisch - dieses zuzugeben und damit verantwortlich und transparent umzugehen, ist das mindeste, was ich von Theolog:innen verlange.
21.06.2023 Ein Kommentar von Malte Möring Herr von Heyden fragt, und das aus meiner Sicht völlig zurecht: "Hat Kirche es nötig, die christliche Botschaft ideologischen Systemen anzupassen?" Die Antwort sehe ich allerdings in seinem eigenen Text: "Augustin schrieb sein Werk über den „Gottesstaat“, als die Goten Rom eroberten. Luther entwickelte seine Gedanken zu den „zwei Reichen“ bzw. den „zwei Gewalten“ mit Blick auf seine Zeit." Mir erschließt sich nun nicht, warum wir Herrn Voß nicht zugestehen sollten, was wir Augustin, Luther und Bonhoeffer zugestehen: Eine fundierte Verortung christlicher Theologie in den - auch politischen - Kontexten ihrer Zeit. Wo sich diese Theologie anpasst und wo sie sich abgrenzt, ist eine inhaltliche Frage. Aber so prinzipiell, wie Herr von Heyden diese Verortung hier ablehnt, sehe zumindest ich die Sache nicht. Kirche hat durchaus den Auftrag, ihr Licht leuchten zu lassen. Sei das in der Sprache der Landwirtschaft oder der der Politik.
21.06.2023 Ein Kommentar von Martin Richter Danke für diese klaren Worte, denen ich nur aus ganzem Herzen zustimmen kann. Er zeigt deutlich, dass Kirche auf einem Irrweg ist, wenn sie statt des Reiches Gottes nur innerweltliche politische Ideologie predigt.
20.06.2023 Ein Kommentar von Johannes Schröder Ein sehr schöner aber langer Artikel. Und in dem Grad, wie die Kirche politische Parolen und Zeitgeist verkündigt und Gottes Wort nicht mehr ernst nimmt, wird sie weiter an Bedeutung verlieren. Denn Salz, das nicht mit salzt, ist zu nichts nütze, als dass man es wegschüttet und es wird automatisch von der "Welt" zertreten oder nur ein verlängertes politisches Sprachrohr. Also zu nichts nütze.
20.06.2023 Ein Kommentar von Thomas Dietz Ein guter und klarer Artikel, der theologisch begründet die aktuellen Irrwege unserer Kirche offenlegt! Herzlichen Dank!
19.06.2023 Ein Kommentar von Hartmut Steeb Den Ausführungen von Wichard von Heyden stimme ich gerne zu. Es ist der wirklich mehr als überfällige Widerspruch zu Voß-Thesen. Danke!
Kommentieren Sie diesen Artikel
Pflichtfelder sind mit * markiert.
Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.
Spamschutz: dieses Feld bitte nicht ausfüllen.