Anfang des Jahres 2013 erhielten viele Kirchenkreise, Dekanate und Ortsgemeinden Deutschlands unerwartet den druckfrischen, über 500 Seiten starken »Katechismus der Neuapostolischen Kirche« (KatNAK) per Post. Damit trat eine Gemeinschaft an die Kirchen heran, die lange Zeit weitgehend im Verborgenen gelebt hatte. Früher war es gelegentlich vorgekommen, dass eine neuapostolische Ortsgemeinde um einen landeskirchlichen Raum als Aufführungsort für ein Chorkonzert oder ihr Kindermusical »Zachäus« gebeten hatte, Gesprächsversuche waren selten. Oft wussten die betroffenen Gemeinden nicht recht, wie diese unerwarteten Avancen einzuschätzen und wie zu reagieren sei. Die Neuapostolische Kirche (NAK) war eine unbekannte Größe mit spärlichen Außenkontakten. Sie galt als »Sekte«, war ähnlich mysteriös wie Jehovas Zeugen, ja, sie schien mangels Straßenevangelisation fast noch zurückgezogener.
Das dürfte sich nun zunehmend ändern, denn hinter der Katechismus-Versandaktion steht eine längere Geschichte, die eine radikale Neuausrichtung der NAK bedeutet und doch bisher weitgehend unbemerkt vor sich ging. Die NAK will »raus aus der Sektenecke und rein in die Ökumene«. wie es 2008 der Titel einer Fachtagung für Weltanschauungs- und Ökumenereferenten in Frankfurt formulierte. Was steckt hinter diesen Entwicklungen, welche ökumenischen Implikationen haben sie für die anderen Kirchen und warum spielt der neue »Katechismus« dabei eine zentrale Rolle?
1. Geschichte und Verbreitung
Die NAK ist mit über 350.000 Mitgliedern keine Randgruppe, sondern Deutschlands viertgrößte Konfession, größer als alle Freikirchen zusammen. Weltweit hat sie über 10 Mio. Mitglieder, 80% davon in Afrika, in Europa ist sie im deutschsprachigen Bereich konzentriert. Entstanden ist sie wie Mormonen, Jehovas Zeugen und Adventisten in der angelsächsischen Erweckungsbewegung des frühen 19. Jh. In dieser Zeit weit verbreiteten Endzeitfiebers wurden ab 1832 durch prophetische Berufung in England zwölf Apostel eingesetzt, worin die Beteiligten die Wiedererrichtung der apostelgeleiteten Urkirche sahen. Ziel dieser »Katholisch-Apostolischen Gemeinden« war nicht Kirchengründung, sondern Kirchenreform. Bald breitete man sich nach Deutschland aus. Als nach einigen Jahren die ersten dieser Apostel starben, entstand Streit darüber, ob man diese ersetzen solle oder nicht. Der britische Zweig entschied sich dagegen. In Hamburg aber wurden 1863 neue Apostel ernannt, worüber es zur Spaltung kam. Aus dieser Keimzelle entstand nach weiteren Verwicklungen die Neuapostolische Kirche, die demnach 2013 ihr 150-jähriges Bestehen feierte.1
Was als ökumenische Erneuerungsbewegung begonnen hatte, entwickelte sich über die Jahre schrittweise zu einer nach außen abgeschotteten, streng hierarchischen Gemeinschaft, die nur sich selbst als einzige heilbringende Kirche ansah und Sakramente anderer Kirchen ablehnte, weil es dort am heilsnotwendigen Apostelamt fehlte. An ihrer Spitze stand ein »Stammapostel«, der als »Stellvertreter des Herrn auf Erden« galt, neue Offenbarungen von Gott erhielt und Einblicke ins Totenreich hatte. Durch die Ämterhierarchie wurde das geistliche und alltägliche Leben der Mitglieder strikt kontrolliert und auf Naherwartung ausgerichtet. Weltliches Vergnügen war verpönt. Den Höhepunkt dieser Entwicklungen erreichte die Kirche unter dem Stammapostel Johann Gottfried Bischoff, der 1930-1960 amtierte. 1950 erhielt er im Alter von 80 Jahren eine Offenbarung Gottes, derzufolge der Heiland noch zu seinen Lebzeiten wiederkehren werde. Diese sog. »Botschaft« wurde zum Schibboleth neuapostolischen Glaubens erhoben. Wer sich dazu nicht bekannte, gehörte nicht dazu. Dadurch kam es zu vielen Ausschlüssen und Abspaltungen ganzer Gemeindebezirke, die auch fortbestanden, nachdem Bischoff 1960 gestorben war.2
Auch danach blieb in der NAK der Geist Bischoffs lebendig und führte immer tiefer in die Sackgasse. Die Frömmigkeit konzentrierte sich personenkultartig auf die Apostel, »in denen die Gläubigen Jesus begegnen«. Theologie als Reflexion des Glaubens war »tote Buchstabengelehrtheit«,3 die Bibel wurde gegenüber dem Wort der lebenden Apostel abgewertet und Ökumene war ein negativer Begriff. Damit war die Selbstisolierung perfekt. Anders als bei Jehovas Zeugen gab es in der NAK allerdings nie systematische Polemik gegen andere Kirchen. Diese wurden eher ignoriert.
Der selbstgewählten Isolation entsprach eine negative Außenwahrnehmung. In dem seit 1978 erscheinenden Standardwerk »Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen« der VELKD wird die NAK bis in die jüngste Auflage von 2006 unter »Sekten« geführt. Mit diesem diffamierenden Titel versehen verbot sich von Seiten der Großkirchen eine ernsthafte Beschäftigung oder Begegnung mit der NAK quasi von selbst.4 In der evangelischen Kirche befassten sich außer Sektenbeauftragten nur wenige wie der Leipziger Konfessionskundler Helmut Obst auch schon vor den jüngsten Öffnungsprozessen intensiver mit ihr.5
Bis heute betreibt die NAK ihre starke kirchliche Struktur fast nur mit Ehrenamtlichen. Studierte Theologen gibt es so gut wie keine und fast alle Amtsträger haben säkulare Berufe. Nur wenige überregionale Funktionen (z.B. die weltweit derzeit 360 Apostel) sind hauptamtliche Stellen, für die die bisherige Karriere aufgegeben wird. Die Kirche finanziert sich ausschließlich durch Spenden.
2. Anfänge des Reformprozesses in der NAK
Die Selbstisolierung der NAK wurde in den 1990er Jahren durch den damaligen Stammapostel Richard Fehr (1939-2013, im Amt 1987-2005) langsam aufgebrochen. Er richtete eine »Arbeitsgruppe Ökumene« ein und stieß die Überarbeitung der dogmatischen Grundlagen an. Die Lehre der NAK war zuletzt 1992 in dem schmalen katechismusartigen Bändchen »Fragen und Antworten über den neuapostolischen Glauben« umfassend dargelegt worden. Nun beschloss man einen grundlegenden Neuentwurf in Angriff zu nehmen – hieraus entstand über Jahre hinweg der eingangs erwähnte »Katechismus«.6
Zentraler und auch von außen unübersehbarer Wendepunkt war der sog. »Info-Abend von Uster« am 24. Januar 2006, benannt nach dem Ausstrahlungsort nahe Zürichs, dem Internationalen Sitz der Kirche. Fehrs Nachfolger, Stammapostel Wilhelm Leber (geb. 1947, im Amt 2005-2013) kündigte dort in einer weltweit per Satellit in die NAK-Gemeinden übertragenen Ansprache an, dass die Kirche sich für ökumenische Kontakte öffnen werde.7 Das ging mit einer Reihe von Lehrveränderungen einher, die bei der Gelegenheit vermittelt wurden:
1. Anerkennung der rite vollzogenen Taufen anderer Kirchen (evangelischerseits war die NAK-Taufe stets anerkannt). Diese Anerkennung hatte die NAK Anfang des 20. Jh. aufgegeben.8
2. Anerkennung der Wirkung des Heiligen Geistes in anderen Kirchen und Heilsmöglichkeit für Christen außerhalb der NAK. In diesem Abschnitt zum Verhältnis zu andern Kirchen werden mehrfach Formulierungen aus dem 2. Vatikanischen Konzil übernommen.
3. Relativierung der Heilsnotwendigkeit des Apostelamts.
Was führte zu dieser gravierenden Umorientierung? Von neuapostolischer Seite wird als Auslöser für den Reformprozess neben dem Umdenken führender Amtsinhaber auch auf die zunehmende Unzufriedenheit der eigenen Jugend verwiesen. Im Kontakt mit anderen jungen Christen wird die eigene Isolierung zunehmend unplausibel und wäre nur mit massivem Innendruck der Gemeinschaft aufrechtzuerhalten. Auch der Mitgliederschwund – noch in den 1980er Jahren hatte die deutsche NAK 500.000 Mitglieder – dürfte die Suche nach neuen Wegen erleichtert haben. Zudem eröffnet das Internet neue Möglichkeiten zum Meinungsaustausch kritisch gesonnener Mitglieder. Im Netz waren kritische Berichte ehemaliger NAK-Mitglieder allgemein zugänglich.
Nicht zu unterschätzen sind schließlich auch die Auswirkungen der Parusieverzögerung auf eine Kirche, die seit ihren Anfängen versucht, die Spannung ständiger Naherwartung festzuhalten. Parusieverzögerung hat beginnend mit der Urkirche immer wieder theologische Veränderungen in Reformbewegungen bewirkt.
Ein weiterer, in seinen Dimensionen noch nicht abschätzbarer Faktor ist die Internationalisierung der Kirche. Zwar ist das rasante Wachstum der 1980er und 1990er Jahre zum Stillstand gekommen. Aber schon aus demographischen Gründen ist mit weiterer Gewichtsverschiebung von Europa nach Afrika zu rechnen.
Es war also ein Zusammenwirken innerer und äußerer Faktoren, das zur Öffnung der NAK führte.
3. Ökumenische Dialoge
Schon unter Stammapostel Fehr hatte die NAK den Austausch mit anderen Kirchen gesucht. Nach besagtem Info-Abend von Uster im Januar 2006 sah es auf lokaler Ebene so aus, als hätten manche NAK-Gemeinden schon in den Startlöchern gesessen und nur auf ein solches Signal gewartet. Binnen weniger Monate war in Memmingen die erste NAK-Gemeinde in einer lokalen ACK.9 Zurzeit haben vierzehn NAK-Gemeinden einen offiziellen Status in lokalen ACK (Stand Jan 2014; Gastmitglied: Memmingen, Aschaffenburg, Hameln, Halle/Saale, Göttingen, Hannover, Ludwigsburg, Leonberg, Bruchsal, Pforzheim; Beobachterstatus: Marburg, Friedberg/Wetterau, Freiburg/Sachsen, Aachen). Gespräche über eine eventuelle Gastmitgliedschaft laufen in Leinfelden, Kempten, Darmstadt, Nürtingen, Reutlingen und Dortmund. Zusätzlich gibt es mancherorts projektbezogene ökumenische Kooperationen ohne ACK-Mitgliedschaft.
Auf regionaler Ebene hatten auf Initiative der NAK seit 2001 Gespräche mit der ACK Baden-Württemberg begonnen. Deren Ergebnis lag in Gestalt einer »Orientierungshilfe für die Gemeinden in Baden-Württemberg« 2008 vor.10 Ausgehend von der Taufanerkennung empfahl sie relativ liberale Regelungen unter anderem bei gegenseitiger Beteiligung an konfessionsverschiedenen Kasualien und gastweiser Raumnutzung. Zugleich blieb klar: Ökumenische Gottesdienste sind nicht gewünscht und Abendmahlsgemeinschaft besteht nicht. In den Landeskirchen Sachsen und Rheinland fanden sich informelle regionale Gesprächskreise.
Auf nationaler, bzw. internationaler Ebene (D, A, CH) befassten sich seit 2008 Weltanschauungs- und Ökumenebeauftragte aus ACK-Kirchen in einer Reihe von Konferenzen mit kontroverstheologischen Themen (Taufe/Versiegelung, Amt, Verstorbenensakramente usw.). Dies waren stets Gespräche mit der und nicht über die NAK.11
2011 und 2012 schließlich trafen sich NAK, ACK und die Evang. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) zu einer Reihe von sechs Lehrgesprächen. Dies waren keine Aufnahmegespräche und keine theologisch gleichberechtigten Dialoge. Sie sollten die Theologie der NAK ausloten. Es waren also asymmetrische Begegnungen, die dem Kennenlernen der NAK durch die ACK dienten. In der letzten Sitzung (Dezember 2012) konnte diese Gruppe schon den fertigen NAK-Katechismus beraten.
4. Der Katechismus der NAK
Alle genannten Begegnungen und Gespräche standen unter dem Vorbehalt, dass zwar die NAK sich unübersehbar veränderte, sich dabei weniger exklusiv und ökumenisch anschlussfähiger präsentierte, aber nie ganz klar war, welche Lehren aktuell überhaupt noch galten, und was neu formuliert worden war. Eine Kirche ohne schriftliche Theologie, deren letzte verbindliche Grundlagenschrift von 1992 nicht mehr galt, deren Lehrformulierungen sich oft von einem Treffen zum nächsten änderten, machte es den Partnern und sich selbst nicht leicht.12 Die NAK selbst sprach übrigens lieber von »Lehrschärfungen« als von »Lehrveränderungen«.
Die Problemlage war auch den NAK-Vertretern bewusst. Sie verwiesen immer auf die bevorstehende Veröffentlichung des Katechismus. Dieser werde viele Fragen verbindlich beantworten, denn was sich bescheiden »Katechismus« nannte, war eher die erste Grundlagendogmatik neuapostolischer Lehre. Alle ökumenischen Gespräche standen also immer unter dem Vorbehalt, dass man konkrete Schritte erst nach dem Erscheinen des Werkes unternehmen werde. Die 2007 begonnen Gespräche über eine NAK-Gastmitgliedschaft in der Schweizer ACK ließ man 2010 ruhen, um auf den Katechismus zu warten.
Dieser war seit 2008 mehrfach angekündigt und mehrfach verschoben worden, vermutlich Anzeichen eines kooperativ entstehenden Werkes. Schon dies war ein Signal – hier legte nicht ein Stammapostel einsam etwas fest, sondern anscheinend herrschte im Beratergremium eine Diskussionskultur.13 So etwas dauert.
Man kann die Bedeutung des Katechismus kaum überschätzen. Mit seinem Erscheinen beginnt ein neuer Abschnitt im Verhältnis zur NAK. Zum einen durch sein Vorhandensein. Erstmals gibt es eine eindeutige Gesprächsgrundlage. Zum anderen durch seinen Inhalt. Der Katechismus bestätigte die Entwicklungen, die die NAK vorher verstreut mitgeteilt hatte. Zumindest die Hermeneutik des grundsätzlichen Misstrauens konnte man nun ausräumen. Die NAK hatte nicht jahrelang versucht, naiven Gesprächspartnern eine ökumenische Öffnung vorzugaukeln, die sie gar nicht wirklich intendierte. Die Präsentation des Katechismus wurde am 4.12.2012 in einem Info-Abend weltweit in die NAK-Gemeinden ausgestrahlt. Damit ist nicht gleich jede NAK-Gemeinde auf einem neuen Kurs – aber es ging offensichtlich nicht um eine ökumenische Fassade, die man nur aufbaute, um in die ACK hineinzukommen.
Bald nach Erscheinen des Katechismus organisierten EZW und ACK gemeinsam am 20.-22.2.2013 in Fulda eine Tagung zur Verständigung über das Werk. Kritik gab es dort z.B. noch hinsichtlich der inkohärenten Bibelhermeneutik im Katechismus14 und der Sozialgestalt mancher NAK-Gemeinden, wo die ökumenische Öffnung noch nicht angekommen und die alte strikte Sozialkontrolle durch Amtsträger noch immer wirksam sei. Aber insgesamt war das dort vorherrschende Fazit: Die NAK ist ökumenefähig geworden, und die Lehrunterschiede mit ihr sind nicht größer oder von anderer Art als die zwischen jetzt schon in der ACK vertretenen Kirchen. Ihre Entwicklung wurde mit der der Siebenten-Tags-Adventisten verglichen, die sich einst auch aus der Isolation zur Ökumene bewegt hatten und heute in der ACK sind.
Im März 2013 nahm die ACK-Vollversammlung den Bericht der ACK-NAK-Gesprächsgruppe durch deren Vorsitzenden Burkhard Neumann (Adam-Möhler-Institut Paderborn) entgegen. Dieser zog Parallelen zwischen neuapostolischen und katholischen Lehren und mahnte, dass man an die NAK keine anderen Maßstäbe anlegen dürfe als an die bereits existierenden ACK-Mitgliedskirchen. So fragte er angesichts der ACK-Mitgliedschaft von Kirchen, die gar keine Sakramente haben (Quäker und Heilsarmee) und Kirchen, die die Taufen anderer eingeschränkt oder gar nicht anerkennen (Täufer und Orthodoxe): »[K]ann ich [...] einer anderen Kirche, die eine andere Sakramentsauffassung hat [...] allein darauf hin [...] eine Mitgliedschaft in ökumenischen Gremien verweigern?«15 Die ACK-Vollversammlung empfahl die Fortsetzung und Intensivierung der ökumenischen Begegnungen auf verschiedenen Ebenen.
Aufgrund dieses Beschlusses gingen im Februar 2014 in Frankfurt die Gespräche zwischen NAK und ACK in die nächste Runde. Zunächst sollen die Erfahrungen jener lokalen ACK ausgewertet werden, wo die NAK beteiligt ist. Außerdem soll die Arbeitshilfe von 2007 der ACK Baden-Württemberg aktualisiert und für ganz Deutschland überarbeitet werden.
5. Ökumenisch relevante Lehrentwicklungen im neuen Katechismus
Um die Lehre der NAK auf ihre ökumenische Anschlussfähigkeit zu prüfen, muss man nicht nur den Katechismus betrachten, sondern ihn auch mit dem vergleichen, was vorher galt. Nur so zeigen sich Fortschritt und Bewahrung. Das kann an dieser Stelle nur überblicksweise geschehen. Die Lehre der NAK weist einige Punkte auf, die in den ökumenischen Gesprächen von Anfang an umstritten waren. Es handelt sich dabei um die sog. »Sonderlehren«, die der NAK eigentümlich sind und in verschiedenem Grade ihr Selbstverständnis bestimmen. Wie jede andere Konfession auch, hat die NAK Lehren und Traditionen ausgeprägt, die ihr eigen und zum Teil für andere Kirchen fremd oder gar befremdlich sind.
Ekklesiologie, Exklusivität und Eschatologie
Lange Zeit hatte sich die NAK folgendermaßen gesehen: »Die Neuapostolische Kirche ist die Kirche Jesu Christi, gleich den apostolischen Gemeinden zur Zeit der ersten Apostel.«16 Alle anderen Kirchen waren ohne Heiligen Geist und ohne gültige Ämter. Die Kirchengeschichte wurde als Verfallsgeschichte gesehen. Gültige Sakramente (Taufe, Versiegelung und Abendmahl) gab es nur hier, die Apostel waren heilsnotwendig, sie allein führten in den Himmel.Mit dem Katechismus hat sich hier Wesentliches verändert.17 Heute enthält die Ekklesiologie der NAK exklusivistische und universalistische Elemente. Einerseits spricht man von der unsichtbaren Kirche Christi, zu der alle getauften Gläubigen gehören. Die rite vollzogene Taufe gliedert alle in den Leib Christi ein. Allerdings steht dies unverbunden neben der aus dem neuapostolischen Erbe beibehaltenen Formulierung, wonach die Taufe nur eine »erste Annäherung« sei, während die volle »Gotteskindschaft« erst mit der Versiegelung durch einen NAK-Apostel erworben werde. Demnach gibt es Christen, die nicht Gotteskinder sind.
Früher undenkbar wäre folgende Formulierung gewesen: Es »ist nicht nur dort Kirche Christi, wo das Apostelamt wirkt« (KatNAK 6.5), ebenso neu ist die Aussage, der Heilige Geist wirke auch außerhalb der NAK. Die NAK formuliert den »Mehrwert«, den jede Konfession für sich annehmen muss, will sie nicht in Legitimationsprobleme geraten, nunmehr vor allem sakramental: Nur in der NAK findet die sakramentale Spendung des Heiligen Geistes statt. Aber die Wendungen sind dabei häufig nicht absolut, sondern komparativisch: In der NAK ist die Apostolizität der Urkirche »voll« wiederhergestellt, die Wortverkündigung hat hier eine »erhöhte Autorität« (KatNAK 6.4.2.3), die Kirche Jesu Christi tritt in der NAK »am deutlichsten zutage« (KatNAK 6.5). Hier klingt vieles ähnlich wie in katholischen Dokumenten des 2. Vatikanischen Konzils, ein konzentrisches Modell gestufter Kirchlichkeit.
Andererseits wird dieser »Mehrwert« mit exklusivistischen Elementen versehen, nämlich da, wo es um seine eschatologischen Implikationen geht. Die NAK hat eine genaue Vorstellung vom Fahrplan der Endzeit. Hier wird die »Brautgemeinde«, also alle gläubigen Versiegelten der NAK entrückt, derweil auf Erden eine Zeit der Trübsal anbricht, in der sich Märtyrer bewähren können. Erst später folgen ein Tausendjähriges Friedensreich, die zweite Auferstehung und das Endgericht. Der Exklusivismus der NAK ist eher zeitlicher Art – die Brautgemeinde erspart sich die Zeit der großen Trübsal, und danach richtet Gott dann alle Menschen ohne Vorzug für Neuapostolische.
Apostelamt und neue Offenbarungen
Das Apostelamt ist die raison d’être der NAK. Traditionell lehrte sie, dass der Stammapostel neue Offenbarungen des Heiligen Geistes empfängt, eine Lehre, die ökumenisch kaum tolerierbar wäre. Sie wirkte sich bei Stammapostel Bischoff 1950 fatal aus. Der Katechismus nun formuliert hier vorsichtiger: Der Apostel empfängt »neue Einsichten, die in der Heiligen Schrift zwar angedeutet, aber noch nicht vollständig enthüllt sind« (KatNAK 1.3). Spektakuläre »Offenbarungen« wie Bischoffs »Botschaft« von 1950 hatte es ohnehin weder vorher noch nachher wieder gegeben. In der Praxis ist es heute so, dass der Stammapostel theologische »Einsichten« im Apostelkollegium bespricht. So entstand auch der Katechismus im kollegialen Verfahren. Dabei hat der Stammapostel die Letztentscheidungsbefugnis. Womöglich handelt es sich überhaupt eher um ein semantisches Problem, in dem der anstößige Begriff »neue Offenbarungen« letztlich nur das beschreibt, was alle Kirchen kennen: eine Weiterentwicklung ihrer Lehre für ihre jeweilige Zeit.
Das Entschlafenenwesen18
Das wichtigste Beispiel für »neue Einsichten« ist das sog. Entschlafenenwesen. Ausgehend von der Totentaufe in Korinth (1. Kor. 15,29) und Andeutungen zum Jenseits (1. Thess. 4,15-17) entwickelte sich eine komplexe und detaillierte Vorstellung der Jenseitswelt und der Gemeinschaft mit den Toten. Das Entschlafenenwesen ist für das gottesdienstliche Leben der NAK außerordentlich wichtig. Es handelt sich dabei um das Teilen der drei Sakramente (Taufe, Versiegelung, Abendmahl) mit den Seelen von Verstorbenen. Dazu werden diese Sakramente im Anschluss an den Gemeindegottesdienst an zwei Stellvertretern vollzogen, wobei der Liturg die unsichtbar anwesenden Toten anspricht. Die Regeln sind die gleichen wie bei Sakramenten für Lebende (Taufe und Abendmahl durch priesterliche Ämter, Versiegelung nur durch Apostel). Anders als die bekanntere mormonische Totentaufe richtet sich die NAK nicht an individuelle Seelen, sondern lädt nur generisch die Verstorbenen ein, sich im Jenseits neuapostolisch taufen und versiegeln zu lassen.19 Es ist also keine Zwangstotentaufe. Das Entschlafenenabendmahl ist eine Weiterentwicklung aus der Entschlafenentaufe.Die ganze Praxis wirft Fragen auf: Werden nicht apostolische Amtsvollmacht und Bedeutung des Sakraments als Zeichen überschätzt, wenn Gott ihrer auch im Jenseits noch bedarf? Wird der Tod als Grenze und das Leben als Entscheidungs- und Bewährungsraum des Christen nicht unterschätzt? Erlauben die biblischen Belege eine so genaue »Kenntnis« der Jenseitswelt wie sie in der NAK herrscht?
Andererseits kennen Religionswissenschaft und christliche Volksfrömmigkeit viele Beispiele für den Gedanken menschlicher Gemeinschaft über den Tod hinaus. Dass er uns Protestanten so fremd erscheint, liegt wohl auch daran, dass individuelle und universale Eschatologie und damit verbundene Heilsvorstellungen in unseren Kirchen, anders als in der NAK, kaum eine Rolle spielen. Christi »descensus ad inferos«, immerhin jeden Sonntag im Credo bekannt, und Vorstellungen wie 1. Thess. 4,15-17 spielen in der Predigt kaum eine Rolle. Man wird über das Entschlafenenwesen milder urteilen müssen, wenn man es als intensive Hinterbliebenenseelsorge betrachtet, wie sie sich in eng geknüpften Gemeinschaften entwickelt.20
Stichwort »Sonderlehren«
Die genannten Lehren firmieren oft als »Sonderlehren«. Wenn dies nur deskriptiv besagte, dass die Lehre sonst nicht vorkommt, wäre das angemessen. Tatsächlich aber ist die »Sonderlehre« abwertend. Daraus abgeleitet ersetzt heute oft »Sondergemeinschaft« das frühere »Sekte« und nimmt dessen pejorativen Ton an. Dahinter steht die Vorstellung, dass Sonderlehren irgendwie »auf andere Weise anders« seien als andere zwischenkirchliche Lehrunterschiede. Ist das so? Möglicherweise sind uns die Unterschiede zur NAK einfach nur weniger vertraut als die zu anderen Kirchen.Es hilft dabei, die eigene Tradition versuchsweise von außen zu betrachten, denn »Sekte« sind bekanntlich immer nur die anderen. Aber jede Konfession hat Sonderlehren – ansonsten hätte sie kein ekklesiologisches Existenzrecht. Wer ehrlich ist, erkennt schnell: Protestantische Sonderlehren sind für andere nicht weniger befremdlich als neuapostolische für uns, und die biblische Begründung ist auch bei uns bisweilen recht schwach. Unsere Friedens- bzw. Kriegsethik und die Kindertaufe widersprechen aus täuferischer Sicht der Schrift. Die Frauenordination rückt uns innerhalb der Weltchristenheit an den Rand (zumal wenn man 2000 Jahre Kirchengeschichte als Traditions- und Glaubensgemeinschaft einbezieht). Und unser Umgang mit Homosexualität ist geradezu die typische Sonderlehre einer kleinen Minderheit mit Sendungsbewusstsein. Wir halten sie für biblisch begründbar und stehen damit ziemlich allein, weshalb sie momentan mehrere weltweite Konfessionsfamilien zu zerreißen droht.
Auch ist bei der Bewertung zu bedenken, dass die NAK eine junge Kirche ist, die sich erst seit kurzem (wieder) im theologischen Diskurs übt. Hier treiben Ingenieure, Juristen und Handwerker Theologie. Einige Inkonsistenzen im Katechismus dürften sich auch hieraus erklären. Hinzu kommt, dass gelegentlich neue Gedanken in alter Begrifflichkeit gefasst und dadurch missverständlich werden. Vorschnelle Urteile sind hier unangemessen.
6. Ökumene und ACK-Mitgliedschaft
Erklärtes Ziel der NAK ist die Gastmitgliedschaft in der ACK auf Bundesebene, möglicherweise über den Zwischenschritt regionaler ACK. Die NAK sieht dies zu Recht als logische Folge ihrer Entwicklung. Die bisherigen Erfahrungen in lokalen ACK stehen dem nicht entgegen. Auch aus theologischer Sicht ist dem Anliegen nicht zu widersprechen. Die Unterschiede zu den Lehren der NAK sind nicht größer oder kategorial anders als die Unterschiede, die es bereits jetzt zwischen ACK-Mitgliedskirchen gibt. Die konstruktive Mitarbeit hängt von anderen Faktoren ab.
Die NAK brächte zwei Elemente in die Ökumene ein. Sie zeigt uns ein Kirchenmodell, das starke Strukturen allein mit ehrenamtlichem Engagement unterhält. Ebenfalls NAK-typisch und potentiell ökumenisch befruchtend ist das intensive Ringen um die Frage, was lebendige Messiaserwartung für das Glaubensleben bedeute.
Zwar wird man aus evangelischer Sicht an vielen neuapostolischen Theologumena Kritik üben können. So z.B. an der Abwertung der Taufe, die einer Versiegelung als Vollendung bedarf, und an der Überhöhung des Amtes als Mittler zwischen Gott und Gläubigen, zumal diese Funktion bei dem neuen Stammapostel Jean-Luc Schneider (seit Mai 2013) wieder stärker betont wird. Für Kirchengemeinschaft sind die Unterschiede zu groß und beide Seiten erklären sich offiziell gegen ökumenische Gottesdienste (die dennoch hie und da schon stattgefunden haben). Aber die ACK ist eine Arbeitsgemeinschaft; die Bedingungen für ihre Mitgliedschaft sind minimal bzw. außer durch die ÖRK-Basisformel gar nicht definiert. Sie bieten keine formalen Ausschlusskriterien für die NAK.
Doch auch vor einer ACK-Mitgliedschaft sind schon Kontakte und Kooperationen möglich, indem sich die NAK an multilateralen ökumenischen Projekten beteiligt. Denkbar wären auch ökumenische Arbeit an der Bibel sowie Chor- und Jugendbegegnungen. Auf diese Weise könnte Vertrauen wachsen, das formale Mitgliedschaften auf regionaler und Bundesebene vorbereitet. Denn eine gewisse Zurückhaltung gegenüber einer Kirche, die sich jahrzehntelang für die einzige wahre hielt und kein Interesse an den andern zeigte, ist verständlich. Die Erfahrungen mit den orthodoxen Beitritten der 1990er Jahre lassen eine gewisse Probephase ebenfalls angeraten erscheinen. »Unbedenklichkeitsbescheinigung« per Mitgliedschaft ist nicht Aufgabe der ACK.
Im Blick auf Anstellungsfragen stellt sich die ACK selbst ein Bein und hier liegt ein Grund, warum die NAK möglichst rasch beitreten möchte. Die sog. »ACK-Klausel«, die in vielen Landeskirchen die Anstellungsfähigkeit in kirchlichen Einrichtungen regelt, war als Öffnungsklausel intendiert und ist zunehmend zu einer Ausschlussklausel geworden. Teilweise entsteht der Eindruck, dass die ACK-Mitgliedschaft die Rolle einer schwarz-weiß gemusterten Sektenliste übernimmt: In der ACK ist alles prima, wer nicht drin ist, ist verdächtig oder problematisch. Klassisch sind Fälle neuapostolischer Kindergärtnerinnen, die keine Anstellung oder nicht einmal Praktikumsplätze bekommen können, wenn sie das Pech haben, dass in ihrer Gegend kirchliche Kindergärten den Arbeitsmarkt dominieren. Hier wird das anstellungsrechtliche Privileg des Tendenzbetriebs Kirche zusammen mit dem staatlichen Subsidiaritätsprinzip zur Diskriminierung, ja fast zum Berufsverbot. Diese jungen Frauen können schlecht jahrelang warten, bis die NAK in der ACK ist. Es hat schon Fälle gegeben, wo ein Bewerber als Kartenabreißer an der Domkasse wegen seiner NAK-Mitgliedschaft abgelehnt wurde. In anderen Fällen wird unverhohlen eine Arbeitsstelle nach Übertritt zur evangelischen Kirche in Aussicht gestellt.
Hier wäre ein Umdenken der Kirchenleitungen nötig. Natürlich muss im evangelischen Kindergarten »drin sein, was draufsteht«, also soll die neuapostolische Bewerberin von Petrus erzählen, ohne dabei vom Stammapostel zu schwärmen. Aber das gälte für eine katholische (also ACK-)Bewerberin analog ebenso und wäre in beiden Fällen vorab zu klären. Könnten sich die Kirchen dazu durchringen, im Falle der NAK von einer starren Anwendung der ACK-Klausel abzusehen und den Einzelfall zu prüfen, wäre eine Ungerechtigkeit beseitigt und ein gewisser Druck aus dem Drängen der NAK in die ACK genommen. Dann bekäme der Prozess der Annäherung Ruhe und Zeit, in der nach Jahrzehnten der Abgrenzung Vertrauen wachsen könnte.
7. Ausblick
Es gibt Dutzende apostolische Kirchen in Europa, die meisten sehr klein. Davon ist eine, Gastmitglied der ACK Deutschland (Apostelamt Jesu Christi), eine zweite folgt bald (Apostolische Gemeinschaft). Mit der NAK tritt die größte Kirche dieser Konfessionsfamilie an die Ökumene heran. Noch ist ihre Reform jung, auch der Katechismus wird nicht das letzte Wort sein. Es gibt keine Garantie, dass die ökumenische Öffnung immer geradlinig weitergehen wird. In einer so hierarchischen Kirche könnten künftige Personalwechsel manches in Frage stellen. Aber das sicherste Mittel dagegen wäre eine breite ökumenische Einbindung auf verschiedenen Ebenen der Kirche. Schon jetzt lässt sich auch die NAK nicht mehr einfach gegen den Willen des Kirchenvolks leiten. Eine Mitgliedschaft der NAK in der Bundes-ACK wäre ein Gewinn für beide Seiten.
Literatur
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Fleischmann-Bisten, Walter: Von der Sondergemeinschaft zur Freikirche. Der Weg der Siebenten-Tags-Advenstisten als Vorbild für die Neuapostolische Kirche, in: Funkschmidt, Kai (ed.): Bewahrung und Erneuerung, EZW-Texte 228, a.a.O., 111-126
Fragen und Antworten über den neuapostolischen Glauben, Frankfurt a.M. 1992
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Funkschmidt, Kai (ed.): Bewahrung und Erneuerung. Ökumenische Analysen zum neuen Katechismus der Neuapostolischen Kirche, EZW-Texte 228, Berlin 2013
Funkschmidt, Kai: Vom neuen Katechismus der Neuapostolischen Kirche zur Praxis, MDKI 64 (2013), 57-59
Handbuch Religiöse Gemeinschaften und Weltanschauungen, Hans Krech/Matthias Kleiminiger (edd.) im Auftrag der Kirchenleitung der VELKD, Gütersloh 20066, 347-67
Hempelmann, Reinhard (ed.): Die Neuapostolische Kirche und die Ökumene, EZW-Texte 214, Berlin 2011
Katechismus der Neuapostolischen Kirche, Frankfurt a.M. 2012 [KatNAK]
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Kick, Annette: Bibelhermeneutik, Christologie und neuapostolisches Glaubensleben im neuen Katechismus der NAK, in: Funkschmidt, Kai (ed): Bewahrung und Erneuerung, EZW-Texte 228, a.a.O., 46-63
Lamprecht, Harald: Ökumenefähig. Die Neuapostolische Kirche nach dem Katechismus, in: Confessio. Informationen über Weltanschauungen und Ökumene, 2013, 8-15
Lenski, Daniel: Über das Diesseits hinaus. Entschlafenenwesen und Endzeitvorstellungen im neuen Neuapostolischen Katechismus, MDKI 64 (2013), 52-55
Münch, Peter: »... für die gesamte Kirche Christi gegeben ...« Tauftheologie und Kirchenverständnis der Neuapostolischen Kirche in Geschichte und Gegenwart, MDKI 64 (2013), 47-52
Neumann, Burkhard: Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen und Neuapostolische Kirche im Dialog. Ein Bericht von den Gesprächen zwischen ACK, EZW und NAK, in: Funkschmidt Kai (ed.): Bewahrung und Erneuerung, EZW-Texte 228, a.a.O. 9-16
Obst, Helmut: Apostel und Propheten der Neuzeit. Gründer christlicher Religionsgemeinschaften des 19. und 20. Jahrhunderts, Göttingen 2000
Obst, Helmut: Zur Ökumenefähigkeit der Neuapostolischen Kirche, MDKI 64 (2013), 41f
Ranke, Stephan: Die NAK Memmingen als Gastmitglied der ACK. Impressionen einer Zusammenarbeit, in: Hempelmann, Reinhard (ed.): Die Neuapostolische Kirche und die Ökumene, EZW-Texte 214, a.a.O., 40-42
Anmerkungen:
1 Zur Geschichte cf. Obst: Apostel und Propheten.
2 Daraus entsteht u.a. die im Rheinland konzentrierte Apostolische Gemeinschaft (www.apostolisch.de). Die Beziehungen zur NAK sind bis heute aufgrund der oft schmerzhaften Vorgeschichte gespannt.
3 Das Vorläuferwerk des jetzigen Katechismus schrieb über die Kirchengeschichte vor Entstehung der NAK: »[M]an [...] versuchte, die fehlende Kraft des Heiligen Geistes durch eifriges Studium der überlieferten Schriften zu ersetzen.« (Fragen und Antworten 1992, Frage 152)
4 Zur Problematik des Sektenbegriffs R. Hempelmann: Kompakt-Info Was ist eine Sekte?, Berlin 2013, online: http://www.ekd.de/ezw/dateien/ EZW_ Kompaktinfos_Sekte_03_2013.pdf.
5 Obst: Apostel und Propheten, 21-142.
6 Schon der Name »Katechismus« ist ein ökumenischer Schritt. Der Begriff war zuvor abgelehnt worden, weil man damit die großen Kirchen und ihre geistestote Wort-Theologie verband.
7 Ansprache online: www.blickpunkt-nak.de/
Dokumente/Informationsabend%20240106.pdf (3.7.2013).
8 Allerdings begründet die Taufe nur »ein erstes Näherungsverhältnis zu Gott«. Eingliederung in die Brautgemeinde (die NAK), die sakramentale Gabe des Geistes und die »Gotteskindschaft« erhält man erst mit dem Folgesakrament der »Versiegelung«, die nur ein Apostel der NAK spenden kann.
9 Cf. Ranke: Die NAK Memmingen als Gastmitglied.
10 Im Internet auf der Homepage der ACK Baden-Württemberg www.ack-bw.de erhältlich.
11 Organisiert wurden diese Tagungen von der Evang. Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), der EZW Berlin und dem KI Bensheim. Überblick der Gespräche bis 2011 bei Hempelmann: EZW-Texte 214.
12 Außerdem bestand immer die Frage, ob das, was die NAK hier nach außen vortrug, auch künftig nach innen gelten würde. Hier begleiteten Zwischenrufe von NAK-Kritikern die Gespräche. Oft waren dies sog »Aussteiger«. Sie warnten die ökumenischen Gesprächspartner, man habe es mit einer nur angeblichen Öffnung zu tun, die auf öffentliche Anerkennung und ACK-Mitgliedschaft ziele, derweil die Kirche innerlich unreformiert und strikt exklusiv bleibe. Cf. z.B. www.nak-aussteiger.de. Übrigens signalisiert schon das Wort eine polemische Abwertung der NAK. »Aussteigen« kann man aus der Neonazi-Szene, aus der Mafia und aus »Sekten«. Aus der evangelischen oder katholischen Kirche hingegen wird »ausgetreten«, nicht ausgestiegen.
13 Beteiligt war daran mit Reinhold Kiefer der theologische Berater des Stammapostels, ein Neuapostolischer, der evangelische Theologie studiert hat. Man stelle sich vor, Ökumene ginge so weit, dass der theologische Referent eines evangelischen Bischofs katholischer Theologe sein könnte.
14 Cf. Kick: Bibelhermeneutik.
15 Neumann: ACK und NAK im Dialog.
16 Fragen und Antworten 1992, 167.
17 Das Kapitel zur Kirche wurde sogar schon 2010 in der Mitgliederzeitschrift vorab veröffentlicht. Dies führte wegen der noch immer nicht völlig beseitigten Exklusivität zu einer Protestkampagne, an der sich auch eine Reihe Amtsträger beteiligten. Eine solche Basisrevolte war ein bis dahin unerhörter Vorgang in der NAK.
18 Ausführlicher Lenski: Über das Diesseits.
19 Ökumenisch klärungsbedürftig ist allerdings die vereinzelt berichtete Praxis von Entschlafenengottesdiensten, bei denen man sich auf konkrete Menschengruppen bezieht, z.B. die Opfer von Großunglücken. Sollen hier gestorbene Christen anderer Kirchen postmortal zur NAK geholt werden?
20 Auch Überlegungen der Afrikanischen Theologie zum Verhältnis von Ahnenverehrung und Christentum (John Mbiti, John S. Pobee) können helfen, das Phänomen theologisch zu verstehen.
Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 3/2014
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