2025 findet der nächste Evangelische Kirchbautag statt. In einer Kaskade kurzer thematischer Beiträge bereiten verschiedene Autorinnen und Autoren auf dieses Ereignis vor, dessen Bedeutung im Kontext zurückgehender kirchlicher Finanzen und unterschiedlichster kirchlicher Immobilienstrategien nicht unterschätzt werden sollte.
Es käme auf einen Versuch an
Selten habe ich so viele Versuche gebraucht, um einen Beitrag zu schreiben. Was sollte ein Kunsthistoriker und katholischer Laien-Theologe Pfarrerinnen und Pfarrern mitteilen, wenn es um krisenbedingtes Handeln geht? „Der kennt unsere Probleme nicht!“ werden einige konstatieren. Nein, das stimmt. Doch im Bereich Kirchenbau hätte ich diese gerne …
… zumindest in Ruhe betrachtet.
Wir haben als institutionelle Kirchen eine Krise – schon sehr lange. Diese Situation belastet und trennt uns Christen immer mehr. Wir wollen den eigenen Bestand wahren und wissen, dass es falsch ist – und können doch nicht anders. So ist das Leben: Also kommen wir darüber hinweg! Wir haben Schätze. Das sind zuallererst die Menschen, ob drinnen oder draußen. Ebenso sind es unsere Erfahrungen über Jahrhunderte, unser christliches Handeln – und es sind unsere Gotteshäuser.
Kirchbau-Ökumene
Wir evangelischen und katholischen Christen sind nicht nur Leidensgenossen. Wir sind Weggefährten. Wir sollten Verbündete und manchmal sogar Mittäter sein. Das wäre praktische Ökumene ohne hochtheologische Debatten. In Berlin und Brandenburg sind gerade noch 20% der Bevölkerung konfessionell gebunden. Mehrheit sieht anders aus.
Ebenso teilen wir die Last der Kirchenbauten. Manchmal ergänzen sich sogar unsere Immobilienportfolios! Dort gibt es einen Überhang im Ländlichen, hier einen in der Stadt – vielleicht könnte das Gegenüber helfen, nutzen, beleben? Mit den zehntausenden Sakralbauten deutschlandweit gibt es eine Vielfalt an Anders-Orten für alle Mitmenschen. Die interessieren sich nicht für die Institution dahinter, durchaus aber für die Vielfalt ihrer Kirchengebäude. Diese sollten wir nicht leichtfertig hergeben – denn weg ist weg. Es ist keine „home sweet home“-Situation mehr.
Sakralräume sind keine Wohnzimmer
Die „Verwohnzimmerung“ unserer Kirchen sollten wir beenden. Vor allem das Verständnis, die Kirchenräume gehörten Kirchensteuerzahlern oder Getauften. Außerdem müssen wir die Orte, in denen wir Gott feiern, attraktiv halten – weniger Hartlaubgewächs und mehr ästhetische Reflexion.
Meiner Erfahrung nach haben sich viele Geistliche nicht ausreichend mit dem Raum beschäftigt, in dem sie arbeiten. Viele Gläubige tun dies ebenso wenig. „Teilhabe kann nie nur im Gebrauchen bestehen, sie muss immer mit Verantwortungsübernahme verbunden sein.“ (J.H. Claussen, Das „Kirchenmanifest“ und seine Folgen, DPfBl 10/2024). Es geht um mehr als Geld. Sicherlich finden wir verantwortliche Menschen. Dafür müssen wir aktiv suchen – jedes Mal von Neuem. Was gestern nicht funktionierte, geht womöglich heute.
Ehrlich machen
Oft sind die Gremien überfordert. So viel Kompetenz, wie nötig ist, um nachhaltig kluge Entscheidungen zu treffen, können sie nicht haben. Also könnte es helfen, erreichbare Expertise anzufragen. Ein runder Tisch mit den Nachbargemeinden und -konfessionen. Die Möglichkeit für Menschen im Umfeld, sich früh zu beteiligen. Wer etwas beizutragen hat, kann mitdenken. Denn jede Kirche ist ein Einzelfall. Eine Generallösung gibt es nicht. Niemand nimmt dem Eigentümer die Verantwortung ab. Doch nach maßgeschneiderten Lösungen können viele suchen – das entlastet. Denn wer mitgedacht hat, der macht vielleicht auch mit. Das wollen wir doch, oder: Teilhabe?! Wenn jemand den Kirchenschlüssel hat, der kein Mitglied ist, ist es kein Verlust – es ist ein Zugewinn. Dann sind endlich die Schwellen tief genug, um mit einzusteigen.
Das funktioniert nicht, sagen Sie? Wann haben Sie es ernsthaft und konsequent das letzte Mal probiert? Sie wissen doch: Alles ist am Anfang schwer … und viel zu tun haben wir alle.
Überschreiten wir gemeinsam die Grenzen
Über Glauben lässt sich trefflich streiten. Überzeugende Christen zu sein, fordert vor theologischer Auslegungsdebatte zunächst, ein starkes Vorbild zu sein. Dazu zählt für mich, auch Gotteshäuser wieder regelmäßig als Kirchen zu nutzen. Kennen Sie Sakralbauten, die nicht mal mehr sonntags regelmäßig Gottesdienst erleben? – Sicher tun Sie das.
Einfach ausprobieren: Wunschmusikandacht mit Leuten vor Ort, laut nachdenken über das Tagesevangelium, Offene Kirche – die höheren Verluste entstehen übrigens durch Einbrüche – Segnung für Spielzeug oder ein passendes Angebot für Kinder (bitte kurz). Das funktioniert alles außerhalb der Theologenherrlichkeit. Vielen evangelikalen und charismatischen Strömungen überlassen wir dieses Feld seit Jahren. Es wäre konsequent gelebtes „Priestertum aller Gläubigen“‘?!
Zum Schluss
Kirchen zu schließen, ist die letzte Option. Diese sollte gewissenhaft getroffen werden! Menschen brauchen Rituale. Wir haben passende Räume und kompetente Menschen. Wer für eine nachgebaute Kirche hohe Miete zahlt, gibt auch der Dorfkirche eine Spende. Und für die persönliche und nicht missionierende Ansprache und Zeremonie vielleicht eine Art Stolgebühr. Kurzum: Kirchbau-Ökumene? Ja! Wir haben es nur noch nicht probiert.
♦ Möchten Sie weiterdiskutieren? Der Kirchbautag vom 11. bis 13. September 2025 in Berlin wird eine gute Übung dafür. Hier wollen wir es mit Ihnen gemeinsam tun. Wenn Sie schon vorher Bedarf haben:
[email protected].
Nähere Informationen unter: www.kirchbautag.de
▬ Konstantin Manthey
Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 1/2025