Wie kann die exegetische Arbeit mit dem Perikopentext des Sonntags die Predigt perspektivenreich anregen und die Predigthörerinnen und -hörer in den Vorgang der Texterschließung mit hineinnehmen und erreichen? Wie kann die Predigtaufgabe aus der Arbeit mit dem Text heraus dem Pfarrer und der Pfarrerin eine freudvolle Aufgabe sein? Wie kann die Exegese so in die Predigt kommen, dass der Text von Gott und dem Menschen vor Gott in unsere Zeit hinein wirkungsvoll sprechen kann? Diesen Fragen dient das Online-Projekt „Exegese für die Predigt“, das am 1. Advent 2023 startet und das Eve-Marie Becker hier vorstellt.*
Wie kann die exegetische Arbeit mit dem Perikopentext des Sonntags die Predigt perspektivenreich anregen und die Predigthörerinnen und -hörer in den Vorgang der Texterschließung mit hineinnehmen und erreichen? Wie kann die Predigtaufgabe aus der Arbeit mit dem Text heraus dem Pfarrer und der Pfarrerin eine freudvolle Aufgabe sein? Wie kann die Exegese so in die Predigt kommen, dass der Text von Gott und dem Menschen vor Gott in unsere Zeit hinein wirkungsvoll sprechen kann? Diesen Fragen dient das Online-Projekt „Exegese für die Predigt“, das am 1. Advent 2023 startet und das Eve-Marie Becker hier vorstellt.
1. Die Bibel als unerschöpfliche Ressource
Die christliche Bibel, bestehend aus den kanonischen Schriftensammlungen des Alten und Neuen Testaments,1 ist ein reicher Fundus an überlieferter Gotteserfahrung und vielfältig gestaltetem Wissen über den Menschen und seine Lebenswelten. Dass die biblischen Texte Gegenstand der gottesdienstlichen Predigt an Sonn- und Feiertagen sind, gibt der christlichen Gemeinschaft im 21. Jh. Wurzeln, die bis zu 3000 Jahre tief sind. Solche Wurzeln haben manchem Sturm und vielen Dürreperioden getrotzt und die Gottesglaubenden durch die Zeiten hindurch verlässlich mit Energie versorgt. So können wir mit den Tora-Erzählern der fünf Bücher Mose in die frühesten Glaubenserfahrungen Israels mit hineingenommen werden und mit den Psalmen und ihren Dichtern Gott loben und ihm unsere individuellen oder kollektiven Klagen vortragen; wir werden mit den Propheten und ihren Zukunftsbildern in den Raum der Hoffnung und der Heilserwartung hineingestellt; wir lernen mit den Evangelien, wer und wie Jesus von Nazareth war und auf welch einzigartige Weise er mit seinem Leben und Sterben Gottesnähe hergestellt hat; wir können zusammen mit Paulus erfahren, wie Gott das Leid und den Tod in Auferstehung und neues Leben verwandelt und die Hoffnung auf ewige Gemeinschaft miteinander (1. Thess. 4,17) begründet hat.
Elementar menschliche Erfahrungen mit biblischen Texten
In und aus den biblischen Texten sprechen unzählige Menschen mit unterschiedlichen Sprachen und Stimmen. Sie schreiben in und aus ihrer Heimat, auf Reisen, als Gäste oder Besucher von Freunden oder in der Fremde und aus dem Exil. Sie schreiben über die Gotteserfahrungen einzelner und ihrer Gemeinschaften. Nur die wenigsten der biblischen Verfasser sind uns namentlich und biographisch näher bekannt. Bis auf Paulus und den Apokalyptiker Johannes sind die ntl. Autoren anonym oder pseudepigraph tätig. Ihnen ist gemeinsam, dass sie als Menschen über Gott und Christus sprechen. Lediglich an manchen Stellen ergreift Gott selbst – mit Hilfe menschlicher Stimmen und schriftlicher Zeichen – das Wort: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“ (Mk. 1,11), „Das ist mein lieber Sohn, auf den sollt ihr hören“ (Mk. 9,7) oder: „Siehe, ich mache alles neu“ (Apk. 21,5)2 sind solche Worte göttlicher Präsenz und Macht. Ob in Gestalt von Menschen- oder Gottesworten: kaum kommen wir der Ansage von Gottes Nähe, Gottes Heil, Gottes Willen und Gottes Liebe so nahe wie beim Lesen und Hören des biblischen Textfundus.
Als Christin, die mit den biblischen Texten seit der Kindheit eng verbunden ist, mache ich immer noch die Erfahrung, dass biblische Worte selbst dort gelesen und ausgesprochen werden können, wo wir existenziell an die Grenzen des Lebens und unserer Hoffnung geführt werden. Ps. 146, als Eingangspsalm im Gottesdienst zusammen mit der Epistel aus Röm. 8 (V. 14-17) gelesen und im Lichte des Evangelien- und Predigttextes aus Lk. 17 (V. 11-19) verstanden, eröffnet in der langen Trinitatiszeit Perspektiven von Hoffnung auf göttliches Handeln, die aus Dankbarkeit erwächst, „wechselseitige Interaktionen möglich“ macht3 und über gegenwärtig drängende welt- und gesellschaftspolitische Sorgen und Bedrängnisse hinausführen kann. Es gibt keine menschliche Grunderfahrung, die nicht schon die Patriarchen und Matriarchinnen Israels, die Psalmbeter und Propheten, die Akteure und Heilsuchenden in den Evangelien oder die Apostel so wie Paulus geteilt hätten. Der Erfahrungsschatz der Bibel ist umfassend und – wie die Heilung der zehn Aussätzigen zeigt (Lk. 17,11-19) – auf den ganzen Menschen bezogen.
Als evangelische Theologin, die aus den biblischen Texten heraus „Gott zu denken“ sucht,4 und zwar insbesondere in Zeiten, in denen die Verhältnisbestimmung von „Gott“ und „Denken“ in der Theologie neue Fragen aufwirft,5 kann ich in der biblischen Bibliothek eine schier unbegrenzte sprachliche Breite und konzeptionelle Vielfalt von Möglichkeiten, von, über und mit Gott zu sprechen, entdecken. Leid und Freude, Krankheit, Schmerz und Heilung, Tod und Geburt, Leib und Geist, Krieg und Frieden, Feindschaft und Freundschaft, Zerstörung und Neuschöpfung sind die universalen wie anthropologischen Konstanten, in denen sich Gotteserfahrung ereignet. Das Volumen an Begriffen, Bildern und Vorstellungen von Gott und Christus, das die biblischen Verfasser uns vor Augen stellen, ist unerschöpflich hoch. Zugleich überschreiten die biblischen Texte die Ebenen, auf denen über Gott nachzudenken ist: Sie kommen aus der religiösen Alltagspraxis und bewegen sich immer auch auf der „Ebene der theologischen Reflexion“.6
Unverbrauchtes hermeneutisches Potential
Als Exegetin, die tagtäglich vor allem mit den ntl. Texten arbeitet, habe ich gelernt, dass die biblischen Texte nie ausgeforscht sind – das gilt sogar für jene Autoren und Schriften, mit denen ich schwerpunktmäßig befasst bin. In den Paulusbriefen oder in den Evangelien wirkt eine schlichte und zugleich höchst anspruchsvolle Denk- und Aussagekraft, deren hermeneutisches Potential sich nicht verbraucht und deren theologischer und ethischer Anspruch enorm ist. Die Deutung des Menschen und seiner Lebenswelt im Horizont des Evangeliums, die die ntl. Schriften vornehmen, scheint mir glaubwürdig, d.h. wahr und erfrischend. Sie ist aber auch fordernd und unbequem. Ich muss mich fragen lassen, ob die ethischen Forderungen der Bergpredigt (Mt. 5-7) nicht zu hoch sind und ob ich entsprechend dem Liebesgebot, das Jesus (Mk. 12,28-34), Paulus (1. Kor. 13; Röm. 13,8-10) und die johanneischen Schriften (Joh. 15,9-17; 1. Joh. 4,7-21) mit je unterschiedlicher Akzentuierung einfordern, leben kann. So liegt im Erfahrungsschatz der Texte der hohe ethische Anspruch eines gemeinsamen Lebens7 von Christusglaubenden in Demut und Liebe (Phil. 2,1-5).8
Das hermeneutische Potential der biblischen Texte wird in jener Spannung von Gotteserfahrung und Lebensdeutungsanspruch generiert. Die Exegese leistet zunächst Texterklärung. Mit der Wahrnehmung der Sprache und ihrer Begrifflichkeiten, mit der Analyse von Syntax, Rhetorik und Stil, kontextueller Einbindung und argumentativer oder narrativer Gestaltung und pragmatischer Funktion entfaltet der Text sukzessiv sein spezifisches Bedeutungspotential. Es lässt sich anschließend wie folgt erheben: Worin liegt die Bedeutung dieses Textabschnittes – im Kontext der Gesamtschrift und ihrer Theologie und in Unterscheidung von anderen Texten und Schriften?
Produktive Exegese
Biblische Texte sind schlummernde Ressourcen für menschliche Glaubenserfahrungen und theologische Denkansätze. Produktive Exegese kann diese Ressourcen schrittweise erschließen. Der Zuschnitt eines Textes zu einer „Perikope“,9 die oftmals einen verstümmelten Textumfang abbildet, fordert dessen sorgsame Einbettung in seine literarischen und historischen Kontexte. Die Exegese will also dazu verhelfen, den Text (und seinen Autor) vollumfänglich sprechen und zu Wort kommen zu lassen.
„Exegese für die Predigt“ zielt auf die Unterstützung der am Perikopentext orientierten Predigtvorbereitung und sieht sich folgenden Leitfragen verpflichtet: Wie kann die Exegese das Bedeutungspotential biblischer Texte im kirchlichen Handeln – d.h. im Rahmen von Predigt und Seelsorge10 – von Sonntag zu Sonntag fachgerecht zu heben und noch unter der Woche beständig zu Tage fördern helfen? Wie lassen sich die biblischen Texte mit Hilfe exegetischer Arbeit als Ressourcen für christliches Denken und Leben nutzen?
Ein erster Schritt dazu, den „Exegese für die Predigt“ eröffnet, betrifft die eigene Beschäftigung mit dem biblischen Text: Wie kann die exegetische Arbeit mit dem Perikopentext des Sonntages die Predigt perspektivenreich anregen und die Predigthörerinnen und Predigthörer in den Vorgang der Texterschließung mit hineinnehmen und interessiert erreichen? Wie kann die Predigtaufgabe aus der Arbeit mit dem Text heraus dem Pfarrer und der Pfarrerin eine freudvolle Aufgabe sein, die die Verkündigung der Gottesnähe in Christus zu einer vornehmen, herausfordernden, verantwortungsvollen, aber auch beglückenden Pflicht werden lässt? Kurzum: Wie kann die Exegese so in die Predigt kommen, dass der Text von Gott und dem Menschen vor Gott in unsere Zeit hinein wirkungsvoll sprechen kann?
2. Von der Idee zum Projekt: „Exegese für die Predigt“ (EfP)
Als sich im Januar 2020 eine erste Projektgruppe, bestehend aus Neutestamentlern und Praktischen Theologen,11 in Münster zu einem Workshop traf, suchten wir Wege, wie wir aus unserer Freude am Text heraus eine Serviceleistung für diejenigen, die im Predigtdienst stehen, entwickeln könnten: Es entstand das Angebot eines digitalen Kommentars für die Predigtarbeit, der die verschiedenen Predigthilfen12 exegetisch ergänzen kann. Unsere leitende Motivation war und ist die folgende: Wie können wir die zu predigenden Texte in einem digitalen Angebotsformat fachexegetisch so aufbereiten, dass sie die Arbeit des Predigers und der Predigerin mit dem Perikopentext in der Predigtvorbereitung fördern? Wie lassen sich die Perikopentexte, die mitunter wie fremde Gäste zu uns zu Besuch kommen, als theologische und ethische Ressourcen entdecken, die die Verkündigung und den Gottesdienst beleben und das Reden über Gott in Kirche und Gesellschaft sowie das christliche Glauben, Hoffen, Lieben dynamisieren?
Unsere Projektidee fällt in eine Zeit, in der nicht nur die homiletische Aufgabe von vielen Seiten her beleuchtet, bedacht und neu vermessen worden ist,13 sondern auch vermehrt die Einsicht gewachsen ist, dass das Verhältnis von Exegese und Homiletik zu überdenken sei.14 Wenn es denn die Bibel und ihre Auslegung – das Grundmerkmal evangelischer Identität schlechthin – weiterhin braucht: Wie können wir als Exegeten und Praktische Theologen dazu beitragen, dass an den Universitäten Exegese und Homiletik einander wahrnehmen und fördern und universitäre Theologie die Verbindung mit der kirchlichen Arbeit auf der Kanzel sucht?
Die Sorge, dem Predigttext exegetisch nicht gewachsen zu sein
Zahlreiche Erfahrungen und Rückmeldungen aus der universitären wie aus der kirchlichen Praxis zeigen, dass oftmals eine unausgesprochene Problemstellung die pastorale Lust an der detaillierten Beschäftigung mit dem biblischen Text hemmt: die Sorge, dem Text exegetisch nicht gewachsen zu sein. Denn wer dem biblischen Text eine relevante Botschaft zutrauen will, muss auch sich selbst und seiner Arbeit mit dem Text trauen können. Mancher/manche mag sich hier selbstkritisch fragen: Genügt meine exegetische Expertise als Handwerkszeug zur eigenständigen Arbeit mit dem Perikopentext, und ist diese Expertise noch up-to-date? Woher kann das exegetische Wissen über einen Text kommen, wenn Studium und Examen viele Jahre zurückliegen und die bibelwissenschaftlichen Forschungsdiskurse weit entrückt scheinen? Wie kann meine exegetische Kompetenz aufgabenorientiert und arbeitsökonomisch realistisch auch dann unterstützt werden, wenn mir die Zeit fehlt, verschiedene einschlägige Kommentare zur Predigtvorbereitung ausgiebig zu lesen und zu konsultieren? Hier setzt „Exegese für die Predigt“ mit einem kompakten Digitalangebot an.
Die exegetische Expertise, die es zur Erklärung des Perikopentextes und zur Arbeit daran braucht, ist weder Geheim- noch Spezialwissen bibelwissenschaftlicher Forschung, sondern sie soll – auf dem möglichst neuesten Forschungs- und Erkenntnisstand – allen Pfarrern und Pfarrerinnen komprimiert zugänglich gemacht werden.15 „Exegese für die Predigt“ wurde – seit dem Initialworkshop in Münster – bewusst zu einem allgemein zugänglichen digitalen Projekt entwickelt, das auf den Seiten der Deutschen Bibelgesellschaft (www.bibelwissenschaft.de) genau diese Serviceleistung für alle zu predigenden Texte des Kirchenjahres der neuen Perikopenordnung, die im Advent 2018 in Kraft getreten ist,16 bereitstellen soll.
Ein digitaler Kommentar und seine Leistungen
Der „digitale Kommentar“ leistet dabei dreierlei:17 Er führt erstens einleitungswissenschaftlich in die jeweilige atl. oder ntl. Schrift, aus der der Perikopentext entnommen ist, ein und weist dabei auf aktuelle Forschungsfragen hin, die für das übergreifende theologische Textverständnis und damit auch für die Predigtvorbereitung relevant sind.
Er bietet zweitens in einem sog. A-Teil eine „Exegese kompakt“, die mit originalsprachlichem Text und eigener Übersetzung sowie praktischen Hilfen zur Textübersetzung beginnt, Beobachtungen zur literarischen Textgestalt und dem Verfasser anstellt, den Perikopentext historisch einordnet, Schwerpunkte der Interpretation bezeichnet und eine theologische Perspektivierung für die Predigt eröffnet.
EfP schließt drittens in einem B-Teil „praktisch-theologische Resonanzen“ an, die vielfältige Anregungen dazu geben, wie die Ergebnisse der exegetischen Arbeit in die Predigtgestaltung so einfließen können, dass die exegetischen Erträge fokussiert, aktualisiert und im Kirchenjahr kontextualisiert werden können.
Die A-Teile werden von atl. und ntl. Exegetinnen und Exegeten verfasst, die mit der jeweiligen Schrift – teils durch eigene Kommentararbeit – bestens vertraut sind. Für die B-Teile konnten wir zahlreiche Praktische Theologinnen und Theologen und/oder Pfarrerinnen und Pfarrer gewinnen,18 die die Freude am direkten Austausch von Homiletik und Exegese teilen. Die Bearbeiter der A- und B-Teile stehen im Arbeitsprozess in engem Austausch miteinander19 – wir bezeichnen sie als „Tandems“ –, so dass nicht nur die Exegese in die homiletische Perspektivierung Eingang findet, sondern auch umgekehrt praktisch-theologische Resonanzen die Exegese zu ihrer ureigenen Aufgabe drängen: den Perikopentext produktiv zu erklären, um Hilfestellung dazu zu geben, wie er in seinem Bedeutungspotential im Blick auf die Verkündigungspraxis zu erschließen sei.
Probelauf und Projektstart
Zwischen dem Workshop 2020 und dem geplanten Online-Start von „EfP“ zum 1. Advent 2023 lagen und liegen zahlreiche Projekt- und Redaktionstreffen, bei denen wir zunächst im Rahmen einer sukzessiv erweiterten Projektgruppe20 und in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Bibelgesellschaft21 das digitale Format und die Templates,22 in denen die Exegese und die homiletischen Resonanzen aufbereitet werden, gemeinsam entwickelt und in zwei Erprobungsphasen (November 2021 und März/April 2022) mit insgesamt mehr als 280 Probandinnen und Probanden getestet haben. Zusätzlich angebotene Webinare haben die Möglichkeit zum Austausch über ausgewählte Probeartikel gegeben.
Die EfP-Seite wurde allein im Testzeitraum knapp 2.500mal aufgerufen – das Spektrum der User und Userinnen war geographisch und konfessionell breit.23 Es waren darunter User aus nahezu allen Landeskirchen – und über die Gliedkirchen der EKD hinaus – zu verzeichnen. Mit Hinweis auf die breite Wirkung des Digitalformates hatten wir in der Projekteingangsphase bei der EKD und den Landeskirchen um finanzielle Förderung des Projekts gebeten – dieser Förderungsanfrage sind bisher viele, wenn auch nicht alle angeschriebenen Kirchen nachgekommen.24
In einer schriftlichen Feedbackschleife, an der sich wiederum etwa 30% der Probandinnen und Probanden beteiligt haben, sind folgende Zahlen besonders aufschlussreich: 88% der Probandinnen und Probanden haben angegeben, dass EfP ihr Textverständnis vertieft habe, 73% gaben an, EfP habe ihre predigtvorbereitende Arbeit vereinfacht. Für 66% der Probandinnen und Probanden bedeutete EfP schlichtweg „mehr Spaß“ bei der Predigtvorbereitung.
Zum Projektstart im Advent 2023 sind die Seiten der Deutschen Bibelgesellschaft unter www.bibelwissenschaft.de neu aufgestellt und ermöglichen zahlreiche Verlinkungen von EfP mit WiBiLex, Online-Bibeln und vielen anderen digitalen Tools. Anschlussprojekte, die etwa die Wirkung von EfP auf die praktische Predigtvorbereitung auswerten, sind in Planung. Auch wird es im Veröffentlichungszeitraum von EfP (Advent 2023 bis Ende des Kirchenjahres 2028/2029) ein zusätzliches Angebot an Webinaren mit ausgewählten A- und B-Bearbeitern geben, das jeweils dann auf der Seite der Deutschen Bibelgesellschaft frühzeitig annonciert wird.
3. Vier Anregungen für die „ideale“ EfP-Userschaft
Abschließend einige Vorschläge und Anregungen zur praktischen Nutzung von EfP vom 1. Advent 2023 an:
1. Rufen Sie die EfP-Seite zur Predigtvorbereitung für den jeweiligen Sonn- oder Feiertag in Ihrem eigenen Arbeitsrhythmus auf – es bieten sich ca. sieben Tage vorher an.25
2. Folgen Sie dem Template der A- und B-Teile, um im Arbeitsablauf mit der Übersetzung des Textes zu beginnen, d.h. in dessen originäre Sprach- und Gedankenwelt eintauchen zu können.
3. Nutzen Sie das vielfältige Verlinkungsangebot, das Ihnen vor allem in den A-Teilen (und in den Einführungen in die jeweiligen Schriften) gemacht wird.
4. Bleiben Sie – trotzdem – auf der „Spur“ Ihres jeweiligen Perikopentextes: Welche exegetischen Einsichten helfen Ihnen bei der Texterklärung und regen neues Textverstehen an? Wie erschließt sich – im Zusammenspiel von Exegese kompakt und praktisch-theologischen Resonanzen – das Bedeutungspotential des Perikopentextes? Wie wird Ihnen und Ihren Predigthörern und -hörerinnen der Text zu einer Ressource für gelebte Glaubenserfahrungen und theologische Denkhilfen?
Melden Sie gerne Ihre Erfahrungen und weitere Anregungen an uns zurück.26 Wir wünschen Ihnen viel Freude mit EfP und an Ihrer Predigtaufgabe!
Anmerkungen
* Zur ausführlichen Projektbeschreibung auf den Seiten der Deutschen Bibelgesellschaft: https://www.bibelwissenschaft.de/efp/
1 Zur Übersicht über die Entstehung der Bibel und ihrer einzelnen Schriftenteile: K. Schmid/J. Schröter, Die Entstehung der Bibel. Von den ersten Texten zu den heiligen Schriften (München: C.H. Beck, 2019).
2 Zur Bedeutung der Johannesoffenbarung für die Predigt vgl. zuletzt auch den instruktiven Beitrag von M. Heymel, in: DPfBl 8 (2023).
3 So A. Chaniotis zu Dankbarkeit als Emotion, in: ders., Emotionen und Fiktionen. Gefühle in Politik, Gesellschaft und Religion der griechischen Antike (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2023), 22.
4 Vgl. dazu D. Sölle, Gott denken (Stuttgart: Kreuz-Verlag, 2009).
5 Vgl. z.B. C. König/B. Nonnenmacher (Hgg.), Gott und Denken. Zeitgenössische und klassische Positionen zu zentralen Fragen ihrer Verhältnisbestimmung. Für Friedrich Hermanni zum 60. Geburtstag (Collegium Metaphysicum 24; Tübingen: Mohr Siebeck, 2020).
6 T. Rentsch, Gott (Grundthemen der Philosophie; Berlin: de Gruyter, 2005), 2.
7 Hier mit Anspielung auf D. Bonhoeffer, Gemeinsames Leben (Theologische Existenz heute 61; München: Chr. Kaiser Verlag, 1939). – Vgl. auch die Ausgabe: ders., Gemeinsames Leben/Das Gebetbuch der Bibel (inkl. Bonhoeffers Einführung in die Psalmen von 1940), in: Dietrich Bonhoeffer Werke Band 5 (hg. v. G.L. Müller/A. Schönherr; Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1987).
8 Vgl. E.-M. Becker, Der Begriff der Demut bei Paulus (Tübingen: Mohr Siebeck, 2015); O. Wischmeyer, Liebe als Agape. Das frühchristliche Konzept und der moderne Diskurs (Tübingen: Mohr Siebeck, 2015).
9 Vgl. O. Wischmeyer, „Vom Nutzen der Perikope. Wege zur homiletischen Textbetrachtung aus neutestamentlich-exegetischer Sicht“, in: Evangelisch predigen. Konturen homiletischer Textbezüge (hg. v. S. Keller/K. Merle; Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2022), 29-43.
10 Zu Paulus als Seelsorger (mit weiteren Lit.-hinweisen) vgl. zuletzt: E.-M. Becker, „Die parousia des Apostels im Warten auf die parousia Christi. Wie Paulus als Seelsorger im 1. Thessalonicherbrief ‚Nähe‘ schafft“, in: ZPTh 43 (2023), 31-42.
11 An diesem Projektgruppentreffen waren – neben meiner eigenen Person – beteiligt (in alphabetischer Reihenfolge): Prof. Dr. Wilfried Engemann (Wien), Schriftführer der Bremischen Kirche Dr. Bernd Kuschnerus (Bremen), Prof. Dr. Peter Müller (Karlsruhe), Prof. Dr. Antje Roggenkamp (Münster), Prof. Dr. Traugott Roser (Münster), Prof. Dr. Thomas Witulski (Bielefeld).
12 Das Angebot an etablierten Predigthilfen und Predigtvorlagen, das teils über Verlage (z.B. „Göttinger Predigtmeditationen“: Vandenhoeck & Ruprecht), teils über homiletische und/oder gottesdienstliche Institute und Landeskirchen bereitgestellt wird, ist bereits groß. EfP sieht seine Aufgabe darin, die Arbeit am und mit dem Perikopentext im Zuge der Predigtvorbereitung vor allem exegetisch zu unterstützen, d.h. wie ein digitales Kommentarformat zu operieren.
13 Vgl. aus der Vielzahl der homiletischen Entwürfe z.B. W. Engemann, Einführung in die Homiletik (Tübingen/Basel: Francke Verlag, 20203).
14 Vgl. z.B. J. Greifenstein (Hg.), Predigt als Bibelauslegung. Praktische Hermeneutik in interdisziplinären Perspektiven (PThGG 37; Tübingen: Mohr Siebeck, 2022); S. Keller/K. Merle (Hgg.), Evangelisch predigen. Konturen homiletischer Textbezüge (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2022). – Vgl. im Blick auf die alttestamentlichen Perikopentexte, die in der neuen Ordnung hinzugekommen sind: A. Deeg/A. Schüle, Die neuen alttestamentlichen Perikopentexte. Exegetische und homiletisch-liturgische Zugänge (Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 20215).
15 EfP richtet sich primär an die Pfarrerschaft, schließt aber auch Prädikantinnen und Prädikanten als User nicht aus. An der Testphase (s.u.) haben sich u.a. auch Diakoninnen und Diakone beteiligt. Insgesamt gilt: Das digitale Kommentarprojekt soll all diejenigen, die Predigten selbst vorbereiten und schreiben, in ihrer Predigtvorbereitung exegetisch fundiert informieren, unterstützen und theologisch anregen.
16 Vgl. z.B. https://www.kirchenjahr-evangelisch.de/perikopenrevision-was-ist-neu.php.
17 S. als Beispiel aus EfP Jak. 4,13-17 (https://www.bibelwissenschaft.de/efp/jakobus/ ) – Predigttext für den Neujahrstag, Jahrgang VI.
18 Die Liste aller Bearbeiterinnen und Bearbeiter wird auf https://www.bibelwissenschaft.de/efp/ eingestellt.
19 Zum Arbeitsablauf, s.: https://www.bibelwissenschaft.de/fileadmin/user_upload/2022-12-13_Arbeitsprozesse_EfP.pdf.
20 Zu der initialen Workshop-Gruppe traten in die Projektgruppe hinzu: Prof. Dr. Uwe Becker (Jena, 2021-2022); Prof. Dr. Hannes Bezzel (Jena); Prof. Dr. Gudrun Guttenberger (Ludwigsburg); Prof. Dr. Susanne Heine (Wien) (2020-2021); Dr. Ann-Kathrin Knittel (Heidelberg); Dr. Peter Meyer (Wittenberg); stud. theol. Tabea Pante (Münster); stud. theol. Jens Prögler (Münster); Pfarrerin Dr. Olivia Rahmsdorf (Mainz/Hochheim); Pfr. Rolf Schlieper (Bremen); Prof. Dr. Oda Wischmeyer (Erlangen); OKR Dr. Johannes Wischmeyer (Hannover).
21 Von Seiten der Deutschen Bibelgesellschaft (Stuttgart) wurde und wird EfP von Dr. Christian Brenner (2020-2021), Maximilian Naujoks und Manuel Stemmler betreut.
22 Unter: https://www.bibelwissenschaft.de/efp/ finden sich im Download-Bereich Hinweise zur Erstellung des „Templates“.
23 Die Gesamtauswertung (inkl. aller Zahlen) liegt bei der Deutschen Bibelgesellschaft.
24 Eine Übersicht über die Kirchen, die EfP bisher finanziell gefördert haben, findet sich ebenfalls unter https://www.bibelwissenschaft.de/efp/
25 Diesen Wert gaben die Mehrzahl der Probandinnen und Probanden (etwa 30%) an. 18% begannen schon zehn Tage vorher, 25% fünf Tage vorher. Der Rest drei Tage bzw. einen Tag vorher.
26 Die Projektleitung liegt im Neutestamentlichen Seminar der Universität Münster. Kontaktieren Sie gerne: efp2022@uni-muenster.de (Pfr. Rolf Schlieper).
Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 11/2023