Ein Bienenchoral aus dem 18. Jahrhundert

Es ist nun schon eine Weile her. Meine Frau und ich machten im norddeutschen Wendland ein paar Tage Ferien. Wie schön die Welt doch vor der eigenen Haustür sein kann! Morgens gingen wir, in Gartow in Elbnähe, in einen Gottesdienst. Und da fanden wir, im Kirchenvorraum, ein paar unübliche Bücher und Büchlein ausgelegt. Darunter ein Bändchen mit „Woltersdorfs Psalmen“. Die fielen mir deswegen in lustiger Weise auf, weil ich in einem Dorf mit dem ähnlich klingenden Namen „Wolmersdorf“ (in Holstein) geboren bin. Also musste Woltersdorf doch etwas für einen Wolmersdorfer sein. Und das Büchlein war nicht einmal teuer. Nachmittags habe ich dann darin geblättert. Die fünf Euro waren gut angelegt. Vor allem fand ich eines: einen ­Bienenchoral“ – 40 Strophen, in denen die Biene als Bild und Vorbild des christlichen Glaubens bedichtet wird:

Wie liebevoll und ordentlich sind doch die muntern Bienen!
Man sieht mit Freuden, wie sie sich einander emsig dienen,
und jede weiß ihr rechtes Amt.
Mein Lamm, so mach uns insgesamt!

Da bin ich ins Schwärmen geraten. Denn die Bienen sind doch ein sehr gegenwärtiges Thema. Wir sind auf sie angewiesen. Wir gefährden sie durch Insektizide. Sie sind ein Bild für Gottes wunderbare Schöpfungsordnung. Als Pastor sucht man ja heutzutage immer nach irgendwelchen „Ideen“. Also, das wäre doch eine „Idee“: ein Bienengottesdienst! Wenn schon ein Pastor aus dem 18. Jh. einen „Bienenchoral“ geschrieben hat! Und der hieß Woltersdorf. Und ich bin ein „Wolmersdorfer“. Also, wenn das kein Hinweis des lieben Gottes ist …

Es gab noch einen zweiten Tipp des lieben Gottes, der zum Gelingen des Bienengottesdienstes beigetragen hat, und der kam aus dem Jahre 2009. In diesem Jahr hat der Sylter Kirchenmusiker Jürgen Borstelmann seine Tierliedervariationen für Orgel (wahlweise Klavier) herausgebracht. Und da finden sich auch die Orgel-Variationen zum Thema „Summ, summ, summ, Bienchen, summ herum“. Die Satzbezeichnungen lauten: „Fleißiges Bienchen“, „Müdes Bienchen“, „Bienenkönigin“, „Der Bienenschwarm“. Das Stück ist, wie mir Fachleute sagten, für nebenamtliche Organisten nicht ganz leicht zu spielen. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, einen Hauptamtlichen zu bitten, sich mit dem Stück zu befassen. Die Wirkung ist einfach „entzückend“.

Und auch insgesamt habe ich schöne Erfahrungen mit mehreren Bienengottesdiensten gemacht, an denen auch mehrmals Imker aus der Region beteiligt waren.

 

Wunderwelt der Bienen

Hier sind einige Elemente aus unserem Aufriss:
Als erster Gemeindechoral stimmt EG 503 auf das Thema ein, natürlich mit der 6. Strophe:

Die unverdrossne Bienenschar
fliegt hin und her, sucht hier und da
ihr edle Honigspeise;
des süßen Weinstocks starker Saft
bringt täglich neue Stärk und Kraft
||: in seinem starken Reise: ||.

Als Lesung haben wir uns an die Schöpfungsgeschichte gehalten: einige Verse aus 1. Mose 1.

Die Predigt stand unter folgendem Leitmotiv – einem alten volkstümlichen Spruch, dessen genaue Herkunft mir nicht bekannt ist: „Willst du Gottes Wunder sehn, musst du zu den Bienen gehn.

Zu diesem Predigtthema „Wunderwelt der Bienen“ habe ich einige wertvolle Anregungen bekommen aus: Kleines Bienensammelsurium (zusammengestellt nach Gay/Menkhoff, Das große Buch der Bienen):
¬ Eine Biene bringt es auf bis zu 240 Flügelschläge pro Sekunde.
¬ Eine Bienenwabe hat etwa 8.000 Zellen. Dabei werden 100 Gramm Wachs verarbeitet; dafür müssen die Bienen 125.000 hauchdünne Wachsplättchen ausscheiden.
¬ Die winzige Samenblase der Königin ist nach der Befruchtung mit 6 Millionen Spermien gefüllt. Man stelle sich die „Größe“ dieser Spermien vor. Und in dieser Winzigkeit ist das Wesen und Leben der kommenden Bienengenerationen enthalten.
¬ Eine Arbeitsbiene hat ein Gewicht von 0,1 Gramm.
¬ Eine Biene bringt es auf eine Lebensleistung von 1 Gramm bis zu 4 Gramm Honig. In einem normalen Glas (500 g) steckt also die Lebensleistung von etwa 150 Bienen.
¬ In einem Bienenstock leben bis zu 60.000 Arbeiterinnen.
¬ Eine Arbeitsbiene wird ungefähr 40 Tage alt. Die ersten zehn Tage arbeitet sie im Stock. Sie reinigt den Stock und ist für die Ernährung der Larven zuständig. Im mittleren Lebensabschnitt bilden sich die Wachsdrüsen aus, und sie stellt die Waben her. Ab dem 20. Tag besucht sie die Blüten und sammelt Nektar und Pollen.

 

Traumwandlerische Ordnung in Gottes Natur

Die Predigt könnte mit einem Gedicht von Hilde Domin schließen. In diesen Versen wird die traumwandlerische Ordnung von Gottes Natur bewegend kurz beschrieben:

Wer wie die Biene wäre,
die die Sonne
auch durch den Wolkenhimmel fühlt,
die den Weg zur Blüte findet
und nie die Richtung verliert,
dem lägen die Felder in ewigem Glanz,
wie kurz er auch lebte, er würde selten weinen.

Diese anspruchsvollen Verse müssen langsam und mindestens zweimal gelesen werden. Wer unter den Gottesdienstbesuchern noch „in der Stimmung ist“, kann von diesen Versen existentiell sehr stark berührt werden. Ja, wer von uns „fühlt die Sonne durch den Wolkenhimmel hindurch“? Und ist nicht der innerste Wunsch unseres Herzens: Gewissheit zu haben trotz Ängsten, Schmerzen und Tod: „Fürchte dich nicht, glaube nur!“ Darum geht es im Kern doch in jedem Gottesdienst: dass wir auf diesen Weg geführt werden. Dass wir die Sonne durch den Wolkenhimmel hindurch sehen. Es ist jetzt vieles dunkel, aber es wird alles gut! Die Biene hat es da nicht schwer. Sie lebt „traumwandlerisch“ in Gottes Ordnung; heute sagt man stattdessen eher „instinktgemäß“. Aber auf jeden Fall: Die Biene ist an diese Ordnung gebunden, quasi gekettet und gefesselt. Der Mensch kann aus dieser Ordnung herausfallen, und er ist aus dieser Ordnung herausgefallen. Er kann nur sehnsüchtig auf die Biene schauen.

Mich hat all das zu einem Lied nach der Predigt inspiriert (Melodie: Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht):

Das Leben ist, so sagen wir,
sehr oft kein Honigschlecken
und scheint uns oft nach Sauerbier
und bittrem Mus zu schmecken.
Drum tut der Honig doppelt gut,
und sei’s ein kleiner Fingerhut,
ein Tropfen aus den Waben.

Die Biene braucht mit Kraft und Mut
ihr ganzes Bienenleben,
um einen kleinen Fingerhut
voll Honig abzugeben.
Der Imker nimmt für diesen Fleiß
nur einen kleinen Schleuderpreis.

Dankt Gott für seine Gaben!

(Es handelt sich bei diesem Beitrag um eine erheblich überarbeitete Form eines Textes für „Werkstatt Predigt spezial“, Bergmoser und Höller. Den „Bienenchoral“ habe ich gefunden in „Woltersdorfs Psalmen“, St. Johannis 2003. Auf Nachfrage kann ich den Choral komplett per Mail zusenden.)

 

Thomas Schleiff

 

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Der „Bienenchoral“ von Ernst G. Woltersdorf

Ernst G. Woltersdorf lebte von 1725 bis 1761. Er war Pfarrer und Direktor eines Waisenhauses in Schlesien. Der „Bienenchoral“ umfasst insgesamt vierzig Strophen. Davon sind hier einige ausgewählt und geringfügig so umformuliert, dass sie heutigem Geschmack entsprechen. Ich empfehle, diese Strophen im Gottesdienst zu singen (Melodie: „Mir nach, spricht Christus, unser Held“).

Wie liebevoll und ordentlich
sind doch die muntern Bienen!
Man sieht mit Freuden, wie sie sich
einander emsig dienen;

und jede weiß ihr rechtes Amt.
Mein Gott, so mach uns insgesamt.

(Str. 28)

Die Biene fliegt, sie kriechet nicht
wie anderes auf Erden.
O lass mein Herz so leicht und licht,
du süßer Jesu, werden!
So flieg ich durch den Glauben auf,
so hemmt mir nichts den schnellen Lauf.

(Str. 17)

Das Wachs wird fleißig hergestellt
von Bienen für die Waben,

woraus wir dann in dunkler Welt
die hellen Kerzen haben;
die schenken, gleich dem Glauben, Licht,
dass wir im Finstern irren nicht.

(Str. 24)

Ich gebe hier auch einige Beispiele für Strophen, die aus dem Geist der damaligen pietistischen Frömmigkeit stammen, sich aber wohl weniger zum Singen in einem Gottesdienst unserer Zeit eignen:

Nun wär’ ich gern ein Bienelein,
mein Lamm auf deinen Wunden
das sollen meine Rosen sein,
da hab ich Honig funden.

Es soll mein Sitzen, Gehn und Stehn
auf deine heilgen Wunden gehn.

(Str. 8)

Die Biene weiß durch den Geruch
die Blumen aufzuspüren,
so wollest du mein Herz ins Buch
der süßen Bibel führen.
Dein Geist verkläre mir das Wort
und helfe mir im Suchen fort.

(Str. 10)

 

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Wenn Bienen den Menschen predigten …

Liebe Gemeinde, liebe Imker und Imkerinnen, liebe Bienenfreunde …

Falls auch Bienen hier wären, würde ich so fortfahren:

Liebe Bienen! Vorab Eure verehrte Majestät, die Königin!

Weiterhin: Ihr, liebe sozialdemokratische Mehrheit der Arbeitsbienen (von der Reinmachefrau über die Pollenstampferin bis zur Sammelbiene)!

Und schließlich: Ihr, die problematische Minderheit der Drohnen, der Männer, die Ihr nur eines im Sinn habt! Mit Euch wäre doch ein ernstes Wort zu reden: Tut Buße!

 

Nun, wir wissen es: Die Bienen brauche ich nicht anzureden. Wir haben sie zu diesem Gottesdienst nicht eingeladen (aber auch nicht ausgeschlossen) – sie sind ganz einfach nicht hier, mindestens nicht in nennenswerter Anzahl (wer weiß, ob sich nicht in den Blumenstrauß am Altar eine verirrt hat?), sie haben im Augenblick, jetzt im Frühjahr/Sommer etwas anderes (Besseres?) zu tun.

Nein, die Bienen brauchen wir nicht anzureden. Den Bienen braucht man keine Predigt zu halten. Den Bienen müssen wir nicht erzählen, was sie tun sollen, sie tun es unweigerlich sowieso, ganz anders als der Mensch, der immer wieder fragt, der unsicher ist, der nicht schon sowieso weiß, was er glauben darf und tun soll.

Die Bienen, so könnte man sagen, machen immer alles richtig. Sie bauen ihre Waben mit schlafwandlerischer Sicherheit, ein Sechseck nach dem andern. Die Bienen machen keine Fehler.

Warum nicht? Weil sie nicht selbst handeln, nicht selbst berechnen und bauen, nicht selbst ihre Flüge planen … Eine große Vernunft ist da, die denkt für sie, die handelt für sie. Diese große Vernunft kommt von Gott her, dem Schöpfer. Die Biene macht keine Fehler, weil nicht sie selbst handelt, sondern die göttliche Vernunft in ihr. Nur der Mensch macht Fehler. Der Mensch plant und berechnet selbst – und weil er das selbst macht, kann er irren. Gott hat den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen. Er hat ihm, anders als der Biene, ein Selbst gegeben: nun kann er selbst etwas tun – und das heißt, er kann selbst etwas richtig und also auch falsch machen. Er kann selbst die Wahrheit finden – und eben auch irren.

Die Bienen brauchen wir nicht anzureden. Die Bienen brauchen wir auch nicht zu trösten. Die Biene weiß ja nicht, dass sie einmal sterben wird, sie weiß nichts von Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft, sie ist einfach nur da – sie kann nicht weinen und nicht lachen – wir brauchen ihr keinen Mut zuzusprechen, denn sie hat keine Angst; wir brauchen sie nicht zu trösten, denn sie kennt keine Trauer.

Der Biene brauchen wir auch keine Schuld zu vergeben. Die Biene ist weder schuldig noch unschuldig – sie weiß von beidem nichts. Sie ist jenseits, oder genauer: diesseits von Gut und Böse. Gewiss gibt es Vorgänge im „Bienenstaat“, die kann man als ausgesprochen grausam beschreiben. Ich denke daran, wie es ist, wenn eine neue Königin schlüpft. In den Zellen ringsum gibt es manche Mitbewerberin um den Thron, die nur um weniges später schlüpfen würde. Die Königin, die als erste geschlüpft ist, sticht sie „gnadenlos“ ab. „Mord“, mehrfacher Mord ist die erste Tat der neuen Königin. So wie in den Königsdramen von Shakespeare, da muss der neue König auch erst einmal die anderen Thronprätendenten umbringen. Und doch wissen wir: Es ist Unsinn, hier von „Mord“ zu reden. Die neue Königin tut einfach, was sie tun muss. Und dass sie bei dem tödlichen Stich daran denken könnte, dass sie einem „anderen Wesen“ das Leben und alle Möglichkeiten der Entfaltung und des Glücks nimmt, ist natürlich Unsinn.

Nein, der Biene müssen und können wir keine Predigt halten. Wir brauchen ihr nicht den Weg zu weisen, sie nicht zu trösten und ihr keine Schuld zu vergeben. Von alledem weiß sie nichts.

Aber vielleicht kann umgekehrt die Biene uns eine Predigt halten. So wie Jesus gesagt hat, dass die Vögel uns eine Predigt halten können: „Sehet die Vögel unter dem Himmel an“ – so könnte ja auch gelten: „Sehet die Bienen unter dem Himmel an!“

Und welchen Inhalt hätte dann diese Predigt der Bienen an uns?

1. Die großartige Ordnung in der Natur wird an den Bienen anschaulich. Und das ist die Ordnung, die Gott geschaffen hat. Wo Ordnung ist, da ist immer einer, der diese Ordnung geschaffen hat. Das wissen alle Eltern durch die Erfahrung, die sie in den Kinderzimmern gesammelt haben: Unordnung kommt von selber, Ordnung muss man machen. Ordnung weist auf eine ordnende Hand, einen ordnenden Geist hin. Dass Ordnung aus Chaos „von selbst“ entsteht, ist eine moderne und sicher mit viel Intelligenz untermauerte Theorie – die alltägliche Erfahrung widerspricht dem sehr. Wir haben vorhin Beispiele für die Ordnung des Bienenlebens gehört. Ich brauche sie nicht zu wiederholen. Ich wiederhole nur: An den Bienen wird uns die Ordnung der Schöpfung sichtbar. Wie es der alte Spruch sagt: „Willst du Gottes Wunder sehn, musst du zu den Bienen gehn.“

2. Die Bienen zeigen uns aber nicht nur die Ordnung der Natur. Sie kommen uns auch auf gewisse Weise menschlich nahe, indem wir an ihnen die Ordnung des Zusammenlebens vor Augen gemalt bekommen. Wir sprechen ja von einem „Bienenstaat“. Das „Zusammenleben“ ist die besondere Aufgabe, der besondere Sinn und die besondere Not des Menschenlebens. Wir sind zur Liebe berufen – aber oft genug hassen wir einander. Wir sind zum Helfen berufen – aber oft genug gehen wir gleichgültig aneinander vorbei. Wir sind zum Dienen berufen – aber wollen doch schrecklich gerne herrschen. Und nun schauen wir auf die Bienen und stellen betroffen (und amüsiert) fest: Bei denen klappt es ja. Die können es ja. Da hat jede ihre Aufgabe. Jede tut ihren Dienst fürs Ganze. Keine will ehrgeizig die andern übertrumpfen oder „überflügeln“. Nun gut, wir wissen auch, woran es liegt, dass es bei den Bienen „klappt“: Die Bienen können nicht frei entscheiden, ob sie den ihnen aufgetragenen Dienst tun wollen oder nicht. Die „Arbeitsbiene“ ist eben keine „Person“, die den „Ehrgeiz“ haben könnte, selber Königin zu werden. Das ist bei uns Menschen ganz, ganz anders. Aber immerhin: Wir sehen an den Bienen, wie es gehen könnte, wenn alle das Wohl des Ganzen suchten. Wir sehen an den Bienen, wie einträchtig wir leben könnten, wenn nicht jeder sozusagen die Königin sein wollte … Freilich: Man kann es kaum vergleichen: Das menschliche Zusammenleben beruht darauf, dass Milliarden Menschen dabei mitmachen, sich von sich aus zum Guten zu entscheiden. Jeder einzelne kann anders entscheiden. Jeder einzelne kann einen Amoklauf veranstalten oder zumindest dem andern ein Bein stellen. Die Bienen tun das nicht, weil sie das gar nicht können. Aber seht, das ist das, was Gott von uns Menschen erhofft: dass wir friedlich und in Liebe zusammenleben, obwohl wir anders können. Eben, dass wir es von uns aus, freiwillig, tun. So sind wir Gottes Ebenbild.

3. Und nun noch ein Wort zum Honig. Der kommt ja schließlich dabei heraus. All die Arbeit, all die Maloche … der Bienen … und auch des Imkers. Am Ende: Etwas Schönes. Am Ziel: Das Land, wo Milch und Honig fließt. So bietet uns das Leben der Bienen auch noch ein Bild von dem, was Gott mit uns Menschen vorhat: Alle Not wird überwunden, alle Mühe und Arbeit führt zu einem reichen und erfüllenden Ziel.

Heute wird Zucker problemlos aus Rüben gewonnen oder aus den Ländern importiert, wo Zuckerrohr angebaut wird. Vor Zucker wird inzwischen gewarnt. Vor noch relativ kurzer Zeit aber war das Süße die Ausnahme, eine seltene Freude für den Gaumen. Das Süße konnte als Inbegriff des Schönen, Guten und Erfüllenden gelten. Von daher wurde auch Jesus als „süßer Jesus“ angeredet. Das konnte kaum jemand als „süßlich“ missverstehen, weil das Süße eben selten und teuer war. In diesem Sinne ist das Süße ein gutes Bild für Glück und die Erfüllung unserer Sehnsucht. Und in Zeiten als man von Karies und Diabetes noch nichts wusste, konnte Paul Gerhardt in aller Unschuld sagen: „Gott ist das Größte, / das Schönste und Beste, / Gott ist das Süßte und Allergewisste, / aus allen Schätzen der edelste Hort.“ (EG 449, 10)

(gehalten am 6. Juni 2010 in einem Gottesdienst in der St.-Jürgen-Kirche zu Heide/Holstein, der mit Imkern vorbereitet wurde und zu dem Imker speziell eingeladen waren; Texte: 1. Mos. 1,27 und Mt. 6,26)

 

Thomas Schleiff



 

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 5/2023

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