Kommunikationsbemühungen des Evangeliums sind in ihrer Ausrichtung weder neutral noch willkürlich, sondern normativ: Sie orientieren sich an der Befreiungsbewegung des Reiches Gottes. Tobias Foß will eine solche Ausrichtung christlichen Handelns darlegen und ihre Familienähnlichkeiten mit linker Politik verdeutlichen. Darin eröffnet sich politisches Engagement und Handlungsorientierung für christliches Leben mitten in der Krise von Klima, Corona, sozialen Schieflagen und globalen Ausbeutungsstrukturen, die sich in neoliberalen Eskalationen begründen.*

 

Reich Gottes als Befreiungsbewegung

Christliche Kommunikationsvollzüge haben eine „Richtung und Linie“ (Karl Barth), was sich mit dem Begriff der „Subjektwerdung“ zusammenfassen lässt: Menschen sollen Unterstützung erfahren, damit sie ihr Leben mithilfe christlicher Interpretationspraktiken wahrnehmen, Krisen bewältigen und ihre Situation befreiend gestalten können. Dazu sollen Menschen individuell ermächtigt und gesellschaftlich-strukturell bevollmächtigt werden (Empowerment). Sie brauchen Netzwerke, die Solidarität ermöglichen. Christliche Kommunikationsräume (etwa die Kirchen) dienen für Subjektwerdungsprozesse als Transmitter. Dies entspricht dem „Reich Gottes“-Gedanken, der als Ausrichtungsanker christlicher Nachfolge zu verstehen ist.

Reich Gottes lässt sich als eine alles umwälzende Kraft begreifen (Revolution). Jede Lebensdimension des Menschen soll neu ausgerichtet werden. Es gründet sich in einem kommenden Gott, der den Menschen aktivieren will, aufzustehen und zu handeln, wenngleich erst Gott sein Reich vollenden wird. Anders ausgedrückt: „Darum folgt aus der absoluten Utopie der neuen Gesellschaft im Reiche Gottes eine irdische, relative Utopie als Leitbild für die Umgestaltung der bestehenden Verhältnisse mit dem Maßstab größtmöglichen Abbaus aller Ungerechtigkeit, Unfreiheit und Vergewaltigung.“1

 

Reich Gottes und neoliberale Eskalationen

Reich Gottes als umwälzende Befreiungsbewegung übersteigt das individuelle Leben und beinhaltet alle gegenwärtigen Gesellschaftskonstellationen. Aktuell sind letztere sind jedoch von ökonomischen Zwangszusammenhängen geprägt, die (spätestens seit den 1980er Jahren) einen „freien“ Wettbewerb, eine Deregulierung des Marktes und eine Privatisierung aller unserer Lebensbereiche vorantreiben wollen. Dies wird mit dem Begriff des Neoliberalismus auf den Punkt gebracht. Die neoliberale Ausrichtung unseres wirtschaftlichen Handelns hat fatale Folgen für unser gegenwärtiges Zusammenleben. Insbesondere angesichts der Klima- und Ökologiekataststrophe ist eine grundsätzliche Überwindung der bisherigen ökonomischen Konstellationen, die auf Raubbau und Ausbeutung beruhen, unabdingbar. Mit dem Theologen Bruno Kern lässt sich die gegenwärtige Lage unseres Wirtschaftens und unseres Umgangs mit der Welt wie folgt auf den Punkt bringen:

„Die Situation, in der wir uns befinden, kann man zutreffend als eine ‚Zangengriffkrise‘ bezeichnen: Wir sind gleichsam gefangen zwischen der drohenden Gefahr der Klimakatastrophe einerseits und der immer deutlicher spürbar werdenden Erschöpfung der fossilen Energieträger und anderer wichtiger Ressourcen wie mineralischer Rohstoffe andererseits.“2

 

Reich Gottes und Entfremdung

Um unser wirtschaftliches Zusammenleben wirkungsvoll zu verändern, benötigen christliche Einrichtungen Netzwerke mit Bewegungen, die in die gleiche „Richtung und Linie“ des Evangeliums agieren. Reich Gottes umfasst eine politische Verantwortung, die eine Zusammenarbeit mit weiteren säkularen Organisationen verlangt – dies gilt insbesondere, wenn sich Kirche in einer soziokulturellen Diasporasituation befindet. Neben einer ethischen Verantwortung erfordern daher kommunikationstheoretische Einsichten ein solches Handeln im konfessionslosen Kontext. Konfessionslosigkeit als transgenerationale und mehrheitliche Erscheinung, die mit einer Distanz zu christlichen Kommunikationspraktiken einhergeht, wird sich deutschlandweit (ja auch in vielen Gebieten Europas) immer weiter durchsetzen. Christliche (und religiöse) Traditionen, Sprachmuster und Praktiken werden für breite Gesellschaftsschichten fremd. Insbesondere deswegen braucht es ein Handeln von Kirche, das christliche Kommunikationszusammenhänge mit Befreiungsvollzügen im Hier und Jetzt ganz eng zusammendenkt.3 Ein Fokus auf das zwischenmenschliche Miteinander ist hierfür wichtig.4 Kirche und Christenmenschen werden ihre Relevanz vor allen Dingen durch ein gesellschaftliches Engagement aufzeigen können, das radikal Fragen stellt und einer umfassend-befreienden Praxis nachgeht („Vortrupp des Lebens“5). Darin werden – so die begründete Hoffnung – Begegnungen mit Menschen geschaffen, die seit mehreren Generationen mit christlichen Lebenspraktiken fremd geworden sind.

Christliche Nachfolge hat in theologischer (Reich Gottes), kommunikationstheoretischer (konfessionsloser Kontext) und ethischer Hinsicht (neoliberale Wucherungen) mit politischen Bewegungen zusammenzuarbeiten, die sich politisch als „links“ verstehen.

 

Linke Politik

Der Motivationshintergrund linksgesellschaftlichen Engagements lässt sich mit dem Politik- und Sozialwissenschaftler Raul Zelik wie folgt zusammenfassen: „Alle Menschen haben das Recht, sich aus Knechtschaft und Unterdrückung zu befreien.“6 Ähnlich wie das Reich Gottes einen Abbau einseitiger Privilegienklassen und die Gleichberechtigung aller Menschen fordert, antizipiert linke Politik bei aller Differenziertheit ihrer Herangehensweise und ihres ideologischen Überbaus ein gutes Leben für alle Menschen. Hierbei gilt: Extreme Eigentums- und Vermögensungleichheit widerstrebt einem guten Leben für alle. Gesellschaften, wo diese Ungleichheit geringer ausfällt, sind solidarischer und stellen damit das Gemeinsame, nämlich das Wohl aller Menschen, in den Vordergrund. Auch kann beobachtet werden: Je wohlhabender Staaten sind, desto mehr Ressourcen verbrauchen sie. Ebenso zeichnen reichere Menschen viel höhere Umweltbelastungen auf als Schichten mit geringeren Einkommen.7

Die Lösung der gegenwärtigen „Zangenkrise“ muss daher einhergehen mit einem gerechten Besteuerungsmodell, das Menschen in Verantwortung zieht, die viel verbrauchen – Naturverhältnisse hängen mit Herrschaftsverhältnissen zusammen. Kirchliche Initiativen, die diese sozial-ökologischen Beziehungen fokussieren, haben daher eine hohe aktuelle Bedeutsamkeit. Die Zachäus-Kampagne ist ein Beispiel dafür: Initiiert von verschiedenen Kirchen und Kirchenvereinigungen (etwa dem ÖRK) geht es in dieser Kampagne um eine Implementierung von Steuersystemen, „die einerseits Beschäftigung, Geschlechtergerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie Umverteilung von Einkommen und Vermögen befördern und spekulatives, schadstoffreiches sowie ressourcenintensives Wirtschaften andererseits maßregeln bzw. ahnden.“8

 

Demokratisierungsprozesse – Eine andere Welt ist möglich

Für eine grundlegende Veränderung unseres Zusammenlebens ist es wichtig, dass Menschenrechte und die Sustainable Development Goals als Grundkoordinaten fungieren, an denen sich ein gesellschaftliches und ökonomischen Zusammenleben zu orientieren haben. Ebenso der Ausbau von Genossenschaften, die Schaffung von Allmende, die Förderung von „kollektivem Selbsteigentum“ (Dörre, 125f) und die Unterstützung solidarischer Ökonomieformen sind bedeutsame Kristallisationspunkte, um vielfältige Netzwerkstrukturen von Gemeineigentum auszubauen, die einer einseitigen Machtakkumulation entgegenstehen.9 Hierfür ist eine Ausdifferenzierung der gegenseitige Kontrolle beizubehalten, d.h., dass durch checks and balances die Einhaltung von gesellschaftlichen Vereinbarungen gewährleistet wird.

Eine solch angedeutete Ausrichtung, die Demokratie als Aufgabe versteht und diese in einen Zusammenhang mit Eigentum (und Ökologie) bringt, kann etwa der Begriff des „Sozialismus“ – trotz berechtigter Vorbehalte und zahlreicher Vorbelastungen – auf den Punkt bringen. Er versteht sich in dieser Weise „als demokratisch-egalitäre Aneignungsbewegung“10 oder anders ausgedrückt: „Exakt dies, die umfassende Demokratisierung ökonomischer Entscheidungen ist der zentrale Inhalt eines Sozialismusverständnisses, das nach maximaler zivilgesellschaftlicher Kontrolle über Produktion, Ressourcenallokation und Güterverteilung strebt.“11

Ob der Begriff des „Sozialismus“ jedoch in breiten öffentlichen Diskursen durchsetzungsfähig ist, ist aufgrund der geschichtlichen Strapazierungen und Missbräuche (totalitäre Staatssysteme) fraglich. Es geht um eine grundlegende demokratische Veränderung unseres Zusammenlebens, insbesondere angesichts der ökologischen „Zangenkrise“ (Klaus Dörre, Bruno Kern), vor der unsere Gesellschaft steht, nämlich die Notwendigkeit rapider CO2-Verminderung bei gleichzeitiger Verringerung der Ressourcenbasis. Suchbewegungen wie etwa Postwachstumsökonomie, Gemeinwohlökonomie, Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftpolitik, Attac und die Friday for Future-Bewegung sind elementar wichtig, um eine Vision zu erarbeiten, wie ein neues demokratisches Arrangement unser Ökonomie aussehen kann und welche Schritte dafür notwendig sind.

 

Biblische Familienähnlichkeit

Ein so verstandenes linkes bzw. sozialistisches Engagement, das auf Demokratisierungsprozesse abzielt, steht mit vielen bibeltheologischen Motiven in einer Familienähnlichkeit. Die Exoduserzählung als ein Grundnarrativ des AT ist ein „permanenter Aufruf zum Auszug aus neuen Gefangenschaften in bessere Welten.“12 Wie lebenswertere Lebensweisen als Gesellschaftsgefüge aussehen können, zeigen innerhalb der Tora verschiedene Konturen einer Gesellschaftsordnung, die auf „Egalität und Autonomie“ (Ton Veerkamp) drängen: Sabbatruhe, Sklavenfreilassung und Schuldenerlass alle sieben Jahre, eine umfassende Bodenreform im Jobeljahr („die Pointe der Revolution“13) und Solidarität mit den Armen – m.a.W.: „Die Bibel verkündigt: Erlösung aus der Sklaverei.“14 Eine Ausrichtung, die im NT fortgeführt wird, in der Verkündigung Jesu des Reiches Gottes kulminiert und sich etwa in den Menschenrechten widerspiegelt.15 Es geht um ein gutes Leben für alle Menschen, eine heilsame Befreiung für den Menschen in allen Dimensionen seines Lebens – kurzum: „wie im Himmel so Erden“.

Wird der gegenwärtig neoliberale Rahmen unseres Zusammenlebens verabsolutiert und keine Alternative zugelassen, ist dies mit einer Fetischisierung gleichzusetzen. Ein Götze wird geschaffen. Die Suche nach neuen Wegen unseres Gemeinschaftslebens entspricht einer christlichen Nachfolge, die allein Gott das Prädikat „göttlich“ zukommen lassen und sich für seine Schöpfungsbewahrung als „Mitarbeiter“ engagieren will. Es ist Gott, der die Welt mit dem Menschen heilsam transformiert – oder anders gesagt: „JHWH ist schließlich eine revolutionäre Gottheit, die ein Leben in stetiger persönlicher und politischer Umkehr verlangt. G-tt ist eine Schöpfergottheit, die Menschen ins Leben ruft und sie zum Dienst für die Bewahrung des Lebens beruft. Der Sturz der [destruktiv] Mächtigen gehört zu ihrem Markenzeichnen.“16

 

Christliche Nachfolge und linke Politik

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass linkspolitische (und darin sozialistische) Diskurse den Fokus christlicher Nachfolge auf Demokratisierungsprozesse lenken, die mit ökonomischen Transformationsentwicklungen grundlegender Art einhergehen. Sie unterstreichen, dass Demokratie als permanente Aufgabe zu verstehen ist und nur gestaltet und entwickelt werden kann, wenn gerechte Eigentumsverhältnisse vorherrschen und diese nicht in dramatischen Schieflagen vorliegen. Linkspolitische Aktivitäten sind für einen ökonomischen Transformationsdruck aufgrund der Dringlichkeit der Umwelt- und Klimakrise nötig. Sie eröffnen Netzwerke, mit denen christliches Engagement für Schöpfungsverantwortung, Gerechtigkeit und Frieden kooperieren und sich verbinden sollte, ohne dabei ihren eigenen Motivations- und Interpretationsraum aufzugeben (Reich Gottes).

Durch eine solche Vernetzung kann ein Transformationsdruck auf die bestehenden Verhältnisse ausgeübt werden. Gemeinsam gilt es, für unser Zusammenleben Impulse einer „Kontingenzeröffnung“17 zu setzen, d.h.: Unsere Welt (und damit auch unsere Ökonomie!) könnte und soll anders sein – ein wesentlicher Grundimpuls biblischer Theologie. Es gilt Narrative und Praktiken zu pflegen, die ökonomisch-ökologische Transformationsprozesse in Gang setzen und zwar im individuellen, mikro- und makroökonomischen Bereich. Ein gutes Leben für alle Menschen, die Veränderung des Ökonomisch-Gegebenen und das Drängen auf einen heilsamen Noch-nicht-Ort (Utopie) – das verbindet Christ-Sein mit linker Politik. Es geht um eine linke Ausrichtung, die für die Überwindung der Kontaktlosigkeit von Kirche mit ihrer konfessionslosen Mehrheitsgesellschaft und der dramatischen Herausforderungen unserer Gesellschaft wichtiger denn je ist.

 

Anmerkungen

* Dieser Text ist in einer kürzeren Version bei der Zeitschrift Neue Wege 07-08/2022 erschienen.

1 Gollwitzer, Helmut: Die Revolution des Reiches Gottes und die Gesellschaft, 119.

2 Kern, Bruno: Märchen vom grünen Wachstum, 47.

3 Hierfür haben befreiungstheologische Impulse und politische Theologien ein hohes Potential. Helmut Gollwitzer z.B. bietet viele fruchtbare Anknüpfungspunkte für gegenwärtige Herausforderungen im konfessionslosen Kontext. Vgl. Foß, Tobias: „Es lohnt sich zu leben.“ Helmut Gollwitzer – Impulse für kirchliches Handeln im konfessionslosen Kontext, in: Zeitschrift für Evangelische Ethik (02/2022).

4 Vgl. Foß, Tobias: Relevanz im Arbeitsalltag, Stuttgart 2021, 126-249.

5 Gollwitzer, Helmut: Vortrupp des Lebens, München 1975, bes. 64-72. Foß, Tobias: „Veränderung im Diesseits“. Konfessionslosigkeit und diakonisches Profil in empirischer Perspektive. In: Domsgen, Michael/Foß, Tobias (Hg.): Diakonie im Miteinander. Zur Gestaltung eines diakonischen Profils in einer mehrheitlich konfessionslosen Gesellschaft. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2021, 19-31; bes. 27-31.

6 Zelik, Raul: Wir Untoten des Kapitals. Über politische Monster und einen grünen Sozialismus, Berlin 2020, 43.

7 Vgl. Dörre, Klaus: Die Utopie des Sozialismus, Kompass für eine Nachhaltigkeitsstrategie, Berlin 2021, 74-81, 84f; Zelik, Wir Untoten des Kapitals, 199f.

8 Glück, Martin: Steuergerechtigkeit jetzt! Die „Zachäus-Kampagne“ der weltweiten Ökumene, in: micha.links (03/2021, 4-6).

9 Vgl. Zelik, Wir Untoten des Kapitals, 232-245.

10 Zelik, Wir Untoten des Kapitals, 231.

11 Dörre, Die Utopie des Sozialismus, 48.

12 Manemann, Ein revolutionäres Christentum. Ein Plädoyer, Bielefeld 2021, 134.

13 Boer, Dick: Erlösung aus der Sklaverei. Versuch einer biblischen Theologie im Dienst der Befreiung, Münster 2008, 24.

14 Vgl. Boer, Erlösung aus der Sklaverei, 36.

15 Zum Zusammenhang von biblischem Rechtsdenken und Menschenrechten vgl.: Segbers, Franz: Ökonomie, die dem Leben dient. Die Menschenrechte als Grundlage einer christlichen Wirtschaftsethik, Kevelaer 2015.

16 Manemann, Revolutionäres Christentum, 14.

17 Vgl. Bauer, Christian: Andreas Reckwitz – ein „must read“ der Theologie?, in: feinschwarz.net (November 2021).

 

 

Über die Autorin / den Autor:

Vikar Dr. Tobias Foß, Studium der Evang. Theologie in Halle und Jerusalem, Promotion im ­Bereich Religionspädagogik, Redakteur der Zeitschrift micha.links mit Artikeln über Konfessionslosigkeit, Diakonie und linkes, engagiertes ­Christentum, z.Zt. Vikar im Pfarrbereich ­Hohenthurm bei Halle/Saale.

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 12/2022

4 Kommentare zu diesem Artikel
20.12.2022 Ein Kommentar von dierk schäfer Danke für den Artikel. Es hat Vorteile, wenn einem das Wasser bis zum Hals steht. Der Autor sucht nach Kooperationen & Unterstützung bei denen, die nicht wie wir der Bedeutungslosigkeit entgegen taumeln. Das Reich Gottes ist - wenn wir es nicht genügend beherzigen, auch außerkirchlich zielführend. Auf zu neuen Partnerschaften - und das nicht, um uns selbst zu retten. Es geht um das Reich Gottes.
17.01.2023 Ein Kommentar von Hartmut Steeb Es ist schon erstaunlich, mit welcher Harmlosigkeit hier atheistische Sozialismus mit christlichem Glaube kompatibel gemacht werden soll. Unfassbar. Gibt es denn keine Qualitätskontrolle vor Drucklegung?
19.01.2023 Ein Kommentar von Dr. Tobias Foß Sehr geehrter Herr Hartmut Steeb, selbstverständlich gibt es eine Qualitätskontrolle des Deutschen PfarrerInnenblattes. Die Frage ist meines Erachtens eher zu stellen, inwiefern "der Sozialismus" mit "Atheismus" gleichzusetzen ist. Ganz ähnlich wie der christliche Glaube nicht in Kreuzzüge oder Hexenverfolgungen aufzulösen ist, weisen sozialistische Diskussionen eine Vielzahl an Bedeutungen und Verschränkungen auf. Diese etwa auf Atheismus zu reduzieren und allein darauf fokussieren zu wollen, halte ich für sehr gewagt und entfernt sich einer wissenschaftlich-theologischen Diskussion. Es gibt genügend christliche Traditionen, die aus guten Gründen christlichen Glaube und sozialistische Denkweisen ganz eng zusammendenken (z. B. Befreiungstheologen, der traditionelle Bund der religiösen SozialistInnen, Karl Barth [wie etwa Friedrich Wilhelm Marquardts Habilitationsschrift unterstreicht]). Man kann das gerne kritisieren - dann aber bitte in der Sache. Von daher wäre ich vorsichtig an einer Qualitätskontrolle des Deutschen PfarrerInnenblattes zu zweifeln, sondern vielmehr sich vielleicht selbst die Frage zu stellen, mit welchen a priorischen Perspektivierungen auf Termini wie "Sozialismus" geschaut wird, um damit ins Gespräch einzusteigen, was christliche Nachfolge im Hier und Jetzt bedeutet. Mit freundlichen Grüßen, Dr. Tobias Foß
24.01.2023 Ein Kommentar von Michael Helsper Danke für diesen Artikel, der den drastischen Relevanzverlust der christlichen Botschaft und der Kirche(n) durch einseitige Privatisierung/Individualisierung und Verjenseitigung/Eschatologisierung der biblischen Botschaft zum Anlass nimmt, noch einmal nach dem Kern des Glaubens zu fragen. Biblisch fundiert ortet der Autor ihn in der Reich-Gottes-Vision und den befreienden Impulsen der ganzen Bibel (Exodus, Thora, Prophetische Kritik)! Und diese biblischen Befreiungstraditionen sind anschlussfähig an alle emanzipatorischen Bewegungen unserer Zeit! "Politisch engagiert statt seelenheilfixiert" nennt deshalb der katholische Theologe Andreas Benk das notwendige "Veränderungsprogramm" für die Kirche(n) auf dem Weg zur Kairos-Empfindlichkeit angesichts der lebensbedrohenden Krisen unserer Zeit. P.S. Und dabei sollten falsche Formeln wie die vom prinzipiell atheistischen Sozialismus endgültig ausgedient haben!
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