Schon länger wird in den Gremien des Verbandes mit Pfarrvereinen und Pfarrvertretungen die Frage diskutiert, inwieweit die allgemein gültigen staatlichen Arbeitszeitregelungen auch für den Pfarrdienst gelten. Der Gesetzgeber nimmt den liturgischen Dienst ausdrücklich davon aus. Aber der Pfarrdienst ist umfangreicher. Darum hat der Verband mit Vereinen und Vertretungen nun ein Votum zur Arbeitszeit erarbeitet und beschlossen. Die Kirchen werden darin aufgefordert, rechtsverbindliche staatliche Standards zu akzeptieren bzw. vergleichbare Regelungen zu entwickeln, die dem Schutz von Pfarrerinnen und Pfarrern vor Fremd- und Selbstausbeutung und damit gesundheitlicher Gefährdung dienen.

 

Verlässliche Regelungen und die Freiheit des Amtes

Der Vorstoß zu einem deutlichen Votum war nicht unumstritten. Verlässlichen Regelungen wurde die Freiheit des Amtes gegenübergestellt. Tatsächlich haben beide ihren Sinn und ihre Berechtigung. Deshalb geht es in dem Votum nicht um starre Zeiten und Stundenzahlen, sondern um eine Vertrauensarbeitszeit, die im Jahresschnitt nicht überschritten werden soll und seitens der Kirchen im Rahmen des Arbeitsschutzes akzeptiert und gefördert wird.

Der Vorstoß zielt weniger auf die älteren Pfarrerinnen und Pfarrer, die unter ganz anderen Bedingungen den Pfarrberuf ergriffen haben und allmählich Richtung Ruhestand gehen. Im Blick sind vielmehr die jüngeren und jungen Leute, die weite Teile ihres Berufslebens noch vor sich haben und die voraussichtlich länger arbeiten werden. Ihre Zahl wird erheblich kleiner sein, ohne dass die Aufgaben sichtlich weniger und die Ansprüche an sie geringer sein werden. Insofern ist das Votum aus der Solidarität mit denen geboren, die im Dienst bleiben, während die geburtenstarken Jahrgänge allmählich in den Ruhestand gehen. Letzteren bleibt es aber unbenommen oder ist ihnen sogar anzuraten, das eigene Verhältnis zu Arbeit und Ruhe zu bedenken und in Bahnen zu lenken, die ihren Dienst im Alter nicht zu einer unerträglichen Last werden lassen.

Das Votum lautet:

Der Verband evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V. fordert die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf, die im staatlichen Recht insbesondere für öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse geltenden Arbeitsschutzbestimmungen auf den Pfarrdienst anzuwenden.

Der Pfarrdienst muss so gelebt und gestaltet werden können, dass Belange von Gesundheit, Familie und Erholung gewahrt bleiben. Dazu sind verbindliche Regelungen über Arbeitszeiten, dienstfreie Zeiten ohne Erreichbarkeitspflicht sowie über Ruhezeiten erforderlich. Die Einhaltung der Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes ist dabei zu beachten.

Orientierungsrahmen sollen die beamtenrechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder zu den durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten sein, je nachdem, welches Recht die jeweilige Gliedkirche anwendet.1

Dem Wesen des Pfarrdienstes entspricht eine Vertrauensarbeitszeit, die mit einer durchschnittlichen Wochenstundenzahl hinterlegt und mit einer Aufgabenplanung beschrieben wird. Bei häufiger oder dauerhafter Überschreitung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit muss der Umfang des Pfarrdienstes überprüft werden, um nach verbindlich vereinbarten Kriterien zu einem angemessenen Dienstumfang zu kommen.

(einstimmig bei einer Enthaltung am 25.09.2022 von der Konferenz des Verbandsvorstands mit den Vorsitzenden der Pfarrvereine und Pfarrvertretungen beschlossen)

 

Andreas Kahnt

 

Anmerkung

1 Für den Bund und die Länder Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sind dies derzeit 41 Stunden, z.T. mit Reduktion bei bestimmten Altersgrenzen oder Grad der Behinderung, für die anderen Länder 40 Stunden.

 

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 11/2022

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