Vor zwei Jahren hätte in Leipzig der 76. Deutsche Pfarrerinnen- und Pfarrertag stattfinden sollen. Er musste den durch die Corona-Pandemie gesetzten Bedingungen zum Opfer fallen und wurde um zwei Jahre verschoben. Doch sein Thema, „Ende der Sicherheit“, bleibt erschreckend aktuell, wie Andreas Kahnt in seinem Vorstandsbericht – auch mit Blick auf Kirche und Pfarrdienst – ausführt.*

 

Wer sich schon vor zwei Jahren vom Motto des Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrertages „Ende der Sicherheit“ angesprochen fühlte, wird in diesem Jahr die erschreckende Aktualität noch mehr empfinden: Gesellschaftliche und kirchliche Strukturen, die unser Land über Jahrzehnte geprägt und zusammengehalten haben, sind in Auflösung begriffen. Zu den ohnehin schon brennenden Themen am Ende der Sicherheit sind mit der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine zwei weitere hinzugekommen.

Der Krieg in der Ukraine, also in Europa, hat den Blick auf die vielen ungelösten Fragen unserer Zeit noch einmal geschärft: Die Bewahrung von Sicherheit und Frieden unter gerechten Bedingungen und unter der Einhaltung des Völker- und des Menschenrechts. Die Bereitstellung von Energie in Verbindung mit einem schnelleren Abschied von fossilen Brennstoffen, mit einem deutlichen Fokus auf Effizienz, mit veränderten Ansprüchen an Mobilität und unter Wahrung sozialer Verträglichkeit. Schließlich das Bewusstsein für globale Klimagerechtigkeit als zentrales Thema für die elementaren Bedürfnisse von Menschen und die Entwicklung von Gesellschaften in der einen Welt.

Allerdings betrafen und betreffen die genannten, brennenden Themen neben manchen anderen den Dienst von Pfarrerinnen und Pfarrern. Darauf soll im Folgenden ein besonderer Blick geworfen werden.

 

Bedingungen im Pfarrdienst in Zeiten von Corona

Die vielfältigen und schmerzhaften Einschränkungen durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Kirche und Gesellschaft haben den Dienst von Pfarrerinnen und Pfarrern erheblich erschwert. Davon war in den Berichten 2020 und 2021 ausführlich die Rede. Manches ist seitdem leichter geworden, anderes ist schwierig geblieben. Bei allem sind regional und teilweise von Gemeinde zu Gemeinde, auch in Schulen, in Einrichtungen und Werken nicht unerhebliche Unterschiede in den Arbeitsbedingungen zu beobachten. Während hier mit Maske und ohne Gesang Gottesdienst gefeiert wird, gibt es nebenan kaum sichtbare Einschränkungen. Liturgische Vielfalt wird hier und da neu entdeckt und erprobt, woanders bleiben die Formen verhalten. Indem die Entscheidungen dazu in die Hände der vor Ort Verantwortlichen gelegt werden, werden die örtlichen Gegebenheiten ernst genommen.

Dabei liegt es auf der Hand, dass Pfarrerinnen und Pfarrer in ihren verschiedenen Aufgabenbereichen in Konflikt mit Erwartung und Wirklichkeit geraten; nicht alle sind gleichermaßen gesund, viele müssen auf Familie und Angehörige Rücksicht nehmen, Fragen rund um Post- oder Long-Covid sind noch immer nicht abschließend erforscht und als Krankheit anerkannt, und nicht alle Kirchen gehen gleichermaßen offensiv mit Infektionen um, die im Dienst erlitten wurden. Auch die Auseinandersetzung mit den teils staatlich verordneten, teils selbst auferlegten Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 in den Bereichen Gottesdienst und Seelsorge steht noch aus.

Von vielen Maßnahmen ist das berufliche Selbstverständnis von Pfarrerinnen und Pfarrern betroffen. Dazu gehört die Frage, inwieweit die Anstrengungen, Menschen an die Kirche zu binden, fruchten. Das gilt nicht zuletzt für die mannigfaltigen kreativen Aktivitäten, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie entwickelt wurden, zumal im Internet. Dass hier eine Chance für die Zukunft liegt, Mitglieder an die Kirche zu binden oder neu zu gewinnen, die Anstrengungen also dauerhafte missionarische Kraft entfalten, ist zu wünschen.

Die öffentliche Wirksamkeit der kirchlichen Angebote war teils enorm. Daran lässt sich anknüpfen, und die Kirchen sind gut beraten, die nötigen finanziellen und personellen Ressourcen dafür bereitzustellen. Auch wenn über anderen drängenden Themen das mediale Interesse an Kirche und Verkündigung aktuell in den Hintergrund tritt, bedeutet das nicht, dass die Medien kirchlichen Verlautbarungen zu Fragen von Frieden oder Klimagerechtigkeit gegenüber nicht aufmerksam wären.

Pfarrerinnen und Pfarrer haben die sich ständig ändernden Bedingungen durch die Corona-Pandemie überwiegend schnell und konstruktiv angenommen. Den Auseinandersetzungen um die unterschiedlichen Erwartungen, Haltungen und nicht selten Anfeindungen in ihren Dienstbereichen haben sie sich gestellt – und sich damit ein weiteres Mal als verantwortliche Berufsgruppe in Gemeinden, Einrichtungen und Werken bewährt.

 

Bedrohter Friede

Das gilt auch und in besonderer Weise seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine. Überall da, wo Flüchtende verstärkt ankamen, nicht zuletzt in Berlin, wurden Pfarrerinnen und Pfarrer in und mit ihren Gemeinden aktiv in der Aufnahme und Betreuung der Menschen. Im Laufe der Monate erstreckte sich diese Hilfe auch auf andere Gebiete, in denen Flüchtende vorübergehend oder dauerhaft untergebracht wurden. Erschwert wurde diese Aufgabe durch unterschiedliche Voraussetzungen beim Gesundheitsschutz, sodass Covid-19 auch hier eine nicht unbedeutende Rolle spielte und z.B. bei der Aufnahme von Kindern in Kindertagesstätten oder Schulen noch immer spielt.

Die Frage, ob im Zuge der Aufnahme von Flüchtenden aus der Ukraine im Vergleich zu solchen aus anderen Ländern mit zweierlei Maß gemessen wird, ist virulent, hat aber die Bereitschaft zur Hilfe in der konkreten Situation nicht geschmälert. Viele Pfarrerinnen und Pfarrer hatten bereits 2015 gemeinsam mit vielen ehrenamtlich Engagierten Erfahrungen in der Flüchtlingshilfe gesammelt.

Schwerwiegender waren und sind die Bedenken vieler Pfarrerinnen und Pfarrer gegenüber dem Krieg in der Ukraine als solchem und den Reaktionen der westlichen Staatengemeinschaft. Nicht zuletzt ältere Pfarrerinnen und Pfarrer sind „Kinder“ der Friedensbewegung. Nicht wenige sind aufgrund des bedrohten Friedens im Kalten Krieg zur Theologie und ins Pfarramt gekommen. Nun scheint die Zeit martialischer Worte zurück. Anfangs noch peinlich vermieden, hat Kriegsrhetorik seit Februar wieder Konjunktur. Deutlich und mit eisernem Ernst werde die Antwort ausfallen, hieß es, komme es zu einem Überfall auf die Ukraine. Vergleiche mit dem Kalten Krieg wurden herangezogen, anstatt die Lage zumindest verbal zu entspannen.

Was Reden, Berichte und Analysen zumeist vermissen ließen, drängte sich nicht nur, aber ganz bestimmt nicht zuletzt Pfarrerinnen und Pfarrern auf: dass Menschen in einem Krieg sterben. Der Krieg und die Folgen für die Menschen – ob Zivilisten oder Soldaten, ob Frau oder Mann, ob Greis oder Kind – mussten in Predigten, in der Seelsorge, im Unterricht und sonst in Gesprächen bedacht und benannt werden. Aus der persönlichen und theologisch geprägten Haltung zum Frieden und im Gedenken an das Leid und die Opfer der gewesenen Kriege musste alles darangesetzt werden, das neuerliche Sterben und den neuerlichen Schrecken über Generationen hinweg zu vermeiden.

 

Bekenntnis zu Frieden und Versöhnung

Der Krieg in der Ukraine hat die Haltung der Kirche und mancher Pfarrerinnen und Pfarrer zum Frieden infrage gestellt. Die Weltordnung, in der es sich vermeintlich sicher leben und zum unbedingten Frieden bekennen ließ, hat sich verändert. Es geht nicht mehr um Fragen von Auf- oder Abrüstung oder von gegenseitiger Bedrohung, sondern um einen Angriffskrieg mitten in Europa. Die Voraussetzungen, unter denen die Friedensbewegung sich mit guten Gründen formierte, sind durch die bewusste Aggression Russlands gegen die Ukraine um Aspekte erweitert, die ein erneutes theologisches Nachdenken erfordert. Nicht zuletzt die Haltung des Moskauer Patriarchen Kyrill, der den Angriffskrieg mit fragwürdigen theologischen Argumenten stützt und sich dabei nicht scheut, die Aggression als den unmittelbaren Willen Gottes zu bezeichnen, fordert ein klares Bekenntnis zu Frieden und Versöhnung zwischen Menschen und Völkern geradezu heraus.

Pazifismus oder doch zumindest der unbedingte Wille zum Frieden ist eine Haltung, die Christinnen und Christen entspricht und im persönlichen Tun und Lassen sichtbar wird. Für diese Haltung darf mit dem eigenen Beispiel geworben werden. Sie anderen aufzuerlegen, verbietet die Haltung selbst. Das gilt umso mehr, wenn das Leben, die Identität und die Integrität von Menschen oder eines ganzen Volkes angegriffen werden wie jetzt in der Ukraine. Der Ukraine in dieser Situation Gewaltfreiheit abzuverlangen, ist zynisch. Das Land in jeder Hinsicht, auch mit Waffen, zu unterstützen, ist eine Frage, deren Beantwortung vor dem Hintergrund eigener Friedensethik äußerst komplex ist und in das Dilemma führt, einerseits alles für den Frieden tun zu wollen, es aber ohne Waffen nicht zu können.

Dieses Dilemma lässt sich nicht lösen. Aber es lässt sich aushalten, indem am eigenen, unbedingten Willen zum Frieden und zum Pazifismus festgehalten, der Ukraine aber die Nothilfe nicht verweigert wird, sich gegen einen Angriff auf Menschenleben, nationale Identität und staatliche Integrität zu wehren. Nothilfe ist nämlich nicht präventive Aufrüstung, um anderen zu drohen, sondern Unterstützung zu rechtserhaltender Gewalt in einer konkreten Ausnahmesituation. In einer solchen Situation darf der Pazifismus eine Ausnahme machen, ohne sich selbst zu verleugnen. Nichts zu tun, wäre eine Haltung, die den Pazifismus zu einer Sache privilegierter Menschen machte, die das Glück haben, in einem Land zu leben, in dem seit über 70 Jahren Rechtsstaatlichkeit und die Abwesenheit von Krieg den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen.

Diesen Diskurs weiterzutreiben, nicht zuletzt zur Frage von Frieden und Sicherheit, ist bleibende, gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Diese Aufgabe mutig anzugehen, steht der Kirche hinsichtlich ihrer Verlautbarungen gut an. Darin das eigene Selbstverständnis als Pfarrerin oder Pfarrer in der Kommunikation des Evangeliums zu bewahren und weiterzuentwickeln, dürfte sich angesichts der Freigabe von 100 Mrd. „Sondervermögen“ für militärische Ausrüstung bei gleichzeitiger Belastung großer Teile der Bevölkerung bei der Versorgung mit Energie herausfordernd gestalten. Diese Herausforderung gilt es dennoch mutig und mit guten theologischen und friedensethischen Überlegungen anzunehmen.

 

Christen in der Minderheit

Das gilt auch für die Tatsache, dass neuerdings die Zahl der einer der großen Kirchen angehörenden Christinnen und Christen in Deutschland unter die Marke von 50 Prozent gefallen ist. Darüber traurig zu sein, ist sicherlich kein Fehler. Eine Kirche in der Minderheit zu beklagen, dürfte aber den Sog nach unten beschleunigen. Pfarrerinnen und Pfarrer haben ja in Predigt, Unterricht und Seelsorge kein anderes Evangelium weiterzusagen als in einer Mehrheitskirche. Das Wie der Kommunikation steht dabei auf dem Prüfstand. Das ist aber nichts Neues, sondern stets wesentlicher Teil theologischer Reflexion angesichts des Zeitgeschehens und dessen, was Menschen bewegt. Auch von einer Minderheit können wesentliche Impulse in die Gesellschaft ausgehen. Was angesichts des christlichen Glaubens hält und trägt, ist nicht Eigentum der Kirche, sondern gehört in die Welt.

Je schwerer die Kirchen ihren Mitarbeitenden und nicht zuletzt den Pfarrerinnen und Pfarrern die Arbeitsbedingungen gestalten, je weniger junge Menschen sich deshalb für den Pfarrberuf begeistern lassen, desto weniger Strahlkraft wird von ihnen ausgehen. Ob die missionarische Kraft von Christinnen und Christen und Gemeinden ausreicht, das Evangelium in unserem Land lebendig zu halten, ist noch nicht erwiesen und darf angesichts einer ungebrochen hohen Erwartungshaltung gegenüber Pfarrerinnen und Pfarrer bei gleichzeitigem Unwillen, selbst Verantwortung zu übernehmen, bezweifelt werden.

Kirche in der Minderheit zu sein wird zudem das Verhältnis von Kirche und Staat verändern. Niemand weiß, wie lange die Theologie ihren Stellenwert an den Universitäten wird bewahren können. Immer häufiger wird die Abschaffung der Staatsleistungen diskutiert. Diakonie und Caritas werden als Anbieter unter vielen wahrgenommen. Kirche ist in einigen Teilen des Landes eine unbekannte Größe ohne Relevanz für die Bevölkerung. Die Religionsfreiheit wird kaum jemand einschränken wollen, aber die Bedingungen, unter denen diese Freiheit sich entfalten kann, werden sich verändern.

Pfarrerinnen und Pfarrer müssen sich dieser Situation stellen und ihr eigenes berufliches Selbstverständnis daran schärfen. Auch wenn zunehmend die Person das Amt tragen muss, darf das Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten und Stärken nicht das Vertrauen in Gott unterminieren. Und vielleicht kann die Sache auch mal so gesehen werden: Knapp 50 Prozent der Bevölkerung ist Mitglied einer der großen Kirchen? Das ist ja richtig viel!

 

Sexualisierte Gewalt in den Kirchen

Seit etwa Mitte letzten Jahres wird das Thema sexualisierte Gewalt in den Kirchen der EKD wissenschaftlich aufgearbeitet. Bewusst hat sich die EKD dafür entschieden, die Untersuchung nicht selbst durchzuführen, sondern in die Verantwortung von Instituten und Universitäten zu geben.

Der Verbandsvorstand hält dieses Vorgehen für richtig. Gleichwohl ist er sich dessen bewusst, dass mit der Aufarbeitung die Verletzungen von sexualisierter Gewalt Betroffener nicht aus der Welt sind. Die Diskussionen im Zusammenhang mit dem Betroffenenbeirat und dessen Scheitern zeigen die Notwendigkeit eines sensiblen und sorgfältigen Umgangs mit diesem Thema.

Auch Pfarrer und möglicherweise Pfarrerinnen haben sich sexualisierter Gewalt schuldig gemacht. Unter Ausnutzung von Abhängigkeit, Seelsorgesituationen oder psychischem Druck haben sie Grenzen überschritten, die für alle Menschen gelten, besonders aber für die, die sich beruflich der Nachfolge Jesu und der Predigt des Evangeliums verschrieben haben. Die Überschreitung dieser Grenzen ist mit nichts zu entschuldigen. Es gibt eine Anerkennung der Schuld, aber keine Wiedergutmachung. Die Erinnerung an erlittene Gewalt bleibt lebenslang. Das Eingeständnis von Schuld seitens der Täter kann aber helfen, dass Betroffene ins Recht gesetzt werden, um das sie mitunter lange kämpfen müssen, dass ihr Leid anerkannt wird, um die Scham zu überwinden.

Das jahrzehntelange Schweigen von Kirche und Diakonie ist ein einziges Versagen. Auch der Verband hat sich dem Thema wider besseres Wissen nie gestellt, allenfalls bei der Bewertung dienstrechtlicher Konsequenzen. Insofern hat der Verband die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt in seiner Berufsgruppe nicht erkannt und die Not der Betroffenen nicht ernstgenommen.

Auch wenn die Pfarrer und möglicherweise Pfarrerinnen, die sich sexualisierter Gewalt schuldig gemacht haben, nicht alle Mitglied eines Pfarrvereins waren, so ist doch in jedem Einzelfall unser Berufsstand betroffen. Dem dürfen sich Verband und Vereine nicht verschließen. Darum steht außer Frage, dass Fälle sexualisierter Gewalt vor Gericht gehören und disziplinarisch verfolgt werden. Die wissenschaftliche Untersuchung dessen, was war, und unter welchen strukturellen Bedingungen es möglich war, ist das eine. Die konsequente Ahndung eines Straftatbestandes, der sich niemals ganz ausschließen lassen wird, das andere. Insofern wird wichtig sein, Sexualität in der Ausbildung und der Supervision zu thematisieren, sexuelle Vielfalt nicht auszublenden, vor allem aber für sexuelle Integrität sensibel zu machen. Das wären Voraussetzungen, die der Seelsorge an Betroffenen zugutekämen.

Neben der wissenschaftlichen Aufarbeitung plant die EKD, das Disziplinargesetz dahingehend zu verändern, dass Belange von sexualisierter Gewalt Betroffener in Disziplinarverfahren stärker berücksichtigt werden. Das bezieht sich vor allem auf die Kommunikation innerhalb der Verfahren, auf juristische und andere unterstützende Beistände sowie auf die Möglichkeit von Akteneinsicht. Zwei Mitglieder des Verbandsvorstands begleiten die vorbereitende Arbeitsgruppe. Ein Gesetzentwurf ist für 2023 vorgesehen.

 

Pfarramt und Gesundheit

Die Kirchen unterliegen beim Arbeits- und Gesundheitsschutz gesetzlichen Bestimmungen. Arbeits- und Gesundheitsschutz sind Leitungsaufgabe. Darauf hat der Verband mehrfach hingewiesen. In ihrer Funktion als Arbeitgeber in Gemeinden, Einrichtungen und Werken haben Pfarrerinnen und Pfarrer dem Arbeits- und Gesundheitsschutz durch entsprechende Maßnahmen Rechnung zu tragen. Dazu gehört unter anderem das Zusammenwirken mit den Arbeitsschutzausschüssen der Kirchen, mit dem B.A.D und der Mitarbeitervertretung. Die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben wird von Pfarrerinnen und Pfarrern selbstverständlich erwartet.

Mit der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben seitens der Dienstgeber sollten Pfarrerinnen und Pfarrer ebenso selbstverständlich rechnen dürfen. Denn unser Berufsstand hat dieselben Rechte im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz wie alle anderen Mitarbeitenden. Das ist mehrfach und nicht zuletzt von der Evang. Fachstelle für Arbeits- und Gesundheitsschutz der EKD (EFAS) bestätigt worden. Auf Fachtagen für Pfarramt und Gesundheit des Verbandes in Zusammenarbeit mit der EFAS und anderen fachkundigen Personen wurde das Thema breit diskutiert und Verantwortliche in den Kirchenleitungen ausdrücklich dazu eingeladen. Die Resonanz blieb verhalten. Dabei wären die durch die Corona-Pandemie verursachten Erfahrungen Grund genug, den Arbeits- und Gesundheitsschutz endlich gezielt in den Blick zu nehmen. Die Studie Churches online in Times of Corona (CONTOC) hat 2020 die besonderen Belastungen durch virtuelle gottesdienstliche und andere kirchliche Angebote untersucht. Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass die meisten Pfarrerinnen und Pfarrer sich der Herausforderung erfolgreich gestellt haben. Nicht wenige hatten gewisse Anlaufschwierigkeiten sowohl technischer Art als auch hinsichtlich unzureichender Unterstützung seitens der Kirchen, fanden sich am Ende aber gut in die neuen Formate hinein. Nur ein geringer Teil hat keine oder nur wenige Angebote gemacht.

Der Verband hat sich die Ergebnisse der CONTOC-Studie vorstellen lassen. Dabei wurde festgestellt, dass CONTOC nicht nach den Folgen der Belastungen für die psychische und physische Gesundheit und für das berufliche Selbstverständnis der Pfarrerinnen und Pfarrer gefragt hat. Der Verband hat deshalb angeregt, diese Fragen in eine geplante neue Untersuchung (CONTOC II) einzubeziehen. Diese Anregung wurde zur Kenntnis genommen, aber nicht umgesetzt. Während CONTOC I sehr früh in der Corona-Pandemie durchgeführt wurde, hat CONTOC II 2022 im Wesentlichen dasselbe untersucht. Damit bleibt die Studie überwiegend im technischen und organisatorischen Bereich hängen und mag vielleicht zur Unterfütterung sog. digitaler Transformationsprozesse dienen. An der Lebenswirklichkeit von Pfarrerinnen und Pfarrern zwischen digitalen Angeboten und klassischer Pastoral, die nun beide vollumfänglich und in kompetenter Weise von ihnen erwartet werden, geht die Studie vorbei. Mag sein, dass sie daran nicht interessiert war. Die Kirchen als Dienstgeberinnen sollten es aber sein, denn die Zumutungen haben Folgen für die Motivation und die Zufriedenheit im Beruf, für die Freude am Dienst und für die Gesundheit einer der wesentlichen Berufsgruppen der Kirche.

Um den Arbeits- und Gesundheitsschutz voranzutreiben, hat der Verband auf Anregung der Mitgliederversammlung in Zusammenarbeit mit dem Pfälz. Pfarrverein eine Vorlage für Gefährdungsbeurteilungen entwickelt. Die Vorlage wurde beim letzten Fachtag Pfarramt und Gesundheit vorgestellt und in Teilen ausprobiert. Nach neuerlicher Überarbeitung kann die Vorlage nun genutzt werden, um für den eigenen Dienstbereich Gefährdungen aufzudecken und mit den zuständigen Gremien Lösungen zu erarbeiten. Wichtig zu wissen: Werden den Verantwortlichen Gefährdungen bekannt gemacht, Schritte zur Abhilfe unterbleiben aber, so machen sie sich strafbar. Spätestens an dieser Stelle zeigt sich, dass Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht nur Leitungsaufgabe, sondern Leitungspflicht ist.

 

Ausblick

In einem Jahr finden turnusgemäß Wahlen zum Verbandsvorstand statt. Viele Mitglieder des gegenwärtigen Vorstands scheiden aus, teils aus Altersgründen, teils, um sich neuen Aufgaben zuzuwenden. Auch der Verbandsvorsitz wird neu gewählt. Der Pfarrverein Kurhessen-Waldeck unter dem Vorsitz von Frank Illgen hat zur Mitgliederversammlung nach Hofgeismar eingeladen. So Gott will und wir leben, werden wir uns dort am 25. September 2023 wiedersehen.

 

Andreas Kahnt

 

Anmerkung

* Vorstandsbericht auf der Mitgliederversammlung des Verbandes Evang. Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V. in Leipzig am 26. September 2022. – Der Bericht ist in voller Länge auf der Homepage des Verbandes nachzulesen.

 

 

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 11/2022

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