In diesem Jahr ist es wieder soweit: von Montag, 26. bis Mittwoch, 28. September treffen sich Pfarrerinnen und Pfarrer aus ganz Deutschland in Leipzig zum Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrertag. Das Thema Ende der Sicherheit rückt die Debatte um die aktuellen Veränderungen in Kirche und Gesellschaft in den Mittelpunkt.

Veränderungen in Politik und Gesellschaft werden oft als bedrohlich empfunden.

Der Pfarrerinnen- und Pfarrertag 2022 in Leipzig wird sich mit der Frage beschäftigen, wie tatsächliche und vermeintliche Veränderungen in der Gesellschaft in Deutschland von der Bevölkerung wahrgenommen werden. Hintergrund sind die Fragen um die Zukunft der Europäischen Union, die Kriegsgefahr in Europa, die Rettung und Integration Schutzsuchender oder die Veränderung des Klimas und die Bewegung „Fridays for future“. Darüber hinaus driftet die deutsche Gesellschaft zwischen „Arm“ und „Reich“ zusehends auseinander, und Digitalisierung und künstliche Intelligenz werden zwar als zukunftsweisende Technologien gepriesen, aber vielfach als bedrohlich empfunden.

Haben alte Modelle ausgedient?

Soziale Marktwirtschaft, Demokratie im Sinne der Mütter und Väter des Grundgesetzes, Sicherheit durch die Einbindung in die Europäische Union und die NATO, scheinen ausgedient zu haben. Aufgegeben zugunsten einer Flexibilisierung der Arbeitswelt und eines globalen Kapitalismus, der keine Rücksicht auf klimatische Veränderungen nimmt, erschwert durch Konflikte innerhalb europäischer Staaten und mit Russland, gefährdet durch Demokratiemüdigkeit und mangelnde Bereitschaft zu geordnetem Konflikt und ehrlichem Kompromiss. Die Debatten in Parlamenten, im Fernsehen und im Internet zeugen von einer gewissen Verwahrlosung. „Alternativen Fakten“ wird eher geglaubt als gründlich recherchierter Wirklichkeit. Die Kirchen als lange integrierende und Werte prägende Institutionen haben ihre Bedeutung teils mutwillig verspielt, teils in einer pluralistischen Gesellschaft verloren. Die Corona-Pandemie hat Regierungen und Bevölkerung weltweit vor ungeahnte Herausforderungen gestellt und wie ein Brennglas bestehende Probleme und Konflikte befeuert.

Die Bevölkerung reagiert unterschiedlich auf diese Veränderungen, teils besonnen, teils hysterisch, teils mit dem Kopf im Sand, teils aber auch gewaltbereit. Manche suchen Lösungen in besserer Bildung, andere wollen die Demokratie westlicher Art abschaffen. Dazwischen gibt es viel Verwirrung und Ratlosigkeit. Das Thema der Tagung Ende der Sicherheit bringt diese Beobachtungen auf den Punkt.

Und was hat all das mit Pfarrerinnen und Pfarrern zu tun?

Pfarrerinnen und Pfarrer sehen sich in Predigt, Seelsorge und Unterricht, aber auch in der politischen Diskussion vor Ort in den Gemeinden mit den beschriebenen tatsächlichen und „gefühlten“ Veränderungen konfrontiert. Sie müssen Stellung beziehen und dabei zugleich den Zusammenhalt in der Gesellschaft im Blick behalten.
Beim Pfarrerinnen- und Pfarrertag soll die Situation analysiert werden und die Teilnehmenden zugleich ermutig werden, nicht aufzugeben im täglichen Bemühen um Verständnis, Einsicht, kluge Entscheidung, tatkräftige Hilfe und Zeichen christlicher Zuversicht und Nächstenliebe. Gemeinsam wollen wir überlegen, was wir dafür bereit sein müssen zu tun, wie wir uns als Christinnen und Christen und als Kirche selber verändern müssen und was unser Glaube dazu beitragen kann. Wenn das Ende der Sicherheit gekommen ist, nützen keine Beschwichtigungen. Stattdessen bedarf es eines nüchternen Blicks und einer erhellenden Analyse.

Das Programm

Der 76. Deutsche Pfarrerinnen- und Pfarrertag findet vom 26.-28. September 2022 in Leipzig statt. Er beginnt mit einem Gottesdienst am Nachmittag und einem festlichen Abend und wird mit dem Hauptvortrag zum Tagungsthema am Folgetag fortgesetzt. Am Nachmittag des zweiten Tages wird in einer Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener politischer, akademischer und kirchlicher Gruppen unter Einbeziehung des Plenums das Thema vertieft werden. Am Abend ist ein kulturelles Programm vorgesehen. Die Tagung endet mit Besichtigungen und Führungen in Leipzig am 28. September gegen Mittag.
Leipzig als Stadt bietet aus historischer Sicht wie durch ihre aktuelle politische, akademische und wirtschaftliche Lage einen mehr als geeigneten Ort, das Thema Ende der Sicherheit zu bedenken.
Der Verband evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland und der Sächsische Pfarrverein freuen sich darauf, viele Interessierte in Leipzig willkommen heißen zu dürfen! Anmeldungen zum Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrertag sind ab Mai auf der Internetseite des Verbandes und über ein Formular im Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrerblatt möglich.

Andreas Kahnt
Verbandsvorsitzender