Magdeburg (cf). In seinem Vorstandsbericht vor der Mitgliederversammlung des Verbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V. am 27.9.2004 in Magdeburg plädierte der Vorsitzende des Verbandes, Pfarrer Klaus Weber (Altenkunstadt), dafür, Pfarrerinnen und Pfarrer als "Kreativposten" der Kirche und nicht als "Kostenfaktor" anzusehen. Deutliche Kritik übte Weber an den Kirchenleitungen, die häufig auf das "Gesundschrumpfen" vertrauten. "So werden wir weder unserem Auftrag gerecht noch können wir verhindern, dass viele Menschen sich anderen Anbietern am religiösen Markt zuwenden", sagte Weber vor den 100 Delegierten aus 22 Einzelvereinen.

Neue Kirchengesetze haben "pflegeleichten Pfarrer" vor Augen

Weber wandte sich entschieden gegen gesetzliche Regelungen, die in einigen Landeskirchen vorbereitet würden oder bereits beschlossen sind. Diese hätten die "pflegeleichten" Pfarrerinnen und Pfarrer vor Augen, die "gut zu führen und flexibel einzusetzen sind sowie bei Problemen in einem schnellen Verfahren in den Warte- oder Ruhestand versetzt werden können". In der Praxis benötige der Pfarrberuf große Freiräume für eigene Entscheidungen und hohe Handlungsautonomie. Weber forderte daher: "Aufhören muss die zunehmende Reglementierung, als wären wir nur noch Auftragsempfänger und Marionetten in der Hand von Kirchenleitungen, Kirchenverwaltungen und der Kirchenvorstände und Presbyterien."

Um die Entwicklungen in den Landeskirchen gezielt in den Blick zu nehmen, habe der Vorstand einen Ausschuss eingesetzt, dessen Stellungnahme der Vorstand beschlossen habe. In dem Papier wird betont, dass die vertrauensvolle Beziehung zwischen Pfarrerin bzw. Pfarrer und Gemeinde sowie die Handlungsautonomie der Pfarrerinnen und Pfarrer als Eckpunkte des pfarramtlichen Dienstes anzusehen sind. Kritisiert werden dagegen Regelungen der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, die eine wöchentliche Arbeitszeit von 54 Stunden als Orientierungswert vorsehen und damit "in eklatanter Weise gegen die europäische Sozialgesetzgebung verstoßen". Auch die zeitliche Begrenzung der Übertragung einer Gemeindepfarrstelle auf 10 Jahre, wie in Berlin-Brandenburg vorgesehen, fördere weniger die Mobilität der Pfarrerinnen und Pfarrer, sondern führe zu einer "totalen Abhängigkeit vom Gemeindekirchenrat", da nur dieses Gremium einen Antrag auf einen längeren Verbleib der Pfarrerin oder des Pfarrers stellen könne. Demgegenüber betont der Vorstand  in seiner Stellungnahme, dass nur ein Konzept moderner Personalführung auf geeignete Weise die Mobilität fördere. 

Zu wenig Theologiestudierende / Aussichten oft gut

Erfreut zeigte sich Weber, dass in den meisten Landeskirchen die Theologie-studierenden zur Zeit gute Aussichten auf eine dauerhafte Anstellung hätten. Im Blick auf die unterschiedliche Praxis der Landeskirchen, externe Bewerberinnen und Bewerber aufzunehmen, mahnte Weber eine einheitlich Praxis an, "um ein einheitliches Signal für den Nachwuchs nach draußen zu senden". Gleichzeitig warnte Weber vor einem Mangel an Pfarrerinnen und Pfarrer, der jetzt schon absehbar sei. Auf den landeskirchlichen Anwärterlisten sei die Zahl zwischen 1984 und 2003 von 12.000 auf 2.657 zurückgegangen. Dies reiche weitem nicht aus um den künftigen Bedarf zu decken, so Weber. Weder eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit noch der verstärkte Einsatz ehrenamtlicher Mitarbeiter könne den drohenden Mangel ausgleichen, sagte der Vorsitzende, sondern nur eine Personalpolitik, die stärker junge Menschen anspricht, sei erfolgversprechend.

Zukunft des Verbandes: Gesamtpfarrervertretung der EKD sinnvoll

Im letzten Teil seines Berichts stimmte der Vorsitzende die Delegierten auf Veränderungen im Verband ein. Ein zweijähriger Konsultationsprozess im Vorstand und in der Vorsitzendenkonferenz zeige erste Ergebnisse, die unter dem Stichwort "Kasseler Perspektiven" im nächsten Jahr vorgestellt werden sollen. Schon jetzt zeichne sich ab, dass die kompetente Beratung und Vertretung der Vereine und der Pfarrerinnen und Pfarrer in dienstrechtlichen Fragen verstärkt werden müsse. Da die EKD ein weitgehend einheitliches Dienstrecht anstrebe und eine Gesamtpfarrer-vertretung der EKD noch nicht existiere, sei diese für die Zukunft sinnvoll. Mit seinen ca. 20.000 Mitgliedern sei der Verband schon jetzt "Sprachrohr und Vertreter aller Pfarrerinnen und Pfarrer in der EKD".  Für die Zukunftsaufgaben reiche die ehrenamtliche Struktur nicht mehr aus.