Kassel, 26.3.2006 (cf). Der Vorstand des Verbandes der Vereine evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V. hat auf seiner gemeinsamen Sitzung mit den Pfarrvereinsvorsitzenden und den Vorsitzenden der Pfarrervertretungen in der EKD ("Fuldaer Runde") am 25.3.2006 in Kassel Thesen zur „Nichtgedeihlichkeit und zum Wartestand“ verabschiedet.

Wir dokumentieren die Thesen auf www.pfarrverband.de und stellen sie zur Diskussion.

Im Haus der Kirche in Kassel tagten Ende März der Vorstand, die Vorsitzendenkonferenz und die "Fuldaer Runde". Foto: medio.tv

Thesen zur „Nichtgedeihlichkeit“ und zum „Wartestand“

1.)  Das Verfahren wegen nichtgedeihlichen Wirkens mit der möglichen Folge der Versetzung in den Wartestand ist in den Pfarrergesetzen enthalten, um in Fällen, in denen ein Konflikt zwischen Pfarrerin /Pfarrer und Kirchenvorstand / Presbyterium als unüberbrückbar und eine gemeinsame Arbeit zum Wohl der Gemeinde nicht mehr gegeben erscheint, eine Trennung zu ermöglichen. Es geht dabei jedoch nicht um die Feststellung eines Verschuldens am Konflikt.
Dieses Verfahren wird gegenwärtig in den Kirchen sehr kontrovers diskutiert. Nicht wenige Pfarrerinnen und Pfarrer halten dieses Verfahren für eine im Raum der Kirchen unangemessene Form der Konfliktlösung und möchten es deshalb abschaffen.

2.)  Wenn Konflikte in einer Kirchengemeinde zwischen Pfarrerinnen und Pfarrern und Gemeindegliedern oder dem Presbyterium/ Kirchenvorstand auftreten, dann muss zunächst die zuständige Dienstaufsicht (Dekaninnen und Dekane, usw.) alle Möglichkeiten zur Behebung der vorhandenen Spannungen und zur Vermeidung eines Verfahrens wegen Nichtgedeihlichkeit ausschöpfen.
Eine professionelle Personalführung setzt dabei auf die Instrumente: „Personalgespräch“, „Gemeindeberatung“, „Visitation“ und neuerdings auch auf „Mediation“.

3.)  Erscheint die Einleitung eines Verfahrens der „Nichtgedeihlichkeit“ unausweichlich,
dann sind zunächst die folgenden Ausschlusskriterien zu überprüfen: Ein Verfahren der „Nichtgedeihlichkeit“ darf a) kein Mittel der Stellenplanung, b) kein Ersatz für ein Disziplinarverfahren, c) kein Ersatz für ein Lehrzuchtverfahren und d) kein Ersatz für eine Feststellung der Nichteignung für den pfarramtlichen Dienst sein.

4.)  Ohne den Nachweis von vorhergehenden Versuchen der Mediation oder von anderen geeigneten Methoden der Konfliktbearbeitung (z.B. Supervision), die von „neutraler“ Seite angeboten werden, darf kein Verfahren der „Nichtgedeihlichkeit“ eröffnet werden. Bei Ablehnung einer Konflikt bereinigenden Maßnahme durch den Kirchenvorstand / Presbyterium muss durch gesetzliche Regelung die Abberufung und die Neuwahl von Kirchenvorstand / Presbyterium eröffnet werden.

5.)  Unmittelbar nach Einleitung eines förmlichen Verfahrens muss der Pfarrerauschuss / die Pfarrervertretung als Anwalt der betroffenen Pfarrerinnen und Pfarrer  einbezogen und um Vermittlung bzw. Stellungnahme gebeten werden.

6.)  Es muss in einem Verfahren auch geprüft werden, ob sich die entstandenen Spannungen nur auf das Verhältnis zum Kirchenvorstand / Presbyterium oder auf das Verhältnis zur ganzen Gemeinde beziehen. Spielen sie sich nur im Leitungsgremium ab, so sollte eine Gemeindeversammlung mit einem hohen Quorum (gemessen an der Beteiligung an der letzten Kirchenvorstandswahl) zur Frage der „Nichtgedeihlichkeit“ gehört werden.

7.)  Bei einem Verfahren der Nichtgedeihlichkeit sind klare Tatbestände, ein ordnungsgemäßes Erhebungsverfahren mit entsprechenden Rechten der Betroffenen, eine sorgfältige Begründung und eine Überprüfungsmöglichkeit durch kirchliche Gerichte festzuschreiben.
8.)  Die Einleitung eines Verfahrens wegen „Nichtgedeihlichkeit“ darf keine automatische Dienstenthebung zur Folge haben.

9.)  Die Versetzung in den Wartestand sollte nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen.

10.) Es sollte geprüft werden, ob ein Verfahren der Nichtgedeihlichkeit mit der Möglichkeit der Abberufung auch gegen einzelne Kirchenvorstandsmitglieder / Mitglieder des Presbyteriums oder den gesamten Kirchenvorstand / Presbyterium  eröffnet werden kann, wenn die Spannungen gegenüber den Pfarrerinnen und Pfarrern von diesem Leitungsgremium oder Einzelnen aus dem Leitungsgremium ausgehen.

Beschluss des Verbandsvorstands und der Mitglieder der Fuldaer Runde (Pfarrvereinsvorsitzende und Vorsitzende der Pfarrervertretungen in der EKD) am 25.03.06 in Kassel.