Frankfurt am Main/Dresden, 30.4.2024. In einer Erklärung hat der Vorstand des Verbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V. Stellung genommen zum Umgang mit rechtsextremen Positionen in der Gesellschaft. „Wir nehmen den 90. Jahrestag der Barmer Theologischen Erklärung zum Anlass, uns zur Situation in unserem Land, in unserer Bevölkerung und in unserer Kirche zu positionieren. Dabei beziehen wir uns ausdrücklich auch auf die Barmer Theo-logische Erklärung vom 31. Mai 1934“, heißt es einleitend in der Erklärung des Verbandes mit Sitz in Frankfurt an Main.

„Mit Entsetzen nehmen wir wahr, dass es zunehmend auch in christlichen Kreisen gesellschaftsfähig zu werden scheint, den Unmut über Unzulänglichkeiten in unserem Land bestimmten Menschengruppen zuzuschreiben. Ganz bewusst wird in unserem reichen Land Stimmung gemacht gegen Menschen aus ärmeren Ländern“, so der Eindruck des Verbandsvorstandes.

„Auf der Grundlage des jüdisch-christlichen Menschenbildes verwahren wir uns gegen Halbwahrheiten, Lügen, Ressentiments, Polemik und Hass. Die Gottesebenbildlichkeit des Menschen und die daraus abgeleitete Menschenwürde gilt allen Menschen. Das Gegenteil zu behaupten ist blasphemisch, erst recht, wenn das Christentum für diese Position in Anspruch genommen wird“, heißt es in der Erklärung.

Dankbar zeigt sich der Vorstand, dass „wir uns bei allen Unterschieden einig sind mit Menschen aus vielen Kirchgemeinden, kirchlichen Institutionen, Landeskirchen, aus der EKD und VELKD, und auch der Katholischen Bischofskonferenz“. Als Staatsbürger „verwahren wir uns gegen jeden Versuch, mit demokratischen Mitteln die Demokratie auszuhebeln“, heißt es weiter.

Für den Berufstand der evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland formuliert der Vorstand des Verbandes folgende Maßstäbe, die sich aus dem Ordinationsverständnis ergeben:

  • "Zur Berufsethik im Pfarrdienst gehört eine klare Orientierung auf biblische Werte wie die Würde des Menschen, Nächstenliebe und der Schutz von Fremden, Schwachen und Sozial-Benachteiligten. Wir sind ordiniert auf Schrift und Bekenntnis.
  • Die Freiheit der Verkündigung und der öffentlichen Äußerung stößt an ihre Grenze, wenn sie explizit christliche Werte leugnet, verunglimpft oder modifizieren und faktisch abschaffen will.

Pfarrer*innen sind bei der Verwendung von problematischer Sprache aus der NS-Zeit oder aus einem demokratiefeindlichen Umfeld („Altparteien“, „Lügenpresse“) deutlich nicht mehr im Bereich dessen, wozu sie in ihrer Ordination beauftragt sind.

  • Pfarrerinnen und Pfarrer haben ein öffentliches Amt.

Öffentlichen Auftritte von Pfarrer*innen haben diesem Amt zu entsprechen und dürfen nicht für persönliche Zwecke und nicht im Sinne der individuellen Meinungsäußerung missbraucht werden. Wir leben in Deutschland in einem Rechtsstaat, in einer Demokratie, und nicht in einer Diktatur.

  • Die sich aus der Ordination ergebende seelsorgliche Zuwendung zu Menschen, die offen rechtextreme Ansichten vertreten, ist klar zu unterscheiden von einer aktiven Unterstützung politischer Gruppierungen, die eindeutig menschenverachtende Tendenzen erkennen lassen: Erstes ist Teil des Pfarrdienstes, Letzteres ist mit dem geistlichen Amt nicht vereinbar.
     
  • Der Verband Evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland sowie seine Pfarrvereine stehen für eine offene Diskussionskultur, die jedoch immer im Rahmen der oben genannten biblischen Werte geschieht.

Wer ein Amt im Verbandsvorstand, im Vorstand eines Pfarrvereines oder einer Pfarrvertretung innehat, trägt eine besondere Verantwortung bei der Wahrnehmung der öffentlichen Rede als Pfarrer*in. Theologische Positionen, die nicht von dem Gremium geteilt werden, dem sie angehören, dürfen in der Öffentlichkeit nicht mit der Nennung einer Vereinsfunktion getätigt werden.“

Zum Schluss bezieht sich der Verbandsvorstand auf die Stuttgarter Schulderklärung von 1945: „Wir wollen nicht noch einmal wie am 19. Oktober 1945 in Stuttgart erklären müssen, das wir ‘nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt‘ hätten“, heißt es abschließend in der Erklärung, die am 30. April 2024 vom Vorsitzenden des Verbandes, Pfarrer Eckehard Möller, in Dresden unterzeichnet wurde.

Bei Rückfragen zur Erklärung wenden Sie sich bitte direkt an den Vorsitzenden des Verbandes, Pfarrer Eckehard Möller unter: vorsitz(at)pfarrerverband.de oder telefonisch: 0351 2565 1698.

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