Worms, 22.9.2014 (cf). In seinem Vorstandsbericht vor der Mitgliederversammlung des Verbandes evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland e.V. am 22.9.2014 in Worms stellte der Vorsitzende des Verbandes, Pfarrer Andreas Kahnt (Westerstede), die Folgen der aktuellen EKD-Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) für den Pfarrberuf sowie die anstehenden Herausforderungen für den Verband in den Mittelpunkt.

Auftakt zum Pfarrertag in Worms: Pfrin. Anita Nowak-Neubert (stv. Vors. Verein EKHN), Pfr. Christian Fischer (Pressereferent) und Pfr. Andreas Kahnt (Vorsitzender Verband). Foto: Kerstin Neubert

Die 5. Erhebung der Evangelischen Kirche in Deutschland über die Kirchenmitgliedschaft zeige eindrucksvoll, „dass unter den Kirchengliedern die Bedeutung von Pfarrerinnen und Pfarrern hoch geschätzt wird“, so Kahnt. Es komme auch in Zukunft auf den Pfarrer und auf die Pfarrerin an, so der Vorsitzende, denn die Evangelische Kirche sei für ihre Mitglieder vor allem durch ihre gottesdienstliche Praxis bedeutsam. „Das Bild von Kirche vermittelt sich für einen großen Teil der Befragten über konkrete Personen, nämlich eine Pfarrerin oder einen Pfarrer, die Sie persönlich kennen, denen sie anlässlich eines kirchlichen oder öffentlichen Ereignisses begegnet sind oder deren Namen sie mit einer Pfarrperson verbinden,“ betonte der Vorsitzende vor den 100 Delegierten aus den Mitgliedsvereinen.

Schluss mit dem Aufbürden neuer Aufgaben / Manches EKD-Leuchtfeuer ein Irrlicht

Kahnt folgert aus diesem Ergebnis: „Es muss endlich vorbei sein damit, dass Pfarrerinnen und Pfarrern unablässig neue Aufgaben aufgebürdet werden und sie allein bleiben mit der Notwendigkeit, diese Aufgaben in ihre Arbeitswoche zu integrieren oder durch Weglassung anderer Aufgaben zu kompensieren.“ Beides sei auf Dauer nicht möglich, sondern werde zur Belastung für das eigene Selbstverständnis, für die Familie, für die Gesundheit und nicht zuletzt für das Miteinander in Gremien und Aufgabenbereichen. Niemandem sei damit genützt, dass Pfarrerinnen und Pfarrer sich in der Wahrnehmung unzumutbar vieler Aufgaben verzehren und darüber krank werden, so Kahnt.

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland habe mit ihrem Reformprogramm einiges zu diesen Fehlentwicklungen beigetragen: Manche Vorgaben zeigten in die falsche Richtung und manches Leuchtfeuer hätte sich als Irrlicht erwiesen, so Kahnt. „Die Vorgabe, ‚gegen den Trend zu wachsen‘, war und ist eine Anleitung zum Unglücklich sein; sie hat nicht wenige Pfarrerinnen und Pfarrer nicht nur unglücklich, sondern sogar krank gemacht“, unterstrich der Vorsitzende. Es wäre hilfreich gewesen, den Verband zum sogenannten Zukunftskongress der EKD im Mai dieses Jahres einzuladen, um Fehlentwicklungen offen anzusprechen. „Aber vielleicht wollte dort niemand hören, was der Verband schon seit langem sagt und einfordert. Nun haben es eben die Kirchenmitglieder gesagt“, so der Vorsitzende in Worms wörtlich.

In diesem Zusammenhang unterstrich Kahnt, dass die Kernaufgaben der Pfarrerinnen und Pfarrer die Verkündigung in Wort und Sakrament, der Unterricht, die Seelsorge und die geistliche Leitung seien. Auch wenn zukünftig vieles in der Kirche nur möglich sein werde, wenn sich Menschen ehrenamtlich engagieren, so dürften Pfarrerinnen und Pfarrer nicht zu Anleiterinnen und Anleitern von Ehrenamtlichen werden, sondern müssten diese Kernaufgaben weiterhin selbst wahrnehmen, so der Vorsitzende.

Theologischer Nachwuchs braucht mehr Durchlässigkeit zwischen Landeskirchen

Angesichts der Nachwuchsprobleme beim Pfarrberuf beklagte Kahnt, dass trotz eines Eckpunkte-Papiers der EKD zur Ausbildung, immer noch keine volle Durchlässigkeit zwischen den Landeskirchen bestehe. „Nicht einmal in den Kirchen, die sich auf ein gemeinsames Ausbildungsprogramm geeinigt haben, erwerben erfolgreiche Examenskandidaten und Examenskandidatinnen die Anstellungsfähigkeit in allen diesen Kirchen“, monierte der Vorsitzende. Dem Verband liege an einer Vergleichbarkeit der Ausbildung in den Evangelischen Kirchen in Deutschland. Darin teile der Verband die Linie der EKD, unterstrich Kahnt vor den Delegierten. Beste Werbeträger für den Pfarrberuf seien zudem Pfarrerinnen und Pfarrer, die Zeit haben und nicht über Geld reden müssen, so Kahnt.

Deutliche Kritik am Besoldungs- und Versorgungsgesetz der EKD: „Ziel verfehlt!“

Enttäuscht zeigte sich Kahnt von dem vorliegenden Entwurf zum Besoldungs- und Versorgungsgesetz der EKD (BVG.EKD). Seit langem habe der Verband eine einheitliche Besoldung und Versorgung der Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland gefordert. Nun zeige der Entwurf, dass „das BVG.EKD bestenfalls einen gemeinsamen Rahmen für diejenigen Kirchen bietet, die es anwenden wollen, und darüber hinaus den Gliedkirchen weitreichende Möglichkeiten eröffnet, wesentliche Teile der Besoldung und Versorgung nach eigenem Ermessen zu regeln“. Damit werde das als vorrangig dargestellte Ziel einer allgemeinen Anwendung von Bundesrecht faktisch wieder verworfen.

Kahnt unterstrich das Befremden des Verbandes, nicht von Anfang an bei der Vorbereitung des Gesetzes beteiligt worden zu sein, obwohl es sich bei der Materie um „ureigene Interessen von Pfarrerinnen und Pfarrern handelt“. Aus Sicht des Verbandes werde das Ziel einer möglichst einheitlichen Besoldung und Versorgung für Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland verfehlt, beklagte Kahnt in Worms vor den Delegierten.

Deutscher Pfarrerverband vor Klärung: Freier Berufsverband oder Pfarrvertretung?

Mit der Entscheidung, sich zukünftig verstärkt Pfarrvertretungsaufgaben in der EKD zu widmen, sei der Verband in zwei Richtungen gefordert: „Einerseits ist er ein freier Berufsverband, der seine Aufgaben, Themen, Vorhaben, Verlautbarungen und Ziele selbständig und ungebunden festlegt und sich zu allem, was ihm im Sinne seiner satzungsgemäßen Festlegungen wichtig erscheint, äußern kann“, andererseits nehme er mittlerweile Aufgaben wahr, die ihn an Vorgaben von Gesetzen und Gremien der EKD sowie eigene Verpflichtungen binden. In der Zukunft sei daher zu klären, ob der Verband weiterhin ein „Zwitterdasein“ zwischen freiem Berufsverband und von außen reglementiertem Gremium führen wolle, oder ob er sich von den Möglichkeiten, die ihm durch das Pfarrerdienstgesetz der EKD gegeben sind, zugunsten seiner Kernaufgaben verabschieden solle, so Kahnt.
Kahnt kündigte an, diese für die Zukunft des Verbandes wichtige Klärung weiter voranzutreiben und ergänzte: „Wie immer aber die Entscheidung ausfällt: Sie wird nur mit entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen zu füllen sein. Denn beide Alternativen erfordern die Hauptamtlichkeit des Verbandsvorsitzenden.“

„EKD nicht interessiert an funktionierendem Verband“ / Ziele aus eigener Kraft erreichen

Kahnt beschrieb die derzeitige Situation, in der der Verband auf die Unterstützung einzelner Gliedkirchen oder das finanzielle Engagement einzelner Vereine angewiesen ist. Die EKD vergleiche den Verband mit einer Gewerkschaft, die ihr Arbeit selbst finanziere. „Die EKD ist nicht interessiert an einem funktionierenden Verband. Das hat die äußerst verhaltene Bereitschaft des scheidenden Ratsvorsitzenden, regelmäßig mit dem Verband zu sprechen, über Jahre eindrucksvoll gezeigt“ erklärte der Vorsitzende.

Kahnt forderte daher die Delegierten der Vereine auf, die Finanzierung durch eine Umlage der Vereine sicher zu stellen, und damit den Verbandsvorsitzenden in die Lage zu versetzen, die vielfältigen Aufgaben des Verbandes verlässlich zu erfüllen, neue Herausforderungen uneingeschränkt anzunehmen und die Ziele des Verbandes zu erreichen. In diesem Zusammenhang habe der Vorstand die Einrichtung einer zentralen Geschäftsstelle in Kassel als ersten Schritt zur Konzentration der Arbeit beschlossen. Der Verband erhalte damit erstmalig eine bleibende Adresse. Kassel sei gut zu erreichen und der zentrale Ort, an dem sich die Gremien des Verbandes vornehmlich treffen. In der Geschäftsstelle werde es Mitarbeitende geben, die bleiben, auch wenn die Vorsitzenden wechseln. Damit sei die Kontinuität der Arbeit der Verbandes und der Geschäftsstelle gewährleistet. (Christian Fischer)