Die gegenwärtige ökologische Krise des Planeten ist das Resultat eines Jahrhunderte währenden geistesgeschichtlichen Prozesses der Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Soll es zu heilsamen Veränderungen kommen, ist eine grundlegende Umkehr notwendig – und insofern Theologie und Christentum an dieser Entwicklung nicht unschuldig sind, sollten sie auch bei der Entwicklung einer neuen ökologischen Theologie vorausgehen.1


Martin Luther war nicht zimperlich mit Worten und Schimpfreden, wenn es – in seinen Augen – um Missstände in der Kirche und um theologische Sackgassen ging, in denen die Theologie festsaß. Von Luther lernen heißt, möglichst unverdrossen lebensdienliche Fragen zu stellen.


Von 1914 ins Jahr 2014

An einem Augustwochenende des Jahres 1914 – so war es in der Augustausgabe 2014 des Deutschen Pfarrerblattes zu lesen – wurde »eine Organisation gebildet, die … die Friedensthematik als kirchliche Aufgabe entdeckte: der Internationale Versöhnungsbund.« »Warum … hat sich die christliche Kirche so lange zurückgehalten … von ihrer offenbaren Pflicht der Förderung des Friedens und der Brüderschaft unter den Völkern«, fragte der Quäker J. Allen Baker damals.2

Seit hundert Jahren wird diese Frage kontrovers diskutiert. Nicht nur 1914 hatte die Theologie keine Antwort auf die Friedensfrage. In den folgenden Jahrzehnten gab es auch keine Menschenrechtstheologie (»Imago Dei«), die den Kirchen geholfen hätte, die Vernichtung des europäischen Judentums wahrzunehmen und ihr wirksam entgegen zu treten. Es gab keine theologischen Instrumente und Traditionen.

Hundert Jahre später, stehen wir vor einer neuen Herausforderung. Es geht ums Ganze. Was sagen Theologie und Kirche zum Thema »Friede mit der Erde«.3 Der Schweizer Pfarrer und Poet Kurt Marti hat diese Herausforderung mit klarsichtigen Worten 1983 so beschrieben: »Jetzt ist es die Natur selbst, die uns unter Androhung unseres Untergangs ultimativ auffordert, unsere herrischen und zerstörerischen Wirtschaftsweisen, Lebensweisen, so zu verändern, dass die Befriedigung unserer Lebensbedürfnisse nicht länger in der Form eines unbarmherzigen Vernichtungskrieges gegen die Natur betrieben wird.«4

Vielen erscheint dies noch immer eine übertriebene Sicht der Dinge.5 Allgemein anerkannt ist, dass das innere Gleichgewicht der natürlichen Kreisläufe bereits seit langem gestört ist und ein unumkehrbarer Prozess der Erwärmung der Erdatmosphäre stattfindet als Folge der industriellen Lebensform, die sich seit nunmehr bald 200 Jahren durchgesetzt hat.6


Glaube im Blick auf die Erde

Der renommierte amerikanische lutherische Theologe Larry Rasmussen hat zu diesem Thema beachtliche Arbeiten vorgelegt und fragt, wann es einen authentischen christlichen »earth faith« (Glaube im Blick auf die Erde) geben wird, damit Christen zusammen mit anderen »agents of change« gemeinsam zum Erhalt des Lebens, zur Rettung der Lebensvielfalt, ja zur lebenswerten Zukunft des »homo sapiens« auf dem Planeten beitragen werden.7

Bisher ist mir kein ähnliches Projekt der Reformationsdekade bekannt. Die Theologie ist gefragt, Traditionen und Instrumente zu entwickeln, um die Herausforderungen der Zeit angemessen wahrzunehmen und die Menschen durch relevante theologische Antworten zu befähigen, diesem »Vernichtungskrieg gegen die Natur« Einhalt zu gebieten. Die kanadische Theologin Heather Eaton, eine der wichtigen ökotheologischen Denkerinnen8 stellt fest, dass wir angesichts dieser Situation »an der Neuinterpretation, der Wiedergewinnung und in einem gewissen Ausmaß auch an der Neuerfindung christlichen Lebens und Denkens« arbeiten müssen. »Für viele Menschen (ist) die Schädigung der Erde eher eine praktische, als eine ethische oder spirituelle Sorge.«9

Eine gewissenhafte Relectura biblischer Texte ist dabei zentral: Wie artikulieren wir das Zeugnis der Bibel im 21. Jh., damit es in rechter Weise vom »Gott des Lebens«10 spricht? In den Diskursen und Dokumenten des ÖRK hat die Reflexion der Schöpfungszusammenhänge ab der 5. Vollversammlung (Nairobi 1975, »just, participatory and sustainable society«) und der 6.Vollversammlung (Vancouver 1983) immer mehr Raum gewonnen durch den dort auf den Weg gebrachten konziliaren Prozess für »Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung«. In dem neuen Missionsdokument des ÖRK aus dem Jahr 2012 »Gemeinsam für das Leben. Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten«11 nimmt die Schöpfungsthematik ­einen bedeutenden Raum ein.


Die Erde als einziges großes Ökosystem

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse könnten der Theologie noch einmal völlig neue Denkmöglichkeiten öffnen.12 Dazu gehört die These von der Erde als »Gaia«, als eines einzigen lebendigen Organismus. Die Gaia-Theorie wurde von James Lovelock entwickelt, der im Auftrag der NASA Modelle für die Raumfahrt entwickeln sollte, die es ermöglichen sollten, außerirdisches Leben zu entdecken (Boff, Erde, 53). Sie besagt: Die Erde als Ganze ist ein höchst komplexes System, eine Reihe von miteinander in Wechselwirkung befindlicher Ökosysteme, die ein einziges großes Ökosystem auf der Erde bilden (Boff, Zukunft, 38). Sie verhält sich ähnlich wie eine Pflanzenzelle13, wie ein menschlicher Körper, der alle Arten von Mechanismen hat, um seine Temperatur zu erhalten, Angriffe von Bakterien abzuwehren und das Wohlbefinden aufrecht zu erhalten. Das ganze Spektrum der lebendigen Dinge auf der Erde, von den Walen bis zu den Viren und von den Eichen bis zu den Algen, könnte so betrachtet werden, als bilde es eine einzige lebendige Einheit, die in der Lage ist, die Erdatmosphäre zu manipulieren, um sie ihren Grundbedürfnissen anzupassen, und die mit Fähigkeiten und Kräften ausgestattet ist, die weit jenseits der Fähigkeiten und Kräfte ihrer Bestandteile liegen (Boff, zitiert Goldsmith, Zukunft 30).

Es gibt das unglaubliche Gleichgewicht des Systems Erde und die erstaunlich fein abgestimmte Dosierung aller Elemente … die für das Leben förderlich sind … Dieses Aufeinander-abgestimmt-Sein sorgt dafür, dass die Erde ein guter, ja optimaler Ort für lebendige Organismen ist. Auf diese Weise erscheint die Erde wie ein großer lebendiger Superorganismus, der sich selbst reguliert … In diesem System geschieht die Regulierung von Klima und chemischer Zusammensetzung völlig selbstständig (Boff, Erde, 53-56). Die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre war ein entscheidender Grund dafür, dass die Erde im Lauf der letzten vier Milliarden Jahre eine relativ konstante Oberflächentemperatur aufrechterhalten hat, obwohl die Sonne in diesem Zeitraum um 30 bis 50 Prozent wärmer geworden ist … Die Behauptung, dass Organismen in irgendeiner Weise zusammenarbeiten, um ein Ziel zu erreichen, ist für die traditionelle Wissenschaft eine echte Herausforderung (Boff, Zukunft, 33-37).


Ungesunde Dualismen

Die ökologische Wissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten immer genauer nachgewiesen, in welchem Ausmaß alles Leben miteinander verwoben ist.14 Angesichts dieser wissenschaftlich noch nicht ausdiskutierten Theorie stellt sich dennoch die Frage nach der christlichen Anthropologie noch einmal ganz neu. Das anthropozentrische Weltbild der abendländischen Kultur und Wissenschaft und der christlichen Theologie stellt den Menschen, und ihn allein, mit Beginn der Neuzeit verstärkt, in den Mittelpunkt alles Geschehens. »Mit dem Aufkommen der instrumentellen analytischen Vernunft der Vertreter der Moderne (Descartes, Galileo, Bacon) und der technisch orientierten Wissenschaften im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Erde nur mehr als res extensa betrachtet, als ein Gegenstand mit den physikalischen Eigenschaften Ausdehnung und Trägheit, der den Menschen als Mittel an die Hand gegeben ist, damit er seinen Willen zur Macht verwirklichen und schöpferisch oder zerstörerisch mit ihr umgehen könne.« (Boff, Erde, 47f) Die den Menschen umgebende »Umwelt« wird als ein Lager von Ressourcen gesehen, die von nun an – ungestört von theologischen Erwägungen über die Anwesenheit Gottes in Natur und Materie (Panentheismus) – für seine Zwecke nutzbar gemacht werden kann. Das schließt die Nutzung der Tierwelt mit ein.

Die dualistischen Trennungen von Geist und Materie, Gott und Natur, Mensch und Natur haben nicht nur enorme Fortschritte, sondern auch dramatische negative Folgen gezeitigt. Die Feministische Theologie hat vor mehr als 20 Jahren u.a. diese Trennung, das dualistische Denken im Blick auf die Natur, grundsätzlich in Frage gestellt.15 Man könnte sagen, dass die kopernikanische Wende zwar die Auffassung von der Mittelpunktstellung der Erde im planetarischen System revidiert hat, aber die zentrale Stellung des Menschen nur noch vergrößert hat, insofern er sich jetzt erst richtig als Individuum versteht und entwickelt; zudem ist er zum Träger der naturwissenschaftlichen Entdeckungen und – säkularisiert – Platzhalter Gottes geworden. Die kopernikanische Wende fand also im Blick auf die Stellung des Menschen nicht statt. »Herr und Meister des Universums«, nennt ihn Descartes. Alle Arten von Willkür-, Allmachts-, Fortschritts- und Gewaltakte sind im Gefolge dieses Denkens in der neuzeitlichen Entwicklung erfolgt.


Der Anthropozentrismus als Wurzel der Krise

Der so entstandene Anthropozentrismus, sagt Leonardo Boff »kann als die Überzeugung definiert werden, dass nur der Mensch einen Wert an sich habe … Den Rest der Biosphäre reduzieren wir auf eine von uns getrennte Umwelt. … Der Anthropozentrismus ist seinem Wesen nach eine egozentrische Geisteshaltung.« (Boff, Zukunft, 76-78) Boff und andere betrachten den Anthropozentrismus als die zentrale Wurzel der gegenwärtigen Krise.

Demgegenüber ist aus heutiger Sicht zu sagen: »Wenn man … die Evolution ernst nimmt, dann ist es unmöglich, die Menschen als Referenzpunkt zu verstehen, und zwar weder in der Zeit, im Prozess noch als ihr Endpunkt. … Die Evolution gibt uns eine Zeitlinie von Geschichten, in denen wir nicht vorkommen, sodass wir erkennen, wie (Hervorhebung, B.W.-P.) radikal unser Überleben von Hunderten anderer Organismen abhängig ist.«16 Das Missionsdokument des ÖRK erklärt dazu: »Die Menschheit kann nicht allein gerettet werden, während die übrige geschaffene Welt untergeht. Ökogerechtigkeit kann nicht von der Erlösung getrennt werden und Erlösung kann nicht ohne neue Demut kommen, die die Bedürfnisse allen Lebens auf der Erde respektiert.«17

Darüber hinaus gibt es ernst zu nehmende Wissenschaftler/innen, z.B. den Träger des alternativen Nobelpreises Hans Peter Dürr18, die über die Folgen des Anthropozentrismus nachdenken und fragen, ob es das Schicksal des »homo sapiens« sein könnte, wie die Dinosaurier wieder »aus der Evolution entlassen zu werden«19, weil er sich letztlich nicht lebensdienlich verhält. Der Planet werde sich vom Anschlag des Menschen in ein paar Millionen Jahren erholen, neue Geschöpfe hervorbringen. Als Auswirkung des Anthropozentrismus wird paradoxerweise die schon eingetretene und sich weiter entwickelnde Zerstörung des menschlichen Habitats erfolgen, das doch gerade für den Menschen erhalten bleiben soll.20 Die Wirkungsgeschichte des ersten Schöpfungsberichtes ist daran beteiligt: Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet21 über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht. (1. Mos. 1,28 (Luther)) Was bedeutet dieser Text heute, wenn es denn stimmt: »Bedrohte bisher die Natur den Menschen, so ist jetzt das Gegenteil der Fall. Der Mensch bedroht die Natur.«22


Herrschaft und Macht im Gottes- und Menschenbild23

Die ökologische Wissenschaft, die Astrologie, die Raumfahrt und die Theorien über das Universum stellen neue Paradigmen des Lebens vor. Das Gespräch mit den Vertreter/innen der Naturwissenschaften, besonders denen, die sich dem Erhalt des planetarischen Lebens verschrieben haben, ist in dieser Zeit m.E. unabdingbar. Die Weisung der Schöpfungsgeschichte vom »Untertan machen« ist über-erfüllt, ja sogar die Weisung des zweiten Schöpfungsberichtes (1. Mos. 2,15) vom »Bebauen und Bewahren« ist problematisch geworden. Bewahren werden wir die Schöpfung nicht können. Das wäre angesichts der eingetretenen Situation nur eine weitere Anmaßung des anthropozentrisch geprägten Menschen. Diese Einsicht wächst mühsam, langsam und schmerzlich. Theologisch halten könnten wir uns an die Gegenseitigkeit des Bundesschlusses Gottes mit Noah: Gott verspricht, die Erde nicht mehr zu zerstören. Wir verhalten uns dem Gottesversprechen entsprechend und als Bundespartner beteiligen wir uns nicht mehr an der Zerstörung der Erde.

Von der Theologie ist eine Antwort auf die Frage nach dem Platz des Menschen im planetarischen Ganzen zu erwarten. 1. Ist die zentrale Stellung des Menschen, der Anthropozentrismus, in der bisherigen Form die sachgemäße Auslegung der biblischen Schrift, besonders im Kontext des 21. Jh.? 2. Ist es weiterhin lebensdienlich, aus dem biblischen Satz »Macht euch die Erde untertan« das »Herrschafts-Paradigma« als anthropologische Grundbestimmung abzuleiten?

In welcher Rolle sieht sich der anthropozentrisch orientierte Mensch, wenn er sich selbst als Mittelpunkt der geschaffenen Welt sieht? Was tut er mit seinen Sonderbegabungen, wenn es stimmt: »Er ist die Erde selbst in ihrer mit Bewusstsein, Freiheit und Liebe ausgestatteten Gestalt«? (Boff, Erde, 50) Die Mittelpunktstellung des Menschen im abendländischen Denken ist gebunden an die Frage der menschlichen Macht über die Mitwelt. Die Vorstellung von Macht und Herrschaft ist in der christlichen Theologie darüber hinaus eng verbunden mit der Gottesvorstellung.24

Bei der 7. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Canberra 1991 wurde Folgendes gesagt: »Viele traditionelle Strömungen haben den Begriff des Herrschens (Gen 1,28) als Ausbeutung missverstanden und Gottes Transzendenz als Abwesenheit. Je mehr die Theologie nur Gottes absolute Transzendenz und Distanz von der materiellen Sphäre hervorgehoben hat, desto mehr wurde die Erde gesehen als bloßes Objekt der Ausbeutung durch die Menschen und als ›nichtspirituelle‹ Realität. Die Natur ist vom Menschen in Besitz genommen und rücksichtslos manipuliert worden. Das Bild Gottes ist pervertiert worden zu arroganter, skrupelloser Herrschaft, die die Erde und die Mitmenschen kaum berücksichtigt. Eine dualistische Auffassung von Geist und Materie, Mann und Frau und der Beziehung zwischen den Rassen hat Strukturen und Muster der Herrschaft und Ausbeutung hervorgebracht, die ihr Gegenstück in der Beherrschung der Natur haben. Zwar lehnen wir diese Folgen ab, müssen aber bekennen, dass sie Teil des Lebensstils und der Machtstrukturen sind, die theologisch unterstützt und sanktioniert wurden (Hervorhebung, B.W.-P.)«25.


Verzweckung der Natur

Theologisch wird von »Gottesherrschaft« gesprochen und die Metapher des Herrschens dient als Erweis der Wirksamkeit Gottes in der Welt, als allmächtige eingreifende Macht. Der Mensch als »Krone der Schöpfung«, sieht sich von einem so vorgestellten Gott in der Auslegungstradition des ersten Schöpfungsberichtes mit der Herrschaft über die Natur und alle Geschöpfe beauftragt.

Die österreichische Sozialethikerin Ingeborg Gabriel sagt über Herrschaft: Sie »ist … die Folge einer universalen menschlichen Disposition, andere Menschen wie auch die Natur zu unterwerfen und als Instrumente für die eigenen Zwecke zu gebrauchen, anstatt sie um ihrer selbst willen gelten zu lassen. Diese tief sitzende menschliche Neigung zur Beherrschung, zur Durchsetzung des eigenen Selbst und zur Macht ist unter anderem Folge einer existentiellen Verwundbarkeit des Menschen. Beide, die Natur und die anderen Menschen, nähren und bedrohen uns; sie sind Leben spendend, aber sie können unser Leben auch schädigen oder gar zerstören«26.

In der patriarchal geprägten abendländischen Kultur und Theologie und damit verbunden in der Wissenschaft spielen Macht und Herrschaft als höchste Ziele menschlicher Daseinverwirklichung eine eminent wichtige Rolle. Sieht sich der religiöse Mensch immer noch in der letzten Verantwortung vor Gott, so liegt die Linie der Verantwortlichkeit des säkularen Menschen … Ja, wo liegt sie? Die Natur wird zu Gunsten des Menschen fraglos verzweckt. Das Dominanz-Verhalten des homo sapiens – so sehen es viele der zitierten Ökotheologen – sei die Quelle der prekären Situation, in die der Planet Erde mit seinen Geschöpfen geraten ist. Denn seit Descartes Geist und Natur dualistisch getrennt und so der Materie die göttliche Präsenz entzogen hat, ist sie jeglichem Forschungsdrang »unterworfen«, ist entzaubert, entheiligt, dem Menschen total verfügbar gemacht.27

Hierher gehört auch die Verzweckung der Tiere. Descartes hat sie als »seelenlose Automaten« gesehen und ihnen alles abgesprochen, was sie in die Nähe der Menschen rücken könnte, nämlich eine Seele, wie winzig sie auch sei (dagegen Hiob 12,10). Die heutige Verhaltensforschung an Tieren und die Tierbeobachtung kommen zu ganz anderen Ergebnissen.28 Es gibt immer mehr Hinweise, dass Tiere Gefühle, Bewusstsein, Fähigkeiten zu lernen und zu lehren haben29, »jedes nach seiner Art«, wie die erste Schöpfungsgeschichte in poetisch-liturgischer Sprechweise wiederholt betont (1. Mos. 1,24-25). Die Tiere waren vor den Menschen, den »Erdlingen«, da (evolutionsbiologisch richtig), sie sind Zuerst-Gesegnete der Schöpfung. Sie wurden nicht aus dem Paradies vertrieben und in der Noah-Geschichte wird alles unternommen, um sie zu retten. Gott schließt nach der Sintflut einen Bund mit Noah, der ausdrücklich die Tiere einbezieht: »Das ist das Zeichen des Bundes, den ich geschlossen habe zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier bei euch auf ewig.« (1. Mos. 9,12)30


Theologie mit dem Gesicht zum Tier31

Die theologische Zoologie hat es sich zum Ziel gesetzt, die biblische Würdigung der Mitgeschöpfe noch einmal neu zu durchdenken. Eine »Theologie mit dem Gesicht zum Tier«32 muss entwickelt werden. Dazu helfen die in der klassischen Theologie weniger beachteten Texte der Weisheitstradition, z.B. wird im Hiob-Buch der Rat ausgesprochen: »Frag doch die Tiere, sie werden es dich lehren und die Vögel unter dem Himmel, sie werden’s dir sagen und die Fische im Meer werden dir’s erzählen. Wer erkennte nicht an dem allem, dass Gottes Hand das gemacht hat, dass in seiner Hand ist die Seele von allem, was lebt, und der Lebensodem aller Menschen?« (Hiob 12,7-10). Für die Theologie tut sich hier eine ganz neue Perspektive auf.

Die Selbstüberschätzung des Menschen, der Tieren und anderem Leben nur Rest-Räume überlässt, führt zu Formen der Gewalt gegenüber der Natur und den Mitgeschöpfen, die im ethischen Diskurs über Gewalt und Gewaltlosigkeit kaum vorkommen. Das Töten von Tieren, um sie zu essen, kann als ein Akt der Selbsterhaltung, aber auch der Machtausübung gesehen werden, der ursprünglich dem Überleben diente. Auch Tiere töten Tiere. Inzwischen aber ist es zu einem Phänomen der Überflussgesellschaft geworden, tierisches Leben massenhaft zu produzieren und willkürlich zu vernichten, um kommerzialisierten Konsuminteressen zu dienen. Kinder haben dafür oft noch ein sehr feines Gespür, wenn sie sich weigern, Tiere zu essen. Oft führen sie in den Familien das vegetarische Essen ein, weil sie nicht verstehen, wieso das niedliche Schwein, das sie auf dem Bauernhof herumtollen sahen, jetzt tot auf ihrem Teller liegt. Die Gewalt gegen Tiere, Pflanzen und Elemente, ihre Ausrottung und die Beraubung ihres Lebensraumes, ist nur in ganz wenigen Fällen moralisch sanktioniert und gesetzlich strafbar.33


»So soll es unter euch nicht sein«

Vielleicht gehört es zum Charakter der christlichen Theologie, dass sie – geprägt vom Gerechtigkeitsdenken der Bibel und der Verkündigung Jesu vom Reiches Gottes – es sich erlauben kann, Fragen zu stellen, die »in der Welt« naiv und utopisch klingen, die aber von der transformativen Kraft des Glaubens geprägt sind. In den Rahmen des Schwerpunktes der Lutherdekade »Reformation und Politik« passt die Frage nach einem anderen Verständnis von Macht und Herrschaft. Es ist die Frage nach der Macht des Senfkorns, des Sauerteigs, der kleinen Jünger/innenschar.

Jesus sagt zum Thema Herrschaft: »Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch.« (Mt. 20,25-26). Wie soll es dann unter uns sein? Gewaltfreiheit und Herrschaftskritik Jesu sind neu zu durchdenken, wenn es um Gewalt gegen die Mit-Geschöpfe geht. Im Gegensatz zu hierarchischen Allmachtsvorstellungen, die meist Macht, Willkür und Gewalt in eins setzen, besteht im Gottesbild Jesu Gottes »Allmacht« als exousia, die Gott eigene befähigende Macht und Kraft, als Vollmacht und Vermögen. Ebenso lebt Jesus aus der Gewissheit, dass Gottes Macht, sichtbar in der Macht der Gerechtigkeit, der Wahrheit, der Hingabebereitschaft, der Gewaltfreiheit, der Versöhnung und der Feindesliebe von der kleinen Zelle, dem Senfkorn ausgehend, in den Schwachen aber mächtig wird und geschichtswirksam die Zukunft heraufführen wird. Sie ist das Kennzeichen des Reiches Gottes und wird Gewalt, Herrschsucht, Gier und Hass überwinden.

Es wird schwer sein, das uns durch Bibel, Liturgie und Lied so vertraute Bild von Gott, dem Herrscher und HERRN zu hinterfragen, es anders zu füllen und/oder zu verändern. Nach den Erfahrungen des 20. Jh., der Shoah, Hiroshima und Ruanda ist es schwer, diesen Gottesnamen einfach unbesehen weiter zu gebrauchen. In Jesu Gottesbild kommen die Züge von Beherrschungsmacht, Zwang und Gewalt nicht vor. Sein »Abba«- Gottesbild ist von Vertrauen geprägt und könnte gar als Kritik eines Herrschaftsbildes gedeutet werden. Jesus glaubt an die Macht Gottes als exousia, die Wirkmacht, die Gott ihm und in seiner Nachfolge allen Gläubigen, allen Gerechtigkeits- und Friedensmenschen zuspricht.

Martin Buber übersetzt »herrschen« mit »walten«.34 Das entzieht dem Begriff den Aspekt der Gewalt. Die Herrschaftssprache in den biblischen Übersetzungen wäre also neu zu bedenken. Der Gottesnamen, das für die jüdischen Gläubigen unaussprechbare Tetragramm JHWH (»Ich bin da, weil ich da bin«) wird in der Übersetzung der Lutherbibel im AT, der Hebräischen Bibel, fast 7000 Mal mit HERR übersetzt.35 Das Nachdenken über dieses anthropomorphe Gottesbild ist eine der wichtigsten Eintrittsstellen, wenn die Theologie in der planetarischen Krise versucht, Gottes Da-Sein neu zu verstehen und für heutige Menschen zu artikulieren.


Bekehrung zur Erde – ein Transformationsprozess

Es gibt bereits ein beachtliches Engagement gegen die Mitweltzerstörung. Menschen suchen Alternativen zum heutigen Lebensstil. Andere erleben wohl die Bedrohung des Planeten und den Klimawandel, sind aber nicht bereit, ihren Lebensstil nachhaltig zu ändern. Es mangelt an Wille und Entschlusskraft. Die Krise des Planeten ist nicht nur eine physische, sondern auch eine spirituelle Krise, die einer echten Bekehrung der Menschen bedarf.

Im globalen ökumenischen Diskurs wird seit langem von einer Transformation36 gesprochen. »Transformation geschieht, wenn Gottes Vision von der Welt in allen Beziehungen – sozialen, wirtschaftlichen und geistlichen – verwirklicht wird, sodass Gottes Wille in der menschlichen Gesellschaft widergespiegelt wird und seine Liebe in allen Gemeinschaften erfahren wird, besonders von den Armen.«37 Menschen transformieren ihr eigenes Leben. Die ganz große Transformation ist politisch (noch) nicht in Sicht. Sie wird aber ermöglicht durch Initiativen von Einzelnen und Gruppen, die versuchen, anders zu leben: anders zu essen (fleischarm, vegetarisch bis vegan), anders zu reisen (weniger Auto - und besonders Flugreisen), nachhaltiger zu leben und bewusst weniger Energie und Ressourcen zu verbrauchen. Der Wunsch, achtsamer mit der Natur umzugehen wächst. Umwelt- und Tierschutz werden wichtiger. Besonders in der »Degrowth-Bewegung« werden Initiativen und Alternativen für eine Postwachstumsökonomie erarbeitet.38 Theologisch gehört dazu die Frage nach der »Ehrfurcht vor dem Leben«39, die wegen der Entwicklung der Gen-Forschung und der Manipulation des Lebens dringend weitergeführt werden muss. Die Frage »Was ist dir heilig?« kann zu einem neuen Nachdenken darüber führen, was denn überhaupt »heilig« sei, wo die Heiligkeit Gottes und die Heiligkeit des Lebens, des menschlichen und des weiteren geschöpflichen Lebens, angetastet und missachtet wird.40


Mensch, werde Mitgeschöpf!

Luther ermutigt uns, auch in der letzten Erdenstunde unseren Apfelbaum zu pflanzen. Der muss auch in der Theologie gepflanzt werden. Wir leben, so meint der Befreiungstheologe Boff nicht in einer Zeit der Tragödie, sondern in einer Zeit der Krise. »Die Krise klärt, reinigt und verhilft zur Reife. Sie verheißt einen neuen Anfang, stellt verheißungsvolle Geburtswehen dar und keineswegs die Schmerzen einer Abtreibung. Was zu einem Ende gelangen könnte, ist nicht das menschliche Leben schlechthin, sondern die gegenwärtige Art menschlichen Lebens, die durch und durch unvernünftig und von einem libidinösen Verhältnis zu Krieg und Massenzerstörung geprägt ist.«41 Es gälte für die Theologie, bewusst gestaltend in ein neues Zeitalter einzutreten. Seit der Reformation haben wir erkannt und können heute sagen: Wir haben einen gnädigen Gott, der uns jeden Tag Luft, Wasser, Wind, Licht, Erde, Nahrung, Blumen, Natur und Mit-Geschöpfe, auch Mit-Menschen gewährt und den Weg zum gerechten, einander gerecht werdenden Leben eröffnet hat.

Vielleicht würde Luther heute sagen: Die Schöpfung braucht, dringender denn je, gnädige, gerechtfertigte, empathische Menschen. »Jede Veränderung ist – so sagt es Augustinus in seinen ›Bekenntnissen‹ – die Frucht zweier wirkmächtiger Kräfte: einer starken Liebe und eines großen Schmerzes. Genau das könnte in der gegenwärtigen Situation passieren, denn die Liebe und der Schmerz sind es, die uns die Gabe verleihen, uns zu verändern.«42 Vielleicht wird uns die große Liebe verändern, die wir für die Erde empfinden, und der große Schmerz, den wir spüren über all das, was ihr angetan wird. Die stärkste Veränderungskraft aber erwächst für die meisten Gläubigen noch immer aus der Liebe, die sie zu Gott, dem »Gott des Lebens«, haben. Aus dieser Liebe heraus werden neue Einsichten für die Theologie erwachsen darüber, wie sehr alles von Gott Geschaffene miteinander verbunden ist.


Anmerkungen:

1 Mein persönlicher »Blickwechsel« in diesen Fragen wurde angestoßen durch meine Wahl zur Vorsitzenden des Kuratoriums des »Instituts für Theologische Zoologie« in Münster, Westfalen (www.theologische-zoologie.de), das 2009 unter der Schirmherrin Jane Goodall, der bekannten Schimpansenforscherin, gegründet worden ist. In ihm beraten Frauen und Männer, ein Tier-Verhaltensforscher, ein Reproduktionsmediziner, theologische Wissenschaftler/innen, Journalisten/innen, eine Pädagogin, Vertreter der Kirchen, eine Islamwissenschaftlerin, ein Zoo-Direktor, Tierschützer gemeinsam über die Fragen des Verhältnisses von Mensch und Tier. Dieser Beitrag ist den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Instituts, besonders dem leitenden katholischen Theologen Rainer Hagencord und den Menschen im Kuratorium gewidmet, von denen ich vieles neu gelernt habe.

2 Thomas Nauerth, Das langsame Erwachen – die christlichen Kirchen und der Friede; Ulrich Kronenberg, »Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein«? Von der Phantasie für den Frieden zur Phantasterei – und zurück zur Realität; in: DPfBl 8/2014, 432-435 und 439-444.

3 Geiko Müller-Fahrenholz (Hg.), Friede mit der Erde, Wie überwinden wir unsere Gewalt gegen die Natur?, FrankfurtM. 2010.

4 Kurt Marti, Schöpfungsglaube, Die Ökologie Gottes, Stuttgart 2008, 10.

5 Nicht so dem US-Verteidigungsministerium. In einem Artikel von Peter Steinberger (»Als gäbe es ein Morgen«, Südd. Zeitung 23./24. Oktober 2010) zitiert er die Studie des Verteidigungsministeriums »The Age of Consequences«: »Soziale Unruhen werden ausbrechen, begleitet von heftigen religiösen und ideologischen Auseinandersetzungen, weil die Menschen nach irgendeiner Hoffnung suchen.« »(Die Untergangsszenarien) sind kein Privileg fanatischer Umweltschützer oder apokalyptisch orientierter Glaubenseiferer. Vor Hungerkrisen, dem Kollaps der Weltwirtschaft, vor Aufruhr und Kriegen warnt zum Beispiel auch jene Institution, die aus Gründen der Selbsterhaltung und der Aufgabenstellung immer mit dem Schlimmsten rechnen muss: das Militär. Die Geheimdienste, Verteidigungsministerien und Sicherheitsberater wohl sämtlicher großer Nationen dieser Erde gehören auch zu den Propheten des Untergangs – in aller Stille natürlich.« Neue Arbeitsgruppen, Bürgervereinigungen und Individuen, die »Collapsitarians«, halten in den USA bereits Crash-Kurse ab, in denen das Überleben in kleinen Gemeinschaften geübt wird (Latrinen bauen, Feuer machen, Regenwasser sammeln), weil die großen Versorgungssysteme in den Mega-Städten kollabieren werden.

6 Konrad Raiser, Klimakrise als spirituelle Krise, http://www.woek.de/web/cms/upload/pdf/umkehr_zum_leben/publikationen/raiser_2013_die_klimakrise_als_spirituelle_krise.pdf.

7 Larry Rasmussen, Earth-honoring Faith, Religious Ethics in a New Key, Oxford/New York 2013, 5; ders: Earth Community, Earth Ethics, Geneva 1996; ders: Luther and the Gospel of Earth, Union Seminary Quarterly Review, Vol. 51, New York 1997, 1-28. Rasmussen findet in Luthers Schriften zum ersten Glaubensartikel, zu den Sakramenten, den Vorlesungen über Genesis und in der Lehre von der Schöpfung genügend Anhaltspunkte, um sagen zu können: »Most promising and helpful for this ›promise of the earth‹ are Luther’s panentheism and sacarametalism and his insights into the dynamics of human sinfulness. Luther insists that ›the finite bears the infinite‹ (finitum capax infinitum) … God’s presence and power is ›in, with and under‹ the finite. Forms of nature, ourselves included, are ›masks‹ of God (larvae dei). Or in another image, God is ›wrapped‹ in nature (involucrum). … We, like other creatures, live utterly dependent on the rest of God’s creation for every breath and morsel. Our entire life is a life of gracious indebtedness; we cannot live without borrowing.« Luther and the Gospel of Earth, 3.

8 Heather Eaton, Gewalt gegen die Erde – Theologische Aufgaben, in: Friede mit der Erde, 135-148.

9 Eaton, 135. Dazu schon in den 1980er Jahren: Günter Altner, Gerhard Liedtke u.a., Manifest zur Versöhnung mit der Natur. Die Pflichten der Kirchen in der Umweltkrise, Neukirchen-Vluyn 1984; Jürgen Moltmann, Wiederentdeckung der Erde – neue Spiritualität, DPfBl 2/1995, 51-54; ders.: Ethik der Hoffnung, Gütersloh 2010, darin: Ethik der Erde, 127ff. In neuerer Zeit der wichtige Beitrag: Geiko Müller-Fahrenholz, Heimat Erde, Christliche Spiritualität unter endzeitlichen Lebensbedingungen, Gütersloh 2013.

10 Dieser Begriff taucht seit einigen Jahren in der Begrifflichkeit des Ökumenischen Rates der Kirchen auf, zuletzt in der Formulierung des Themas der 10. Vollversammlung in Busan (Korea)2013 »Gott des Lebens, führe uns zu Gerechtigkeit und Frieden«.

11 Ökumenischer Rat der Kirchen, Gemeinsam für das Leben, Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten, 5. September 2012:

http://www.oikoumene.org/de/resources/documents/commissions/mission-and-evangelism/ together-towards-life-mission-and-evangelism-in-changing-landscapes?set_language=de.

12 Zwei Publikationen des lateinamerikanischen Trägers des Alternativen Nobelpreises und Befreiungstheologen Leonardo Boff werden hier ausführlich zitiert: Leonardo Boff, Die Erde ist uns anvertraut, Eine ökologische Spiritualität, Kevelaer 2010, ders., Zukunft für Mutter Erde. Warum wir als Krone der Schöpfung abdanken müssen. München 2012.

13 A Source Book for Earth’s Community of Religions, ed. Joel Beversluis, New York 1995, 212.

14 Thomas Berry, The Dream of the Earth, San Francisco 1988; ders., The Great Work. Our way into the Future, New York 1999.

15 Rosemary Radford Ruether, Gaia und Gott, Eine ökofeministische Theologie der Heilung der Erde, Luzern 1994, u.v.a.

16 Eaton, 140f.

17 Ökumenischer Rat der Kirchen, Gemeinsam für das Leben, Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten, Abs. 23.

18 Hans Peter Dürr, Warum es ums Ganze geht, München 2009.

19 Dürr, 80.

20 Weil die Lebensräume von Tieren immer mehr beschnitten werden, bringt der Kontakt der Menschen mit den Tieren immer neue Krankheiten hervor, z.B die Vogelgrippe, Ebola u.a.

21 Martin Buber übersetzt »schalten« (s. Anm. 34).

22 Ingeborg Gabriel, Die Faszination von Herrschaft. Die dunkle Seite der Moderne, ihre ökologischen Folgen und der ethische und spirituelle Umgang mit ihnen, in: Müller-Fahrenholz, Friede mit der Erde, 84.

23 Eaton geht explizit auf die Fragen der Dominanz, Gewalt und Herrschaft gegen die Natur ein.

24 Raiser: »Der unsere christliche Denktradition prägende Anthropozentrismus ist, in Verbindung mit dem von Allmacht und Herrschaft bestimmten Bild Gottes, eine der spirituellen Quellen der Dynamik hinter der gefährlichen gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung, die u.a. zur Klimakrise geführt hat« (6).

25 Im Zeichen des Heiligen Geistes. Bericht aus Canberra. 91. Offizieller Bericht der 7. Vollversammlung des ÖRK. Hg. von Walter Müller-Römheld, Frankfurt/M. 1991, 61f.

26 Gabriel, 84.

27 Im Jahr 2010 wurden in Deutschland 2 856 316 Tiere als Versuchstiere benutzt. Ihre Zahl soll infolge der Genforschung z.B. allein im Max Delbrück Centrum für nukleare Medizin um 17% ansteigen (taz, 8.2.2013).

28 Das ist Gegenstand der Arbeit des »Instituts für theologische Zoologie« (ITZ): Rainer Hagencord, Diesseits von Eden, Verhaltensbiologische und theologische Argumente für eine neue Sicht der Tiere4, Regensburg 2005; ders. (Hg.), Wenn sich Tiere in der Theologie tummeln, Regensburg 2010. Dazu auch die wichtige Untersuchung der muslimischen Journalistin Hilal Sezgin, Artgerecht ist nur die Freiheit. Eine Ethik für Tiere oder warum wir umdenken müssen, München 2014.

29 Klaus Müller/Norbert Sachser (Hg.), Theology meets Biology. Anthropological Perspectives on Animals and Human Beings, Regensburg 2008.

30 Jane Goodall, im Gespräch gefragt, ob sie bei den Schimpansen auch so etwas wie »Spiritualität« beobachtet habe, berichtet: Die Schimpansen kamen zuweilen an einen Wasserfall im Urwald, auf den die Sonne schien. Dort haben sie sich an Lianen in die Regenbogenfarben des Lichtes und das sprühende Wasser hineingeschwungen und dies nicht nur momentan, sondern in längeren Sequenzen zweckfreien Spieles und gemeinsam. Jedes, so meint Goodall, verehrt Gott »nach seiner Art«.

31 Eine Formulierung Rainer Hagencords.

32 Rainer Hagencord, Die Würde der Tiere. Eine religiöse Wertschätzung, München 2011.

33 Eaton: »Menschliche Gewalt gegenüber der natürlichen Welt bleibt weiterhin straffrei, weil sie nicht als Gewalt gesehen wird« (131).

34 Martin Buber mit Franz Rosenzweig, Die Schriftwerke6 (Übersetzung der Hebräischen Bibel), Buch der Preisungen, Heidelberg 1986, 16 (Ps. 8).

35 Zum Gottesnamen die ausführliche Erläuterung in der »Bibel in gerechter Sprache«3, Gütersloh 2007, 16-21. Jürgen Ebach, Zur Wiedergabe des Gottesnamens in einer Bibelübersetzung oder: Welche »Lösungen« es für ein unlösbares Problem gibt, in: Helga Kuhlmann (Hg.), Die Bibel – übersetzt in gerechte Sprache? Grundlagen einer neuen Übersetzung, Gütersloh 2005, 150-158. Marlene Crüsemann, Dein heiliger Name werde wirksam, http://www.bibel-in-gerechter-sprache.de/ wp_content/uploads/DEKTDresdenVortragGottesname_MCruesemann_WorkshopZentrumBibel.pdf.

36 Angeregt von der großartigen missionstheologischen Arbeit des Südafrikaners David Bosch, Transforming Mission. Paradigm Shifts in Theology of Mission, New York 1991, dt.: Mission im Wandel. Paradigmenwechsel in der Missionstheologie, Gießen/Basel 2012. Darin zitiert er zur Rolle der Christen/innen die kritische Stimme von Howard Snyder (Liberating the church, 1983, 11): »Kingdom people seek first the Kingdom of God and its justice; church people often put church work above concerns of justice, mercy and truth. Church people think about how to get people into the church; kingdom people think about how to get the church into the world.« (378)

37 So vorgeschlagen von Chris Sudgen und Vinay Samuel in: Transformation. Gottes Wirken in seiner Schöpfung, Publikation des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission, Gesundheit in der Einen Welt, o.D.

38 Nico Paech, Befreiung vom Überfluss, Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie3, München 2013. Paech betont, dass der Ressourcenverbrauch nicht nur ökologisch schädlich ist, sondern die Menschen auch psychisch überfordere. Als Mittel zur Erreichung einer größeren Zufriedenheit und einer geringeren Abhängigkeit von der globalen Ressourcenkette nennt er: die Reduzierung der Arbeitszeit auf eine 20-Stunden-Woche, mehr Zeit für den Selbstanbau von Obst und Gemüse und für die Instandsetzung und das Teilen von Gegenständen, einen weitgehenden Rückbau von Autobahnen und Flughäfen sowie effiziente, wandelbare und wiederverwertbare Produkte. Er hält es für sinnvoll, wenn eine Avantgarde bereits einen entsprechenden Lebensstil pflegt und mit weniger Konsum gut auskommt, damit sie mit ihrem Erfahrungswissen und ihrem Vorbild dazu beiträgt, Frustrationen, Ängste und eventuelle Gewalt zu verringern.« (de.wikipedia. org./wiki/Nico_Paech, 6.9.2014). Claus Leggewie/Harald Welzer, Das Ende der Welt, wie wir sie kannten, Frankfurt/M. 2009. Ein Hoffnungszeichen war es, dass die Wachstumsideologie inzwischen auch im deutschen Bundestag kritisch gesichtet wurde durch eine Enquete Kommission, die fragte: »Braucht Deutschland wirtschaftliches Wachstum, oder zerstört dieses Wachstum die natürlichen Lebensgrundlagen? Und wenn Wachstum, wie sollte … es beschaffen sein?« (taz 17.1.2012). Leider haben die Ergebnisse, die am 4. Juni 2013 im Bundestag vorgelegt wurden, die Erwartungen nicht erfüllt. Versuche, alternative ökonomische Modell zu erproben, s. Harald Welzer, www.futurzwei.org, Stiftung Zukunftsfähigkeit.

39 Der Begriff wurde von Albert Schweitzer geprägt und auch auf die Tiere angewendet, s. Albert Schweitzer, Ehrfurcht vor den Tieren (Hg. Erich Gräßer), München 2011.

40 Bärbel Wartenberg-Potter, Grüne Gebete genügen nicht. Stichwort: Heiligkeit, unter: www.baerbel-wartenberg-potter.de. Dies.: Anfängerin. Zeitgeschichten meines Lebens, Gütersloh 2013, 289-291.

41 Boff, Zukunft, 52f.

42 Boff, Erde, 100.

 

Über die Autorin / den Autor:

Bischöfin i.R. Bärbel Wartenberg-Potter, Jahrgang 1943, Studium der Germanistik und Theologie in Heidelberg und Tübingen, Pfarrerin der württ. Landeskirche, Direktorin der Abteilung »Frau in Kirche und Gesellschaft« beim Weltkirchenrat in Genf, theol. Dozentin in Jamaica, Bischöfin der Nordelbischen Kirche für den Sprengel Holstein Lübeck.

 

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 1/2015

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