Immer mehr Menschen verbringen ihre Zeit im »Web 2.0« bzw. »Social Web«. Immer mehr Menschen sind vernetzt von früh bis spät – und zwar nicht nur alltags, sondern auch ­sonntags, feiertags und im Urlaub. Wie verändert sich durch solche Praktiken der Mediennutzung die menschliche Zeiterfahrung und vor welche Herausforderungen werden die ­Kirchen hierdurch gestellt? Dies diskutiert Christina Costanza in ihrem Beitrag.1

 

Immer mehr Menschen verbringen ihre Zeit im »Web 2.0« bzw. »Social Web«. Dies gilt zum einen, was ihre Lebensgeschichte betrifft: Sie sind online, oder besser: vernetzt vom ersten Tag des Lebens an. Dass Facebook als das in Deutschland meistgenutzte2 soziale Netzwerk genau dieses Ziel hat, nämlich das gesamte Leben einer Nutzerin3, von ihrer Geburt an abzubilden, zeigt sich in der im Herbst 2011 neu eingeführten Funktion der »Timeline« bzw. »Chronik«, die die Statusmeldungen der Nutzer chronologisch abbildet und die entsprechenden Fotos, Kommentare etc. dazu gruppiert. Dass Menschen ihre Lebenszeit im Netz verbringen, zeigt sich aber auch quasi mikrokosmisch im Blick auf den Verlauf eines einzelnen Tages: Immer mehr Menschen sind vernetzt von früh bis spät. Und zwar nicht nur alltags, sondern auch sonntags, feiertags und im Urlaub.

Wie verändert sich durch solche Praktiken der Mediennutzung die menschliche Zeiterfahrung? Und vor welche Herausforderungen werden die Kirchen und ihre Theologien durch solche Transformationen der Zeiterfahrung gestellt?


1. Nutzungspraktiken im »Social Web«

Der Begriff »Web 2.0« wurde 2004 durch den US-amerikanischen Verleger Tim O’Reilly bekannt.4 Er geht auf die Release-Bezeichnungen von Computersoftware zurück und drückt der Logik dieser Bezeichnungen zufolge einen qualitativen Sprung von einem dadurch als »alt« bezeichneten Internet (Web 1.0) zum neuen Internet (Web 2.0) aus. Entsprechend überschreibt der Medienforscher Jan Schmidt eine in der gegenwärtigen deutschsprachigen Internettheorie vielfach zitierte Studie von 2009 mit dem Titel »Das neue Netz«.5 Was ist am Web 2.0 also neu?

Schmidt stellt heraus, dass es sich bei den Transformationen des Mediums Internet in den letzten 10 Jahren tatsächlich weniger um einen Sprung handelt als vielmehr um eine kontinuierliche Entwicklung. Es sind weniger die technologischen Neuerungen, die die geradezu euphorischen Beschreibungen eines quantitativen Sprungs vom Web 1.0 zum Web 2.0 nahe legen. Vielmehr sind es veränderte Gebrauchsweisen, die unter dem Schlagwort des nutzergenerierten Inhalts (user-generated content) das Web 2.0 prägen. Es ist deshalb die von Schmidt angewandte praxistheoretische Betrachtungsweise, welche gegenüber stärker technologieorientierten Betrachtungsweisen medientheoretisch – und wie sich zeigen wird auch theologisch – die größere Erschließungskraft hat. Eine solche Perspektive, die weniger auf die Technologien, als vielmehr auf die mit ihnen verbundenen Nutzungspraktiken abhebt, zeigt: Das Web 2.0 dient im Vergleich zum Web 1.0 weniger der Bereitstellung von Inhalten durch wenige Produzenten (die zumeist Internetexperten waren) für viele Konsumenten als vielmehr dem Einstellen von Inhalten durch viele für viele. Die typische Nutzerin des Web 2.0 wird deshalb häufig mit dem Begriff »Prosumer« bezeichnet, Wortzusammenstellung aus »Producer« auf der einen, »Consumer« auf der anderen Seite. »Jeder Nutzer ist potentieller Sender, der Inhalte in das Netz einspeisen und mit anderen Inhalten verknüpfen kann.«6

Auch wenn die ökonomische Bedeutung dieser Praxis nicht übersehen werden darf,7 ist es damit die soziale Dimension wechselseitiger Kommunikation von Menschen über das Internet, welche das Web 2.0 ausmacht. Deshalb bevorzugt Schmidt gegenüber dem Begriff des Web 2.0 den des Social Web, woran ich mich hier zumeist anschließe. Auch der Begriff »Social Media« wird mittlerweile häufig dem Begriff »Web 2.0« vorgezogen.

Um die soziale Bedeutung des Social Web kurz in den Blick zu nehmen und dabei einige Dienste, die hierbei eine Rolle spielen, wenigstens zu nennen, seien die auch für eine theologische Medienanthropologie aufschlussreichen Ergebnisse der erwähnten Studie Schmidts zum »Neuen Netz« zusammengefasst: Die internetgestützte soziale Interaktion hat Schmidts Analyse von Nutzungspraktiken zufolge drei Hauptfunktionen.8 Erstens, geht es beim sog. »Identitätsmanagement«9 um die »Selbstthematisierung«10 des einzelnen Nutzers, die im Social Web z.B. beim Ausfüllen der Profile in Sozialen Netzwerken wie »Facebook« oder »XING«, durch das Schreiben eines Internettagebuchs oder die Veröffentlichung selbst gedrehter Filme auf einer Videoplattform stattfindet. Die eigene Person wird dabei einem unterschiedlich großen Kreis von Adressaten zugänglich gemacht. Das eng damit verbundene »Beziehungsmanagement«11 findet durch »Pflege bestehender und Knüpfen neuer Relationen«12 zu anderen Menschen statt, z.B. in Sozialen Netzwerken, über »Twitter« oder über das Verlinken der Weblogs anderer Nutzer. »Informationsmanagement«13, drittens, geschieht v.a. durch das Suchen, Bewerten und Verwalten von Informationen. Suchmaschinen spielen hierfür ebenso eine wichtige Rolle wie das bekannte kollaborative Projekt der Internetenzyklopaedie »Wikipedia« und die weniger bekannte Technik des Tagging, d.h. des Verschlagwortens von Inhalten durch denjenigen, der diese einstellt oder kollaborativ über Tagging-Dienste wie »delicious«.

Die Zeit, die Menschen für ihr Identitäts-, Beziehungs- und Informationsmanagement im Social Web aufwenden, stieg in den letzten Jahren deutlich an. Im Durchschnitt verbringt heute laut der jüngsten ARD/ZDF-Onlinestudie aus dem Jahr 2012 jede Erwachsene in Deutschland 83 Minuten pro Tag im Netz.14 Diese Zahl ist allerdings mit Vorsicht zu behandeln, weil eine wachsende Anzahl von Nutzerinnen ihre Zeit online nicht mehr von ihrer Zeit offline unterscheiden kann, insofern sie nicht online gehen, sondern über Endgeräte wie Smartphones und Tablets permanent online sind und die verschiedenen Dienste im raschen Wechsel von einem zum anderen nutzen.15 In der Internettheorie hat sich für die Bezeichnung dieser Nutzergruppe der inzwischen auch in den Feuilletons angekommene Begriff des »Digital Native« etabliert, die von unterschiedlichen anderen Nutzergruppen wie z.B. den »Digital Immigrants« oder den »Digital Outsiders« abgegrenzt werden. Die Digital Natives sind, dies sei vorweggenommen, für die Frage nach der Kommunikation des Evangeliums in der Internetkultur von großer Bedeutung.

Das Selbstverständnis eines Digital Native in Abgrenzung von jenen, die das Internet nur hin und wieder für bestimmte Zwecke aufsuchen oder sogar meiden, beschreibt Piotr Czerski in einem »ZEIT«-Artikel aus diesem Jahr folgendermaßen: »Wir [die Digital Natives] benutzen das Internet nicht, wir leben darin und damit. Darum sind wir anders. Das ist der entscheidende, aus unserer Sicht allerdings überraschende Unterschied: Wir ›surfen‹ nicht im Internet und das Internet ist für uns kein ›Ort‹ und kein ›virtueller Raum‹. Für uns ist das Internet keine externe Erweiterung unserer Wirklichkeit, sondern ein Teil von ihr: eine unsichtbare, aber jederzeit präsente Schicht, die mit der körperlichen Umgebung verflochten ist.«16

Hier zeigt sich eine Anschlussmöglichkeit, die ich in den Internettheorien der Gegenwart für die Theologie sehe, und die gerade durch die praxistheoretische Zugangsweise offen gelegt wird: Die Art und Weise, wie Menschen Medien benutzen, steht in Korrelation mit dem Selbstbild von Menschen und hierüber mit der Anthropologie. In der Medientheorie wird für diesen Zusammenhang häufig Marshall McLuhan zitiert, der zuweilen als »Prophet« bezeichnet wird, weil seine Mediendeutung, v.a. im berühmt gewordenen Buch »Understanding media« von 1964,17 in vielem vorweg zu nehmen scheint, was erst durch das Internet Wirklichkeit wurde. McLuhan betrachtet Medien generell als Erweiterungen des menschlichen Körpers, deren Gebrauch zurückwirkt auf die Selbstwahrnehmung der Mediennutzerin.

Er ist damit hervorragender Gewährsmann für den Medientheoretiker Nicholas Carr, der in den letzten Jahren mit seiner Internetkritik große Aufmerksamkeit in den Feuilletons erlangt hat. In seinem Buch »Wer bin ich, wenn ich online bin … Und was macht mein Gehirn solange?«18 entfaltet Carr ausführlich seine neurophysiologisch gestützte Grundthese, dass der Gebrauch von Medien das Gehirn des Nutzers verändert, dass diese Veränderungen wiederum die Selbstwahrnehmung einschließlich der Zeitwahrnehmung transformieren und schließlich die weitere Mediennutzung und Zeitgestaltung konfigurieren. Wie wir unsere Zeit im Internet verbringen, wirkt sich solchen Theorien zufolge über auch neurophysiologisch zu beschreibende Veränderungen darauf aus, wie wir Zeit wahrnehmen und fortan unsere Zeit gestalten.


2. Beschleunigung – Zeiterfahrung im Social Web

Es ist der Begriff der Beschleunigung, welcher in gegenwartsdiagnostischer Hinsicht in aller Munde ist, wenn es um das Zeiterleben im Zeitalter der Social Media geht. Deshalb konzentriere ich mich zunächst auf diesen Begriff und beleuchte ihn von drei Formationen der Zeiterfahrung im Social Web her näher, wobei sowohl Lebenskontexte von Digital Natives als auch von Digital Immigrants in den Blick kommen.

2.1 Beschleunigung I: Multi-Tasking

Im Allgemeinen scheint der Begriff der Beschleunigung die Zeiterfahrung im Social Web treffend zu benennen. Mehr noch: Das Social Web wird sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der eher populären Literatur als eine der Hauptursachen für die gesamtgesellschaftliche Erfahrung von Beschleunigung beschrieben. Ein auch in Carrs Buch beschriebenes Phänomen steht wahrscheinlich im Zentrum dieser Beschleunigungserfahrung: Das sog. Multi-Tasking. Bezeichnenderweise stammt dieser Begriff aus der Computertechnologie, wie es im Medienzeitalter häufig festzustellen ist, dass Metaphern für menschliches Handeln und Sein aus der Medientechnologie übernommen werden.19 Der Begriff »Multi-Tasking« bezeichnet ursprünglich die Fähigkeit eines Betriebssystems, mehrere Aufgaben gleichzeitig auszuführen. Freilich täuscht der Ausdruck »gleichzeitig«: Tatsächlich werden die Aufgaben in äußerst kurzen Abständen abwechselnd ausgeführt, sodass der Eindruck von Simultanie entsteht. Gleiche Täuschung gilt für das menschliche Multi-Tasking: Auch hier werden verschiedene Aufgaben im schnellen Wechsel von einer Aufgabe zur anderen erledigt. Unterstützende Technologie und zugleich augenfälliges Bild für solches Multi-Tasking sind die Fenster, die Windows des Computerbildschirms, die im schnellen Wechsel geöffnet, geschlossen und nebeneinander angeordnet werden können.

In den 80er und 90er Jahren wurde Multi-Tasking durchaus euphorisch als Kulturleistung des Menschen gedeutet (was sich z.B. auch in der verbreiteten alltagshermeneutischen Bemerkung spiegelt, Frauen seien im Gegensatz zu Männern multitaskingfähig). In den letzten Jahren allerdings häufen sich wissenschaftliche, populärwissenschaftliche und feuilletonistische Beschreibungen der negativen Auswirkungen von Multi-Task­ing.20 Zusammengefasst sind sie sich darin einig, dass der Versuch des gleichzeitigen Erledigens verschiedener Aufgaben zu schlechteren Resultaten führt, dass Multi-Tasking die geistige Fähigkeit der Aufmerksamkeit und Konzentration verkümmern lässt und dass Multi-Tasking schließlich Stress bedingen kann – hier liegt wohl auch der Hauptgrund dafür, dass das Phänomen der Beschleunigung generell als negativ erlebt und gedeutet wird.

2.2 Beschleunigung II: Flow

Eine Nutzerin des Forums von »Brigitte.de« berichtet: »Ich würde mich jetzt nicht direkt als internet-süchtig bezeichnen, denn ich habe durchaus ein intaktes soziales Umfeld […]. ABER: ich verbringe für meinen Geschmack deutlich zu viel Zeit im Internet. Heute z.B. sitze ich schon wieder seit 4 Stunden davor und surfe von A nach Z. Ziemlich planlos und ohne deutlichen Mehrwert, soll heißen, es ist nicht so, daß ich beispielweise irgendwas recherchiere oder einen bestimmten Artikel lesen will, nein, einfach zum Zeitvertreib. […] Ich kann, wenn ich mal angefangen habe, einfach nicht mehr aufhören. Ich klicke x-mal die gleichen Seiten an, selbst wenn ich weiß, daß sich da in den letzten 30 Minuten auch nix getan hat. […] wenn ich […] heimkomme und mal nix vorhabe abends, wird sofort wieder die Kiste aufgeklappt und stundenlang gesurft.«21

Um diesen Hilferuf einmal gegen den Strich zu lesen: Die von der Nutzerin geschilderte Erfahrung weist Kennzeichen des Flow-Erlebens auf, welches der Psychologe Mihály Csíkszentmihályi in den 80er Jahren beschrieben hat. »Im flow-Zustand folgt Handlung auf Handlung, und zwar nach einer inneren Logik, welche kein bewußtes Eingreifen von Seiten des Handelnden zu erfordern scheint. Er erlebt sein eigenes Handeln als ein einheitliches ›Fließen‹ von einem Augenblick zum nächsten, wobei (…) er kaum eine Trennung zwischen sich und der Umwelt, zwischen Stimulus und Reaktion, oder zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verspürt«.22

Auch das Sich-Bewegen in den scheinbar endlosen Weiten des Social Web kann offensichtlich einen solchen Flow-Zustand auslösen, in welchem die Zeit vergessen wird. Csíkszentmihályi beschreibt diesen Zustand in seinen Veröffentlichungen zum Thema als mit dem Erleben von Glücksgefühlen einhergehend. Beschleunigung, nämlich in der Erfahrung des Ineinanderzerfließens der Zeiten, kann also auch mit positiven Gefühlen verbunden werden.

Wie kommt es dann aber, dass – wie die eben zitierte Nutzerin – viele Menschen das zeitvergessene Aufgehen im Browsen durch das Internet nicht als glückliches Verschmelzen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erleben, sondern zumindest im Rückblick als ungewollte und sinnlose Zeitvergeudung? Der echte Flow-Zustand nach Csíkszentmihályi umfasst neben den bereits erwähnten Kennzeichen zwei weitere. So haben Tätigkeiten, die echte Flow-Zustände auslösen, deutliche Ziele, und der Handelnde hat das Gefühl der Kontrolle über seine Aktivität.23

Nutzerinnen, die ihre eigene Internetnutzung als ziellos und unkontrolliert wahrnehmen, können das Verfliegen der Zeit während dieser Aktivitäten kaum als glücklichen Flow erfahren. Viele Internetkritiker der Gegenwart übersehen aber, dass von jenen Internetnutzern, die Social Media gezielt und kontrolliert verwenden, das Verschwimmen der Zeiten während des Sich-Bewegens, Schaffens, Kommunizierens im Netz als echter Flow mit Glücksgefühlen erlebt werden kann, wie internetpsychologische Studien gezeigt haben.24 Die meisten Digital Natives erfahren wohl die scheinbar unendlichen Räume des Social Web i.d.R. nicht als Räume, in denen sie und mit ihnen ihre Zeit verloren zu gehen drohen, sondern als Räume, in denen sie etwas erschaffen können. Texterinnen, Journalisten, Dichterinnen, Fotographen, Graphikdesigner u.a. nutzen das Social Web als Raum für kreative Gestaltung und können in diesem Raum Erfahrungen mit ihrer Zeit machen, die als glückliches »Fließen von einem Augenblick zum nächsten« zu beschreiben sind.

2.3 Beschleunigung III: life mix

Ein ebenfalls hochgradig ambivalent bleibendes Phänomen der Zeiterfahrung im Social Web ist die Verquickung von verschiedenen Online- und Offline-Lebenswelten, die durch die Sozialanthropologin Sherry Turkle als »life mix« bezeichnet wird.25 Die Dienste des Internets von der e-Mail über die Internettelephonie bis hin zu »Twitter« ermöglichen es, mit Menschen verbunden zu sein, die physisch abwesend sind. Gegenüber dem Festnetztelefongespräch oder dem Briefeschreiben kann diese Verbundenheit als nahezu permanente vollzogen werden, besonders wenn mobile Endgeräte wie das Smartphone zum Einsatz gebracht werden. Der life mix aus verschiedenen Online- und Offline-Lebenskontexten wird in temporaler Hinsicht als Gleichzeitigkeit verschiedener Kommunikationsvorgänge erlebt. Als Schlagwort in der Internettheorie wird hierfür der Begriff »real time-/Echtzeit-Kommunikation« verwendet.

Durch die technologischen Möglichkeiten permanenter Verbundenheit zwischen Kommunikationspartnern vergrößert sich freilich zugleich die Möglichkeit permanenter Erreichbarkeit. Und umgekehrt zu Kants moraltheoretischer Annahme, dass aus dem Sollen das Können notwendigerweise folgt,26 schließen immer mehr Menschen für ihre Nutzung der Kommunikationstechnologie vom Können auf das Sollen zurück. »Du sollst, denn du kannst« gilt offensichtlich in Bezug auf die Erreichbarkeit vieler Arbeitnehmerinnen für arbeitsbezogene Kommunikationsvorgänge in ihrer Freizeit. Einer Umfrage des Informations- und Telekommunikationsverbands »Bitkom« zufolge sind 88% der Berufstätigen außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit für Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte zu erreichen.27 Weil es möglich ist, dienstliche e-Mails abends zu lesen oder gar im Urlaub, wird von Arbeitnehmern erwartet, dies auch zu tun und entsprechend zu antworten – oder erwarten die Arbeitnehmer, dass man es von ihnen erwartet. Die Folge ist die fortgesetzte Auflösung von Zeitrhythmen, die lange das Leben der meisten Menschen in den Gesellschaften der Industrieländer geprägt haben. Arbeitszeit und Freizeit vermischen sich mehr und mehr. Der Begriff des »life mix« ist für diese Vermischung treffend: Menschen bewegen sich simultan in Arbeits- und Freizeitkontexten – und erfahren dies insofern als Beschleunigung, als die annähernde Gleichzeitigkeit von Kommunikationsvorgängen die Möglichkeit und darüber unversehens die Notwendigkeit schnellerer Reaktionen auf Anfragen integriert.

Ich habe gesagt, der life mix sei eine ambivalente Erfahrung. Sie ist deshalb ambivalent, weil das im life mix erfahrene Phänomen der »Telepräsenz«, der »Fernanwesenheit«28 eines Gesprächspartners, also das Gleichzeitigwerden eines physisch abwesenden Menschen, von Internetnutzern ganz offensichtlich als kommunikativ bedeutsame Anwesenheit erlebt wird. Zuweilen kann die Nähe zu einem Gesprächspartner im Social Web als bedeutsamer erlebt werden als die physische Nähe zu den Gesprächspartnern im aktuellen Offline-Kontext. Für das altmodische Kommunikationsmedium der e-Mail beschreibt dies mitreißend der Roman »Gut gegen Nordwind« von Daniel Glattauer – die Geschichte zweier Menschen, die einander über e-Mail-Austausch kennen und (fast) lieben lernen, ohne sich je face-to-face zu begegnen.29 Das Gleichzeitigwerden eines räumlich entfernten Menschen muss eben nicht Ursache von Beschleunigungsstress sein.


3. Entschleunigung im Social Web? Die Slow Media-Bewegung

Gegenwärtige Versuche, die Beschleunigung im Social Web aufzuhalten zugunsten einer Intensivierung der positiven Momente des Vernetztseins, beschränken sich nicht auf Programme wie Zeitschaltuhren für das Internet, sondern finden sich mittlerweile als gesellschaftliche und kulturelle Bewegung zusammen. Und zwar stemmen sich der Beschleunigung im Internet seit einigen Jahren nicht nur radikale Kritikerinnen des Mediums überhaupt, sondern die Nutzer selber entgegen. V.a. aus den Kreisen der sog. Digital Natives speist sich die Kraft einer Gegenbewegung, die unter dem Schlagwort »Slow Media Movement« zusammengefasst werden kann und die einige Zeit als gesellschaftliche und künstlerische Avantgarde zu bezeichnen war, heute jedoch wohl vom Mainstream der internetbezogenen Medien und Diskurse zumindest in den USA wahrgenommen wird.

Das Slow Media Movement ist seit ca. 2002 entstanden, zunächst v.a. in den USA, als der Begriff an verschiedenen Stellen im Internet Erwähnung fand. Öffentliche Resonanz erfährt die Rede von Slow Media vermehrt seit 2009.30 Die Bewegung kennt der Internetkultur entsprechend natürlich keine zentrale Organisation, wahrscheinlich nicht einmal über die Blogging-Szene hinaus bekannte Namen, sondern besteht dezentral in einer veränderten Internetpraxis starker Internetnutzerinnen und deren Zeugnissen in Blogs u.ä.31 Das Slow Media Movement ist beeinflusst durch das Slow Food Movement und weist Verbindungslinien zum derzeit ebenfalls in großen Kreisen der netzaffinen Milieus bevorzugten ästhetischen und lebensphilosophischen Minimalismus auf, wie man gut an der Seite des bekannten Blog »Zen Habits« sehen kann:32 Das Thema des Medienfastens wird gespiegelt durch das im Vergleich zu den blinkenden und animierten Seiten vergehender Web 1.0-Kulturen äußerst schlichte, reduzierte Er­schei­nungs­bild.33

»Analog zu Slow Food geht es bei Slow Media nicht um schnelle Konsumierbarkeit, sondern um Aufmerksamkeit bei der Wahl der Zutaten und um Konzentration in der Zubereitung.«[1] Entscheidend ist, dass es sich beim Slow Media Movement um eine Bewegung innerhalb des Social Web handelt – d.h. dass sich die Slow Media-Ideen sowohl auf die Mediennutzung als auch auf die Medienproduktion beziehen bzw. eben auf den Mix aus beidem, der die Social Web-Praktiken der Gegenwart ausmacht. Im Blick auf die eingangs skizzierten Funktionen der Internetnutzung bedeutet dies: Slow Media kann heißen, die eigenen Selbstdarstellungsaktivitäten zu Gunsten von Selbstreflexion immer wieder zu unterbrechen. Slow Media kann weiter heißen, die Beziehungspflege über das Social Web auf jene Kontakte zu beschränken, die subjektiv als entscheidend erlebt werden. Und Slow Media kann heißen, aus der rasend schnellen Flut an Informationen zu selektieren, was man aufmerksam und nachhaltig rezipieren kann. Temporale Konsequenzen können zeitweilige Pausen in der Social Media-Nutzung oder eine lang­samere Rezeptions- oder Produktionsgeschwindigkeit in Bezug auf Inhalte sein.

Um einige Beispiele für Versuche zu nennen, den Gebrauch des Mediums Social Web solcherart zu verlangsamen: Besonders in den USA verbreitet, von dort her aber mehr und mehr auch in Europa bekannt, sind Kampagnen für sog. Medienfasten. Dabei ist häufig religiöse Begrifflichkeit zu entdecken: Der »National Day of Unplugging« in der US-amerikanischen Social Web-Gemeinde wurde von der Jüdischen Non-Profit-Organisation »Reboot« initiiert und durch das »Sabbath manifesto«, das Sabbat-Manifest, begründet. D.h. der auch in nicht-jüdischen Kreisen umgesetzte National Day of Unplugging, also des Ausschaltens und Vermeidens von elektronischer Kommunikationstechnologie, wird vom Gebot der Sabbatruhe her verstanden und durch den kontinuierlichen Aufruf fortgesetzt, einen Tag in der Woche vom Social Web zu ruhen.34

Religiöser Hintergrund und entsprechende Begrifflichkeit prägt auch das in Deutschland bekanntere »Facebook«-Fasten, welches 2012 der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner bei der Präsentation seines Tätigkeitsberichtes just zu Aschermittwoch propagierte.35 Im Internet und auch in Zeitungen und Zeitschriften sind etliche Erfahrungsberichte von Nutzern zu lesen, die für eine bestimmte Zeit auf Social Media verzichten – häufig weniger aus explizit religiösen Gründen als vielmehr um sich aus der sich immer schneller drehenden Spirale der sozialen Kommunikation zu befreien und Zeit für analoge Mediennutzung wie das Bücherlesen oder das Schallplattenhören zu haben. Wie beim Fasten überhaupt verschwimmen hier die Anliegen des religiösen Fastens und des Heilfastens. Entsprechend kann das Medienfasten auch »Digital Detoxification« genannt werden. So propagiert das US-amerikanische Magazin Adbusters über eine Online-Kampagne eine Auszeit vom Social Web als »Digital Detox Week«, also »Digitale Entgiftungswoche«.36

Die Slow Media-Idee wird auch von Künstlerinnen aufgegriffen und in zumeist performancemäßigen Projekten von Internetkunst umgesetzt. Ein Beispiel hierfür ist die mittlerweile wegen des Einschreitens von »Facebook« blockierte Anwendung »Seppuko« aus dem Jahr 2009. »Seppuko« ist die Bezeichnung für den rituellen Suizid japanischer Samurai, die den Tod der Auslieferung an ihre Feinde vorzogen. Der gleichnamige Internetdienst hat Nutzern einen sog. virtuellen Suizid ermöglicht, d.h. den Ausstieg aus dem Netzwerk »Facebook« – und zwar auf durchaus spielerische Art, indem der Nutzer eine Erinnerungsseite (»Memorial Page«) einrichten und letzte Worte an seine Freunde senden konnte, und indem die Anzahl der Freunde, die durch »Seppuko« ebenfalls zum virtuellen Suizid angeregt werden, über den »Seppuko«-Rang des Nutzers entschied.37

Neben den beschriebenen Slow Movement-Initiativen, die auf die Zeitgestaltung von Internetnutzerinnen im Internet aufmerksam machen wollen, gibt es benachbarte Initiativen, die auf Zeiterfahrung und -gestaltung in Offline-Lebenskontexten zu wirken versuchen. Ein Beispiel hierfür ist die »Facebook«-Seite »Arbeitsfreier Sonntag«, eine Initiative der österreichischen Blog-Community http://www.ThemaTisch.at/. Gegründet 2009 versucht die Seite über teils humorvolle, teils nachdenkliche Posts zum Thema »Sonntagsruhe«, verbunden mit anregenden Fotos, zu einer vom Alltag auch der Internetnutzung unterschiedenen Sonntagsgestaltung anzuregen und das Thema als politisches im Bewusstsein zu halten.


4. Herausforderungen für Kirche und Theologie

Das Slow Media Movement wird vor allem im Social Web selber propagiert und wahrnehmbar. So wurde für die Umsetzung des Day of Unplugging eine eigene Community eingerichtet, in der sich Nutzer über ihre Erfahrungen mit dem Verzicht auf das Social Web im virtuellen Raum austauschen können.38 Und zur Digital Detox Week wird über eine Videoanimation motiviert, welche der Nutzer mit seinen Kontakten im Social Web teilen und z.B. im Chat diskutieren soll.39 Wie aber hängt das Bemühen für eine Entschleunigung im Social Web mit Offline-Kontexten zusammen – zum Beispiel im Kontext einer Kirchengemeinde?

Ich sehe angeregt durch die Slow Media-Bewegung eine Chance für die Kirche, sich angesichts dominierender Nutzungspraktiken im »Social Web der Beschleunigung« als Heterotopos, als Anders-Ort40 für Social Media-Fastende zu etablieren. In dieser Hinsicht ist zu fragen, wie die Kirche mögliche Entschleunigungsangebote abseits des Internets mit eigenen kirchlichen Social Media-Aktivitäten verzahnt. Konkret: Tauscht sich die »Facebook«-Fastengruppe über »Twitter« aus oder nutzt sie Gesprächskreise in den Gemeinden? Werden die Digital Natives, die Internetruhe halten, durch Gottesdienste an eben diesem Tag angesprochen, oder verbringen sie ihre Zeit mit der Lektüre von durch die Philosophie des »Slow« inspirierten Essays, weil ihre Sorgen und Sehnsüchte dort eher adressiert werden?

Im Hintergrund stehen hier prinzipielle Fragen der Positionierung kirchlicher Kommunikation zum und im Social Web. Wie besonders an der Nutzerinnengruppe der Digital Natives deutlich wird, ist für immer mehr Menschen das Internet nicht eine Kommunikationstechnologie, die mehr oder wenig intensiv instrumentalisiert, sondern ein kultureller Raum, der bewohnt und gestaltet wird. Und angesichts der durch die Studien zur Repräsentation der verschiedenen Sinus-Milieus in den Kirchen aufgezeigten Lage ist davon auszugehen, dass besonders die Digital Natives, die v.a. in den Milieus der Postmodernen vertreten sind, kirchliche Angebote nur äußerst selten wahrnehmen und in kirchlichen Mitarbeitendenkreisen kaum vorhanden sind.41 D.h. im Moment überschneiden sich trotz beginnender inspirierender Beispiele kirchlicher Webpraxis die kulturellen Räume »Kirche« und »Social Web« nur wenig. Damit stellt sich im Blick auf Zeiterfahrung und -gestaltung zumindest der Digital Natives, aber auch der eher distanzierten Internetnutzer die Frage, ob kirchliche Kommunikation eher kontrakulturell oder eher intrakulturell ausgerichtet werden soll und kann.

Die vorhandene praktisch-theologische oder medienethische Literatur zum Thema betont i.d.R. die Notwendigkeit einer kirchlichen Inkulturation in gegenwärtige Internetkontexte.42 In der Tat ist wohl davon auszugehen, dass auch kontrakulturelle Handlungen und Botschaften der Kirchen in den netzaffinen Milieus nur wahrgenommen werden, wenn zuvor und immer gleichzeitig Inkulturation in jene Milieus vollzogen wird. Um ein bereits angerissenes Beispiel wieder aufzunehmen: Wenn eine Kirchengemeinde ihren Digital Natives, zu denen im übrigen eine große Zahl der Konfirmandinnen zu zählen ist, Unterbrechungsangebote machen möchte, z.B. in Form von Begleitung beim Social Media-Fasten, ist dies im Social Web selber zu kommunizieren. Soll dies gelingen, muss bis zu einem gewissen Grad die Sprache der Zielgruppe gesprochen werden, und zwar im weitesten Sinne des Lebensstils, der Ästhetik und der Alltagskultur.

Eine weitere Frage, die das Slow Media Movement aufwirft: Dient die Slow Media-Philosophie unter der Hand den Sklaventreibern, die sie bekämpfen will? Dies wäre der Fall, wenn die beworbenen und geschilderten Medienauszeiten v.a. als Rüstzeiten für effizientere und also schnellere Mediennutzung im Interesse zumeist wirtschaftlicher Effizienz dienten.43 Ein bekannter Slogan des Minimalismus lautet: »doing more by doing less«44, und kann damit nicht ganz verbergen, dass die Beschränkung auf das Einfache und das Langsame zuweilen doch der Effizienz und der Beschleunigung dient.45 Im Zeitalter der Beschleunigung steht offensichtlich selbst das Werben für mehr Muße in der Gefahr, für die Beschleunigung fit zu machen anstatt Freiräume für den Geist zu öffnen. Wenn mit Schleiermacher die Bildung zur Religion von der Muße des nicht in Handlungszwecke eingespannten Individuums her verstanden wird,46 muss eine Verzweckung auch noch der Ruhe aufmerken lassen. Theologische Fragen, die hiermit anklingen, sind z.B.: In welchem Verhältnis stehen das Ruhen Gottes (Gen. 2,3) und das Ruhen des Menschen, in dessen prinzipieller Weltoffenheit es liegt, dass seine Unruhe theologisch gesprochen erst bei Gott ihr Ende haben wird?47 Bietet die Rechtfertigungstheologie angesichts des mit Leistungsdruck zusammenhängenden Beschleunigungsdrucks einen sinnvollen und durchaus als kontrakulturell zu entfaltenden Deutungsrahmen? Welche Perspektiven auf die menschliche Alltagserfahrung von Zeit werden durch traditionelle Beschreibungen des Verhältnisses von Ewigkeit und Zeit eröffnet?

Spätestens die Beobachtung, dass die neue Suche nach Entschleunigung im Social Web selber im Rückgriff auf religiöse, darunter christlich geprägte Begriffe Ausdruck findet (Sabbath Day, Medienfasten etc.), weist darauf hin, dass durch die unterschiedlichen Formationen von Zeiterfahrung und Zeitgestaltung im Netz die Theologie herausgefordert wird. Und zwar neben der praktischen Theologie und der theologischen Medienethik, wie sich gerade zeigte, auch die Dogmatik als kulturhermeneutische, religionstheoretische und anthropologische Verantwortung der christlichen Glaubenslehre. Neben den hier skizzierten Themen »Beschleunigung und Entschleunigung« können dann beispielsweise das Verhältnis von Zeit und Raum, die Gestalten von Erinnerung und alte und neue Bilder vom »Ewigen Leben« in den Fokus einer Theologie des Social Web gerückt werden.48


Anmerkungen:

1 Der Aufsatz beruht auf einem Vortrag, den ich beim Theologischen Forum Loccum 2012 gehalten habe (30. August 2012).

2 Vgl. Busemann, Katrin/Gscheidle, Christoph, Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2012: Web 2.0 – Habitualisierung der Social Communitys [sic], Media-Perspektiven 7-8/2012, 38-390, 380 (online unter http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/ fileadmin/Online12/0708-2012_Busemann_ Gscheidle.pdf [10.1.13]).

3 Im Interesse der Lesbarkeit verwende ich feminine und maskuline Formen ungefähr abwechselnd.

4 O’Reilly, Tim, What is Web 2.0. Design patterns and business models for the next generation of software, in: O’Reilly Blog, 30.09.2005. Verfügbar unter http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/what-is-web-20.html  [20.05.2012]. Die erste Begriffsnennung findet sich wahrscheinlich im Dezember 2003 in der US-Ausgabe »Fast Forward 2010 – The Fate of IT« der IT-Zeitschrift CIO Magazin, im Scott Dietzen zitierenden Artikel Eric Knorrs zu »2004 – The Year of Web Services«. Zur Vorgeschichte und überhaupt zur Internetgeschichte vgl. Haese, Bernd-Michael, Hinter den Spiegeln. Kirche im virtuellen Zeitalter des Internet, Praktische Theologie heute Bd. 81, Stuttgart 2006.

5 Schmidt, Jan, Das Neue Netz. Merkmale, Praktiken und Folgen des Web 2.0, Konstanz 2009/22011 (Hervorhebung C.C.).

6 Schmidt, Das Neue Netz, 20.

7 Vgl. dazu Schmidt, Das Neue Netz, 16-18.

8 Zur Legitimation der Begriffskomponente »Management« vgl. Schmidt, Das Neue Netz, 72. Schmidt versteht »Management« »im Sinne von ›Handhaben‹ oder ›Bewerkstelligen‹ [...], also von Varianten des Handlungsvollzugs, die sehr viel stärker auf praktischem statt auf diskursivem Bewusstsein basieren und routinisiert, eingelebt, habitualisiert stattfinden.« (ebd.) Im Blick auf das »Identitätsmanagement« heißt dies z.B., dass Identität nicht als Vorgefundene, sondern als Hergestellte bzw. In-Vollzug-Gesetzte begriffen wird.

9 Schmidt, Das Neue Netz, 74-83.

10 Schmidt, Das Neue Netz, 76 (dort hervorgehoben).

11 Schmidt, Das Neue Netz, 84-94.

12 Schmidt, Das Neue Netz, 71.

13 Schmidt, Das Neue Netz, 95-103.

14 Vgl. die Pressemitteilung unter http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/ [28.08.12].

15 Vgl. Busemann/Gscheidle, Web 2.0 – Habitualisierung der Social Communitys.

16 Czerski, Piotr, Wir, die Netz-Kinder, ZEIT-ONLINE, 23.02.2012, verfügbar unter: http://www.zeit.de/ digital/internet/2012-02/wir-die-netz-kinder/ komplettansicht [28.4.2012] (Hervorhebungen C.C.).

17 McLuhan, Marshall, Understanding Media. The Extensions of Man, New York 1964, deutsch: ders., Die magischen Kanäle. »Understanding Media«, Düsseldorf/Wien 1968.

18 Carr, Nicholas, Wer bin ich, wenn ich online bin … Und was macht mein Gehirn solange? Wie das Internet unser Denken verändert, München 32010. Englischsprachige Originalausgabe: ders., The shallows. What the internet is doing to our brains, New York 2010.

19 Vgl. Ruß, Aaron/Müller, Dirk/Hesse, Wolfgang, Metaphern für die Informatik und aus der Informatik, in: Bölker, Michael/Gutmann, Mathias/Hesse, Wolfgang (Hg.), Menschenbilder und Metaphern im Informationszeitalter, Hermeneutik und Anthropologie Bd. 1, Berlin 2010, 103-132.
Vgl. z.B. Ophir, Eyal/Nass, Clifford/Wagner, Anthony D., Cognitive control in media multitaskers, in: Proceedings of the National Academy of Sciences 106 (2009), 37, 15583-15587, online verfügbar unter: http://www.pnas.org/content/early/2009/08/21/0903620106.abstract [26.08.12]; Müller-Jung, Joachim, Multitasking ist ungesund, F.A.Z. vom 16.04.2010, online verfügbar unter http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/digitales-denken/resultat-der-hirnforschung- multitasking-ist-ungesund-1967880.html [26.08.12].

20 Eintrag von Ethel_Thayer am 22.04.2011, online verfügbar unter: http://bfriends.brigitte.de/ foren/persoenlichkeit/236401-ich-bin-zu-viel-im-internet-wie-einschraenken.html [26.08.12].

21 Csíkszentmihályi, Mihály, Das flow-Erlebnis. Jenseits von Angst und Langeweile: im Tun aufgehen, Konzepte der Humanwissenschaften, Stuttgart 1985/112010, 59.

22 Vgl. Csíkszentmihályi, Flow-Erlebnis, 59.

23 Vgl. zumindest für das »alte« Internet z.B. Ghani, J., Flow in Human Computer Interactions. Test of a Model, in: Carey, J. (Hg.), Human Factors in Information Systems. Emerging Theoretical Bases, New Jersey 1995, 291-311; Trevino, L. K./Webster, J., Flow in Computer-Mediated Communication. Communication Research (19) 5, 1992, 539-573; Trevino, L. K./Webster, J./Ryan, L., The Dimensionality and Correlates of Flow in Human-Computer Interaction. Computers in Human Behavior 9, 1993, 411-426.

24 Turkle, Sherry, Alone Together. Why We Expect More from Technology and Less from Each Other, New York 2011, 160f u.ö.

25 Vgl. Kant, Immanuel, Kritik der praktischen Vernunft, Akademie-Ausgabe Bd. V, Berlin 1908, 159.

26 Vgl. die Presse-Information vom 3. Juli 2011 unter http://www.bitkom.org/de/markt_statistik/6405 4_68489.aspx [10.01.13].

27 Vgl. Costanza, Christina, Fernanwesenheit. Personsein im Social Web im Lichte der Theologie, in: dies./Ernst, Christina, Personen im Web 2.0. Kommunikationswissenschaftliche, ethische und anthropologische Zugänge zu einer Theologie der Social Media, Edition Ethik Bd. 11, Göttingen 2012, 127-145.

28 Glattauer, Daniel, Gut gegen Nordwind, Roman, München 222008.

29 Zur Entwicklung des Slow Media Movement vgl. Rauch, Jennifer, The Origin of Slow Media: Early Diffusion of a Cultural Innovation through Popular and Press Discourse, 2002-2010, in: Transformations Journal 20 (2011), online unter: http:// www.transformationsjournal.org/journal/issue_20/article_01.shtml [27.08.12].

30 Vgl. v.a. den Blog von Jennifer Rauch: http://slowmedia.typepad.com/ [27.08.12] sowie den Blog des »Slow Media Institut« von Sabria David, Jörg Blumtritt und Benedikt Köhler: http://www.slow-media.net/ [27.08.12] – die die Bloggründung inspirierenden Kerngedanken sind im »Slow Media Manifest« zusammengefasst (http://www.slow-media.net/manifest [27.08.12].

31 Vgl. http://zenhabits.net/ [28.01.13].

32 Vgl. zur Philosophie des Slow besonders Honoré, Carl, In Praise of Slowness. Challenging the Cult of Speed, San Francisco 2004.

33 Aus dem Slow Media Manifest; vgl. Anm. 31.

34 Vgl. http://www.sabbathmanifesto.org/about [27.08.12]. Im Jahr 2013 fand der National Day of Unplugging übrigens am 1./2. März statt.

35 Vgl. den Presseartikel »Vom Facebook-Fasten zur Facebook-Askese. Aschermittwoch-Empfehlungen des rheinland-pfälzischen Landesdatenbeauftragten« vom 22.02.12: http://www.datenschutz.rlp.de/de/presseartikel.php?pm=pm2012022201 [27.08.12].

36 Vgl. http://www.adbusters.org/campaigns/digital detox [27.08.12].

37 Vgl. http://www.seppukoo.com/how-it-works [28.08.12]. Ähnlich bietet die »Web 2.0 Suicide Machine« den Ausstieg aus den Sozialen Netzwerken wie »Facebook«, »Myspace«, »LinkedIn« und »Twitter« an und wirbt mit der effizienten Auslöschung des »Web 2.0 alterego« gegenüber einem manuellen Abmelden von diesen Diensten. Vgl. http://suicidemachine.org/ [28.08.12]. – Vgl. zu »Seppuko« und der »Web 2.0 Suicide Machine« den Essay von Karppi, Tero: Digital Suicide and the Biopolitics of Leaving Facebook, in: Transformations Journal 20 (2011), online unter: http://www.transformationsjournal.org/journal/issue_20/article_02.shtml [27.08.12].

38 Vgl. http://www.sabbathmanifesto.org/community [27.08.12].

39 Vgl. oben Anm. 37.

40 Vgl. Foucault, Michel, Die Heterotopien. Der utopische Körper. Zwei Radiovorträge, Zweisprachige Ausgabe, übers. v. M. Bischoff, Frankfurt a.M. 2005, 7-22 (Die Heterotopien).

41 Vgl. Schulz, Claudia/Hauschildt, Eberhard/Kohler, Eike, Milieus praktisch. Analyse- und Planungshilfen für Kirche und Gemeinde, Göttingen 2008; Benthaus-Apel, Friederike, Lebensstilspezifische Zugänge zur Kirchenmitgliedschaft, in: Huber, Wolfgang/Friedrich, Johannes/Steinacker, Peter (Hg.), Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge. Die vierte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft, Gütersloh 2006, 205-236.

42 Vgl. z.B. Mayer-Edoloeyi, Kommunikationsräume der Kirchen mit Digital Natives eröffnen, in: Costanza/Ernst, Personen im Web 2.0, 166-187; de Vries, Simon, www.verWEBt.de. Perspektiven für Kirchengemeinden im Zeitalter des Web 2.0, DPfBl 110, 2010, 298-302, online verfügbar unter http://pfarrerverband.medio.de/pfarrerblatt/archiv.php?a=show&id=2825 [10.01.13].

43 Vgl. z.B. den deutlich auf Effektivität und (auch ökonomische) Zwecke hin abgefassten Blogeintrag von Urs E. Gattiker, Digital detox. Confessions of a social media addict, 7. Juli 2010, http://commetrics.com/articles/the-lure-of-digital-stimulation-could-be-counterproductive-if-done-in-excess/ [27.08.12].

44 Z.B. Rauch, Origin.

45 Die dem Projekt »Seppuko« ähnliche »Web 2.0 Suicide Machine« wirbt mit dem Slogan »Faster, Safer, Smarter, Better« ganz ausdrücklich mit der Schnelligkeit des durch sie gesteuerten Ausstiegs aus Sozialen Netzwerken (http://suicidemachine.org/ [10.01.13]).

46 Vgl. Schleiermacher, Friedrich, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern, hg. v. Rudolf Otto, Göttingen 71991, 107f.

47 Vgl. Pannenberg, Wolfhart, Was ist der Mensch? Die Anthropologie der Gegenwart im Lichte der Theologie, Göttingen 81995, 5-13; Augustin, Confessiones I,1, zweisprachige Ausgabe, hg. v. Joseph Bernhart, Frankfurt/M. 1987, 12f.

48 Für Beiträge auf dem Weg zu einer solchen Theologie vgl. Costanza/Ernst, Personen im Web 2.0.

 

Über die Autorin / den Autor:

Pastorin Dr. Christina Costanza, z.Zt. Pastorin in der Christophorusgemeinde in Göttingen; Forschungsschwerpunkte: Anthropologie der Social Media, Theologie des Gottesdienstes und Dogmatik im 19. und 20. Jh.

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 7/2013

2 Kommentare zu diesem Artikel
28.08.2013 Ein Kommentar von S. Sievers Ein problematisches - von der Vf.in nicht thematisiertes - Phänomen des Social Web ist ja die weitgehende Anonymität, in der es sich noch der letzte Begriffsstutzige wie auf seiner individuellen Wartburg bequem machen kann. Selbst nach mehrfachem Lesen erschließt sich mir keine Aussage des Erstkommentars - und darin liegt wohl die größte Differenz zum Artikel von Dr. Costanza. Das historische Vorbild des digitalen Wartburgbewohners hat in der Regel auf Texte reagiert, die es verstanden hatte und sich dann offen und präzise dazu geäußert. Ich halte jedenfalls jeden Annäherungsversuch an die Neuen Medien seitens der Kirche/Theologie für begrüßenswert und habe den vorliegenden Artikel gern gelesen.
12.08.2013 Ein Kommentar von Junker Jörg Mit folgender Schilderung beweist die Autorin, Frau Costanza, zumindest Humor: "So wurde für die Umsetzung des Day of Unplugging eine eigene Community eingerichtet, in der sich Nutzer über ihre Erfahrungen mit dem Verzicht auf das Social Web im virtuellen Raum austauschen können." Social-Web-Faster, die ihre Erfahrungen via Social Web austauschen? Das wäre ja so, als würden sich Abstinenzler zum Austausch auf ein Bier- oder ein gemütliches Glas Rotwein treffen. Rotweintrinken ist übrigens Punkt 7 des Sabbath Manifestos, deren Verfasser den National Day of Unplugging veranstalten. Leider werden die wenigsten den lustigen Satz am Ende des Monologs von Frau Costanza lesen, weil sie zuvor vor Langeweile gestorben sind oder - die, die etwas Ahnung haben - den Artikel aufgrund der vielen inhaltlichen Fehler, dem Halbwissen und den vielen unzulässigen Vermischungen zuvor beiseite gelegt haben. Permanent erreichbar mussten Arbeitnehmer schon sein, als es Mobiltelefone gab, der Begriff "Social Web" aber noch nicht erfunden war. Man riskiert seinen Job, wenn man sich weigert. Zumindest habe ich das so mehrfach erlebt. Ein Chef bot allen an, mit dem Ehepartner bzw. mit dem/der Freund(in) zu reden, falls sie im Urlaub ihren Partner ohne eingeschaltetes Mobiltelefon dabei haben wollten. Flow bezeichnet nicht den Zustand des lustlosen Herumsurfens im Web, sondern - wie man auch in Wikipedia nachlesen kann - "das Gefühl der völligen Vertiefung und des Aufgehens in einer Tätigkeit". Genau so wenig wie Zeitschriften zum lustlosen Herumblättern oder das Fernsehen zum lustlosen Herumzappen verleitet, verleitet das Internet zum lustlosen Herumsurfen. Wer meint, Social Web würde einen dazu verführen, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun (Multi-Tasking), verwechselt Korrelation mit Kausalität. Digital Natives sind zumeist junge Menschen und für junge Menschen ist es ganz normal, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, wie beispielsweise beim Erledigen der Hausaufgaben Musik zu hören. Statt alle Fehler hier aufzuzählen, möchte ich an Martin Luther erinnern. Der übersetzte die Bibel ins Deutsche und nutzte zur Verbreitung die damalige neue Technologie des Buchdrucks. Hätte Frau Costanza damals schon gelebt, hätte sie bestimmt zum Bücher-Fasten aufgerufen und nach theologischen Antworten auf die damit einhergehende Beschleunigung gesucht.
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