Kirche in der »Schlüsselzeit«

 

Liebe Schwestern und Brüder,

die evangelische Kirche stand in diesem Jahr zweimal im besonderen Interesse der Medien und der Öffentlichkeit. Im Februar dieses Jahres waren es die Ergebnisse der vierten Mitgliedschaftsuntersuchung der EKD (kurz KMU IV), die von verschiedenen Seiten analysiert und kommentiert wurden. Seit einigen Wochen ist es das Impulspapier des Rates der EKD mit dem Titel »Kirche der Freiheit – Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert«, das viele überraschte und zu lebhaften Reaktionen Anlass gab.

Zu Beginn meines Berichtes möchte ich auf diese beiden Veröffentlichungen eingehen.

 

 

Die Ergebnisse der vierten Mitgliedschaftsuntersuchung der EKD

 

Auf vier wichtige Ergebnisse dieser Untersuchung will ich Sie hinweisen:

 

1.    Die Erwartungshaltung gegenüber der Kirche und das gute Image der Kirche haben sich seit der letzten Mitgliedschaftsuntersuchung im Jahr 2002 nicht verändert. Die Kirche hat trotz empfindlicher Austritte, die in den letzten Jahren zu verkraften waren, eine erfreuliche Stabilität. Die Botschaft stärkt und trägt die Institution.

 

2.    »Die Erwartungen an die Kirche konzentrieren sich auf Verkündigung, Gottesdienst, Amtshandlungen und Diakonie. Unter dem Begriff Diakonie sind Erwartungen zusammengefasst wie ›Alte, Kranke, Behinderte betreuen‹ und ›sich um Probleme von Menschen in sozialen Notlagen kümmern.‹ Diese Erwartungshaltung ist seit der ersten Kirchenmitgliedschaftsumfrage 1972 sehr konstant geblieben.« (Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge, S. 58).

 

3.    Bei 80 Prozent der Konfessionslosen im Westen vollzog sich der Austritt in den letzten 25 Jahren. Es bestehen deshalb noch biographische Anknüpfungspunkte. Die meisten Konfessionslosen sind getauft und wurden konfirmiert. Sie haben kirchlich geheiratet und haben deshalb noch einen lebensgeschichtlichen Bezug zur evangelischen Kirche. Die 5 Millionen Menschen, die in der genannten Zeitspanne aus der evangelischen Kirche ausgetreten sind, bilden ein enormes Wachstumspotential, wenn man ihren Austritt nicht als gegeben hinnimmt, sondern sich diesen Menschen verstärkt zuwendet. Wenn wir statistisch von 6 bis 7 Prozent der Mitglieder ausgehen, die ausgetreten sind, dann wäre dies ein erhebliches Potential, das neu erschlossen werden könnte.

Ich stimme deshalb der Einschätzung des Kirchenpräsidenten der Kirche in Hessen-Nassau, Dr. Peter Steinacker, zu, der bei der Präsentation der Ergebnisse der Mitgliedschaftsuntersuchung sagte: »Meines Erachtens befinden wir uns gegenwärtig in einer Art ›Schlüssel-Zeit‹, in der sich entscheidet, ob sich die Kirchenaustritte zu dauerhafter Konfessionslosigkeit verfestigen und an die nächste Generation weitergegeben werden – oder ob es gelingt, Menschen neu einen Weg zu ihrer eigenen Kirche zu eröffnen.«

4.    Trotz eines oft distanzierten Verhältnisses vieler evangelischer Christen zur Kirche bleibt diese an den Wendepunkten des Lebens, wie Taufe, Konfirmation, Trauung und Bestattung, weiterhin gefragt. »Kirchenmitglieder und Konfessionslose erfahren hier gottesdienstliche und seelsorgerliche Begleitung in den Hoch- und Tiefzeiten des eigenen Lebens, sie erfahren Unterstützung bei der schwierigen Aufgabe persönlicher Lebensbewältigung und der Arbeit an der eigenen Biographie. Entsprechend hoch rangieren die kirchlichen Amtshandlungen in den Erwartungen der Kirchenmitglieder und Konfessions­losen – quer durch die verschiedenen Lebensstile.« (Dr. Peter Steinacker bei der Präsentation)

 

Wir stehen, liebe Schwestern und Brüder, vor der Alternative, sinkende Kirchensteuereinnahmen und zurückgehende Mitgliederzahlen als schicksalhaft gegeben hinzunehmen. Dann wird unsere volkskirchliche Struktur irgendwann an ihre Grenze stoßen. Oder wir schaffen es, unsere kirchliche Arbeit in der Weise neu auszurichten, dass wir den Menschen, die heute wieder verstärkt nach der eigenen religiösen Identität und nach dem, was ihnen Halt und Zuversicht gibt, fragen, in unserer Kirche eine Heimat geben.

 

 

Gegen den Trend wachsen wollen! – Das Perspektivpapier des Rates der EKD

 

Das Impulspapier des Rates der EKD »Kirche der Freiheit – Perspektiven für die Evangelische Kirche im 21. Jahrhundert« nimmt diese Situationsanalyse für die Evangelische Kirche auf und plädiert für ein »Wachsen gegen den Trend«.

 

Mit der Formulierung von zwölf »Leuchtfeuern« macht das Impulspapier deutlich, »welche qualitativen und strukturellen Umwandlungen die evangelische Kirche braucht, um den notwendigen Mentalitätswandel zu gestalten.« Aus den Leuchtfeuern werden »Handlungsziele« abgeleitet, die helfen sollen, den notwendigen Wandel zu erreichen.

 

Richtungszeichen zu schaffen, das hat eine gute und lange Tradition in der Schifffahrt. Das steht uns auch in unserer Kirche gut an. Früher dienten auch Kirchengebäude als Bestimmung von Standort und Kurs in der Schifffahrt, die zunächst nur am Tage und in Küstennähe stattfand. Kirchen sind heute keine Richtungszeichen mehr für die Schifffahrt. Die Menschen, die sich zu diesen Kirchen halten, suchen vielmehr nun selbst Richtungszeichen zur Orientierung auf dem weiteren Weg.

Leuchtfeuer dienen, anders als Tagmarken, zum sicheren Navigieren auch bei Nacht. Ich will die Verwendung des Begriffes vom »Leuchtfeuer« im Perspektivpapier nicht als einen Hinweis verstehen, dass sich die Kirche momentan in einer Phase der Dunkelheit bewegt, sondern als Ermutigung, dass sie mit Hilfe der »Leuchtfeuer« auch schwierige Zeiten meistern kann und wird.

Missverständlich ist der Begriff dennoch. Schiffe dürfen einem »Leuchtfeuer« nicht zu nahe kommen, darauf weist Heike Schmoll in einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 20.7. hin, sonst stranden sie. An Abstand halten hat das EKD-Papier aber sicher nicht gedacht.

 

Für eine umfassende Analyse des Papiers ist hier nicht die Zeit und nicht der Platz. Ich beschränke mich darauf, zunächst einige positive Aspekte zu nennen und zu verstärken. Es gibt natürlich auch Kritisches anzuführen. Ich reiße einige Punkte an, die überdacht und verändert werden müssen. Es bleiben schließlich noch eine Reihe von Fragen, die bearbeitet werden müssen und deshalb in den geplanten Konsultationsprozess einfließen sollten. In einem dritten Schritt will ich sie kurz nennen.

 

Ich komme zunächst zu den positiven Aspekten:

 

•     Wir stimmen der Analyse der momentanen kirchlichen Situation im EKD-Papier zu. Sie schließt sich an die Ergebnisse der neuesten Mitgliedschaftsuntersuchung der EKD, auf die ich zu Beginn eingegangen bin, an. Wir unterstützen den Aufruf und die Ermutigung in diesem Perspektivpapier zu einem »Wachsen gegen den Trend.« Bisher war die Botschaft aus den Kirchen, die bei den Gemeindegliedern und in der Öffentlichkeit angekommen ist, eher pessimistisch und negativ: Die Mitgliederzahlen nehmen besorgniserregend ab, die Kirchensteuereinnahmen sinken. Deshalb müssen die Kirchen Personal abbauen und sich auf ihre Kernaufgaben beschränken. Das klang weder ermutigend nach innen noch einladend nach außen. Ich habe das schon in meinem letzten Bericht bei der letzten Mitgliederversammlung im September 2005 in Bad Salzuflen moniert und deshalb schon damals den jetzt auch im Impulspapier angestoßenen Mentalitäts- und Richtungswechsel eingefordert.  

 

•    Wir begrüßen die Anerkennung der Schlüsselposition der Pfarrerinnen und Pfarrer für die kirchliche Arbeit und für das Bild der Kirche in der Öffentlichkeit. Die von Pfarrerinnen und Pfarrern geleistete Arbeit in den Gemeinden wird – mit Einschränkungen, die ich später noch nennen werde – positiv gewürdigt. Das überrascht und ist neu in kirchlichen Verlautbarungen. Die positive Beschreibung der Arbeit entspricht aber den demografischen Erhebungen. Bei der alle zwei Jahre durchgeführten Umfrage des Demoskopischen Instituts Allensbach nach dem Berufsprestige liegen seit Jahren die Pfarrerinnen und Pfarrer nach den Ärzten an zweiter Stelle.

 

•    Konsequent ist deshalb auch der Vorschlag, die Pfarrstellen im Vergleich zum Rückgang der Mitgliederzahlen unterproportional zu kürzen. Im Impulspapier heißt es dazu: »Eine sinnvolle Zielvorgabe für das Jahr 2030 ist ein Zahl von 16 500 Pfarrerinnen und Pfarrern, unter der Voraussetzung, dass die  Mitgliedschaft bei 31,3 Prozent der Gesamtbevölkerung bliebe… Als realistischer Durchschnittswert ist dann ein Verhältnis von 1: 1600 erreicht.«

 

•    Das Impulspapier stellt die Bedeutung der Kernangebote, vor allem der Kasualien, heraus. Auch wir meinen, dass die Kasualpraxis eine nicht zu unterschätzende Möglichkeit darstellt, Menschen mit unterschiedlicher Nähe zur Kirche zu erreichen. Dr. Isolde Karle fasste dies vor einiger Zeit kurz und prägnant in einem Artikel im Deutschen Pfarrerblatt zusammen:

    »Die Stabilität und Zukunft der Volkskirche hängt wesentlich von einer professionellen und damit zuverlässigen, seelsorgerlich sensiblen und theologisch kompetenten Begleitung in Krisensituationen, wie sie vor allem die Kasualien repräsentieren, ab … Die Chancen, die in den Kasualien und in den großen Festgottesdiensten im Kirchenjahr und ihrer großen Reichweite liegen, können aber nur genutzt und ausgelotet werden, wenn hauptamtliche, theologisch gut ausgebildete Pastorinnen und Pastoren da sind, die sie sorgfältig und das heißt nicht zuletzt auch mit der nötigen Zeit vorbereiten und durchführen können.« Und sie kommt deshalb zu dem Schluss: »Die Zukunft der Volkskirche hängt mithin nicht zuletzt von einer starken Stellung von Pfarrerinnen und Pfarrern ab, die gleichzeitig die Beteiligungsmöglichkeiten von Ehrenamtlichen freisetzen und zu fördern wissen.« (Isolde Karle, Volkskirche ist Kasualien- und Pastorenkirche, in: Deutsches Pfarrerblatt, 12/2004, S. 626).

 

Ich füge einschränkend und auch mahnend hinzu: Ehrenamtliche können und dürfen aber kein billiger Ersatz für Hauptamtliche sein, für die in den kirchlichen Haushalten das Geld fehlt. Wer Ehrenamtliche für Aufgaben meint einsetzen zu können, für die sie nicht ausreichend ausgebildet sind, der nimmt auf der einen Seite die Ehrenamtlichen nicht ernst und diskreditiert auf der anderen Seite den Berufsstand, den sie ersetzen sollen.

 

Das EKD-Papier enthält neben diesen positiven Aspekten auch manche Ungereimtheit. An einigen Stellen widersprechen wir auch deutlich und fordern eine Korrektur:

 

•    Auch wenn das Impulspapier für ein »Wachsen gegen den Trend« plädiert, beschreibt es eher einen Abschied von der Volkskirche.

    Das EKD-Papier betont wohl den hohen Wert der »Gemeinde am Ort« (S. 37), weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die Parochialgemeinde der Ergänzung bedarf. Vor allem aus finanziellen Gründen sei für die Zukunft ein Verhältnis von 50 Prozent zu 25 Prozent und zu 25 Prozent zwischen  traditionellen Ortsgemeinden, Profilgemeinden (z.B. Citykirchen) und netzwerkorientierten Angeboten anzustreben (bisher: 80/15/5).

    Wir müssen uns aber dabei klar machen, dass wir dann, wenn wir uns aus den Gemeinden vor Ort zurückziehen, traditionelle volkskirchliche Strukturen aufgeben. Was für die Niederlausitz, Vorpommern oder Brandenburg richtig erscheinen mag, weil volkskirchliche Strukturen vielleicht schon nicht mehr vorhanden sind, muss nicht in gleicher Weise für Bayern, Württemberg oder Kurhessen-Waldeck stimmen. Und man kann auch Zweifel anmelden, ob dies für die zuerst genannten Regionen der richtige Weg ist. Felix Grigat schrieb vor kurzem in einem Artikel in der FAZ (17.08.06) über die kirchliche Situation in Brandenburg. Er ließ dabei auch engagierte Kirchenmitarbeiterinnen zur Frage der Regionalisierung zu Wort kommen. Ich zitiere: »Die Konzentration auf Vorzeigegemeinden, einen Rückzug aus der Fläche, wie ihn der Rat der EKD kürzlich empfohlen hat, hält Frau Lesner für falsch. Das gehe an der Wirklichkeit vorbei, die Leute wollen das nicht. Auf dem Land sei ein Abschied von der Ortsgemeinde nicht denkbar.« Und was schon hier von Seiten engagierter Gemeindeglieder undenkbar erscheint, wäre in volkskirchlich intakten Regionen unsinnig und schädlich. Bischof Dr. Hein weist deshalb zurecht in einem kürzlich geführten Interview darauf hin, dass er die im Impulspapier vorgeschlagene Reduzierung von Pfarrstellen im Bereich seiner Landeskirche für unangemessen hält. »Wir haben«, so sagte er, »bewusst eine Entscheidung getroffen, auch weiterhin ein vergleichsweise dichtes Netz von Pfarrstellen im Haushalt zu finanzieren. Und davon wird uns auch das Impulspapier der EKD nicht abbringen … Für uns gilt weiterhin: Wir wollen, dass Pfarrer und Pfarrerinnen vor Ort vorhanden und erkennbar sind.« (07.08.06)

    Vielleicht fällt es aus dem Blickwinkel der EKD schwer, die Besonderheiten der einzelnen Landeskirchen und Regionen noch wahrzunehmen, aber dieser differenzierter Blickwinkel ist nötig, wenn man tatsächlich die richtigen Perspektiven für die evangelische Kirche im 21. Jahrhundert, die sich – noch immer und sicher auch weiterhin – in unterschiedlichen Landeskirchen darstellt, entwickeln und Leuchtfeuer auf den Weg in die Zukunft anzünden möchte.    

 

•    Trotz der positiven Beschreibung der Arbeit zeichnet das Impulspapier ein ambivalentes Bild der Pfarrerinnen und Pfarrer. Neben der Wertschätzung erfolgt auch eine längere Analyse kirchlicher Schwachstellen, in der es vor allem wieder um die Arbeit der Pfarrerinnen und Pfarrer geht. Auffällig ist, dass der Blick auf die weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unseren Kirchen in diesem Papier fast völlig ausgeblendet wird.

 

Während die Gemeindeglieder die Arbeit der Pfarrerinnen und Pfarrer schätzen, wie die schon genannten Umfragen bestätigen, und ihnen – anders als der Kirche insgesamt – ein hohes Ansehen bescheinigen, schränkt das Impulspapier diese Sicht überraschend ein: »Über die Qualität der kirchlichen Arbeit – insbesondere des Pfarrdienstes – ist insgesamt zu wenig bekannt.« Den Verfassern des Papiers geht es nicht mehr um die Wertschätzung, sondern um das Problem des Fehlens einer einheitlichen Qualitätskontrolle der Arbeit der Pfarrerinnen und Pfarrer. Pfarrer Dr. Martin Schuck schreibt dazu im Pfälzischen Pfarrerblatt:

»Die Idee, dass das Ansehen des Pfarr­berufs vielleicht auch deshalb so hoch ist, weil die diesen Beruf ausübenden Personen als Vertreter einer Profession angesehen werden, deren Tätigkeit sich eben nicht mittels betriebswirtschaftlichen Qualitätsstandards vollständig ausdrücken und beschreiben lässt, kommt den Autoren nicht in den Sinn. Die Stellung des Pfarrberufs ist jedoch nicht letztlich deshalb so hoch angesehen, weil in der Begegnung mit Vertretern dieses Berufes vielen eine Ahnung davon aufblitzt, dass es auch so etwas wie eine in sich sinnerfüllte und sinnstiftende Profession jenseits der Totalkontrolle der Wirtschaft gibt.« (Pfälzisches Pfarrerblatt, 7/8. 2006, S. 273)

 

•     Erstaunlich und widersprüchlich ist in diesem Zusammenhang, dass das Impulspapier der EKD auf der einen Seite für die Zukunft die gleiche Zahl an Pfarrerinnen und Pfarrer, an Prädikantinnen und Prädikanten und an Lektorinnen und Lektoren, also ein Verhältnis von 1:1:1 für wünschenswert hält, auf der anderen Seite aber verbesserte Qualitätsstandards bei Pfarrerinnen und Pfarrern einfordert.  Ich stimme Heike Schmoll zu, die in dem bereits genannten Kommentar in der FAZ schrieb: »Wer einerseits zu Recht gegen Bachelorpastoren wettert, kann nicht andererseits eine Deprofessionalisierung seiner Pfarrerschaft betreiben, indem er einen Teil der Hauptamtlichen aus Kostengründen durch Prädikanten ersetzt.«

 

•     Und noch einmal kann ich nur meine Verwunderung ausdrücken, wenn es um Aussagen des Impulspapiers zur Frage der Identifikation der Pfarrerinnen und Pfarrer mit den Kernaufgaben der Kirche geht. Woher nehmen die Verfasser dieses Papiers ihr Wissen, dass sich Pfarrerinnen und Pfarrer weniger als Mitarbeitende in anderen Organisationen mit ihrer Kirche identifizieren? Die Zufriedenheitsuntersuchungen, die in letzter Zeit in verschiedenen Landeskirchen durchgeführt wurden, beweisen genau das Gegenteil. Die Pfarrerinnen und Pfarrer arbeiten engagiert und hoch motiviert in den Aufgabenbereichen, für die sie ausgebildet wurden und die gleichzeitig den Kernbereich des kirchlichen Auftrags betreffen. Sie fühlen sich belastet durch die vielen Organisations- und Verwaltungsaufgaben, die ihnen zugewachsen sind und die sie von ihren eigentlichen Aufgaben abhalten. Unzufrieden sind sie häufig mit der Arbeit ihrer Vorgesetzten und ihrer Kirchenleitung. Wenn man Äußerungen in kirchlichen Verlautbarungen wie die eben genannten liest, kann man das auch gut verstehen!      

Ich möchte an dieser Stelle meine kritischen Anmerkungen beenden. Sie erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Sie betreffen natürlich vor allem die Arbeit der Pfarrerinnen und Pfarrer und sind aus diesem Blickwinkel entstanden.

Anschließen möchte ich noch einige Themen und Fragen, an denen nach meiner Meinung noch dringend gearbeitet bzw. weitergearbeitet werden muss:

 

•    Wie soll sich das Verhältnis von »Ortsgemeinde« zu anderen Formen der »Kirche vor Ort« entwickeln und wie können wir angesichts begrenzter finanzieller Mittel und angesichts reduzierten Personals »Kirche nahe bei den Menschen« sein?

•    Welche Chancen und welche Gefahren birgt eine gestärkte EKD mit der Möglichkeit zentral gelenkter Entscheidungen gegenüber den föderal organisierten Landeskirchen?

•    Wird man der besonderen Situation in den einzelnen Landeskirchen wirklich gerecht, wenn man ein einheitliches Konzept für die zukünftige Entwicklung der einzelnen Kirchen innerhalb der EKD vorlegt?

•    Wie viele Zusammenschlüsse von Landeskirchen sind sinnvoll und nötig, ohne dass der besondere Charakter der Landeskirchen und das Gefühl der Beheimatung der Kirchenmitglieder in den einzelnen Regionen verloren gehen?

•    Kann man mit ausschließlich betriebswirtschaftlichen Konzepten kirchlichen Anforderungen gerecht werden oder müssen nicht die vorgeschlagenen Schritte noch stärker theologisch durchdacht werden?

 

Gerne hätten wir als Verband, der 20 000 Pfarrerinnen und Pfarrer in der EKD vertritt, am Zukunftskongress in Wittenberg, der im Januar 2007 geplant ist, teilgenommen und unsere Fragen, Anregungen und Bedenken eingebracht. Leider haben wir – auch auf Nachfrage hin – keine Einladung erhalten. Der Rat der EKD habe – so hieß es aus dem Kirchenamt – wesentlich auf die Landeskirchen gesetzt und Ergänzungen um weitere Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens vorgenommen. Diese Antwort auf meinen Brief bestärkt noch einmal das ambivalente Bild der Pfarrerinnen und Pfarrer von Seiten der EKD, von dem ich gesprochen habe. Pfarrerinnen und Pfarrer »in der Schlüsselrolle«, die am besten schweigen und vorgegebenen Handlungszielen folgen. Damit werden wir uns nicht zufrieden geben!

 

Wie ein großes Ausrufe- und Fragezeichen zugleich habe ich im Blick auf das Perspektivpapier der EKD die Überschrift über den Bericht von der Einführung des neuen Auslandsbischofs der EKD in der vorletzten Ausgabe von IdeaSpektrum (13.09.) gelesen: »Die Kirche der Zukunft ist ökumenisch.« Der neue Auslandsbischof der EKD, Martin Schindehütte, betonte in seiner Predigt, dass die evangelische Kirche ihre Zukunftsaufgaben nur meistern könne, wenn sie die ökumenische Dimension ihrer Arbeit stärke. Im Impulspapier der EKD fehlt dieser wichtige Aspekt, genauer: er ist nur kurz im Zusammenhang mit der diakonischen Arbeit erwähnt. Kann sich die evangelische Kirche allein durch die Schärfung des eigenen Profils und durch eine Neuausrichtung ihrer Arbeit zukunftsfähig machen, ohne dass sie versucht, noch enger mit den anderen Kirchen, auch mit der katholischen Kirche, zusammenzurücken und zusammenzuarbeiten?

Konfessionsverschiedene Ehepaare verstehen immer weniger, dass sie nicht gemeinsam zur Kommunion gehen können. Wie wollen wir Menschen auf der Suche Heimat in der Kirche geben, wenn wir sie auf getrennte Wege führen? Angesichts der globalen Herausforderungen ist der Zusammenhalt der Christen von existenzieller Bedeutung. Nur wenn wir mit einer Stimme reden, werden wir Gehör finden. Nur gemeinsam können wir christliche Werte glaubhaft in eine bedrohte und verunsicherte Welt einbringen.

 

Zeitgleich an verschiedenen Tagungsorten treffen sich in der katholischen Bischofsstadt Fulda die Deutsche Katholische Bischofskonferenz und die Pfarrerinnen und Pfarrer der EKD, ohne sich zu begegnen und wahrzunehmen. Es bleibt ein Stachel, der uns nicht zur Ruhe kommen lassen darf: »Die Kirche der Zukunft ist ökumenisch!«

 

 

Das Instrument der »Nichtgedeihlichkeit« – Wehrt dem Missbrauch!

 

Im März dieses Jahres haben wir uns bei einer Klausurtagung im Rahmen der Fuldaer Runde mit dem Thema »Nichtgedeihlichkeit und Wartestand« beschäftigt. Dieses Thema gewinnt in vielen Landeskirchen zunehmend an Brisanz, weil immer mehr Verfahren durchgeführt werden und vielfach in den Wartestand führen. Ergebnis der Beratungen, bei der uns Oberlandeskirchenrat i.R. Dr. von Tiling und Oberkirchenrat i.R. Dr. Tröger als Sachverständige zur Seite standen, ist eine Thesenreihe, die vom Verbandsvorstand und von den Mitgliedern der Fuldaer Runde (Pfarrvereinsvorsitzende und Vorsitzende der Pfarrervertretungen in der EKD) am 25.03.06 beschlossen und in der April-Ausgabe des Deutschen Pfarrerblattes (S. 216/217) und auf der Webseite des Verbandes unter: www.pfarrverband.de veröffentlicht wurde.

Auf vier wesentliche Punkte möchte ich Sie noch einmal hinweisen:

1.    Es muss alles versucht werden, um diese Verfahren zu vermeiden oder abzuwenden. Wir brauchen hierfür ein Konzept für eine frühzeitige Krisenintervention, an dem dringend gearbeitet werden muss. Wichtige Elemente sind dabei neben den Jahresgesprächen: Supervision, Mediation und Gemeindeberatung.

2.    Den Superintendentinnen und Superintendenten, den Dekaninnen und Dekanen kommt dabei eine besondere Verantwortung zu, früher als bisher auf sich entwickelnde Konflikte zwischen Pfarrerinnen und Pfarrern und Kirchenvorständen in einer Gemeinde Einfluss zu nehmen. Dazu müssen sie aber erst entsprechend ausgebildet werden. Die Landeskirchen machen hierfür bedauerlicher Weise fast keine Angebote.  

    Erst langsam wird auch die wichtige Bedeutung des Instruments der Visitation wieder erkannt. Gerade die Visitation, die das Ganze einer Gemeinde in den Blick nimmt, wäre nötig, um schwelende Konflikte aufzudecken und Anstöße für die Bewältigung zu geben.

3.     Bei Ablehnung einer Konflikt bereinigenden Maßnahme durch den Kirchenvorstand  bzw. das Presbyterium sollte durch gesetzliche Regelung auch die Abberufung und die Neuwahl von Kirchenvorstand / Presbyterium eröffnet werden.

4.    Ein Nichtgedeihlichkeitsverfahren darf – weil dabei keine Schuld, sondern nur eine Zerrüttung festgestellt wird –  nicht in den Wartestand, sondern muss immer in eine neue Stelle führen.

 

Ich bitte die Vereinsvorsitzenden und die Vorsitzenden der Pfarrervertretungen, über diese Thesen mit ihren Kirchenleitungen ins Gespräch zu kommen und die in den Landeskirchen vorhandenen Regelungen daraufhin zu überprüfen!

 

 

Ordination und Beauftragung – auf dem Hintergrund der Ordinationsdebatte in der EKD

 

Auch die Frage der »Ordination« war ein wichtiges Thema, das uns im Verband in diesem Jahr beschäftigt hat. Ein Ausschuss aus Vertreterinnen und Vertretern des Verbandsvorstands und der Einzelvereine hat an diesem Thema gearbeitet. Aus den Vorarbeiten der Mitglieder der Arbeitsgruppe hat Pfarrer Dr. Martin Schuck eine Reihe aus 12 Thesen zusammengestellt. Diese Thesenreihe wurde am 6. Juli nach Diskussion in der Arbeitsgruppe verabschiedet; am 7. Juli wurde sie im Verbandsvorstand diskutiert, überarbeitet und in der vorliegenden Form beschlossen.

Ich danke den Ausschussmitgliedern herzlich für ihre intensive und kompetente Arbeit und bitte die Mitgliederversammlung um zustimmende Kenntnisnahme.

 

Einführende Bemerkungen:

 

Mit den vorliegenden Thesen knüpfen wir an den Leitbildprozess des Verbandes »Pfarrerinnen und Pfarrer in der Gemeinde« an. Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Empfehlung der Bischofskonferenz der VELKD »Allgemeines Priestertum, Ordination und Beauftragung nach evangelischem Verständnis« unterstreichen wir den hohen Stellenwert der »theologischen Kompetenz« für den Beruf der Pfarrerin und des Pfarrers. Diesen hohen Anspruch an die Professionalität unseres Berufes sehen wir auch an verschiedenen Stellen des EKD-Perspektivpapiers »Kirche der Freiheit« (vgl. vor allem: »6. Leuchtfeuer«, S. 71–75) betont.Es kann nicht darum gehen, durch die Vorstellung einer »gemeinsamen Ordination« alle kirchlichen Berufe auf vordergründige und unsachgemäße Weise gleichzustellen; vielmehr ergänzen sich diese in den unterschiedlichen Bereichen der kirchlichen Arbeit mit je spezifischem, und deshalb klar unterscheidbarem Profil. Die für die zukünftige Arbeit nötige stärkere Profilierung der einzelnen kirchlichen Berufe kann somit gerade nicht über die Ordination als Beauftragung zum Verkündigungsamt sichtbar gemacht werden, sondern verlangt nach anderen Formen, die hier nicht diskutiert werden sollen. Die Ordination darf nicht – wie es momentan zu beobachten ist – unter dem Gesichtspunkt der »Kosteneinsparung« verhandelt werden. Kirchliche Strukturveränderungen, die auf den dauerhaften Einsatz von Prädikanten bauen, missbrauchen die mit einer Ordination ins Ehrenamt ursprünglich verbundene Vorstellung der geregelten Teilhabe von Nicht-Theologen am Verkündigungsdienst. Diese Ordination von Prädikanten, wie sie in einigen Landeskirchen möglich ist, stellt eine Ausnahme dar, die nur unter bestimmten Vorraussetzungen möglich ist. Die Ordination von Prädikanten ist keine Alternative zum Verkündigungsdienst im Pfarramt, sondern soll Ergänzung und Unterstützung sein. Prädikanten unterscheiden sich von anderen Ehrenamtlichen dadurch, dass sie eine theologische und kirchenrechtliche Ausbildung durchlaufen haben und sich einer kirchlichen Prüfung unterziehen müssen. Thesen:Die folgenden Thesen gehen auf diese Form der Ordination ins Ehrenamt nicht ein, sondern wollen verdeutlichen, was aus der Sicht des Verbandes Wesentliches zum Zusammenhang von Ordination und Pfarramt zu sagen ist.1.    Der Dienst der Verkündigung in Wort und Sakrament gründet allein im Willen Gottes, dass aller Welt das Evangelium gepredigt werden soll. Eine theologische Begründung der Ordination kann sich deshalb auf Mt 28,16-20, Röm 1,1 sowie 1.Tim 4 und 2. Tim 1,6 berufen.2.    Die Weitergabe des Evangeliums ist Auftrag der gesamten Gemeinde als Kirche Jesu Christi. Die Ordination regelt die ordnungsgemäße Beauftragung für die öffentliche Verkündigung in Wort und Sakrament.3.    Eine Ableitung des ordinierten Amtes vom »Allgemeinen Priestertum« kann sich weder auf die lutherischen noch auf die reformierten Bekenntnisschriften berufen. Bei der Begründung des ordinierten Amtes kann man deshalb nicht mit dem »Allgemeinen  Priestertum« argumentieren.4.    Der alleinige Existenzgrund der Kirche als Institution ist, die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass die Verkündigung des Evangeliums regelmäßig und zuverlässig gewährleistet ist. Nur aus dieser Funktion der Kirche begründet sich die dauerhafte Beauftragung von Menschen zur Wortverkündigung.5.    Die Ordination kann ihre ökumenische Anerkennung einzig durch den Rückbezug auf das gemeinsame Bekenntnis zum Evangelium Jesu Christi beanspruchen, nicht aber durch die Vergleichbarkeit mit der Weihe von Priestern in der römisch-katholischen  Kirche und in den orthodoxen Kirchen.6.    Zur Anerkennung der in einer evangelischen Kirche vollzogenen Ordination in einer anderen Kirche ist nichts weiter nötig, als dass in beiden Kirchen ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums festgestellt wird; dies ist bei den Signatarkirchen der »Leuenberger Konkordie« von 1973 der Fall.7.    Weil mit der Ordination die Verkündigung, Sakramentsverwaltung und die Verpflichtung zur Beurteilung von theologischer Lehre verbunden ist, muss der Nachweis theologischer Kompetenz gemäß dem Bekenntnis und der Ordnung der jeweiligen Kirche erbracht werden. Diese Kompetenz wird durch ein Theologiestudium an einer theologischen Fakultät einer Universität oder einer theologischen Hochschule nachgewiesen.8.    Grundsätzlich können nur Personen ordiniert werden, die bereit und geeignet sind, die mit einem Pfarramt verbundenen Verkündigungsdienste zu übernehmen.9.    Die Übertragung eines Pfarramts geschieht durch den Rechtsakt der Installation/Investitur/Einführung.10.    Die Ordination begründet die Befähigung zu einem spezifischen Dienst in der Kirche, der zwar nicht im hierarchischen Sinne über den anderen Diensten steht, aber für die Erkennbarkeit kirchlichen Handelns nach Innen und Außen eine nicht mit anderen vergleichbare Funktion hat.

 

 

Neufassung der Satzung

 

Bei der letzten Mitgliederversammlung in Bad Salzuflen haben wir die »Kasseler Perspektiven« des Verbandes beschlossen. Mit ihnen wollen wir unsere Arbeit auf die zukünftigen Herausforderungen ausrichten. Nun geht es an die konkrete Umsetzung. Der erste Schritt dazu wird die Neufassung der Satzung sein, die bei der Mitgliederversammlung in einem Jahr in Bad Boll verabschiedet werden soll. Ein Ausschuss unseres Verbandes, an dem neben Vor­standsmitgliedern auch Vereinsvorsitzende mitgearbeitet haben, hat in mehreren Sitzungen einen Entwurf erstellt, der vom Vorstand mit einigen Änderungsvorschlägen angenommen wurde. Der Vorschlag für die Neufassung der Satzung wurde inzwischen auch den Vereinsvorsitzenden zur Stellungnahme zugeleitet. Ich hoffe, dass unsere Vorschläge auch in den Vereinen Zustimmung finden, so dass wir mit diesen Satzungsänderungen unseren Verband auch organisatorisch auf die Zukunft ausrichten können.   

 

 

Neugestaltung des Pfarramtskalenders

 

Der neue Sachbearbeiter für den Pfarramts­kalender, Pfarrer Dr. Jörg Neijenhuis, hat mit einem kleinen Ausschuss Vorschläge für eine Neugestaltung des Pfarramtskalenders erarbeitet. Mit den Vereinsvorsitzenden konnten wir gestern erstmals über die Vorschläge diskutieren. Ich bitte die Vereinsvorsitzenden bis zu unserer Vorstandssitzung am 10. November um eine Rückmeldung. Der Verbandsvorstand wird auf dieser Grundlage noch einmal beraten und einen endgültigen Beschluss fassen, damit der Pfarramts­kalender 2008 schon in einem neuen Gesicht erscheinen kann.

 

 

Anstehender Wechsel in der Schriftleitung des Deutschen Pfarrerblattes

 

Mit Beginn des neuen Jahres wird unser langjähriger Schriftleiter für das Deutsche Pfarrer­blatt, Pfarrer Dr. Siegfried Sunnus, sein Amt im Verband abgeben. Seit 1.1.1998 hat er in der Nachfolge von Kirchenrat Werner Dettmar dieses wichtige Amt im Verband inne. Mit ehrgeizigen Zielen ist er damals angetreten. Er wollte den Anteil derer, die das Blatt auch wirklich lesen, deutlich erhöhen. Das ist ihm im Lauf der Jahre gelungen. Durch die gute Mischung von kompakten theologischen Artikeln, Berichten aus der pfarramtlichen Praxis, Predigthilfen und Informationen aus den Vereinen und auch der Verbandsarbeit hat er eine große Zahl der inzwischen 20 000 Bezieherinnen und Bezieher des Deutschen Pfarrerblattes auch als Leserinnen und Leser gewonnen. Unser Blatt erwickelte sich in dieser Zeit auch immer stärker als Plattform für die Diskussion über aktuelle theologische und kirchliche Themen – momentan ist es die Ordination – innerhalb der EKD. Auch in seinem Editorial erwies sich Siegfried Sunnus immer wieder als fundierter Theologe, engagierter Gemeindepfarrer und versierter Journalist, der sich nicht scheute, auch »heiße Eisen« anzupacken. Wir lassen Siegfried Sunnus nur ungern gehen. Er ist seit vielen Jahren in unserer Verbandsarbeit engagiert. Zunächst als Vereinsvorsitzender in Hessen-Nassau, dann auch als 2. Vorsitzender im Verband. Sein großes Wissen und seine Erfahrung haben uns alle bereichert. Ich danke ihm herzlich für seine langjährige Arbeit im Verband und schließe in diesen Dank seine Ehefrau Sabine mit ein, die als ausgebildete Journalistin mit der Verantwortung der Predigthilfen, durch Tagungsberichte und vielfältiger Hintergrundarbeit wichtige Dienste für das Deutsche Pfarrerblatt geleistet hat.

 

Heute wird sich Pfarrer Dr. Peter Haigis vorstellen. Ein Ausschuss aus Vorstands- und Redaktionsbeiratsmitgliedern hat ihn unter sieben hoch qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern als neuen Schriftleiter ausgewählt. Der Verbandsvorstand hat sich dieser Entscheidung angeschlossen. Pfarrer Dr. Haigis ist Pfarrer der Württembergischen Landeskirche. Er arbeitet zur Zeit mit einem halben Dienstauftrag in der Kirchengemeinde Stetten im Remstal. Ich bitte die Mitgliederversammlung, unserer Wahl zuzustimmen.     

 

 

Hilfe von Mensch zu Mensch – die Evangelische Partnerhilfe

 

Nicht zum ersten Mal berichte ich von der Aktion »Evangelische Partnerhilfe«. Sie ist eine Spendenaktion von Pfarrerinnen und Pfarrern, Pastorinnen und Pastoren, Diakoninnen und Diakonen sowie Mitarbeitenden aus Kirche und Diakonie, die kirchliche und diakonische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den evangelischen Partnerkirchen in Mittel- und Osteuropa unterstützt. Die Evangelische Partnerhilfe ist aus der in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts ins Leben gerufenen Spendenaktion »Kirchlicher Bruderdienst«, der Hilfe für die Schwestern und Brüder in den damaligen DDR-Kirchen leistete, hervorgegangen. Seit 14 Jahren ist nun schon die Evangelische Partnerhilfe tätig.

Bisher verfügte sie über keine rechtliche Selbständigkeit. Sie arbeitete unter der Geschäftsführung des Diakonischen Werkes der EKD.

Nun wurde am 19. Dezember des letzen Jahres in Hannover der Verein »Evangelische Partnerhilfe« gegründet, dem folgende Organisationen als Mitglieder angehören:

 

•    Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

•    Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD)

•    Reformierter Bund

•    Gustav-Adolf-Werk

•    Martin-Luther-Bund   

•    Verband der Vereine evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland

•    Vertretung kirchlicher und diakonischer Mitarbeiter in Deutschland.

 

Schon bisher waren die genannten Organisationen maßgeblich an der Spendenaktion beteiligt und haben dem Arbeitsausschuss, der die Arbeit der Aktion bisher koordiniert hat, angehört.

Den Vorstand des neu errichteten Vereins bilden Oberkirchenrat Reiner Rinne von der EKD, ich vom Verbandsvorstand und als Vorsitzender, der langjährige Generalsekretär des Reformierten Bundes, D. Hermann Schaefer.

Die Evangelische Partnerhilfe will auch weiterhin eine individuelle Hilfsaktion von Mensch zu Mensch sein, die ohne großen organisatorischen und finanziellen Aufwand die eingegangenen Spenden weiterreicht.

Im Jahr 2005 konnte eine Gesamtsumme von 2,5 Millionen Euro an die kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Partnerkirchen weitergegeben werden.

 

Ich möchte mich bei allen Spenderinnen und Spendern für ihre Beteiligung an der Evangelischen Partnerhilfe bedanken und ermuntere alle anderen Kolleginnen und Kollegen und vor allem auch die kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in Zukunft einen solidarischen Beitrag zu leisten.

 

 

»Wir sind es nicht, die da könnten die Kirche erhalten!«

 

Die evangelische Kirche macht wieder von sich reden. So habe ich zu Beginn festgestellt. Im Gespräch werden wir weiterhin bleiben, wenn wir davon sprechen, was uns als Christen hält und trägt. Deshalb haben wir auch das Tagungsthema: »Ich weiß, woran ich glaube« bewusst gewählt.

Die Menschen fragen heute verstärkt nach dem Sinn ihres Lebens, weil sie spüren, dass ihnen der Boden unter den Füßen weg zu brechen droht. Wir können ihnen als Kirche und als einzelne Christen Antworten geben, die Halt bieten und Perspektiven für die Zukunft eröffnen.

 

»Auf Gott vertrauen«, so einladend beginnt jedes der zwölf Leuchtfeuer im Perspektivpapier des Rates der EKD. Was dann folgt, sind aber über weite Strecken betriebswirtschaftliche Standards, Einführungen in die modernen Methoden des Managements und der Personalführung. Ist die Kirche tatsächlich ein Unternehmen, das wie jedes andere auch geführt werden kann?

 

Bei allem Nachdenken über die Zukunft der Kirche, bei allen nötigen Reformüberlegungen und allen geplanten Schritten zu einer Neuausrichtung unserer kirchlichen Arbeit wollen wir auch nicht vergessen, was Martin Luther einmal in die Worte fasste: »Wir sind es nicht, die da könnten die Kirche erhalten, unsere Nachkommen werden es auch nicht sein, sondern der ist es gewesen, ist’s noch, wird’s sein, der da spricht: Ich bin bei euch bis an der Welt Ende.«

Das nimmt manchen Druck und manche Schärfe, die jetzt schon in der Reform­debatte zu spüren ist und lässt uns engagiert, aber auch gelassen, das anpacken, was uns möglich ist.                

 

Aus: Deutsches Pfarrerblatt - Heft 11/2006

Kommentieren Sie diesen Artikel
Pflichtfelder sind mit * markiert.
Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.
Spamschutz: dieses Feld bitte nicht ausfüllen.